JudikaturJustiz11Os62/94

11Os62/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Mai 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Mai 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jannach als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann F***** und einen anderen wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Johann F***** und Helmut F***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 28. Jänner 1994, GZ 26 Vr 2243/93-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (die Brüder) Johann und Helmut F***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil sie am 25. Juni 1993 in Innsbruck im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter der Annemarie T***** und dem Josef P***** fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Bargeldbetrag von 80.000 S, nach Eindringen in deren Wohnung mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel mit dem Vorsatz wegnahmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Gegen diesen Schuldspruch richten sich die auf die Z 4 und 5 a (Helmut F*****) bzw. 4, 5 und 5a (Johann F*****) des § 281 Abs 1 StPO gestützten, allerdings unberechtigten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten.

Beide rügen als Verfahrensmangel (Z 4) die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 28. Jänner 1994 gestellten Antrages auf zeugenschaftliche Einvernahme der Anna B***** zum Beweis dafür, "daß sich Johann F***** am 25. Juni 1993 in der Zeit ab 9 Uhr 30 bis abends im Geschäft in der Mentlgasse aufgehalten hat" (92).

Das Erstgericht hat die Aufnahme dieses Beweises mit der Begründung abgelehnt, das Beweismittel sei nicht geeignet, den angebotenen Beweis zu erbringen und hat diese Begründung (93) im Urteil mit dem Argument ergänzt, daß der Umstand, daß Johann F***** nach seinem Vorbringen einmal von seiner Schwester während seines Aufenthaltes in der Trödlerei angerufen worden sei, keinen Schluß auf seinen ständigen Aufenthalt während des Tattages in diesem Geschäft zulasse (117).

Der Untersuchung der Verfahrensrüge ist voranzustellen, daß bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrages stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrages und den bei seiner Stellung (in der Hauptverhandlung) vorgebrachten Gründen auszugehen ist. Daher können erst im Rechtsmittelverfahren vorgebrachte Gründe tatsächlicher Art keine Berücksichtigung finden (Mayerhofer-Rieder StPO**n, ENr 41 zu § 281 Z 4). Tatsächlich gab der Angeklagte Johann F***** zu diesem Beweisantrag in der Hauptverhandlung ergänzend an, seine Schwester rufe ihn jeden Tag an, am 25. Juni habe sie einmal angerufen (92). Gerade angesichts der massiven Belastung des Angeklagten Johann F***** durch die ihn während der Tat beobachtende Zeugin Antonia S***** hätte der Beweisantrag, um den gesetzlichen Voraussetzungen zu genügen, außer dem Beweisthema und dem Beweismittel - angesichts des eine lückenlose Beobachtung des Angeklagten durch die Zeugin B***** gar nicht behauptenden Beweisantrages - auch dartun müssen, auf Grund welcher konkreten Umstände die begehrte Beweisaufnahme dennoch geeignet sein könnte, das angestrebte Beweisergsbnis zu erbringen (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 19 zu § 281 Z 4). Da derartige Ausführungen dem Antrag nicht zu entnehmen sind, wurden durch die Ablehnung der Beweisaufnahme Verteidigunsgrechte der beiden Angeklagten nicht verkürzt.

Die Mängelrüge des Angeklagten Johann F***** ist ebenfalls unbegründet.

Es trifft zwar zu, daß die Zeugin Antonia S***** nach Einsicht in ein Computerlichtbild des Johann F***** zunächst angab, ihn mit größter Wahrscheinlichkeit als Täter wieder zu erkennen; sie hat dieser Aussage aber am Ende ihrer Vernehmung noch hinzugefügt, daß sie sich "immer sicherer" sei, daß es sich dabei um den gesuchten Mann handle. Wenn das Gericht daher (US 10) davon ausging, daß sie Johann F***** auf Grund der Einsichtnahme in die Lichtbilder mit Sicherheit als denjenigen erkannte, der mehrfach läutete, sodann die Wohnung T***** aufsperrte und nach einer geraumen Zeit wieder herausging und die Wohnungstür versperrte, dann ist diese Annahme nicht aktenwidrig. Dazu kommt, daß das Erstgericht sich auch mit den weiteren Depositionen dieser Zeugin ausführlich auseinandersetzte, die bei ihrer Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter jeden Zweifel über die Identifizierung des Angeklagten, den sie im übrigen vor dem Zimmer des Untersuchungsrichters von sich aus erkannte (S 17 ff), ausschloß.

Mit der weiteren Behauptung, "eine ganz wesentliche klare Feststellung betreffend den Kausalablauf zwischen Abhandenkommen der Schlüssel einerseits und jenem der Ersparnisse der Zeugin P***** und T*****" sei dem Urteil nicht zu entnehmen, übergeht die Beschwerde - die im übrigen insoweit abweichend von den Urteilskonstatierungen und somit nicht gesetzmäßig einen Feststellungsmangel ausführt - die ausdrücklichen Urteilsannahmen, daß Helmut F***** die Wohnungsschlüssel aus der Manteltasche des Josef P***** nahm und seinem Bruder Johann übergab. Lediglich der - nicht entscheidungswesentliche - detaillierte Ablauf der Übergabe des Schlüssels konnte vom Erstgericht nicht mehr festgestellt werden. Mit der Feststellung, daß Johann F***** wußte, daß sich sein Bruder den Schlüssel widerrechtlich angeeignet hatte und er selbst dann damit in die Wohnung T***** eindrang und dort aus einem Geldversteck in der Küche S 80.000,-- entnahm, ist aber die von der Beschwerde zu Unrecht vermißte Kausalkette geschlossen. Da die Tatrichter als Grundlage dieser Feststellungen das gesamte Beweisergebnis verwertet haben, haftet dem angefochtenen Urteil auch kein Begründungsmangel an.

Schließlich ist die von beiden Angeklagten ausgeführte Tatsachenrüge (Z 5 a) schon im Hinblick auf die Aussage der Zeugin Antonia S***** nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher als offenbar unbegründet bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Da das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde vorsieht, war auf die weitere Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann F***** durch seinen Wahlverteidiger (ON 29) keine Rücksicht zu nehmen (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 3 zu § 284 und 36 zu § 285).

Über die Berufungen wird gemäß § 285 i StPO der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.