JudikaturJustiz12Os14/06k

12Os14/06k – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. März 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. März 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Fabio Siro G***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 16. November 2005, GZ 37 Hv 140/05f-46, sowie dessen Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Widerrufsbeschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter (gemeint: vierter) Fall und Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Innsbruck mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, sowie „in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen", Mitarbeitern nachgenannter Unternehmen durch sein Auftreten als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde unter widerrechtlicher Benutzung mehrerer im Urteilsspruch genannter, ihm nicht zugewiesener Kreditkartennummern und der Behauptung, Inhaber der entsprechenden Kreditkarten zu sein, sohin durch Täuschung über Tatsachen, „teilweise unter Verwendung falscher oder verfälschter Beweismittel", zu Handlungen

A) verleitet, und zwar

1. und 3. am 29. August 2005 und am 4. September 2005 Verfügungsberechtigte der Hotelbetriebe „Schwarzer Adler" und „Grauer Bär" zur Gewährung von Übernachtungen und sonstigen Dienstleistungen im Wert von 1.172,55 Euro und von 645,70 Euro;

2. am 1. September 2005 und am 5. September 2005 Verfügungsberechtigte des „Blumenhauses Innsbruck" zur Lieferung zweier Blumensträuße im Wert von 69 Euro,

wodurch diese Unternehmen in den angeführten Beträgen am Vermögen

geschädigt wurden, und

B.) zu verleiten versucht, und zwar

1. bis 5. vom 29. August bis 6. September 2005 Verfügungsberechtigte mehrerer Reisebüros zur Ausfolgung bzw Buchung, in einem Fall zur Umbuchung von Flugtickets und Auslandsaufenthalten im Wert von 799 Euro, 150 Euro, 3.311,92 Euro, 2.940 Euro, 1.092,08 Euro und 10.188 Euro, wobei er in einem Fall den entsprechenden Kreditkartenbeleg unterfertigte und

6. am 5. September 2005 eine Angestellte des Hotels „Grauer Bär" zur Ausfolgung eines Bargeldbetrages in Höhe von 200 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Die Mängelrüge (Z 5), wonach die polizeilichen Vernehmungen der Zeuginnen Karin V*****, Christiane S***** und Karin S***** nicht in der Hauptverhandlung verlesen und somit nicht Gegenstand des unmittelbaren Beweisverfahrens geworden seien, versagt, weil durch den einvernehmlichen Verzicht auf eine tatsächliche Verlesung (S 23, 25/II) die Art, wie die in Rede stehenden Beweismittel in der Hauptverhandlung vorgekommen sind (§ 258 Abs 1 erster Satz StPO), einer nachträglichen Kritik aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO entzogen ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 460; 12 Os 59/05a).

Dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter die Konstatierung, der Angeklagte habe die Taten auch mit der Absicht begangen, fortlaufend Tathandlungen mit einem 3.000 Euro übersteigenden Schaden zu begehen (US 10), logisch und empirisch einwandfrei im Wege eines nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zulässigen Wahrscheinlichkeitsschlusses (Mayerhofer, StPO5 § 281 Z 5 E 148) nicht nur aus der Vielzahl der ihm zur Last liegenden Fakten und seiner Einkommenslosigkeit, sondern auch aus seinem durch die Begehung von Vermögensdelikten, zuletzt wegen gewerbsmäßigen schweren Betruges, getrübten Vorleben, dem äußerst raschen Rückfall und aus den Tathandlungen selbst, sohin aus der objektiven (in zwei Fällen die Wertgrenze überschreitenden und mit der der letzten Vorverurteilung zugrundeliegenden Delinquenz vergleichbaren) Begehungsweise erschlossen.

Entgegen dem weiteren Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) hat das Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten zu den Schuldspruchfakten B 4. und 5., sich lediglich nach dem günstigsten Preis erkundigt zu haben, keineswegs mit Stillschweigen übergangen; vielmehr hat es ihr - gestützt auf die Aussagen der Zeuginnen Karin V***** und Christiane S***** - den Glauben versagt (US 11). Die gegen die Annahme der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) verfehlt schon deshalb den gebotenen Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz (Mayerhofer aaO Z 9a E 5, WK-StPO § 281 Rz 581 ff), weil sie mit der Behauptung, dieser fehle es „an einer Grundlage im Sachverhalt" die ausdrückliche Konstatierung, der Angeklagte habe (anlässlich aller Tathandlungen) auch beabsichtigt, fortlaufend Tathandlungen mit 3.000 Euro übersteigendem Schaden zu begehen (US 10), mit Stillschweigen übergeht.

Die weitere Subsumtionsrüge vermeint schließlich, die Unterzeichnung eines Rechnungsbeleges anlässlich der Täuschungshandlung stelle keine Verwendung eines falschen Beweismittels iSd § 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB dar, mangels eigenen Beweiswertes könne aber auch eine inhaltlich unrichtige Urkunde nicht angenommen werden. Diese Argumentation vernachlässigt jedoch, der Verfahrensordnung widersprechend, die weiteren Urteilsfeststellungen, wonach der Angeklagte den Kreditkartenbeleg - wenngleich mit eigener Unterschrift (US 7 iVm S 263/I) - mit der Intention unterfertigte, seinem Geschäftspartner vorzutäuschen, er sei der legitimierte Karteninhaber (US 10), und somit den falschen Eindruck, wahrer und berechtigter Kreditkarteninhaber zu sein, weiterhin verstärkte (US 13). Dabei kann es infolge der rechtlichen Gleichwertigkeit der Qualifikationsfälle des § 147 Abs 1 Z 1 StGB (11 Os 121/04 mwN) auf sich beruhen, dass ein derartiges Verhalten angesichts der Nichtvorlage der (in der Regel vom Berechtigten unterfertigten) Kreditkarte und im Hinblick auf die nach dem objektiven Anschein mit der (wie allgemein bekannt ist) auf dem Beleg aufscheinenden Kreditkartennummer korrespondierenden Unterschrift jedenfalls geeignet ist, eine andere (vom Angeklagten verschiedene) bestimmte Person als Aussteller vorzutäuschen und solcherart die Benutzung einer falschen Urkunde nach dem ersten Deliktsfall des § 147 Abs 1 Z 1 StGB zu begründen (vgl Kienapfel in WK² Rz 71, 176 sowie WK Rz 160, Leukauf/Steininger Komm³ Rz 16, jeweils zu § 223), während das Erstgericht demgegenüber irrig die Verwendung eines falschen Beweismittels (vierter Fall leg cit) angenommen hat. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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