JudikaturJustiz11Os70/97

11Os70/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Mai 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner und Dr.Zehetner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Sprinzel als Schriftführer in der beim Landesgericht Feldkirch zum AZ 19 Vr 955/96 anhängigen Strafsache gegen Alfred B***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und anderer strafbarer Handlungen, über die Grundrechtsbeschwerde des Alfred B***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 2.April 1997, AZ 7 Bs 137/97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

1. Alfred B***** wurde in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde vom 29.April 1997 wird abgewiesen.

2. Die vom Angeklagten Alfred B***** eigenhändig am 17.März 1997 verfaßte Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Alfred B***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 4.Februar 1997, GZ 19 Vr 955/96-69, des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG sowie der Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG und nach § 36 Abs 1 Z 1 und Z 3 WaffG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verurteilt.

Darnach hat Alfred B*****

1. in der Zeit von Anfang Mai bis 23.Juli 1996 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Kokain in einer großen, im übrigen nicht näher feststellbaren Menge durch Weitergabe an namentlich angeführte Personen in Verkehr gesetzt,

2. in der Zeit von April bis Juli 1996 außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich rund 40 Gramm Kokain erworben und besessen,

3. in der Zeit von Mai bis 23.Juli 1996, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war, unbefugt eine Faustfeuerwaffe besessen und geführt.

Gegen dieses Urteil haben Alfred B***** Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, die Anklagebehörde Berufung erhoben. Über die Rechtsmittel wurde noch nicht entschieden.

Zu diesem Verfahren befindet sich Alfred B***** seit 26.Juli 1996 in Untersuchungshaft.

Mit Beschluß vom 25.Februar 1997 verfügte der Vorsitzende des Schöffensenates nach Durchführung einer Haftverhandlung die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und 3 lit a bis c StPO (ON 85).

Einer dagegen vom Angeklagten erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluß vom 2.April 1997, AZ 7 Bs 137/97 (ON 111), nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richten sich eine vom Verteidiger des Angeklagten verfaßte Grundrechtsbeschwerde, in welcher der dringende Tatverdacht und das Vorliegen von Haftgründen bestritten sowie die unverhältnismäßige Dauer der Untersuchungshaft gerügt wird, sowie ein von Alfred B***** am 17.März 1997 selbst verfaßter und als "Beschwerde nach dem Grundrechtsbeschwerdegesetz" bezeichneter Schriftsatz.

Da auch im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nur eine Beschwerdeschrift zulässig ist, war diese vom Angeklagten selbst stammende Beschwerde zurückzuweisen.

Der vom Verteidiger ausgeführten Grundrechtsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Bei Prüfung des von der Beschwerde in Frage gestellten dringenden Tatverdachtes (§ 180 Abs 1 StPO) ist davon auszugehen, daß in erster Instanz ein - wenngleich noch nicht rechtskräftiger - Schuldspruch gefällt wurde. Der Tatverdacht, der zur Begründung der Haftverhängung herangezogen worden war, hat sich somit verdichtet und entspricht jedenfalls der vom Gesetz geforderten Dringlichkeit (Mayrhofer/Steininger GRBG § 2 Rz 39). Die Beurteilung, ob das angefochtene Urteil mit formellen und/oder materiellen Mängeln behaftet ist und inwieweit Einwände in der dem Obersten Gerichtshof vorliegenden Nichtigkeitsbeschwerde berechtigt sind, bleibt dem Nichtigkeitsverfahren vorbehalten, weswegen sich das gegen das Urteil erhobene Vorbringen einer Erörterung im Grundrechtsbeschwerdeverfahren entzieht.

Zum Haftgrund der Tatbegehungsgefahr stützte sich das Oberlandesgericht auf die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten und die Tatsache, daß er innerhalb der Probezeit nach einer bedingten Entlassung aus einer wegen eines Verbrechens nach dem Suchtgiftgesetz verhängten Freiheitsstrafe rückfällig wurde, indem er neuerlich Kokain erwarb, besaß und in einer großen Menge an andere Personen weitergab.

Diese Umstände rechtfertigten tatsächlich die Annahme der Befürchtung, der Angeklagte werde ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens eine strafbare Handlung begehen, die ebenso wie die ihm angelastete strafbare Handlung gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die strafbaren Handlungen, deretwegen er bereits zweimal verurteilt worden ist. Damit ist aber der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit c StPO gegeben.

Da bei bei gegebenem dringenden Tatverdacht bereits ein Haftgrund die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft rechtfertigt, erübrigt sich im Rahmen der Behandlung der Grundrechtsbeschwerde ein Eingehen auf den weiteren Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 StPO sowie auf die weiteren Alternativen der Tatbegehungsgefahr.

Durch gelindere Mittel vermag der Haftgrund nach Lage des Falles nicht ersetzt werden.

Ausgehend vom erstgerichtlichen Schuld- und Strafausspruch (Mayrhofer/Steininger aaO Rz 23) kann schließlich keine Rede davon sein, daß die Dauer der Untersuchungshaft zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung zu der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis gestanden wäre, weil die bis dahin in Untersuchungshaft verbrachte Zeit nicht einmal die Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe erreicht hatte.

Durch den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck wurde daher das Grundrecht des Beschwerdeführers auf persönliche Freiheit nicht verletzt; die Beschwerde war somit ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) als unbegründet abzuweisen.

Rechtssätze
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