JudikaturJustiz12Os155/23w

12Os155/23w – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Februar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Februar 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. De Rijk in der Strafsache gegen * B* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft sowie die Berufungen der Angeklagten * B* und * A* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 1. September 2023, GZ 144 Hv 24/23i 213.6, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Oberstaatsanwalt Dr. Sprajc, der genannten Angeklagten und ihrer Verteidiger Mag. Silatani Wiesbauer und DDr. Dohr LL.M., LL.M., zu Recht erkannt:

Spruch

I./ In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten B* betreffenden Strafausspruch aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

* B* wird für das ihm zur Last liegende Verbrechen des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB unter Anwendung des § 39 Abs 1 StGB sowie gemäß § 31 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 24. November 2022, AZ 16 Hv 3/22h, nach § 130 Abs 3 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von

vier Jahren

verurteilt.

Auf die Strafneubemessung werden * B* mit seiner Berufung und die Staatsanwaltschaft mit ihrer diesen Angeklagten betreffenden Berufung verwiesen.

II./ Den Berufungen des Angeklagten * A* und der diesen betreffenden Berufung der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.

* B* und * A* fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für die Erledigung der Rechtsmittel von Bedeutung – * B* (1./I./) und * A* (1./II./) jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB (A* auch nach § 15 StGB) schuldig erkannt.

[2] Danach haben sie in W* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz im Urteil namentlich genannten Gewahrsamsträgern gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) fremde bewegliche Sachen durch Einbruch in Wohnstätten weggenommen (1./I./) und wegzunehmen versucht (1./II./A./), indem sie Scherengitter und Wohnungstüren mit einem Schlitzschraubenzieher oder einem ähnlichen Werkzeug aufzwängten, einen Rollladen aufhebelten und ein Fenster einschlugen, und zwar:

I./ * B* am 5. September 2022 (A./) und am 30. September 2022 (B./) einen Wintermantel (A./a./), Bargeld (A./b./, B./b./ und c./) sowie Schmuck, Bargeld und eine Goldmünze (B./a./) im Gesamtwert von 4.645 Euro;

II./ * A*

A./ am 5. September und am 14. Dezember 2022, wobei die Taten beim Versuch blieben,

B./ am 22. Dezember 2022 Schmuck und eine Damenhandtasche im Gesamtwert von 4.000 Euro.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen den * B* betreffenden Strafausspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

[4] Das Erstgericht verurteilte diesen Angeklagten unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 24. November 2022, AZ 16 Hv 3/22h, zu einer Zusatzstrafe von drei Jahren, wobei es ersichtlich von einem „Strafsatz“ (offenbar gemeint: Strafrahmen) von ein bis zehn Jahren ausging (US 5, 21, 23).

[5] Zutreffend zeigt die Anklagebehörde auf, dass das Erstgericht seine Strafbefugnis überschritten hat (Z 11 erster Fall), weil es die das Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe oder Geldstrafe um die Hälfte zwingend erhöhende (vgl RIS Justiz RS0133600, RS0133690; Fabrizy/Michel Kwapinski/Oshidari , StGB 14 § 39 Rz 1) Bestimmung des § 39 Abs 1 StGB nicht angewendet hat.

[6] Den tatrichterlichen Annahmen zufolge (US 6) wurde * B* zuvor schon zweimal (auch) wegen Taten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, rechtskräftig verurteilt, und zwar mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 16. November 2011, AZ 121 Hv 107/11h, wegen des Verbrechens des „schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 130 vierter Fall StGB“ (idF BGBl 1974/60) und mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 10. Juli 2014 zur AZ 84 Hv 39/14s wegen des Verbrechens des „Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB“ (idF BGBl 1974/60). Die jeweils unbedingt verhängten Freiheitsstrafen hat der Angeklagte bis zu seiner bedingten Entlassung am 30. Oktober 2017 – wenigstens zum Teil – verbüßt (vgl dazu jüngst 11 Os 5/23d, EvBl 2024/16, 60).

[7] Kassation des Strafausspruchs ist in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur Folge dieses Rechtsfehlers bei der Sanktionsfindung.

[8] Bei der Strafneubemessung war unter Anwendung des § 39 Abs 1 StGB von einem Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.

[9] Unter Berücksichtigung der im Spruch genannten Vorverurteilung (§ 31 StGB) zu einer 24 monatigen, unbedingt verhängten Freiheitsstrafe (US 6 f) fallen als erschwerend die Tatwiederholung sowie das Zusammentreffen strafbarer Handlungen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), die Verurteilungen wegen auf gleicher schädlicher Neigung beruhender Taten (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB; vgl dazu RIS Justiz RS0091527; Riffel in WK 2 StGB § 32 Rz 65) ins Gewicht; als mildernd waren die (teils) versuchte Tatbegehung (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) und die geständige Verantwortung des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) zu werten.

[10] Die teilweise Schadensgutmachung durch die Sicherstellung der Beute war unter dem Aspekt des § 32 Abs 3 StGB zu berücksichtigen ( vgl Riffel in WK 2 StGB § 34 Rz 33).

[11] Davon ausgehend erweist sich mit Blick auf die professionelle Vorgehensweise des Angeklagten und die einschlägige Vorstrafenbelastung (vgl auch US 24) die im Spruch genannte Freiheitsstrafe als tat- und schuldangemessen.

[12] Auf die Strafneubemessung war * B* ebenso zu verweisen wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer diesen Angeklagten betreffenden Berufung.

Zu den Berufungen betreffend den Angeklagten * A*:

[13] Das Erstgericht verhängte über diesen Angeklagten eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren (US 5). Als erschwerend wertete es fünf einschlägige Vorstrafen und die Tatwiederholung, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis, den teilweisen Versuch und die teilweise Sicherstellung der Beute (US 24).

[14] Der Oberste Gerichtshof legt diesen Strafzumessungskatalog im Wesentlichen auch seinen Erwägungen zugrunde, wobei zur Sicherstellung der Beute auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.

[15] Die Staatsanwaltschaft, die eine Erhöhung der Freiheitsstrafe fordert, betont zwar, dass die einschlägige Vorstrafenbelastung des Angeklagten, den überdies die wiederholte Gewährung bedingter Strafnachsichten (US 7 f) nicht zu einem rechtstreuen Verhalten motivieren konnte. Insoweit ist jedoch das zum Teil bereits längere Zurückliegen der Vorverurteilungen zu berücksichtigen.

[16] Ebenso wenig fällt das Berufungsargument des Angeklagten, es sei die gesamte Beute und nicht nur ein Teil sichergestellt worden, entscheidend ins Gewicht. Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers liegt eine bloß untergeordnete Beteiligung (§ 34 Abs 1 Z 6 StGB) schon deshalb nicht vor, weil der Angeklagte bei dem zu 1./II./B./ abgeurteilten Diebstahl das Fluchtfahrzeug lenkte (US 11).

[17] Ausgehend davon erachtete der Oberste Gerichtshof die vom Erstgericht verhängte Sanktion als tat- und schuldangemessen.

[18] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.