JudikaturJustiz12Os5/24p

12Os5/24p – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. März 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. März 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart d e r Schriftführerin Mag. Weißmann in der Strafsache gegen * E* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten E* gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 27. September 2023, GZ 25 Hv 110/22a 158, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung hat das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche Mitangeklagter enthält, wurde * E* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in S* und an anderen Orten andere Personen gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1 und 3 StGB) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz unter Benützung falscher oder verfälschter Beweismittel, nämlich „Offene-Posten-Listen“, durch die wahrheitswidrigen Behauptungen, das verwendete Kapital (Investment) würde für die Finanzierung des Geschäftsbetriebs der B* GmbH (idF: B*) verwendet werden, die über einen gültigen Kaufvertrag betreffend ein Vorkaufsrecht für Aktien der Betreiberunternehmungen der ukrainischen Gesellschaft Eu* (im Folgenden: ET*) verfüge, bei ihm (E*) handle es sich um einen erfolgreichen und international vernetzten Unternehmer, es sei ein Treuhandkonto eingerichtet, das der Abwicklung von Zahlungen von Investoren diene, auf dem sich bereits Anlegergelder in Höhe von mehreren Millionen Euro befänden und eine Auszahlung unmittelbar bevorstehe, und er verfüge über ein Aktiendepot im Wert von 30 Mio Euro, das er zum Zweck der Rückzahlung auflösen werde, somit durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar:

A./ vom 7. Februar 2018 bis zum 13. Oktober 2021 * R* in mehreren Angriffen zur Überweisung eines Geldbetrags in Höhe von insgesamt 1.907.425,46 Euro,

B./ am 18. September 2019 Verfügungsberechtigte der R* G* zur Einräumung eines Darlehens in Höhe von 500.000 Euro für die B*, wobei * E* vorgab, dass er aufgrund eines aufrechten Vertrags mit der T* Ltd mit täglichen Einnahmen in Höhe von 30.000 Euro kalkulieren könne, und dies gegenüber der Bank insbesondere im Oktober 2019 im Zuge einer Bonitätsprüfung wiederholte, obwohl er wusste, dass die Umsätze wesentlich geringer waren und zudem die Kooperation nur bis 4. Dezember 2018 angedauert hatte, somit zum Zeitpunkt der Bonitätsprüfung bereits seitens der T* Ltd aufgekündigt war,

C./ am 4. Oktober 2018 * W* zur Überweisung von 250.000 Euro,

D./ am 15. November 2019 Mag. * A* zur Überweisung von 130.000 Euro;

E./ am 8. Juli 2020 und am 26. August 2020 Mag. * P* zur Überweisung von insgesamt 30.000 Euro.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten E* schlägt fehl.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung der Zeugen K*, Ka* und S* zum Beweis dafür, „dass das Projekt 'ET*' real war, es das Glasfasernetz gegeben hat und auch wenn rechtzeitig ein Investment oder ein Investor tatsächlich gefunden worden wäre, der den Ankaufspreis hätte finanzieren können, hier tatsächlich ein lukratives Geschäft für alle Beteiligten zu lukrieren gewesen wäre“ (ON 156 S 30), Verteidigungsrechte des Angeklagten schon deshalb nicht verletzt, weil dem Angeklagten zudem über dieses Beweisthema hinausgehende, bereits für sich den Schuldspruch tragende Täuschungshandlungen (insb in Bezug auf die Vorspiegelung seiner Bonität „Aktiendepot im Wert von 30 Mio Euro“; vgl US 2, 9) angelastet wurden. Solcherart war der Beweisantrag auf keine entscheidenden Umstände gerichtet.

[5] Das im Rechtsmittel nachgetragene Vorbringen unterliegt dem Neuerungsverbot und hat daher auf sich zu beruhen (RIS-Justiz RS0099618).

[6] Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) macht nicht klar, inwieweit – in der Beschwerde auch nicht konkret bezeichnete (RIS-Justiz RS0118316 [T5]) – Urkunden über mit den Opfern getroffene Vereinbarungen über den Erwerb der ET* und die nachfolgende Aufteilung sich daraus ergebender Vermögenswerte den Konstatierungen zu den verübten Betrugshandlungen des Angeklagten (in objektiver Hinsicht) erörterungsbedürftig entgegenstehen sollen.

[7] Soweit die Beschwerde diesen „Urkunden“ eigenständig eine Relevanz für die subjektive Tatseite beimisst, argumentiert sie bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

[8] Aus welchem Grund der Umstand, dass der Zeuge R* im Jahr 2019 die Zustimmung für die Verpfändung seiner Aktien im Nennwert von 22.500 Schweizer Franken erteilte (ON 151 S 33, 35), den Schuldspruch A./ in Frage stellen und damit erörterungsbedürftig sein soll, gibt die – bloß pauschal Aktienbesitz durch den Genannten behauptende – Rüge (Z 5 zweiter Fall) nicht bekannt.

[9] Das weitere Vorbringen, wonach „aus dem gesamten Akt“ ein Wissen „aller Beteiligten“ darüber ableitbar sein soll, dass „eine erhebliche Summe“ … „zumindest im hohen 6 stelligen Bereich“ ... „zur Konkursabdeckung“ verwendet werden sollte, lässt augenfällig eine deutliche und bestimmte Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (vgl § 285a Z 2 StPO) vermissen.

[10] Die Tatsachenrüge (Z 5a) weckt mit zivilrechtlichen Überlegungen zur Gültigkeit des Kaufvertrags bezüglich eines Vorkaufsrechts für Aktien der ET*, dem neuerlichen Rekurs auf die am „21.9.2023 vorgelegten Urkunden“ und dem Hinweis auf die jahrzehntelange Tätigkeit des Angeklagten in der Telekombranche keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen.

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[12] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[13] Der Generalprokuratur ist auch mit Blick auf § 290 Abs 1 StPO dahin beizupflichten, dass die Feststellungen zur Vorlage von gefälschten „Offene Posten Listen“ (US 10) die rechtliche Beurteilung nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB nicht tragen. Ob es sich dabei um Urkundenfalsifikate (Z 1 erster Fall) gehandelt hat, kann nicht beurteilt werden, weil sich das Erstgericht insoweit bloß auf die Wiedergabe der verba legalia („falsche Urkunden“ – US 14 und 21) ohne Sachverhaltsbezug beschränkt hat. Ebensowenig geben die Urteilsgründe darüber Auskunft, ob den genannten Listen ein eigene r , über die unwahren Sachverhaltsbehauptungen des Täuschenden hinausgehender Beweiswert (vgl RIS-Justiz RS0103663 [T5 –T7 , T9], Kirchbacher/Sadoghi in WK 2 StGB § 147 Rz 36) zugekommen ist oder diese einen solchen im Sinne der Benützung eines anderen solchen Beweismittels (Z 1 fünfter Fall) aufgewiesen haben.

[14] Die verfehlte Subsumtion wurde dem Angeklagten im Bereich der Strafbemessung nicht gesondert in Rechnung gestellt. Die erschwerende Wertung der „mehrfachen Qualifikation“ (US 24) war schon mit Blick auf die Erfüllung der Qualifikationen nach § 147 Abs 3 StGB und nach § 148 zweiter Fall StGB berechtigt, sodass sich das aufgezeigte Defizit nicht zum Nachteil des Angeklagten auswirkte. An die fehlerhafte Subsumtion ist das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung angesichts dieser Klarstellung nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118870).

[15] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.