JudikaturJustiz13Os105/12h

13Os105/12h – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Oktober 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Oktober 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Haberreiter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Tanju B***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Maximilian S***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 15. Juni 2012, GZ 39 Hv 40/12a 24, und über die Beschwerden des Angeklagten Maximilian S***** sowie der Staatsanwaltschaft gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und auf Absehen vom Widerruf zweier bedingter Strafnachsichten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Maximilian S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Maximilian S***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 2. November 2011 in R***** im einverständlichen Zusammenwirken mit dem hiefür unter einem rechtskräftig verurteilten Tanju B***** dem Aaron Z***** mit Gewalt gegen seine Person rund 240 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem er ihn an der Jacke packte, mehrmals mit der Faust gegen seinen Kopf schlug und Tanju B***** ihm Tritte versetzte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Maximilian S***** geht fehl.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) überging (Z 5 zweiter Fall) das Erstgericht die Verantwortung der Angeklagten, sie hätten vereinbart, Aaron Z***** unter dem Vorwand, für ihn Cannabis zu besorgen, Geld herauszulocken, keineswegs (US 5).

Der Schluss vom objektiven Tatgeschehen auf die subjektive Tatseite (US 9) ist bei wie hier leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch nicht zu ersetzen und solcherart unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden (RIS Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz , WK StPO § 281 Rz 452).

Die Feststellungen, wonach Aaron Z***** dem Angeklagten Tanju B***** rund 240 Euro zum Zweck des Zählens übergab (US 4) einerseits und die Angeklagten die Gewalthandlungen setzten, um sich den Alleingewahrsam über das Bargeld zu verschaffen (US 5), andererseits widersprechen (Z 5 dritter Fall) einander der Beschwerde zuwider nicht. Auf die insoweit wesentliche Frage des Gewahrsamsübergangs wird im Rahmen der Beantwortung der Rechtsrüge eingegangen.

Das Erstgericht trifft detaillierte Konstatierungen zu den Handlungen, aufgrund derer es den Angeklagten gelungen ist, sich den Alleingewahrsam über das Bargeld zu verschaffen (US 4 f), und stellt im Anschluss daran fest, dass es ihnen darauf angekommen ist, Aaron Z***** „mit Gewalt Bargeld wegzunehmen und sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern“ (US 5). Eine Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) in Bezug auf die subjektive Tatseite ist in der unter dem Aspekt der Mängelrüge maßgebenden ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 394) Gesamtheit dieser Feststellungen nicht zu erblicken.

Nach den Konstatierungen der Tatrichter spiegelten die Angeklagten Aaron Z***** vor, dass sie ihm Suchtgift verschaffen werden, aus welchem Grund dieser dem Tanju B***** rund 240 Euro übergab, damit er das Bargeld vor der behaupteten Übergabe an einen Suchtgifthändler zählen könne, worauf die Angeklagten (mit Wegnahme , Zueignungs und Bereicherungsvorsatz) die angeführten Gewalthandlungen setzten und mit dem Bargeld flüchteten (US 4 f).

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ihre Argumentation aus der Annahme, die Angeklagten hätten bereits durch die Übergabe Alleingewahrsam am Bargeld erlangt, entwickelt, ohne diese Rechtsansicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten, verfehlt sie die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 588).

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die hier in Rede stehende (US 4) Übergabe einer Sache zur bloß kurzfristigen Prüfung unter der unmittelbaren Kontrolle des Übergebers in dessen Anwesenheit nach ständiger Judikatur noch nicht den Verlust des Gewahrsams bewirkt (SSt 49/63, SSt 52/7, RIS Justiz RS0093769; vgl auch RIS Justiz RS0093767 und [jüngst] 12 Os 180/11d). Der Gewahrsamsbruch geschah daher hier wie vom Erstgericht zutreffend erkannt erst aufgrund der Gewaltanwendung.

Warum es subsumtionsrelevant sein soll, zu welchem Zeitpunkt die Angeklagten von ihrem Plan, Aaron Z***** betrügerisch Geld herauszulocken, abgegangen sind und den Raubvorsatz gefasst haben, legt die Beschwerde nicht dar.

Wesentlich ist in diesem Zusammenhang bloß, dass der von § 142 Abs 1 StGB verlangte Vorsatz im Zeitpunkt der Sachwegnahme vorlag, was wie bereits zur Mängelrüge dargelegt aus den Urteilsfeststellungen zweifelsfrei hervorgeht (US 5).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) wendet sich mit der Behauptung von „Feststellungsmängeln“ der Sache nach gegen die zum Tatgeschehen und zur Intention des Beschwerdeführers getroffenen Konstatierungen, indem sie einen anderen als den festgestellten Sachverhalt anstrebt (RIS Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.