JudikaturJustiz11Os103/12z

11Os103/12z – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Oktober 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Scheickl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hannes H***** und eine weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Hannes H***** gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 6. März 2012, GZ 36 Hv 118/11i 76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch der Mitangeklagten Angela H***** enthält, wurde Hannes H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung falscher Urkunden zu Handlungen, und zwar zur Auszahlung von Vorsteuerguthaben im Gesamtbetrag von 300.036,22 Euro, verleitet, die die Republik Österreich in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, indem er unter Verwendung von Aliasnamen Gewerbeanmeldungen durchführte, sodann durch Vorlage falscher Rechnungen Geschäftstätigkeit vortäuschte und unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen erstattete, und zwar

1. von April bis Juli 2009 Verantwortliche des Finanzamts S***** zur Auszahlung von insgesamt 105.848,67 Euro und

2. von Mai bis Oktober 2009 Verantwortliche des Finanzamts W***** zur Auszahlung von 194.187,55 Euro.

Die dagegen von Hannes H***** aus Z 5, 9 lit a, 10 und 10a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der behaupteten Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider bedurfte es der Erörterung von einzelnen Details der Aussage, des zum Anklagevorwurf (auch in Richtung Gewerbsmäßigkeit) vollinhaltlich geständigen Angeklagten (vgl US 6; ON 75 S 3) nicht.

Rechtliche Beurteilung

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810).

Diesen Anfechtungskriterien wird die eine Verdrängung des Betrugstatbestands durch Finanzvergehen sowie eine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden behauptende Rechtsrüge nicht gerecht (Z 9 lit a). Es trifft zwar zu, dass Finanzvergehen, die zugleich den Betrugstatbestand erfüllen, ausschließlich als Finanzvergehen zu ahnden sind (vgl Lässig in WK 2 FinStrG § 22 Rz 8). Weshalb aber auch das hier angenommene betrügerische Herauslocken von Gutschriften durch einen Scheinunternehmer tatsächlich dem Tatbestand des § 33 Abs 2 lit a FinStrG zu unterstellen wäre, lässt die Rechtsrüge offen und leitet damit ihre Behauptung nicht aus dem Gesetz ab.

Der Vollständigkeit halber ist aber festzuhalten, dass das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung den Bestand einer Abgabenpflicht voraussetzt, die aus den Urteilsannahmen gerade nicht abgeleitet werden kann (vgl RIS Justiz RS0086155; Kirchbacher in WK 2 § 146 Rz 186; Lässig in WK 2 FinStrG § 22 Rz 9).

Nach den wesentlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite wollte der Angeklagte eine Vermögensschädigung in einem jeweils 3.000 Euro übersteigenden Ausmaß bewirken, wobei er auch wusste, dass er zur Geltendmachung der Vorsteuerguthaben keine Berechtigung hatte. Zudem kam es ihm darauf an, sich durch die Begehung derartiger (demnach iSd § 147 Abs 2 StGB schwerer) fortlaufender Betrügereien eine laufende Einnahmequelle zu verschaffen, um seine triste finanzielle Situation aufzubessern (US 6).

Welcher weiteren Konstatierungen es in rechtlicher Hinsicht zur Annahme der Qualifikation des zweiten Falls des § 148 StGB, der auf die Absicht der wiederkehrenden Begehung von schweren Betrügereien abstellt, bedurft hätte, oder weshalb die Urteilsannahmen die Subsumtion nicht zu tragen vermögen, lässt die somit nicht an der Verfahrensordnung orientierte Subsumtionsrüge (Z 10) offen.

Soweit der Nichtigkeitswerber darauf verweist, dass die jeweiligen Daten der Umsatzsteuervoranmeldungen eineinhalb bis zwei Monate auseinanderliegen (US 5), und davon ausgehend eigene Beweiswerterwägungen anstellt sowie die zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen (US 6) bestreitet, verfehlt er den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt der Anfechtung.

Mit Blick auf § 21 Abs 1 UStG 1994, der auf die Voranmeldung und einen bestimmten Voranmeldezeitraum abstellt, legt die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 584, 588), weshalb es zur Annahme der Qualifikation nach § 148 StGB näherer Feststellungen zu den bei den Betrügereien verwendeten und vom Angeklagten selbst angefertigten Scheinrechnungen bedurft hätte. Im Übrigen sei festgehalten, dass der Beschwerdeführer die Steuerberaterin beauftragt hatte, für ihn die jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen einzureichen, um ungerechtfertigt Steuergutschriften zu lukrieren (US 5 f) und sich die Qualifikation nach § 147 Abs 3 StGB (bei verbleibender rechtlicher Selbständigkeit der einzelnen Straftaten) aus der Zusammenrechnung der Schadensbeträge ergibt (§ 29 StGB).

Die das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Vorgehen nach dem 11. Hauptstück der Strafprozessordnung schlicht behauptende Diversionsrüge (Z 10a) gesteht zwar selbst zu, dass Diversion bei Straftaten, die in die Zuständigkeit des Landesgerichts als Schöffengericht fallen, unzulässig ist (§ 198 Abs 2 Z 1 StPO), legt aber nicht auf Basis der Urteilsfeststellungen dar, weshalb dies vorliegend nicht der Fall sein sollte, obwohl ein durch die betrügerischen Handlungen bewirkter Vermögensschaden von mehr als 50.000 Euro (vgl § 147 Abs 3 StGB iVm § 31 Abs 3 Z 1 StPO) sowie eine Absicht auf wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien (vgl den zweiten Strafsatz des § 148 StGB iVm § 31 Abs 3 Z 1 StPO) angenommen wurde (RIS Justiz RS0124801).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.