JudikaturJustiz12Os35/95

12Os35/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. März 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.März 1995 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Madersbacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hisham Talaad R***** und Reda D***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 3 Z 3 SGG in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Reda D***** sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.Oktober 1994, GZ 6 b Vr 6821/94-133, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten D***** wegen des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG (B./) und demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft, soweit sie den den Angeklagten D***** betreffenden Strafausspruch bekämpft, und der Angeklagte D***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Über die Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Angeklagten R***** und über dessen Berufung wird das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten D***** auch die auf den erfolglosen Teil seiner Urteilsanfechtung entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Reda D***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 3 Z 3 SGG (A./I./2.) in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er

A./I./2. am 17.Juni 1994 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den (von teilweiser Sanktionsbekämpfung abgesehen) rechtskräftig mitverurteilten Hisham Talaad R*****, Reda Mahmoud Mohamed H*****, Albertina van de K***** und Eltantawy Zakria E***** als Mittäter den bestehenden Vorschriften zuwider eine übergroße, das heißt das Fünfundzwanzigfache des in § 12 Abs 1 SGG angeführten Quantums übersteigende Menge Suchtgift, nämlich ca 500 Gramm Heroin in Verkehr zu setzen versucht, indem er es zur Weitergabe an verdeckte Fahnder bereithielt;

B./ bis zum 17.Juni 1994 unbefugt eine verbotene Waffe, nämlich einen Tränengasspray, geführt und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, "5, 5 a und 9 a" StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten D***** kommt nur teilweise Berechtigung zu.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider bedeutete zunächst die Abweisung des in der gemäß § 276 a StPO wiederholten Hauptverhandlung am 27.Oktober 1994 gestellten (hier allein aktuellen) Antrages (auf Vernehmung) des Yehia Mustafa E***** zum Beweis dafür, daß er den Kontakt zwischen dem Angeklagten und den verdeckten Ermittlern hergestellt hat und "daß er einen Treffpunkt zwischen den Personen gegeben hat" (138/II), keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte. Abgesehen davon, daß der beantragte Zeuge unbekannten Aufenthaltes ist (ON 128, 99/II) und sich die angestrebte Beweisaufnahme sohin für nicht absehbare Zeit als undurchführbar erwies, entbehrt das Beweisbegehren schon vom Ansatz her jedweder entscheidungswesentlicher Relevanz, weil selbst im Falle des angestrebten Ergebnisses der Beweisaufnahme für die hier entscheidende Frage, ob nämlich der Beschwerdeführer durch sein inkriminiertes Verhalten bloß Suchtgiftschmuggler und -händler zu überführen sowie Suchtgift (nur) der Polizei zu übergeben trachtete, nichts gewonnen wäre.

Ob aber der Angeklagte D***** die Übergabe des Suchtgifts in Kenntnis der Tatsache vermittelt hat, daß es sich bei den Käufern um verdeckte Fahnder handelte, war nicht Thema des in erster Instanz formulierten Beweisantrages, weshalb sich der dazu verspätet erst in der Verfahrensrüge erhobene Einwand als unbeachtlich erweist (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 4 ENr 41).

Ebenso unbegründet wie die Verfahrensrüge ist aber auch das zum Schuldspruchfaktum A./I./2. undifferenziert auf Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Vorbringen. Die darin ins Treffen geführten Argumente, die sich - nach Art einer Schuldberufung - im Versuch erschöpfen, der denkrichtig als widerlegt erachteten Verantwortung des Beschwerdeführers doch noch zum Durchbruch zu verhelfen, bekämpfen nur unzulässig die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz.

Schließlich gelangt die zu Faktum A./I./2. ausgeführte Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung, weil sie nicht die erstgerichtlichen Feststellungen zu den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen nach §§ 15 StGB, 12 Abs 1, Abs 3 Z 3 SGG mit dem Gesetz vergleicht, vielmehr auf der Basis der - wie dargelegt mit mängelfreier Begründung als bloße Schutzbehauptung beurteilten - leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers auf dessen behauptete Aktivitäten als Vertrauensperson der Polizei abstellt.

Im bisher erörterten Rahmen erweist sich sohin die Nichtigkeitsbeschwerde als teils offenbar unbegründet, teils nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 d Abs 1, 285 a Z 2 StPO), weshalb sie bereits in einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war.

Berechtigung kommt der Beschwerde jedoch zu, soweit sie aus der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO Feststellungsmängel zu den objektiven Tatbestandserfordernissen des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG (B./) moniert. Der Angeklagte D***** behauptete nämlich sowohl vor dem Untersuchungsrichter (ON 12) als auch in der Hauptverhandlung am 27. Oktober 1994 (138/II), die in Rede stehende, in seinem Besitz sichergestellte Tränengasspraydose sei leer. Damit weisen aber Verfahrensergebnisse auf den rechtlich relevanten Umstand einer völlig funktionsunfähigen und deshalb deliktsuntauglichen Waffe (12 Os 162/80) hin.

Mangels Feststellungen dazu ist eine abschließende Tatbeurteilung nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG nicht möglich und insoweit eine Teilkassierung des angefochtenen Urteils unumgänglich.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft, soweit sie den D***** betreffenden Strafausspruch bekämpft, und dieser Angeklagte auf die auch den Strafausspruch erfassende Teilaufhebung zu verweisen.

Über die Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Angeklagten R***** und über dessen Berufung wird der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.