JudikaturJustiz12Os112/13g

12Os112/13g – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Jänner 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Nagl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stefan J***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Stefan J***** sowie die Berufungen des Angeklagten Andreas J***** sowie der Privatbeteiligten C*****gesellschaft mbH gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 27. Mai 2013, GZ 18 Hv 29/13x 56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Stefan J***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch unangefochten gebliebene Schuldsprüche der Mitangeklagten Andreas J***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (1./) sowie des Siegfried J***** wegen des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 Z 4 StGB (2./) enthält, wurde Stefan J***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (1./) schuldig erkannt.

Danach hat er in G***** im Zeitraum von August 2009 bis zur Konkurseröffnung am 16. September 2011 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Andreas J***** als faktischer Geschäftsführer der S. J***** GmbH Bestandteile des Vermögens des Unternehmens verheimlicht und beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger in einem Betrag von mindestens 221.964,18 Euro vereitelt, indem sie insgesamt 1.126 Ausgangsrechnungen an die „E*****gesellschaft mbH“ (E*****) im Gesamtbetrag von 638.087,10 Euro netto nicht in der Buchhaltung erfassten und Zahlungen der E***** in Höhe von insgesamt 549.000 Euro auf dem eigens eröffneten Konto bei der S***** AG mit der Nummer ***** vereinnahmten, in der Folge behoben und für eigene Zwecke verwendeten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Stefan J***** schlägt fehl:

Unter dem Aspekt der Mängelrüge (Z 5) vermisst die Beschwerde ausreichende Feststellungen zur Verantwortlichkeit des Nichtigkeitswerbers als „faktischer Geschäftsführer“ (der Sache nach Z 9 lit a), übergeht insofern aber das darauf bezogene Tatsachensubstrat (US 5 bis 8), wonach Stefan J*****, auch nachdem er als eingetragener Geschäftsführer der S. J***** GmbH abberufen worden war, weiterhin die Vertretung des Unternehmens nach außen und die Abwicklung der finanziellen Belange übernahm. Welcher weiteren Konstatierungen es aus Beschwerdesicht für die rechtsrichtige Beurteilung seiner (Mit )Verantwortlichkeit für ein Verhalten nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB bedurft hätte (vgl insofern Kirchbacher in WK 2 § 161 Rz 13), erklärt die Beschwerde nicht.

Unter Hinweis auf die durchaus gewürdigte (US 10) Einlassung des Nichtigkeitswerbers, wonach er bloß auf Geheiß seines Vaters agiert habe, sowie die den Entscheidungsgründen ebenfalls zu Grunde gelegte (US 10 f) geständige Verantwortung des Angeklagten Andreas J***** zeigt die Rüge keine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) auf, sondern strebt unter bloß eigenständiger Würdigung dieser Verfahrensergebnisse andere, für den eigenen Standpunkt günstigere Schlussfolgerungen an und richtet sich damit bloß gegen die dem Schöffengericht vorbehaltene Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Der Rechtsmittelauffassung zuwider besteht auch kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen dem Erkenntnis (1./), wonach der Angeklagte Stefan J***** als „faktischer Geschäftsführer“ agierte (US 2), und der Entscheidungsbegründung, wonach „tatsächlich Andreas J***** als faktischer Geschäftsführer die Belange des Betriebs leitete“ (US 5) sowie „Siegfried J***** den beiden faktischen Geschäftsführern Stefan und Andreas J***** sämtliche Belange überließ“ (US 7). Das Erstgericht ging nämlich von einem bewussten und gewollten Zusammenwirken der Angeklagten Stefan und Andreas J***** in der Gestalt aus (US 2, 5 f), dass Stefan J*****, der über Anweisung seines Vaters Andreas J***** agierte, die Vertretung der Gesellschaft nach außen und weiters die Abwicklung finanzieller Belange des Unternehmens übernahm, während Andreas J*****, der selbst auf keinem der Firmenkonten zeichnungsberechtigt war, sämtliche unternehmensrelevanten Entscheidungen traf (US 6). Die dagegen gerichtete Argumentation, der tatsächliche Einfluss des Nichtigkeitswerbers auf die Geschäftsführung sei „wenn überhaupt vorhanden, verschwindend gering gewesen“, zeigt kein Begründungsdefizit auf, sondern setzt den getroffenen Urteilsannahmen nur die eigene Auffassung entgegen.

Entgegen der Beschwerde ist der von den Tatrichtern vorgenommene Schluss vom objektiv zugestandenen Tatgeschehen auf die subjektive Tatseite (US 8 und 10) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden (RIS Justiz RS0116882, RS0098671; Ratz , WK StPO § 281 Rz 452). Indem der Nichtigkeitswerber bloß erneut auf seine Einlassung verweist, erst im Nachhinein die Konsequenzen seines Verhaltens verstanden zu haben, und (zu deren Untermauerung) auf eine vermeintlich gleichlautende - Einschätzung seines Vaters Andreas J***** Bezug nimmt, ohne eine Fundstelle im Akt zu bezeichnen, auf welcher die argumentative Basis dieser Argumentation zu finden sein sollte (RIS Justiz RS0124172), zeigt er ebenfalls kein Begründungsdefizit auf, sondern strebt eine Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen nach Art einer (im Einzelrichterverfahren vorgesehenen) Schuldberufung an.

Gleiches gilt für die Tatsachenrüge (Z 5a), die diverse Passagen der Verantwortung des Nichtigkeitswerbers referiert, um unter Hinweis auf isoliert herangezogene Details der Einlassung des Mitangeklagten Andreas J***** aus den Verfahrensergebnissen eigene, für den Beschwerdestandpunkt günstigere Schlussfolgerungen abzuleiten. Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen werden solcherart nicht geweckt.

Die Sanktionsrüge (Z 11), die auf die Einwände der Mängel und Tatsachenrüge sowie das nachfolgend erstattete Berufungsvorbringen verweist, um die verhängte Strafe als überhöht zu kritisieren, spricht keinen Anfechtungsgegenstand des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Stefan J***** war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Abschließend bleibt zu bemerken, dass der unangefochten gebliebene Schuldspruch des Mitangeklagten Siegfried J***** wegen des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 Z 4 StGB (2./) für ein Vorgehen gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO keinen Anlass bietet:

Ein Urteil ist aus § 281 Abs 1 Z 10a StPO nur nichtig, wenn die darin enthaltenen Feststellungen bei richtiger Rechtsansicht die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen oder wenn Ergebnisse der Hauptverhandlung auf einen Umstand hindeuten, der für die positive Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen den Ausschlag gäbe, das Gericht aber keine Feststellungen getroffen hat. Nicht anders als im Fall von Rechts und Subsumtionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 und 10 StPO) ist somit Gegenstand der Diversionsrüge der Vergleich der im Urteil getroffenen Konstatierungen mit den Diversionskriterien.

Den insoweit maßgeblichen Urteilsfeststellungen (US 7) zufolge stellte sich der Angeklagte Siegfried J***** im März 2009 für die Geschäftsführung der S. J***** GmbH als „Strohmann“ im Firmenbuch zur Verfügung, leistete die notwendigen Unterschriften und bezog für diese Dienste zumindest teilweise eine finanzielle Abgeltung. Er überließ sämtliche Belange den beiden faktischen Geschäftsführern, überprüfte zu keinem Zeitpunkt die Buchhaltung oder andere geschäftliche Unterlagen und unterließ auch sonst geeignete und erforderliche Kontrollmaßnahmen, die ihm einen Überblick über die Vermögens , Finanz und Ertragslage des Unternehmens ermöglicht hätten, wodurch er in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der (spätestens am 15. Oktober 2010 eingetretenen) Zahlungsunfähigkeit von Oktober 2010 bis 16. September 2011 die Befriedigung der Gläubiger des Unternehmens grob fahrlässig vereitelte.

Dieses konstatierte Verhalten stellt auch mit Blick auf die geringe Strafobergrenze des § 159 Abs 1 StGB, welcher (bezogen auf den Gesamtkreis diversionstauglicher Delikte) in aller Regel einen unterdurchschnittlichen Schuldgehalt aufweist (RIS Justiz RS0128762) schon deshalb ein schweres Verschulden im Sinne des § 198 Abs 2 Z 2 StPO dar, weil dieser Angeklagte ungeachtet der vom Erstgericht angenommenen Milderungsgründe bisherigen ordentlichen Lebenswandels und eines reumütigen Geständnisses durch sein Verhalten nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer nicht nur die Zahlungsunfähigkeit des Gesellschaft herbeiführte, sondern auch in einem Zeitraum von fast einem Jahr die Befriedigung der Gläubiger jedenfalls in einem Betrag von über 220.000 Euro vereitelte (US 2, 7, 9) und sich für sein Fungieren als Strohman überdies finanziell entlohnen ließ.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.