JudikaturJustiz11Os113/06m

11Os113/06m – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Jänner 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kikinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert H***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 4. Juli 2006, GZ 28 Hv 212/05b-118, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert H***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 (richtig - vgl US 26) zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit von 1998 bis Mai 2002 in Innsbruck und anderen Orten die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, nämlich die ihm als Alleinverantwortlichen der G***** durch Abschluss von Vermarktungsvereinbarungen samt Sideletters mit Spielern und Trainern des F***** samt Nettovereinbarungen und durch Abschluss von Nutzungsvereinbarungen mit dem F***** bzw der F***** GmbH eingeräumte Befugnis, dem F***** Brutto-Nutzungsentgelte für die Nutzung von Persönlichkeitsrechten von Spielern und Trainern in Höhe von 181 % des dem Spieler/Trainer zukommenden Nettoentgeltes für Persönlichkeitsrechte in Rechnung zu stellen, den sich aus den Zahlungen des F***** bzw der F***** GmbH errechneten Nettobetrag an die Spieler/Trainer auszuzahlen, 15 % des Nettobetrages als Provision zu vereinnahmen und den Restbetrag für die Begleichung von Abgaben und Steuern zu verwenden, dadurch wissentlich missbraucht und den Spielern und Trainern einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, dass er brutto kassierte Beträge von 7,223.274.28 Euro nur teilweise zur Auszahlung von Nettoentgelten und zur Bezahlung von Steuern und Abgaben der Spieler und Trainer verwendete und nach Abzug der ihm zustehenden Provision einen Betrag von zumindest 1,2 Mio Euro einer vertragswidrigen Verwendung zuführte.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde aus Z 4, 5, 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO.

Die Verfahrensrüge (Z 4) knüpft an vom Schöffengericht abgewiesene (S 375/III) Beweisanträge (S 373/III) an, mit denen der Beschwerdeführer durch eigene Berechnungen zu den Steuerlasten der im Vertragsverhältnis mit G***** (in der Folge: G*****) stehenden Spieler und Trainer, die Vernehmung des Mag. Gerd B***** sowie Befund und Gutachten eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet (internationales) Steuerrecht zu beweisen suchte, „dass eine Vermögensschädigung auf Grundlage der vom Finanzamt Innsbruck durchgeführte Betriebsprüfung weder eingetreten noch vom Beschuldigten jemals beabsichtigt war" (S 352/III), und durch die Einholung der Steuererklärungen der Spieler A***** und Kl***** sowie der Trainer J***** und L*****, „dass die Genannten in Deutschland ihre Steuererklärungen abgegeben haben und die Steuern auch bezahlt wurden und deswegen auch rücksichtlich dieser Personen weder objektiv noch subjektiv eine Schädigung eingetreten ist noch beabsichtigt war" (S 373/III).

Die gesamte Antragstellung betraf jedoch keine für die Schuld- und Subsumtionsfrage erheblichen Umstände (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 321, 327, 332), weil sie außer Acht lässt, dass einerseits die Wertgrenze des § 153 Abs 2 zweiter Strafsatz StGB bereits durch die - vom Angeklagten unbestrittene - Differenz zwischen den von G***** an die Spieler und Trainer auszuzahlenden und den tatsächlich ausgezahlten Beträgen in Höhe von 74.386 Euro überschritten wird (S 145/III und US 10) sowie andererseits auch nach allen Varianten des Antragsvorbringens (S 348 f/III) - objektiv und subjektiv schadenserhöhende - Steuerzahllasten vorliegen.

Die bekämpfte Abweisung dieser Beweisbegehren verletzte daher keineswegs „elementare Verteidigungsrechte" des Beschwerdeführers. In seiner Mängelrüge (Z 5) wiederum verlässt er mehrfach deren gesetzlichen Anfechtungsrahmen (vgl dazu grundsätzlich Fabrizy StPO9 § 281 Rz 41, 41a, 46).

Teilweise nominell unter Z 9 lit a zählt der Nichtigkeitswerber Kredit- und Haftungsübernahmen für den F***** und die F***** GmbH auf und folgert daraus in eigenständiger Beweiswürdigung, es sei ihm „wohl schwerlich ein Vorsatz zu unterstellen, dass er Gelder untreu verwendet, für die er selbst Haftungen von mehr als ATS 30 Mio übernommen hat". Dieses Vorbringen ist indes keine prozessordnungsgemäße Darstellung der offenbar gemeinten Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall), sondern ein im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässiger und sohin unbeachtlicher Versuch einer Bekämpfung tatrichterlicher Erwägungen nach Art einer Berufung wegen Schuld.

Bloße Einschätzungen eines Zeugen (hier von Wilfried L***** [S 121/III], er würde den Vertrag zwischen G***** und F***** so verstehen, dass das Geld für die Spielersteuern wohl auch zum laufenden Geschäftsbetrieb verwendet werden durfte) mussten im Ersturteil nicht explizit erörtert werden. Die Üblichkeit des späten Ergehens von Steuerbescheiden (S 127/III) und wer das Steuersparmodell entwickelt und den Spielern erklärt hat, betrifft ebenso wenig eine entscheidende Tatsache wie der (nominell auch unter Z 9 lit a relevierte) Umstand, dass nicht der Angeklagte die Steuererklärungen der bei G***** unter Vertrag stehenden Spieler und Trainer erstellt und auch sonst keinerlei Einfluss darauf genommen hatte, welche Steuern für welche Spieler zu welchem Zeitpunkt tatsächlich bezahlt wurden; geht es doch verfahrensgegenständlich nicht um finanzstrafrechtliche Fragen, sondern um die treuwidrige Verwendung zu bestimmten Zwecken übernommener Gelder. Deshalb ist es auch nicht entscheidend, dass bei Erstellung der Fakturen durch G***** an F***** und F***** GmbH der auf den einzelnen Spieler entfallende Steueranteil noch nicht feststellbar war. Das Auflisten von Zeugenaussagen über fehlende Auszahlungsbelege (als Beweis für weitere vertragskonforme Zahlungen durch den Rechtsmittelwerber) und den Umstand, dass der Angeklagte „mit verschiedenen Geldern Löcher gestopft hat", lässt die Bezugnahme auf eine entscheidende Tatsache vermissen - im Übrigen spricht gerade Letzteres für eine treuwidrige Mittelverwendung (vgl US 17, 19 und Zeuge Mag. B***** S 363/III).

Ein aktenwidriges Referat der Aussage des Zeugen Dr. Br***** ist den Entscheidungsgründen (US 17) - dem teilweise nominell auf Z 9 lit a gestützten Beschwerdevorbringen entgegen - nicht zu entnehmen. Die Auslegung des Inhaltes einer Zeugenaussage im Rahmen der nicht an Formalregeln gebundenen tatrichterlichen Beweiswürdigung ist der Bekämpfung mit Mängelrüge (WK-StPO § 281 Rz 468) - oder gar Rechtsrüge - entzogen.

Im Hinblick auf die jedenfalls überschrittene Wertgrenze des § 153 Abs 2 zweiter Strafsatz StGB können die weit jenseits dieses Betrages liegenden Zahlendivergenzen im Urteil (US 3, 10, 20) sowie zwischen diesem, den Beträgen in einer finanzbehördlichen Aufstellung (ON 114) und im Sachverständigengutachten ON 88 (was nominell unter Z 9 lit a releviert wird) als keine entscheidende Tatsache betreffend auf sich beruhen.

Einen solchen für eine Anfechtung aus Z 5 notwendigen Konnex mit seiner subjektiven Tatseite herzustellen versäumt der Beschwerdeführer auch im Zusammenhang mit seinen Überlegungen zum Einfluss eines allfälligen Steuerguthabens sowie von (nominell in der Rechtsrüge geltend gemachten) Guthaben aus einem Bausparvertrag und einer Kommanditbeteiligung (Gesamthöhe ca 78.000 Euro). Im Übrigen befreit selbst ein präsenter Deckungsfonds nicht von der Strafbarkeit nach § 153 StGB (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153 Rz 40). Neuerlich ohne Bedeutung für die Schuld- und Subsumtionsfrage ist schließlich auch der Umstand, aus welchem Grund die (Nach )Versteuerung in Österreich erfolgte.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entzieht sich einer Behandlung nach §§ 285c Abs 2, 286 ff StPO, weil sie die der bekämpften Entscheidung vorgeworfenen Rechtsfehler nicht auf der Basis des gesamten Sachverhaltssubstrates in juristischer - sohin methodisch aus dem Gesetz abgeleiteter - Form entwickelt (Mayerhofer StPO5 § 281 Z 9a E 5; WK-StPO § 281 Rz 584, 588 ff).

Die Behauptung, weder die Vermarktungsvereinbarungen noch die Nutzungsvereinbarungen (deren „Rechtsnatur" der Nichtigkeitswerber begründungslos als klärungsbedürftig erachtet) beinhalteten „irgendeine Befugnisbeschränkung oder Widmungsbestimmung hinsichtlich der vom F*****/F***** an die Firma G***** Deutschland auf deren Konto überwiesene Gelder", ignoriert die gegenteiligen Annahmen US 9, 11. Der Vorwurf, das Erstgericht ließe „völlig offen, welches fremde Vermögen durch einen angeblichen Befugnismissbrauch durch den Angeklagten geschädigt wurde", übergeht die Ausführungen zu den geschädigten Spielern und Trainern in US 11 bis 13. Der Einwand, das Urteil lasse „zur Gänze offen, wer dem Angeklagten in welcher Form aufgrund welchen Vertragsinhaltes welche Befugnis eingeräumt hat, welche fremde Befugnis der Angeklagte missbraucht haben soll, wessen Vermögen durch den angeblichen Befugnismissbrauch geschädigt wurde", setzt sich über US 8, 9,11, 18, 19 und 25 hinweg, in denen alle diese Punkte umfassend behandelt sind (Missbrauch der durch Vermarktungsvereinbarung eingeräumten Befugnis zur Vermarktung der Persönlichkeitsrechte der dadurch geschädigten Spieler). Dass der objektive Tatbestand der Untreue lediglich als Bevollmächtigter erfüllt werden könne, versäumt der Nichtigkeitswerber aus dem Gesetz abzuleiten (vgl bloß der Vollständigkeit halber WK² § 153 Rz 8).

Mit dem Vorbringen, die Nutzungsvereinbarung zwischen G***** und F*****/F***** GmbH enthalte „keinerlei vertragliche Bestimmung, wonach über diese Gelder der Angeklagte nicht nach eigenem Gutdünken verfügen durfte", vernachlässigt der Beschwerdeführer die festgestellten Inhalte der Vermarktungsvereinbarungen (US 9, 11), womit auch der Hinweis auf die dem österreichischen Recht fremde Treubruchstheorie ins Leere geht.

Die Hypothese vollständiger Zahlung der Nettobeträge an die Spieler steht in Widerspruch zu den Feststellungen US 10.

Ohne Gesetzesbezug spekuliert der Rechtsmittelwerber über die Verwendung der Akonto-Zahlungen (vgl neuerlich US 10) und entzieht seine teilweise eigenständig beweiswürdigenden Überlegungen meritorischem Eingehen.

Ebendies gilt für das Monieren des Fehlens „entscheidungswesentlicher Feststellungen, welche Steuern wären jährlich von der Firma G***** Deutschland für welche Spieler angefallen, wann waren diese Steuern zur Zahlung fällig, aus welchen jeweils bezahlten Fakturen oder Akonto-Zahlungen hätte der Angeklagte für welche Spieler bzw welche Steuerrücklagen bilden müssen, welche Steuern sind erst durch die Eröffnung des Konkurses fällig geworden". Überdies werden in diesem Zusammenhang die Ausführungen im Ersturteil US 10, 19 f übergangen. Den Fallbezug vermissen lässt auch die Forderung „zusammengefasst hätte das Urteil daher detaillierte Feststellungen treffen müssen, zu welchem Zeitpunkt der jährlichen Veranlagung der Angeklagte einen Vorsatz hatte, fällige Abgaben der Spieler/Trainer nicht zu bezahlen oder nicht bezahlen zu lassen".

Der Sache nach aus Z 10 bekämpft der Beschwerdeführer die „rechtsfehlerhafte Schadensberechnung" um 251.614,35 Euro, bleibt aber jegliche Darlegung schuldig, welches Gesetz sonst hätte Anwendung finden sollen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Erledigung der Berufungen folgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.