JudikaturJustiz10Os121/81

10Os121/81 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. September 1981

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Gerstberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl Heinz A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 26. April 1977, GZ 29 Vr 220/77-36, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 26. April 1977, GZ 29 Vr 220/77-36, verletzt in seinem Ausspruch nach § 38 Abs 1 (Z 1) StGB durch die unterbliebene Anrechnung der (weiteren) Vorhaft (Untersuchungshaft) vom 17. Dezember 1975 bis 1. April 1976

aus dem Verfahren des Amtsgerichtes Tiergarten, Berlin Gsch.-Nr Ls 41/76, das Gesetz in der angeführten Bestimmung.

Der in Rede stehende Ausspruch wird dahin ergänzt, daß dem Angeklagten Karl-Heinz A auch die bezeichnete weitere Vorhaft gemäß § 38 Abs 1 (Z 1) StGB auf die Strafe angerechnet wird.

Text

Gründe:

Mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. April 1977, GZ 29 Vr 220/77-36, wurde der am 28. Dezember 1929 geborene deutsche Staatsangehörige Karl-Heinz A (auch B) des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt und nach § 147 Abs 3 StGB (unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf die mit den Urteilen des Tribunals von Nizza vom 3. November 1971, 4720, des Amtsgerichtes Tiergarten, Berlin, vom 29. November 1972, 57 Ls 101/72, sowie des Landgerichtes Valencia vom 17. März 1975, Nr 112, über ihn verhängten Freiheitsstrafen von 6, 18 und 5 Monaten) zu einer (Zusatz )Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Die Vorhaft vom 21. Jänner 1977, 17.30 Uhr, bis 26. April 1977, 10.30 Uhr, wurde gemäß § 38 Abs 1 StGB auf die Strafe angerechnet. Unter Berücksichtigung dieser Vorhaftanrechnung hat der Angeklagte diese Strafe bis zum 21. Juli 1977 (zur Gänze) verbüßt (ON 37 und 41); er wurde sodann im Verfahren 15 Vr 785/77 des Landesgerichtes Klagenfurt in Auslieferungshaft genommen (ON 41). Nach dem Inhalt der zur weiteren näheren Klärung des Sachverhaltes hinsichtlich anrechenbarer Haftzeiten durch die Generalprokuratur eingeholten und anher vorgelegten Note der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin vom 4. September 1981, Gesch.Nr 57 Ls 41/76, war Karl-Heinz B bis zum 3. Dezember 1975 in Spanien in Strafhaft, hat sich anschliessend dort auf Grund eines Haftbefehls bis (einschließlich) 16. Dezember 1975 in Haft befunden, wurde dem Amtsgericht Tiergarten, Berlin, in der Strafsache GZ 57 Ls 41/76 am 17. Dezember 1975 in eine Haftanstalt der BRD überstellt und daraufhin bis zum 5. Mai 1976 in Untersuchungshaft gehalten.

Rechtliche Beurteilung

Bei Berechnung der Strafhaft in der Sache 57 Ls 101/72 des oben genannten Gerichts (zu deren Vollziehung die Untersuchungshaft im Verfahren 57 Ls 41/76 unterbrochen worden war) 'wurden ihm von dieser Untersuchungshaft einmal 14 Tage für die Auslieferung in der Zeit vom 3. bis 16. Dezember 1975 sowie im Wege der Gnade weitere 34 Tage angerechnet.' Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. April 1977, GZ 29 Vr 220/77-36, steht in seinem Ausspruch gemäß § 38 Abs 1 StGB mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Dem Angeklagten wäre nämlich nach dieser Gesetzesstelle nicht nur die Vorhaft ab dem Zeitpunkt seiner Ergreifung im Inland (Band II, ON 7) anzurechnen gewesen, sondern auch die - auf keine andere Strafe angerechnete - in der Bundesrepublik Deutschland erlittene Untersuchungshaft vom 17. Dezember 1975 bis 1. April 1976 in dem (mit den Beschlüssen vom 6. Mai 1976 und 8. Juli 1976 gemäß § 154 Abs 2 dStPO vorläufig, allerdings im Sinne der Bedeutung dieser Gesetzesstelle mit der Wirkung der Beendigung der gerichtlichen Anhängigkeit - vgl Kleinknecht, Komm35, Anm 17 zu § 154 dStPO und Abs 3 leg cit - unter Aberkennung einer Haftentschädigung eingestellten) Strafverfahren des Amtsgerichtes Tiergarten, Gesch.- Nr 57 Ls 41/76 (vgl in tatsachenmäßiger Beziehung ON 3, ON 21 - insbesondere S 79, 89, 97 - sowie ON 44; in rechtlicher aber ÖJZ-LSK 1978/41). Dieses vor dem Amtsgericht Tiergarten gegen den Angeklagten anhängig gewesene Strafverfahren betraf nämlich (unter anderem) auch die den Gegenstand des vorliegenden Schuldspruches durch das Landesgericht Klagenfurt bildenden Betrugstaten (sh neuerlich ON 21 - insbesondere S 67, 69 Punkte 3

b) c), 71 Punkt 3 g), 79, 97), in Ansehung deren - wie nur der Vollständigkeit halber bemerkt sei - wegen des (überwiegend) verfahrensrechtlichen Charakters der gemäß dem § 154 Abs 2 dStPO erfolgten Einstellungsbeschlüsse (vgl Linke-Epp-Dokoupil-Felsenstein, Internationales Strafrecht S 560 f Erl 2/5; Kleinknecht aaO, Anm 1) die neuerliche Verfolgung des Angeklagten in Österreich zulässig war (sh auch Art XV lit c des am 1. Februar 1977 in Kraft getretenen Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. Aphil 1959 und die Erleichterung seiner Anwendung, BGBl 36/1977). Bei rechtsrichtiger Anrechnung der Vorhaft hätte daher der Angeklagte die über ihn verhängte Freiheitsstrafe von sechs Monaten bereits mit dem Eintritt der Urteilsrechtskraft am 29. April 1977 (ON 35 S 138, ON 38) verbüßt gehabt und er wäre schon zu diesem Zeitpunkt in die im Verfahren 15 Vr 785/77 des Landesgerichtes Klagenfurt über ihn verhängte Auslieferungshaft (ON 3 S 12 e jener Akten) zu übernehmen gewesen.

Es war sohin in Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen begründeten Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach dem letzten Satz des § 292 StPO spruchgemäß zu erkennen.