JudikaturJustiz11Os126/03

11Os126/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. November 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Proksch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Burhan B***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten und seiner gesetzlichen Vertreter gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Jugendschöffengericht vom 10. Juli 2003, GZ 25 Hv 14/03h-8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalprokurators Dr. Hauptmann und des Verteidigers Dr. Löw, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen. Die Nichtigkeitsbeschwerde der gesetzlichen Vertreter wird zurückgewiesen.

Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, dass die Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichtes Krems vom 5. September 2003, GZ 3 U 157/03g-7, gemäß §§ 31, 40 StGB auf zehn Monate herabgesetzt wird. Gemäß § 43a Abs 3 StPO wird der Vollzug eines Teiles dieser Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Den implizierten Beschwerden wird nicht Folge gegeben. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Burhan B***** (richtig:) der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Kirchberg durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) dem Thomas D***** jeweils durch Androhung von Schlägen fremde Sachen abgenötigt, und zwar

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt in keinem Punkt Berechtigung zu. Beide geforderten Maßnahmen scheitern bereits aus spezialpräventiven Gründen. Burhan B***** wurde nämlich mit Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 20. Jänner 2003, GZ 25 E Hv 68/02y-20, des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 3 StGB sowie des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollzug für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dessen ungeachtet nötigte er unter Anwendung von Drohungen Ende Jänner 2003 dem Thomas D***** einen geringfügigen Bargeldbetrag ab und wiederholte am 6. Februar 2003 den räuberischen Angriff. Daraus ergibt sich bereits ein gewisser Hang zur Kriminalität, welchem nur durch den Ausspruch einer Strafe begegnet werden kann. Diversion erfordert zudem, dass die Schuld des Täters nicht als schwer anzusehen ist. Schon die von sechs Monaten bis zu fünf Jahren reichende, wenn auch für den jugendlichen Angeklagten gemäß § 5 Z 4 JGG bis zu zweieinhalb Jahre betragende Strafdrohung des § 142 Abs 2 StGB gibt zunächst einen ersten Anhaltspunkt für den vom Gesetzgeber im Vergleich zu anderen Delikten höher eingestuften Unrechtsgehalt des angelasteten Deliktes. Ein hinzutretender deutlich gesteigerter Handlungsunwert ergibt sich aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer in zwei Angriffen mehrmals Schläge androhte und sein Opfer dadurch so einschüchterte, dass es Geld und ein Armband herausgab. Unter Abwägung aller schuldrelevanten Faktoren ist die Schuld des Beschwerdeführers somit als schwer einzustufen (vgl EvBl 2001/46, 13 Os 2/01).

Überdies ist auch noch zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit einer Diversion von der Haltung des Angeklagten abhängt und Schuldeinsicht, demnach seine Bereitschaft voraussetzt, Verantwortung für das ihm zur Last gelegte Tatgeschehen zu übernehmen (EvBl 2002/153 mwN). Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte aber seine Täterschaft zu beiden Raubtaten bis zuletzt geleugnet und das ihm angelastete Drohverhalten in Abrede gestellt, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt eine urteilsmäßige Beendigung des Strafverfahrens geboten war. Die gesetzlichen Vertreter Cemal und Zafire B***** haben Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet, eine solche jedoch nach Zustellung einer Urteilsausfertigung nicht schriftlich ausgeführt. Da sie auch bei der Anmeldung keine Nichtigkeitsgründe bestimmt bezeichnet haben, waren ihre Nichtigkeitsbeschwerden, zumal sie nicht vom Gerichtshof erster Instanz zurückgewiesen wurden, vom Obersten Gerichtshof gemäß § 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO zurückzuweisen. Das Jugendschöffengericht verhängte über Burhan B***** unter Anwendung von § 28 Abs 1 StGB und § 5 Z 4 JGG nach § 142 Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten. Gemäß § 43a Abs 3 sah es einen Teil dieser Freiheitsstrafe von acht Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nach. Gleichzeitig fasste das Schöffengericht den Beschluss, dass vom Widerruf der Burhan B***** mit Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 20. Jänner 2003 gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen werde, verlängerte jedoch die diesbezügliche Probezeit auf fünf Jahre.

Mit den Berufungen streben der Angeklagte und seine gesetzlichen Vertreter ein Absehen von einem Strafausspruch nach § 12 Abs 1 JGG, einen Vorbehalt des Ausspruches einer Strafe nach § 13 Abs 1 JGG, die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht zur Gänze an.

Die begehrten Aussprüche nach dem Jugendgerichtsgesetz erfordern, dass der Schuldspruch (§ 12 JGG) bzw dieser im Zusammenhang mit der Androhung des Strafausspruches (§ 13 JGG) genügen werde, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Wie bereits zur Nichtigkeitsbeschwerde ausgeführt, bedarf es jedoch aufgrund des Vorlebens und der Vorgangsweise bei den Taten aus spezialpräventiven Gründen des Ausspruches einer Strafe. Bei der Strafbemessung hat das Erstgericht die besonderen Milderungs- und Erschwerungsgründe im Wesentlichen zutreffend angeführt. Berücksichtigt man jedoch das Alter des Angeklagten von fünfzehn Jahren in den Tatzeitpunkten, den geringen Wert der Beute und die Tatsache, dass Gewalt nur angedroht wurde, so erscheint die ausgesprochene Freiheitsstrafe zu hoch und war daher unter Bedachtnahme auf das angeführte Urteil auf zehn Monate zu reduzieren. Der Vollzug von drei Monaten dieser Freiheitsstrafe erscheint im Hinblick auf das Persönlichkeitsbild ausreichend, dem Angeklagten das Unrecht seiner Vorgangsweise deutlich zu machen und ihn zu einer Änderung seiner bisherigen Lebenseinstellung zu veranlassen. Den implizierten Beschwerden war ein Erfolg zu versagen, weil die Verlängerung der Probezeit und die dadurch mögliche längere Beigebung eines Bewährungshelfers zur Resozialisierung notwendig ist.