JudikaturJustiz11Os12/84

11Os12/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Februar 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Februar 1984 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Wrabetz als Schriftführer in der Strafsache gegen Daniel A wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9. November 1983, GZ 11 Vr 2.518/83-28, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, Verlesung der Rechtsmittelschrift und Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Kodek zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23.Oktober 1958 geborene Daniel A 1. des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 2. des Vergehens des Eingriffes in fremdes Jagdrecht nach dem § 137 (zu ergänzen: zweiter Fall) StGB schuldig erkannt, weil er zu 1. in der Nacht zum 5.August 1983 in Albersdorf fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, und zwar vier Sportfelgen und Reifen samt Radmuttern im Wert von ca. 22.000 S, dem Josef B mit Bereicherungsvorsatz durch Abmontage von dessen Personenkraftwagen wegnahm;

zu 2. am 6.August 1983 im Gemeindegebiet Ilztal unter Verletzung fremden Jagdrechtes eine dem Jagdrecht des Johann C unterliegende Sache, nämlich einen als Fallwild gefundenen Rehbock im Werte von 920 S, sich zueignete.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf den Par 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In der Mängelrüge wendet er sich mit der Behauptung einer Unvollständigkeit der Urteilsgründe gegen den Schuldspruch wegen Vergehens des schweren Diebstahls. Das Erstgericht habe sich mit der Aussage des Zeugen Peter D, wonach der Beschwerdeführer am 4.August 1983 die Zeit bis 22.00 oder 23.00 Uhr mit ihm gemeinsam verbracht habe und sodann bereits um Mitternacht wieder in die Wohnung des Zeugen zurückgekehrt sei, nicht auseinandergesetzt. Im Hinblick auf die Entfernung zwischen dem Ort dieses Zusammenseins und dem Tatort (45 bis 50 km) spräche diese Aussage entscheidend gegen die Möglichkeit der (bestrittenen;

s. S. 124 ff.) Täterschaft des Angeklagten bei dem Diebstahl, der nach den Urteilsannahmen zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr des 4. August 1983

verübt worden sei. Dennoch übergehe das Erstgericht die Aussage mit Stillschweigen. überdies sei auch die Urteilsfeststellung, der Angeklagte sei 'vor 1.00 Uhr' wieder im Anwesen des Peter D eingetroffen, undeutlich. In der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr hätte die Tat, noch dazu, wie der Beschwerdeführer ohne Grundlage in den Verfahrensergebnissen vermeint, 'vor einem zu dieser Zeit frequentierten Gasthaus' nicht begangen werden können. Der Aussage des Zeugen Peter D ist jedoch keineswegs der vom Beschwerdeführer behauptete Inhalt zu entnehmen, da dieser Zeuge ausdrücklich angab, nicht zu wissen, was der Angeklagte in der kritischen Zeitspanne machte (S. 129). Der Zeuge relativierte auch seine ihm sodann vorgehaltenen Angaben im Vorverfahren (S. 87 f.), aus denen für den Beschwerdeführer übrigens auch kein Alibi hätte abgeleitet werden können, mit dem Bemerken, er könne sich nicht mit Sicherheit auf die Uhrzeit festlegen (S. 130). Der Urteilsannahme, die Tat sei zwischen 22.00 Uhr des 4.August 1983 (Abstellen des Personenkraftwagens durch den Eigentümer) und 1.00 Uhr des 5.August 1983 (Anwesenheit des Angeklagten in seiner damaligen Unterkunft bei Eintreffen seiner Lebensgefährtin) begangen worden, steht somit die zitierte Zeugenaussage nicht entgegen, sodaß ihr übergehen durch das Erstgericht im Hinblick auf ihre Bedeutungslosigkeit für die Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten den behaupteten Nichtigkeitsgrund nicht verwirklicht.

Was der Beschwerdeführer sonst für die angebliche Unmöglichkeit der Tatbegehung in der angeführten Zeitspanne vorbringt, läuft auf eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung hinaus, sodaß darauf nicht weiter einzugehen ist.

Gegen den Schuldspruch zu 2. wegen Verletzung des Eingriffs in fremdes Jagdrecht bringt der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO vor, seine Tat sei durch tätige Reue nach dem § 167 StGB straflos, da er den sich widerrechtlich zugeeigneten Rehbock einige Stunden nach der Tat beim Autobahnparkplatz Lamberg weggeworfen habe, wo der Kadaver sodann aufgefunden wurde. Da dieser in der Folge dem Jagdberechtigten zugekommen sei und von ihm verwertet wurde, habe der Angeklagte den Schaden zur Gänze freiwillig und rechtzeitig gutgemacht.

Die Strafbarkeit eines Eingriffes in fremdes Jagdrecht ist nach dem § 167 StGB durch tätige Reue aufgehoben, wenn der Täter rechtzeitig (d.h. bevor die Behörde von seinem Verschulden erfahren hat) und freiwillig entweder den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden gutmacht oder sich vertraglich zur vollen Schadensgutmachung verpflichtet (Abs 2), ferner, wenn er im Zuge einer Selbstanzeige den Schaden durch Erlag bei der Behörde gutmacht (Abs 3). Dazu ist jedenfalls erforderlich, daß der Täter nicht dem Zufall überläßt, ob die widerrechtlich zugeeignete Sache nunmehr wieder dem Geschädigten zukommt. Auch eine mittelbare Rückstellung der Sache kann zwar unter Umständen tätige Reue begründen, aber jedenfalls nur dann, wenn sie unter Bezeichnung des Geschädigten erfolgt (LSK. 1976/13). Zurücklassen der Sache an einem öffentlichen Ort - selbst, was vorliegend vom Angeklagten nicht behauptet wurde, in der Hoffnung, man werde sie finden und dem Eigentümer zurückstellen genügt nicht (LSK. 1983/159).

Vorliegend warf aber der Beschwerdeführer nach den Urteilsfeststellungen (Urteilsseite 140) jenen toten Rehbock, den er auf der Bundesstraße 54 nächst dem Straßenkilometer 102,7 im Gemeindegebiet von Ilztal aufgefunden und sich zugeeignet hatte, geraume Zeit später, weil er ihn für unbrauchbar geworden hielt, beim Autobahnparkplatz Lamberg (Straßenkilometer 183 der Südautobahn) weg.

Die Entschädigung des Eigentümers durch überlassen des toten Rehes war somit nur durch den Zufall möglich, daß kurz danach beim Beschwerdeführer, als er wegen des Faktums 1 von der Gendarmerie vernommen wurde, die Rehkrickel im Kofferraum seines Fahrzeuges aufgefunden wurden und er nunmehr den Tatort angab. Ansonsten wäre bei der beträchtlichen Distanz zwischen Auffindungsort des Kadavers und Tatort eine Ermittlung des geschädigten Jagdberechtigten nicht zu erwarten gewesen. Nur am Rande sei erwähnt, daß nach den Verfahrensergebnissen auch von einer vollständigen Schadensgutmachung aus freiem Willen nicht die Rede sein kann, behielt doch der Angeklagte verwertbare Teile des Tieres, nämlich die sogenannte Krone, zunächst (bis zu deren Sicherstellung durch die Gendarmerie) für sich zurück (siehe S. 29, 31 und 127). Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 128 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung das Zusammentreffen von zwei Vergehen, die mehrfachen, auf derselben schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen in Verbindung mit dem raschen Rückfall seit der letzten Verurteilung Fls erschwerend, hingegen das Geständnis zum Vergehen nach dem § 137 StGB und die Sicherstellung sowohl des angeeigneten Wildes als auch des Diebsgutes als mildernd.

Mit seiner Berufung zielt der Angeklagte auf eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht ab. Er verweist auf die vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründe und bezeichnet das Vergehen nach dem § 137 StGB als Bagatelldelikt.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu:

Das Landesgericht stellte die Strafzumessungsgründe - insbesondere auch die vom Berufungswerber besonders hervorgehobenen (Geständnis und die Schadensgutmachung) - richtig und vollständig fest und verhängte eine angemessene Freiheitsstrafe. Hiebei trug es auch dem - im Verhältnis zum Diebstahlsfaktum (1) wesentlich geringeren - Schuld- und Unrechtsgehalt des dem Berufungswerber angelasteten Eingriffes in ein fremdes Jagdrecht (Pkt. 2 des Schuldspruches) Rechnung. Die (auch Verurteilungen wegen Diebstahls und einen Eingriff in fremdes Jagdoder Fischereirecht aufweisende) Vorstrafenbelastung des Angeklagten spricht sowohl gegen eine Reduktion der Freiheitsstrafe als auch gegen die Gewährung der bedingten Strafnachsicht.

Mithin war spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.