JudikaturJustiz12Os47/06p

12Os47/06p – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juni 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juni 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ferdinand R***** und Gabriele N***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Gabriele N***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 23. Jänner 2006, GZ 37 Hv 82/05v-80, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 28. April 2005, GZ 31 Hv 165/04d-70, wurden Ferdinand R***** und Gabriele N***** der Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB, Ferdinand R***** als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB, und der Brandstiftung nach § 169 Abs 2 StGB, Gabriele N***** als Bestimmungstäterin nach § 12 zweiter Fall StGB, sowie Ferdinand R***** ferner des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 StGB schuldig erkannt.

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten N***** und aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) hob der Oberste Gerichtshof mit Entscheidung vom 15. September 2005, GZ 12 Os 75/05d-7, das Urteil hinsichtlich beider Angeklagter im Schuldspruch wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 2 StGB sowie in der Annahme der Betrugsqualifikation des § 147 Abs 3 StGB, demgemäß ferner in den Strafaussprüchen auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung auf. Im Übrigen wurde die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Gabriele N***** zurückgewiesen.

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Ferdinand R***** und Gabriele N***** im zweiten Rechtsgang neuerlich - unter rechtlich verfehlter Wiederholung der bereits im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche (vgl Ratz, WK-StPO § 293 Rz 6) - der Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 2 StGB, Gabriele N***** als Bestimmungstäterin nach § 12 (richtig:) zweiter Fall StGB (I 1 und II 1), des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB, Ferdinand R***** als Beitragstäter nach § 12 (richtig:) dritter Fall StGB (I 3 und II 2), sowie Ferdinand R***** ferner des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 StGB (I 3) schuldig erkannt. Danach haben - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung -

I. 1. Ferdinand R***** am Haus ***** der Gabriele N***** mit deren Einwilligung durch Entzünden großflächig ausgegossenen Benzins an mehreren Stellen auf dem Dachboden des Objektes eine Feuersbrunst verursacht und dadurch eine Gefahr für Leib oder Leben „eines anderen oder eines Dritten" und für das Eigentum eines Dritten in großem Ausmaß herbeigeführt;

II. 1. Gabriel N***** den Ferdinand R***** zu der unter I. 2. beschriebenen Tat bestimmt, indem sie ihn aufforderte, das Gebäude ***** gegen eine Belohnung von 60.000 S anzuzünden;

II. 2. Gabriele N***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Interunfallversicherung dadurch, dass sie ihnen den Schaden zur Kenntnis brachte und Schadenersatz begehrte, wobei sie den unter Punkten I. 1. und II. 1. beschriebenen Sachverhalt verschwieg, somit durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung nämlich Erbringung einer Versicherungsleistung in einem 50.000 EUR übersteigenden Betrag verleitet und zu verleiten versucht, die das Versicherungsunternehmen „in Höhe des Auszahlungsbetrages schädigte bzw schädigen sollte";

I. 3. Ferdinand R***** zu der unter II. 2. beschriebenen Tat der Gabriele N***** durch die unter I. 1. bezeichnete Tat beigetragen. Während Ferdinand R***** das Urteil in Rechtskraft erwachsen ließ, bekämpft die Angeklagte Gabriele N***** den sie betreffenden Teil des Urteils mit aus den Gründen der Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobener Nichtigkeitsbeschwerde; sie ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Da der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 15. September 2005, GZ 12 Os 75/05d-7, die Schuldsprüche der Angeklagten Gabriele N***** wegen des Grundtatbestandes des Betruges und der Beitragstäterschaft des Angeklagten Ferdinand R***** hiezu bestätigt hat und diese ua darauf gegründet waren, dass Ferdinand R***** am Haus der Gabriele N***** mit deren Einwilligung durch Entzünden von großflächig ausgegossenem Benzin an mehreren Stellen auf dem Dachboden des Objektes einen Brand verursachte und Gabriele N***** ihn zu dieser Tat bestimmt hatte, steht einer neuerlichen Bekämpfung des Grundtatbestandes des Betruges und der diesem zu Grunde liegende Tatbegehung durch Vortäuschung eines nicht gelegten, sondern unfallsbedingt entstandenen Feuers die (Teil )Rechtskraft des Urteiles - vom Erstgericht fälschlich als Bindungswirkung (US 10) bezeichnet - entgegen. Die hiezu unter allen angeführten Nichtigkeitsgründen erhobenen Einwände (Punkte 1, 2a, aa, b, 3 erster Teil, 4.2., 4.4. der Nichtigkeitsbeschwerde) sind daher unzulässig und waren schon aus diesem Grund zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO).

Entgegen der (weiteren) Mängelrüge (Z 5) hat das Erstgericht die Feststellung der konkreten Gefahr für Leib und Leben von dritten Personen und der Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß auf die genau beschriebene Lage des Brandobjektes und der benachbarten Gebäude sowie die daraus gezogenen Schlüsse des brandtechnischen Sachverständigen Norbert K***** gestützt. Aufgrund der Abstände zwischen den Bauwerken von 5,80 m (fremdes Betriebsgebäude), 11,80 m (Mehrparteienwohnhaus) und 15,80 m (landwirtschaftliches Anwesen) kam dieser zum Ergebnis, dass bei nicht rechtzeitiger Brandbekämpfung das nächstgelegene Betriebsgebäude bereits durch die entstehende Strahlungshitze, die etwas weiter entfernten Wohnhäuser und das landwirtschaftliche Objekt durch Übergreifen der Flammen oder durch Funkenflug in Brand geraten wären. Daraus folgerten die Tatrichter auch eine konkrete Gefahr für die dort wohnenden Menschen (US 8 f). Ob diese zum Tatzeitpunkt (4 Uhr 41) geschlafen haben oder nicht, betrifft keine entscheidende Tatsache. Abgesehen davon übersieht die Beschwerde im gegebenen Kontext, dass zur Verwirklichung des Tatbestandes bereits die erste Alternative der Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß ausreicht. Diese wurde - wie bereits angeführt - ausreichend festgestellt und auch tragfähig begründet. Welche „konkrete Situation der Zweitangeklagten" das Schöffengericht bei Begründung der subjektiven Tatseite hätte berücksichtigen müssen, wird im Rechtsmittel nicht dargetan.

Nicht nachvollziehbar ist der behauptete „innere Widerspruch"

zwischen der Feststellung: „... und es war ihnen durchaus bewusst,

dass sie durch die Verursachung der Feuersbrunst eine Gefährdung ..."

und der Konstatierung: „Unter Berücksichtigung des nachvollziehbaren

und einleuchtenden Gutachtens des Brandsachverständigen ... konnte

der Senat ... auch die Möglichkeit der Entstehung einer ausgedehnten

Feuersbrunst iSd § 169 Abs 2 StGB feststellen". Betrifft doch der erste Teil die Verursachung der Feuersbrunst im Sinne von § 169 Abs 2 erster Satzteil StGB und der zweite Teil die weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 169 Abs 2 zweiter Satzteil StGB. Der konstatierten Gefahr für eine Betriebshalle, mehrere große Wohngebäude und für ein landwirtschaftliches Anwesen ist die Gefahr einer Eigentumsbeeinträchtigung von sehr erheblichem Ausmaß (Leukauf/Steininger Komm³ § 169 Rz 14), wobei es auf die ziffernmäßig genaue Höhe des zu erwartenden Schadens nicht ankommt, inhärent. Die Tatsachenrüge (Z 5a), die sich gegen die Feststellung der Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß richtet, weil aufgrund des Gutachtens des brandtechnischen Sachverständigen keine Schadenshöhe festgestellt werden konnte, ist daher nicht geeignet ist, Bedenken im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes zu erzeugen. Dasselbe gilt für die Einwände gegen die festgestellte Gefahr für die in den „angrenzenden Wohnblöcken lebenden - und anzunehmenderweise zum Tatzeitpunkt schlafenden - Menschen" (US 9), weil diese die festgestellte Lage des Brandobjektes (vgl etwa ON 3) und die Tatzeit (4 Uhr 41) außer Acht lassen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) wendet sich gegen die Annahme einer Feuersbrunst, übergeht aber die dazu getroffenen Annahmen sowohl des großen Ausmaßes des Feuers als auch dessen Unbeherrschbarkeit (US 7 iVm S 181 ff/II, US 11).

Die konkrete Gefahr für dritte Personen und für fremdes Eigentum im großen Ausmaß hat das Schöffengericht - was die Beschwerde im Rahmen der Mängel- und Tatsachenrüge auch zugesteht - ausdrücklich konstatiert (US 2, 8 f und 10).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt, dass die Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.