JudikaturJustiz12Os93/97

12Os93/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. September 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.September 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.Rouschal, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kunz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Elfriede B***** und Dr.Harald A. Sch***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Elfriede B***** sowie über die Berufung des Angeklagten Dr.Harald A. Sch***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Krems an der Donau vom 7. März 1997, GZ 13 Vr 561/95-428, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, der beiden Angeklagten und deren Verteidiger Dr.Bernhauser, Dr.Kresbach, Dr.Mayer und Dr.Ofner zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die jeweiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Elfriede B***** der Verbrechen (A/1.) des Mordes nach § 75 StGB, (A/2./a und b) der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und (A/3. und C) des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 , Abs 3 und § 15 StGB, Dr.Harald A. Sch***** der Verbrechen (B) der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 83 Abs 1, 86 StGB und (C) des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben

A/ Elfriede B*****

1. in Rossatzbach in der Zeit vom 19. bis 21.November 1995 Alois P***** durch Verabreichung von Anafranil und Verursachung einer Unterkühlung vorsätzlich getötet;

2. in Rossatzbach dem Alois P***** jeweils durch Verabreichung von Euglucon absichtlich schwere Körperverletzungen zugefügt, und zwar

a) am 19. und/oder 20.Oktober 1995 eine Unterzuckerung verbunden mit Bewußtlosigkeit und

b) am 2.November 1995 eine starke Unterzuckerung;

3. in Wien mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz Bankangestellte durch Täuschung über Tatsachen, nämlich Vorgabe, über die präsentierten Sparbücher verfügungsberechtigt zu sein, zur Auszahlung folgender Beträge verleitet, und zwar

[b)] am 2.November 1995 Angestellte der Bank A***** von 807.386 S zu Lasten des Sparbuches Konto Nr 258578749 und

[c)] am 3.November 1995 Angestellte der Post ***** von 193.780,18 S zu Lasten des PSK-Sparbuches Nr. 21465844,

wodurch Alois P***** an seinem Vermögen einen Schaden in dieser Höhe erlitt.

B/ Dr.Harald A. Sch***** in der Zeit ab Sommer 1995 bis 21.November 1995 in Wien, Rossatzbach und an anderen Orten zu der von Elfriede B***** in der Zeit von 19.Oktober bis 21.November 1995 begangenen Körperverletzung an Alois P***** mittels Verabreichung von Euglucon und Anafranil, somit mit solchen Mitteln und auf solche Weise, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, vorsätzlich dadurch beigetragen, daß er

[b)] die Vermögensverhältnisses des Alois P***** durch Einholung eines Grundbuchauszuges erkundete,

[c-e)] Elfriede B***** über die Möglichkeiten, sich in den Besitz des Vermögens des Genannten zu versetzen, durch Verfassung eines Schenkungsvertragsentwurfes und Erklärung der verschiedenen Testiermöglichkeiten informierte,

[f)] für ein falsches Testament vorgesehene Zeugen (Ehrentraut T*****, Herta M*****) von Wien nach Rossatzbach und zurück führte,

[g)] mit Ali Bigdeli F***** und Ehrentraut T***** die Errichtung eines falschen Testamentes in seiner Kanzlei besprach,

[h)] sich selbst als falschen Testamentszeugen zur Verfügung stellte,

[i)] sich bereiterklärte, einen weiteren "Testamentszeugen" stellig zu machen, und

[j)] die Verabreichung von Euglucon an Alois P***** durch Elfriede B***** ihr gegenüber guthieß;

C/ Elfriede B***** und Dr.Harald A. Sch***** am 19.Dezember 1995 in Wien und Krems im einverständlichen Zusammenwirken mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz das für das Verlassenschaftsverfahren nach dem am 21.November 1995 verstorbenen Alois P***** zuständige Gerichtsorgan durch Täuschung über Tatsachen, indem Dr.Harald A. Sch***** über Andringen der Elfriede B***** dem Bezirksgericht Krems a. d. Donau zuhanden des Gerichtskommissärs ein Protokoll über ein von Alois P***** tatsächlich nicht errichtetes mündliches Testament vom 17. November 1995 vorlegte, in welchem er, Ehrentraut T***** und Ing.Konstantin R***** bestätigten, daß der Genannte an diesem Tag Elfriede B***** zu seiner Alleinerbin eingesetzt habe, somit unter Verwendung eines falschen Beweismittels, zur Einantwortung des Nachlasses nach Alois P***** an Elfriede B***** zu verleiten versucht, wodurch der testamentarische Erbe Wolfgang K***** einen Schaden an seinem Vermögen in der Höhe des Nachlaßwertes von ca 3 Mio S erleiden sollte.

Nur Elfriede B***** bekämpft den gegen sie ergangenen Schuldspruch aus den Gründen der Z 5, 6, 8, 9, 10 a und 12 des § 345 Abs 1 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde, welche zur Gänze unberechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Zurückweisung der von der Beschwerdeführerin beantragten Enthebung des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Univ.Doz. Dr.R***** und Bestellung eines anderen Experten (ON 393/XXV, S 15/XXVI) gerichtete Verfahrensrüge (Z 5) erschöpft sich sinngemäß in der Behauptung, die in der Beschwerde zitierte, vor Vorliegen des schriftlichen Obduktionsgutachtens abgegebene mediale Stellungnahme dieses Sachverständigen stelle seine "Unabhängigkeit im Sinne eines fairen Verfahrens gem. Art 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten" (281/XXV) in Frage, und ist damit nicht im Recht.

Zwar trifft es zunächst zu, daß es grundsätzlich problematisch und in aller Regel mit der funktionalen Stellung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen und dem damit verbundenen Aufgaben- und Pflichtenkreis nicht vereinbar ist, außerhalb des laufenden Strafverfahrens (noch dazu öffentlich) Stellungnahmen mit prozeßrelevantem Sachbezug abzugeben. Auf der anderen Seite kann aber davon nicht die Rede sein, daß jedes Verhalten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen, das sich darüber hinwegsetzt, vorweg zwangsläufig und ohne Rücksicht auf die Rahmenbedingungen des konkreten Falles geeignet wäre, den Vorwurf einer den konventionskonformen Garantien eines fairen Verfahrens zuwiderlaufenden Parteilichkeit (oder wenigstens eines in dieser Richtung faßbaren Anscheines) zu rechtfertigen. Hängt doch eine derartige Eignung - jeweils fallbezogen differenziert - von mehreren Faktoren, insbesondere aber davon ab, ob bzw inwieweit sich das in Kritik gezogene Statement des Sachverständigen auf einen Inhalt bezieht, der denklogisch einen Freiraum für (Voreingenommenheit im Sinne einseitiger oder sonst unsachlich orientierter Fixierung überhaupt erst ermöglichende) eigenständige Schlußfolgerungen über gesichert objektivierte Grundlagen hinaus eröffnet. Davon ausgehend fällt bei der hier in Rede stehenden Fallkonstellation entscheidend ins Gewicht, daß der gerichtsmedizinische Sachverständige Univ.Doz. Dr.R*****, der über gerichtlichen Auftrag die Obduktion der Leiche des Alois P***** zur Klärung der Todesursache durchgeführt hatte, zu den vorliegend inkriminierten Tathandlungen im Fernsehen erst zu einem Zeitpunkt Stellung bezog, als die - im übrigen damals von der Angeklagten selbst einbekannten - exorbitanten Medikamentenüberdosierungen durch die chemische Expertise des Sachverständigen Univ.Prof.Dr.V***** bereits als Todesursache ermittelt worden waren. Wenn sich Univ.Doz.Dr.R***** vor diesem Hintergrund (über den Themenrahmen seiner gerichtlichen Bestellung hinaus) zu auch subjektive Tatgrundlagen betreffenden Äußerungen bewegen ließ, die im wesentlichen Kern durchaus dem Standpunkt des seinerzeit gleichfalls im Fernsehen zu Wort gekommenen Verteidigers der Angeklagten (und Verfassers ihrer Nichtigkeitsbeschwerde) entsprach (285/XXV), so stellte sich dies evidentermaßen nicht als Anschein, geschweige denn Ausdruck parteilicher Voreingenommenheit gegen die Angeklagte dar, sondern als (wenn auch mit seiner Funktion als gerichtlich bestellter Sachverständiger in diesem Rahmen unvereinbare) Skizzierung des Ermittlungsstandes, wie er sich damals selbst der Verteidigung der Angeklagten darbot. War aber - wie hier - jener denklogische Freiraum, in dem sich die geltend gemachte (angebliche) Parteilichkeit des Sachverständigen bei Erfüllung der ihm durch die gerichtliche Bestellung übertragenen (mit der Klärung der Todesursache primär die objektive Tatseite berührenden) Aufgaben zum Nachteil der Angeklagten hätte auswirken können, von selbst nicht einsichtig, so hätte es zur prozessualen Tauglichkeit des Enthebungsantrags der Anführung besonderer Gründe bedurft, aus denen eine nicht ausschließlich sachlich orientierte Expertisenerstellung zu besorgen gewesen wäre. In diesem Sinn Entsprechendes ist dem Antragsvorbringen nicht zu entnehmen.

Dazu kommt, daß nicht jeder nach § 345 Abs 1 Z 5 (§ 281 Abs 1 Z 4) StPO rügbare Verfahrensvorgang eo ipso, vielmehr nur dann zur Anfechtung wegen Nichtigkeit berechtigt, wenn nicht unzweifelhaft erkennbar ist, daß davon auf die Entscheidung kein dem Angeklagten nachteiliger Einfluß ausgehen konnte (§ 345 Abs 3 StPO). Inwieweit im relevierten Zusammenhang überhaupt die Möglichkeit einer entsprechenden Benachteiligung der Angeklagten in Betracht zu ziehen wäre, ist weder der Aktenlage noch dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen. Nicht anders als die Ablehnungsanträge nimmt auch die Beschwerdeausführung in keiner Weise inhaltlich kritisch auf das Gutachten des abgelehnten Sachverständigen Bezug, vielmehr wurde Univ.Doz. Dr.R***** vom Verteidiger anläßlich der Beantragung seiner Enthebung ausdrücklich zugebilligt, in seinem Gutachten allein wissenschaftliche Kriterien verwertet zu haben (17/XXVI). Damit aber wurde ein in concreto fehlendes - für die Beschwerdelegitimation jedoch unabdingbares - Beschwerdeinteresse (§ 345 Abs 3 StPO) schon im voraus explizit zugestanden.

An der unparteilichen Fallbegutachtung durch Univ.Prof.Dr.R***** kann nach der Aktenlage auch kein Zweifel bestehen. Abgesehen davon, daß das Gutachten in seinem zentralen Bereich (Klärung der Todesursache des Alois P*****) auf der unbestrittenen, im Gegensatz zur Beschwerdeargumentation - wie bereits dargelegt - zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Fernsehsendung auch bereits bekannten (1126/XXVI; vgl. auch 119/VIII) chemischen Expertise des Sachverständigen Univ.Prof.Dr.V***** (ON 301, 318/XXII; S 1106 ff/XXVI) basiert und zudem von dem wegen des Ablehnungsantrages ohnehin beigezogenen weiteren Gerichtsmediziner vollinhaltlich bestätigt wurde (1168 ff/XXVI), hat Univ.Doz.Dr.R***** bei Beantwortung der an ihn herangetragenen Fragen den Boden streng wissenschaftlicher Begründung unter strikter Vermeidung jedweder Stellungnahme zu Fragen der Beweiswürdigung niemals verlassen (ON 315, 322/XXII; S 1123 ff/XXVI) und auf diese Weise seine volle Unparteilichkeit anschaulich unter Beweis gestellt.

Die dem weiteren Vorbringen (Z 6, 8, 9 und 12) jeweils unterlegte Behauptung (zu A/1. und 2./a und b), die Geschworenen hätten durch stimmeneinhellige Bejahung der ersten Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes im Hinblick auf deren Formulierung die darin aufgenommenen (noch nicht tödliche) Vergiftungen des Alois P***** durch Verabreichung von Euglucon am 19./20.Oktober und am 2.November 1995 als in der späteren Tatvollendung aufgehende erfolglose Tötungsversuche gewertet, geht am Sinn und der Bedeutung der von den Laienrichtern insoweit gemachten Einschränkung (§ 330 Abs 2 StPO) vorbei. Darnach gingen diese nämlich davon aus, daß die Beschwerdeführerin nicht nach einem - dem unmißverständlichen Wortlaut zufolge eben nur unter der Voraussetzung eines entsprechend umfassenden Vorsatzes auch diese Tathandlungen inkludierenden - vorgefaßten Gesamtplan gehandelt hat und haben damit klar zum Ausdruck gebracht, daß sie gerade das von der Beschwerde behauptete, einen einheitlichen Willensentschluß jedoch unabdingbar voraussetzende (Leukauf/Steininger Komm3 § 28 RN 59 f) Zurücktreten dieser Taten hinter den im Wahrspruch festgestellten vollendeten Mord ablehnten.

Bei dieser Sachlage waren in bezug auf die vor Vollendung des Verbrechens des Mordes verübten, mit diesem solcherart realkonkurrierenden Taten - der Beschwerde zuwider (Z 6) - nach § 314 StPO gesonderte Fragen nach versuchtem Mord oder sonstigen nicht strenger pönalisierten Verbrechen zu stellen, welche die Geschworenen durch stimmeneinhellige Bejahung der Eventualfragen 2 und 5 dahingehend beantworteten, daß sie der Angeklagten in diesem Umfang jeweils eine auf die Herbeiführung einer schweren Körperverletzung gerichtete Absicht im Sinne des Verbrechens nach § 87 Abs 1 StGB anlasteten.

Daß die Laienrichter dessen ungeachtet aus der ersten Hauptfrage die darin (ausschließlich im Kontext mit dem - verbal ohnedies ausdrücklich verneinten - Gesamtvorsatz) angeführten Taten vom 19./20.Oktober und 2.November 1995 nicht zusätzlich durch Streichung eliminierten (§ 331 Abs 2 StPO), ändert an der Deutlichkeit des Wahrspruchs nichts.

Die Behauptung, der Beschwerdeführerin wären diese Taten logisch widersprüchlich (Z 9) und rechtlich verfehlt (Z 12) nebeneinander als in der Vollendung des Mordes aufgehende Tötungsversuche und absichtliche schwere Körperverletzungen zur Last gelegt worden, ist somit ebenso unzutreffend wie die mit derselben Argumentation aufgestellte Behauptung (Z 8), die Geschworenen seien über das Verhältnis der angeführten Fragen zueinander (1219 f/XXVI) unrichtig belehrt worden.

Auch das übrige Beschwerdevorbringen versagt.

Unrichtig ist zunächst die Behauptung (sachlich Z 6), daß die Vorgangsweise des Schwurgerichtshofes (zu A/3.), im Wege der dritten Hauptfrage den Geschworenen zunächst das Vorliegen eines Betruges zum Nachteil des Alois P***** im Sinne der §§ 146, 147 Abs 3 StGB zur Prüfung zu unterbreiten und ihnen für den Fall der Bejahung dieser Frage eine Zusatzfrage nach dem Bestand einer mit Hausgemeinschaft verbundenen Lebensgemeinschaft zwischen der Angeklagten und Alois P***** (§ 166 StGB) zu stellen (1.Zusatzfrage), dem Gesetz widerspricht. Denn die Frage der privilegierenden Voraussetzungen der Begehung im Familienkreis setzt die Tatbestandsverwirklichung voraus.

Es trifft auch nicht zu, daß das Erstgericht in der Rechtsbelehrung das für die Privilegierung nach § 166 StGB maßgebliche Angehörigenverhältnis zwischen Täter und Geschädigtem unrichtig erläuterte (Z 8). Aus der im § 72 Abs 2 StGB normierten Gleichstellung des Lebensgefährten mit Angehörigen kann nämlich keinesfalls abgeleitet werden, daß dessen Rechtsstellung mit jener des Ehegatten ident ist. Der Lebensgefährte zählt vielmehr zu den anderen Angehörigen im Sinne des § 166 Abs 1 StGB, deren Privilegierung das Bestehen einer - hier von Anfang an fehlenden - Hausgemeinschaft voraussetzt (Leukauf/Steininger Komm3 § 166 RN 4 bis 6). Im übrigen haben die Laienrichter durch stimmeneinhellige Verneinung dieser Zusatzfrage primär schon das Bestehen einer Lebensgemeinschaft verneint, weshalb der Hausgemeinschaft ohnehin keine Bedeutung mehr zukommt.

Schließlich versagt auch die Tatsachenrüge (Z 10 a; zu A/1. und 2.).

Nach den Ausführungen beider gerichtsärztlicher Sachverständigen kommt der Unterkühlung des Alois P***** angesichts der Höhe des Anafranil-Wirkstoffspiegels die Bedeutung einer die Herbeiführung des Todes begünstigenden (sekundären) und damit für den Todeseintritt mitkausalen Komponente zu (1154, 1170/XXVI).

In Anbetracht der von den Sachverständigen festgestellten massiven Überdosierung dieses Medikaments (1109 f, 1146 f, insbes. 1153/XXVI) erweist sich auf der Basis der übrigen Aktenlage das weitere, einer bloßen Schuldberufung entsprechende Vorbringen, die Angeklagte habe nicht erkennen können, daß eine über der Norm gelegene Dosierung tödlich sei, sie habe "sofort" (tatsächlich erst nach Eintritt des Todes des Alois P***** - 1070, 1077 f/XXVI) den Notarzt gerufen, es fehle ihr auch an einem Motiv, weil ein gültiges Testament auch damals nicht vorhanden gewesen sei, P***** könne sich Anafranil möglicherweise auch selbst beschafft und ohne ihre Mitwirkung eingenommen haben (siehe jedoch 1155 f/XXVI), sie sei schließlich wegen der Verabreichung von Euglucon auch nur wegen § 87 Abs 1 StGB verurteilt worden, als gänzlich ungeeignet, gegen die im Wahrspruch (zu A/1.) festgestellten entscheidenden Tatsachen irgendwelche Bedenken zu erwecken.

Soweit die Beschwerdeführerin auch unter diesem Nichtigkeitsgrund neuerlich einwendet, die Geschworenen hätten mit der Beantwortung der ersten Hauptfrage die dem Mord vorangegangenen zwei erfolglosen Tötungsversuche bereits (als straflos) mitbeurteilt, weshalb das Urteil insoweit (A/2./a und b) vom Wahrspruch abweiche, ist sie auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Geschworenengericht bei Elfriede B***** als erschwerend die Begehung mehrerer Straftaten verschiedener Art, die teilweise Wiederholung der Verbrechen (zu A/2./a und b; A/3. und C), ihr Handeln aus dem besonders verwerflichen Beweggrund der Geldgier, ferner in heimtückischer und einer für das Opfer durch bis zur Bewußtlosigkeit führende Schmerzzustände qualvollen Weise; als mildernd berücksichtigte es den durch eingestandene Diebstähle erheblich eingeschränkten ordentlichen Wandel, ihre narzistische Persönlichkeit sowie den Umstand, daß die Betrugstaten teilweise beim Versuch geblieben sind (C). Davon ausgehend verhängte es unter zusätzlicher Bewertung der reiflichen Überlegung, sorgfältigen Vorbereitung und rücksichtslosen Durchführung der ihr angelasteten Verbrechen über die Angeklagte nach §§ 28 Abs 1, 75 StGB eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Ihre dagegen - mit dem Ziel der Verhängung einer zeitlichen Freiheitsstrafe - gerichtete Berufung ist nicht berechtigt.

Abgesehen davon, daß (zu A/3. und C) von der behaupteten Doppelbestrafung deshalb keine Rede sein kann, weil ein auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteter Vorsatz nicht mit Geldgier gleichzusetzen ist, kommt diesem besonders verwerflichen Beweggrund entscheidendes Gewicht in erster Linie bei dem der Angeklagten angelasteten Mord und den diesem vorausgegangenen absichtlichen schweren Körperverletzungen zu.

Letztere (A/2.a und b) lagen jeweils in einer Unterzuckerung; daß diese in einem Fall (A/2.a) bis zur Bewußtlosigkeit führte, ändert nichts daran, daß das Opfer bis zu deren Eintritt und auch während der folgenden, teils wochenlangen (A/2.b) intensivmedizinischen Behandlung körperliche Qualen zu erleiden hatte. Im besonderen Maß gilt dies für die Zeit vor Eintritt des Todes, in welcher P***** von der Angeklagten zum Zwecke der Herbeiführung einer Unterkühlung in denkbar schlechtem, fast moribundem Zustand unter Ausnützung seiner hilflosen Lage während der gesamten Nacht bei trotz niedriger Temperaturen geöffnetem Fenster alleingelassen und dadurch und durch Nichtbeachtung seiner Hilfsappelle zweifellos nicht nur körperlichen sondern vor allem seelischen Qualen ausgesetzt war.

Die Behauptung, Elfriede B***** habe zum Verbrechen nach § 87 StGB ein reumütiges Geständnis abgelegt, ist aktenwidrig. Tatsächlich hat sie die spezifischen subjektiven Tatbestandskomponenten niemals einbekannt (246 ff/XXVI). Ebensowenig am Akteninhalt orientiert ist die Berufung mit der Reklamation eines Tatsachengeständnisses zum Betrug A/3., kann doch bei der von der Angeklagten insoweit behaupteten Schenkung der Sparbücher (325 f/XXVI) von einem Zugestehen der objektiven Tatsachen wohl nicht gesprochen werden. Es ist der Aktenlage auch nicht zu entnehmen, inwieweit diese Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen haben sollte. Den Milderungsgrund des ordentlichen Wandels hielt das Erstgericht der Berufungswerberin ohnehin - aus den oben angeführten Gründen zu Recht allerdings nur in marginalem Ausmaß - zugute. Ebenfalls hinreichende Berücksichtigung fand ihre abnorme Persönlichkeit.

In dem sich aus dem Wahrspruch (A und C) ergebenden Plan von Elfriede B*****, sich unter Vorspiegelung fürsorglicher Unterstützung mit allen Mitteln Zugang zum Vermögen einer alten, vereinsamten und deshalb kontaktsuchenden Person zu verschaffen, sowie in der ungesäumt zielstrebigen und ungeachtet eines durch Sparbuchbehebungen ohnehin schon unrechtmäßig erworbenen Vermögens von rund 1 Mio S dennoch bis zur Ermordung des Opfers fortgeführten Planverwirklichung kommt eine derartig außergewöhnliche Kaltblütigkeit, kriminelle Energie und Perfidie zum Ausdruck, daß trotz des zum versuchten Betrug (C) abgelegten Teilgeständnisses (488 f/XXVI) nur eine lebenslange Freiheitsstrafe der Schuld der Angeklagten entspricht. Diese Strafe ist nach Lage des Falles unter gebührender Berücksichtigung der Persönlichkeit der Berufungswerberin trotz ihres Alters auch aus spezialpräventiver Sicht sowie deshalb vonnöten, um dem - namentlich in Ansehung der extrem menschenverachtenden Täterhaltung - exzeptionellen Tatunrecht Genüge zu tun.

Den Angeklagten Dr.Harald A. Sch***** verurteilte das Geschworenengericht nach §§ 28 Abs 1, 86 StGB zu sieben Jahren Freiheitsstrafe. Als erschwerend wertete es das Zusammentreffen von zwei Verbrechen verschiedener Art, den Mißbrauch der Vertrauensstellung als Rechtsanwalt, die lange und sorgfältige Vorbereitung des Betrugsversuches sowie vor allem, daß Elfriede B***** die Verbrechen ohne seinen Tatbeitrag nicht begangen hätte. Demgegenüber berücksichtigte es den bisherigen ordentlichen Lebenswandel ebenso wie das Teilgeständnis (zu C) und den Umstand, daß die Taten teilweise (C) beim Versuch geblieben sind, als mildernd.

Auch die dagegen erhobene Berufung, mit der der Angeklagte Dr.Sch***** eine Strafherabsetzung anstrebt, ist nicht berechtigt.

Mit dem Einwand, der Berufungswerber sei durch die Umstände des Todes von Alois P***** sowie durch die - bei Verwirklichung des verbrecherischen Planes stets dominante - Mitangeklagte B*****, nicht zuletzt deren Verantwortungsstrategie vor der Gendarmerie, (zum Tatkomplex C) unter Druck geraten, mißachtet die Berufung den wesentlichen Inhalt des diesen Angeklagten betreffenden Wahrspruchs und vermag solcherart weder Erschwerungsgründe aus der Welt zu schaffen noch ernsthaft den Milderungsgrund der Verübung der Tat unter der Einwirkung eines Dritten (§ 34 Z 4 StGB) aufzuzeigen.

Der zu B und C ergangene Wahrspruch bedeutet nichts anderes, als daß Dr.Sch***** die von Elfriede B***** verübten Verbrechen während der gesamten Vorbereitungs- und Ausführungsphase systematisch und entscheidend dadurch förderte (A/1. und 2.) oder an deren Begehung mitwirkte (C), daß er, a priori unter Gutheißen ihres wesentlichen Planelementes der Herbeiführung einer - wenn auch aus seiner Sicht nicht gewollt tödlichen - Medikamentenvergiftung, der Mitangeklagten die schon für die Auswahl des Opfers und damit für den Tatentschluß wesentliche Kenntnis vom Umfang des Liegenschaftsvermögens des Alois P***** verschaffte und in der Folge, angepaßt an das jeweilige Opferverhalten, durch Herstellung verschiedener Urkunden die rechtliche Basis für die von B***** mit ihren kriminellen Handlungen gezielt angestrebte unrechtmäßige Bereicherung schuf. Indem sich der Angeklagte auf diese Weise von Anfang an, und zwar unter krassem - für einen maßstabgerechten Vertreter seines Berufsstandes geradezu unvorstellbarem (vgl Kunst in WK § 34 Rz 20) - Mißbrauch seiner Stellung als Rechtsanwalt, welche es ohne jede Schwierigkeit erlaubt und erfordert hätte, diesem schwerkriminellen Ansinnen zu widerstehen, zum Komplizen von Elfriede B***** machte, bleibt ihm nicht nur die Berufung auf deren zielstrebiges und dominantes Verhalten als mildernd verwehrt, sondern hat er sich sehr wohl als gravierenden erschwerenden Umstand anrechnen zu lassen, daß der Mitangeklagten ohne seine Mitwirkung der Zugriff zum Liegenschaftsvermögen des Alois P***** verschlossen gewesen und damit für sie auch der wesentliche Beweggrund für dessen Vergiftung weggefallen wäre. Daran ändert nichts, daß die Geschworenen bei den Auswirkungen der Toxikation zwischen den beiden Angeklagten in subjektiver Hinsicht differenzierten. Die aufgezeigten Modalitäten der aktiven Einbindung des Dr.Sch***** in die von Elfriede B***** zu verantwortenden Straftaten zwingen auch dazu, den Betrugsversuch (C), welcher als deren logischer Schlußpunkt den von beiden Angeklagten angestrebten Vermögensübergang tatsächlich herbeiführen sollte, als sorgfältig und lange vorbereitet zu beurteilen.

Auf der Basis der vom Erstgericht somit richtig festgestellten Strafzumessungsgründe kommt unter Berücksichtigung der schwerwiegenden, selbst im Bereich kapitaler Delinquenz atypisch hohen Schuld des Angeklagten und des beträchtlichen sozialen Störwerts der ihm angelasteten Taten eine Strafreduktion nicht in Betracht. Einer solchen stehen nach Lage des Falles sowohl Erfordernisse der Spezial- als auch - vor allem aus der Sicht spezifischer Anforderungen an qualifizierte Verantwortungsträger - der Generalprävention entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtssätze
4