JudikaturJustiz10ObS239/03z

10ObS239/03z – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. November 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gustav Liebhart (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Thomas Albrecht (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Slobodan D*****, Bauarbeiter, *****, vertreten durch Dr. Ludwig Draxler Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Juni 2003, GZ 11 Rs 58/03h 15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. Mai 2002, GZ 17 Cgs 148/01t 10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der am 10. 4. 1947 geborene Kläger zog sich während seiner beruflichen Tätigkeit als Maurer ein Hautekzem zu. Mit Bescheid vom 2. 9. 1997 anerkannte die beklagte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt diese Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit gemäß § 177 Abs 1 ASVG Anlage 1 Nr 19 ("Hauterkrankungen, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen") und gewährte dem Kläger ab 12. 6. 1997 eine vorläufige Versehrtenrente in Höhe von 20 vH der Vollrente. Der Kläger gab im August 1997 seine Tätigkeit als Maurer auf und verrichtete in der Folge beim selben Arbeitgeber Aufräumarbeiten sowie sonstige Hilfsarbeitertätigkeiten auf dem Bauhof.

Mit Bescheid vom 9. 12. 1998 gewährte die beklagte Partei dem Kläger die Versehrtenrente im Ausmaß von 20 vH ab 1. 2. 1999 als Dauerrente. Die beklagte Partei ging bei Erlassung dieses Bescheides davon aus, dass der Kläger weiterhin als Bauhilfsarbeiter tätig war und sein Aufgabengebiet das Säubern und Reinigen der Baustellen, Sortieren von Verpackungsmaterialien, Einräumen des Lagers usw umfasste, er sich aber vorsichtiger verhielt und regelmäßig Handschuhe trug. Die Hauterkrankung des Klägers hatte sich deutlich gebessert. Aufgrund des günstigen Krankheitsverlaufes erschien es der beklagten Partei aus dermatologischer Sicht gerechtfertigt, den Kläger weiterhin seiner beruflichen Tätigkeit als Bauhilfsarbeiter nachgehen zu lassen.

Im Zuge einer Nachuntersuchung am 2. 3. 2001 stellte die beklagte Partei fest, dass sich in der beruflichen Tätigkeit des Klägers seit der Vorbegutachtung keine Änderung ergeben habe, es aber in den letzten zwei Jahren zu einer deutlichen Verschlechterung des Hautbefundes gekommen sei. Damit scheine nun doch der Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als Bauhilfsarbeiter gegeben.

Mit Bescheid vom 31. 7. 2001 entzog die beklagte Partei die Versehrtenrente (Dauerrente) mit Wirkung ab 1. 5. 2001 unter Berufung auf § 99 ASVG. Die beklagte Partei begründete ihren Bescheid damit, dass der Kläger vermehrt wieder mit hautschädigenden Substanzen in Berührung komme, weshalb ein weiterer Rentenbezug nicht mehr möglich sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Weitergewährung der Versehrtenrente.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete insbesondere ein, dass es seit der Rentenfeststellung im Dezember 1998 zu einer deutlichen Verschlechterung des Hautbefundes des Klägers gekommen sei. Wenn man von einer unverändert gebliebenen Tätigkeit des Klägers ausgehe, habe sich seine Berufskrankheit insofern verschlechtert, als das Spektrum der hautschädigenden Tätigkeiten größer geworden sei und nun auch die aktuelle Tätigkeit des Klägers umfasse. Ob und in welchem Ausmaß dadurch eine Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit erfolgt wäre, wäre durch Einholung eines dermatologischen Sachverständigengutachtens zu klären. Jedenfalls hätte die Feststellung, dass die Tätigkeit des Klägers wegen einer Verschlechterung der Berufungskrankheit nun ebenfalls hautschädigend sei, zur Folge, dass der Kläger die derzeitige Tätigkeit aufgeben müsste, um die Versehrtenrente weiter zu beziehen, da ein Verbleib in der (jetzt) schädigend gewordenen Tätigkeit zum Rentenentzug führe.

Das Erstgericht erkannte den Anspruch des Klägers auf eine Versehrtenrente im Ausmaß von 20 vH als Dauerrente für die Folgen der Berufskrankheit vom 6. 3. 1997 über den 1. 5. 2001 hinaus im gesetzlichen Ausmaß als zu Recht bestehend und trug der beklagten Partei bis zur Erlassung eines Bescheides über die Höhe der Rente die Erbringung einer vorläufigen monatlichen Zahlung von EUR 155 ab 1. 5. 2001 auf. Es stellte insbesondere noch fest, dass sich an der Art der beruflichen Tätigkeit des Klägers seit den Verhältnissen, welche der Erlassung des Zuerkennungsbescheides vom 9. 12. 1998 zugrundelagen, keine wesentliche Änderung ergeben habe. Da der Kläger auf der Baustelle tätig sei, sei ein fallweiser Kontakt mit Beton oder Zement jedoch nicht zu vermeiden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass Hautkrankheiten nur dann als Berufskrankheit gelten, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen. Mit der Erlassung des Dauerrentenbescheides sei die Erfüllung dieses Tatbestandes im Hinblick auf den damals gegebenen Sachverhalt bejaht worden. Wesentliches Element des der Entscheidung zugrunde liegenden Tatbestandes sei die fortgesetzte Hilfsarbeitertätigkeit des Klägers im Baugewerbe bei einem bestimmten Bauunternehmen mit Hilfstätigkeiten, bei denen der Kläger nur am Rande und nur in einem im Vergleich zur früheren Tätigkeit geringen Ausmaß in Kontakt mit schädigenden Stoffen gekommen sei, wobei er sich dagegen durch das Tragen von Handschuhen geschützt habe. Früher habe der Kläger dagegen direkt mit schädigenden Stoffen zu arbeiten gehabt. Da sich an diesem Sachverhalt nichts geändert habe, bewirke die materielle Rechtskraft des Dauerrentenbescheides ein Verbot der Änderung der Rechtslage. Wenn die beklagte Partei darauf abstelle, dass sich die Krankheitserscheinungen an der Haut verschlechtert hätten, so liege darin insofern ein Irrtum, als es sich dabei nicht um ein rechtlich relevantes Merkmal zur Erfüllung des Tatbestandes ("wenn und solange die schädigende Tätigkeit aufgegeben wird") handle.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der beklagten Partei das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht. Es verwies in seiner Begründung insbesondere auf die Bestimmung des § 183 ASVG, welche die Neufeststellung der Versehrtenrente regle und für diesen Bereich bezüglich der Entziehung eine Sonderbestimmung gegenüber § 99 ASVG darstelle. Danach habe die Neufeststellung (bzw Entziehung) der Versehrtenrente (nur) zu erfolgen, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung einer Rente maßgeblich waren, eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Der Leistungsentzug setze daher (wie auch nach § 99 ASVG) eine entscheidende Änderung in den Verhältnissen voraus, wobei für den anzustellenden Vergleich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Leistungszuerkennung mit den Verhältnissen im Zeitpunkt des Leistungsentzuges in Beziehung zu setzen seien. Nicht gerechtfertigt sei hingegen ein Leistungsentzug, wenn nachträglich festgestellt werde, dass die Leistungsvoraussetzungen von vornherein gefehlt haben. Haben die objektiven Grundlagen für die Leistungszuerkennung keine wesentliche Änderung erfahren, so stehe die Rechtskraft des Gewährungsbescheides der Entziehung entgegen. Dabei komme es nicht darauf an, welcher Zustand und welche Einschätzung der seinerzeitigen Gewährung zugrunde gelegt worden sei, sondern es seien im Verfahren über die Entziehung einer Leistung unabhängig von den im Zuerkennungsverfahren allenfalls getroffenen Feststellungen vom Gericht eigene Feststellungen über die maßgeblichen Umstände im Zuerkennungszeitpunkt zu treffen.

Gelange das Erstgericht auch unter Berücksichtigung des noch einzuholenden dermatologischen Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis, dass sich die nunmehrige Tätigkeit des Klägers im Vergleich mit jener, die er zum Zeitpunkt der Dauerrentengewährung ausgeübt habe, insofern geändert habe, als er nunmehr wieder vermehrt mit Beton und Zement in Kontakt komme, sodass er nunmehr aus medizinischer Sicht zur Aufgabe dieser Tätigkeit gezwungen sei, dann sei der Entzug der Versehrtenrente durch die beklagte Partei gerechtfertigt. Die Entziehung der Versehrtenrente wäre aber auch dann gerechtfertigt, wenn sich zwar an der Tätigkeit des Klägers seit der Dauerrentengewährung nichts geändert habe, sich aber die Hauterkrankung des Klägers nunmehr verschlechtert und sich daher - gegenüber dem Vergleichszeitpunkt der Dauerrentengewährung - erst nunmehr die medizinische Notwendigkeit ergeben habe, die vom Kläger verrichtete Tätigkeit aufzugeben. Nur eine solche Betrachtungsweise werde der Zielsetzung des § 177 Abs 1 Satz 2 ASVG gerecht, wonach der Versicherungsträger nur entschädigungspflichtig sein soll, wenn eine medizinisch notwendige Aufgabe des Arbeitsplatzes vorgenommen worden sei. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes hätte im Ergebnis zur Folge, dass der Bezieher einer Versehrtenrente, dessen (neue) Tätigkeiten sich erst im Laufe der Zeit als so hautschädigend erweisen, dass nunmehr (auch) diese Tätigkeit aufgegeben werden müsste, diese ohne Rentenentzug weiter verrichten dürfte.

Nur wenn das Erstgericht nach Verfahrensergänzung zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die beklagte Partei dem Kläger mit Bescheid vom 9. 12. 1998 zu Unrecht die Versehrtenrente als Dauerrente zuerkannt habe, weil der Kläger schon damals aus medizinischer Sicht die von ihm verrichtete Tätigkeit - möge dies auch der beklagten Partei nicht bekannt gewesen sein - wegen des - wenn auch nicht ständigen, so doch fallweisen - Kontaktes mit Zement und Beton aufgeben hätte müssen, hätten die objektiven Grundlagen für die Leistungszuerkennung keine wesentliche Änderung erfahren und stünde die Rechtskraft des Gewährungsbescheides der Entziehung entgegen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zu der Rechtsfrage, ob auch bei gleichbleibender Tätigkeit eine bereits zuerkannte Versehrtenrente zu entziehen sei, wenn eine Verschlechterung der Hautkrankheit nunmehr zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit zwinge, der Rentenbezieher diese Tätigkeit aber nach wie vor ausübe, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rechtsmittel des Klägers keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seinen Entscheidungen SSV NF 1/65 und 2/25 dargestellt hat, lautete die Nummer 19 der Anlage 1 in der Stammfassung des ASVG:

"Schwere und wiederholt rückfällige berufliche Hautkrankheiten, die zum Wechsel des Berufes oder zur Aufgabe jeder Erwerbstätigkeit zwingen."

Mit der 29. ASVG Novelle wurde die Nummer 19 der Anlage 1 zum ASVG im Hinblick auf die schwierige Abgrenzung des Begriffs "Beruf" dahin geändert, dass Hautkrankheiten Berufskrankheiten sind, wenn und so lange sie zur Aufgabe schädigender Erwerbsarbeit zwingen. Mit Art V Z 17 der 49. ASVG Novelle (BGBl 1990/294) wurde der Begriff "schädigende Erwerbsarbeit" durch den Begriff "schädigende Tätigkeiten" ersetzt. In den Gesetzesmaterialien (RV 1277 BlgNR 17. GP 26) wurde hiezu ausgeführt:

"Diese Bedingung (Aufgabe schädigender Erwerbsarbeit) kann gerade bei selbständig Erwerbstätigen und hier insbesondere wieder bei Landwirten und deren mitarbeitenden Ehepartnern zu großen Problemen führen, da diese letztlich die Erwerbsarbeit "Landwirt/Landwirtin" überhaupt aufgeben müssten, um Leistungen aus dem Titel einer Berufskrankheit erhalten zu können. Um diese Probleme und damit verbundenen Härten möglichst zu vermeiden, zumindest aber zu verringern, wäre es wünschenswert, den im Bereich der Sozialversicherung ohnehin unüblichen und verschwommenen Begriff "schädigende Erwerbsarbeit" durch den Begriff "schädigende Tätigkeiten" zu ersetzen. Dies ist nicht nur medizinisch begründbar, da bei den in Betracht kommenden Krankheiten zumeist nur die Verrichtung bestimmter Tätigkeiten im Rahmen einer "Erwerbsarbeit" das Leiden auslösen oder verschlimmern kann, sondern auch sachlich gerechtfertigt, weil damit immerhin die Möglichkeit geschaffen würde, auch bei Personen eine Berufskrankheit anzuerkennen, die zwar nicht die eigentliche Erwerbsarbeit aufgeben (können), wohl aber jene Tätigkeiten im Rahmen ihres die Versicherung begründenden Berufes, die negativen Einfluss auf ihr Leiden haben. Durch die 55. ASVG Novelle (BGBl I 1998/138) wurde in § 177 Abs 1 Satz 2 ASVG die generelle Anordnung aufgenommen, dass Hautkrankheiten nur dann als Berufskrankheiten gelten, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen. Es handelte sich dabei um keine materielle Änderung der bereits nach geltendem Recht vorgesehenen Voraussetzungen ( Teschner/Widlar , MGA, ASVG 67. Erg Lfg Anm 14 zu § 177 S. 986/4).

Das Erfordernis der Aufgabe schädigender Tätigkeiten als Voraussetzung für die Anerkennung der Hautkrankheiten als Berufskrankheit im Sinn des § 177 ASVG hat vor allem den Zweck, präventiv den Versicherten durch die Ausübung eines finanziellen Drucks zu seinem eigenen Schutz zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zu zwingen. Zugleich soll die Regelung auch im Interesse der Versichertengemeinschaft bezwecken, ein Verbleiben des Versicherten auf dem ihn schädigenden Arbeitsplatz bzw bei den ihn schädigenden Tätigkeiten zu verhindern und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Rentenleistung zu verhüten (SSV NF 1/65, 2/104, 4/142, 5/93 ua - zuletzt 10 ObS 102/02a = DRdA 2003/9 [ Binder ]; RIS Justiz RS0084372; zur vergleichbaren deutschen Rechtslage Krasney in Brackmann , Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII Rz 31 zu § 9 mwN ua). Erforderlich ist somit die medizinisch begründete (objektive) Notwendigkeit zur Aufgabe der zuletzt geleisteten schädigenden Tätigkeiten in Verbindung mit der tatsächlichen Einstellung dieser Tätigkeiten (vgl Tomandl , SV System 13. Erg Lfg 274). Mit der tätigkeitsbezogenen Betrachtung soll nämlich erreicht werden, dass auch in Zukunft die Gefahr eines Wiederauflebens oder einer Verschlechterung einer Berufskrankheit möglichst vermieden wird (SSV NF 1/65). Die Aufgabe aller schädigenden Tätigkeiten ist daher Voraussetzung für den Eintritt des Versicherungsfalles, sie bildet ein Tatbestandsmerkmal dieser Berufskrankheit (SSV NF 5/93 mwN ua).

Es würde somit auch bei Weiterbestehen oder Wiederauftreten der Hautkrankheit die Versehrtenrente zur Gänze wegfallen, wenn ein Rentner nach Anfall der Leistung die schädigenden Tätigkeiten wieder aufnimmt (SSV NF 4/142). In diesem Sinne räumt auch der Kläger selbst ein, dass ein Entzug der ihm zuerkannten Versehrtenrente dann gerechtfertigt wäre, wenn er seine ursprüngliche Tätigkeit als Maurer, bei der er dem direkten Kontakt mit Zement und Beton ausgesetzt war, wieder aufgenommen hätte (vgl in diesem Sinne auch SSV NF 4/128). Im vorliegenden Fall steht jedoch unbestritten fest, dass der Kläger seit August 1997 nicht mehr als Maurer tätig ist, sondern er seither beim selben Arbeitgeber Aufräumarbeiten und sonstige Hilfsarbeitertätigkeiten auf dem Bauhof verrichtet.

Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt sich, dass die Berufskrankheit des Klägers die Folge des Kontaktes mit schädigenden Substanzen wie Zement und Beton ist. Der ursprünglich als Maurer tätig gewesene Kläger wurde wohl nach Auftreten der Berufskrankheit im selben Betrieb nur noch für Aufräumarbeiten und sonstige Hilfsarbeitertätigkeiten auf dem Bauhof eingesetzt, doch kommt es auch bei diesen Tätigkeiten gelegentlich zum Kontakt mit Zement und Beton. Da sich die Hauterkrankung des Klägers jedoch nach der Beurteilung der beklagten Partei nach Änderung seiner Verwendung zunächst gebessert hatte, ging die beklagte Partei auch bei der Zuerkennung der Dauerrente mit Bescheid vom 9. 12. 1998 weiterhin davon aus, dass der Kläger durch die Änderung seiner Verwendung die schädigenden Tätigkeiten aufgegeben hat.

Für die Beurteilung der hier strittigen Frage der Berechtigung der von der beklagten Partei im angefochtenen Bescheid verfügten Entziehung der Versehrtenrente ist die Bestimmung des § 183 ASVG maßgebend. Danach hat die Neufeststellung (bzw Entziehung) der Versehrtenrente zu erfolgen, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung einer Rente maßgeblich waren, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nach der bereits vom Berufungsgericht zitierten ständigen Rechtsprechung setzt der Leistungsentzug somit eine entscheidende Änderung in den Verhältnissen voraus, wobei für den anzustellenden Vergleich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Leistungszuerkennung mit den Verhältnissen im Zeitpunkt des Leistungsentzuges in Beziehung zu setzen sind (SSV NF 12/7 ua; RIS Justiz RS0084226). Zum Vergleich dafür, ob eine iSd § 183 Abs 1 ASVG "wesentliche Änderung der Verhältnisse" eingetreten ist, ist der Tatsachenkomplex heranzuziehen, der jener Entscheidung zugrundelag, deren Rechtskraftwirkung bei unveränderten Verhältnissen einer Neufeststellung der Rente im Wege stünde (SSV NF 12/93 mwN). Es ist daher jede wesentliche Änderung in allen tatsächlichen Verhältnissen auf den Zeitpunkt der letzten Rentenentscheidung zurückzuprojizieren und zu fragen, ob unter Zugrundelegung dieser Änderungen damals eine andere Entscheidung zu fällen gewesen wäre ( Tomandl , Leistungsrecht der Unfallversicherung 122).

In diesem Sinne hat das Berufungsgericht zutreffend die Auffassung vertreten, der Entzug der Versehrtenrente wäre dann gerechtfertigt, wenn das Erstgericht nach der aufgetragenen Verfahrensergänzung zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die nunmehrige Tätigkeit des Klägers im Vergleich mit jener, die er zum Zeitpunkt der Dauerrentengewährung ausgeübt hat, insofern geändert hat, als er nunmehr wieder vermehrt mit Beton und Zement in Kontakt kommt, sowie dann, wenn sich die Hauterkrankung des Klägers gegenüber dem Zeitpunkt der Dauerrentengewährung verschlechtert hat, sodass sich erst jetzt gegenüber dem Vergleichszeitpunkt die medizinische Notwendigkeit der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit ergibt. Wenn hingegen die beklagte Partei dem Kläger die Dauerrente zu Unrecht zuerkannt hat, weil schon zum Zeitpunkt der Dauerrentengewährung aus medizinischer Sicht die vom Kläger damals verrichtete Tätigkeit aufgrund der Gefahr einer Hautschädigung aufgegeben werden hätte müssen, hätten schon damals die objektiven Grundlagen für eine Leistungszuerkennung gefehlt und es wäre in diesem Fall eine Entziehung der zuerkannten Leistung nicht gerechtfertigt.

Der Rechtsansicht des Klägers, ein Entzug der Versehrtenrente wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Wiederauftreten der Hauptkrankheit mit einer Wiederaufnahme der ursprünglich schädigenden Erwerbsarbeit als Maurer verbunden wäre, kann ebensowenig gefolgt werden wie seiner weiteren Rechtsansicht, die Tatsache, dass sich die Hautkrankheit nun auch bei seiner (geänderten) Tätigkeit als Bauhilfsarbeiter verschlimmert habe, habe auf die gewährte Dauerrente in Höhe von 20 vH der Vollrente aufgrund seiner Aufgabe der Maurertätigkeit keinen Einfluss mehr. Die Bestimmung des § 183 Abs 1 ASVG stellt im Besonderen auf eine Änderung der medizinischen Verhältnisse ab. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne dieser Geseztesstelle liegt daher insbesondere dann vor, wenn sich der körperliche oder geistige Zustand des Versicherten und dadurch der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder auch wesentlich verschlechtert hat (vgl RIS Justiz RS0084226 ua). So kann auch bei einer Hauterkrankung beim Entfallen der Kontakte mit den schädigenden Substanzen (allenfalls in Verbindung mit einer entsprechenden Behandlung) eine wesentliche Besserung und damit eine Änderung in den für die Feststellung der Versehrtenrente maßgebenden tatsächlichen Verhältnissen eintreten, die eine Neufeststellung (Herabsetzung oder Entziehung) der Rente nach § 183 ASVG rechtfertigen kann. Eine wesentliche Änderung iSd § 183 Abs 1 ASVG kann nämlich auch darin liegen, dass sich der Kreis der trotz der Hauterkrankung noch ausübbaren Berufe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch die Besserung des Gesundheitszustandes ungeachtet der noch latent verbliebenen Krankheit erweitert (SSV NF 4/142; SVSlg 40.335 ua). Umgekehrt könnte damit aber auch eine mit einer Verschlechterung der Hauterkrankung verbundene wesentliche weitere Einschränkung der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ausübbaren Berufe zu einer Neufeststellung (Erhöhung) der Rente nach § 183 ASVG führen. Insofern kann daher entgegen der Rechtsansicht des Klägers eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iSd § 183 Abs 1 ASVG grundsätzlich auch in einer Besserung oder Verschlechterung der Hautkrankheit liegen.

Hautkrankheiten gelten nach § 177 Abs 1 zweiter Satz ASVG nur dann als Berufskrankheiten, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen. Dem bereits erwähnten Präventionszweck dieses einschränkenden Tatbestandsmerkmals entspricht, dass auch in Zukunft die Gefahr des Wiederauflebens oder der Verschlimmerung möglichst vermieden wird. Der Versicherte muss auch zukünftig alle schädigenden Tätigkeiten unterlassen, wenn er Leistungen erhalten bzw bereits erhaltene Leistungen weiter beziehen will. Dies ist im weiten Sinn zu verstehen als Zwang zum Unterlassen aller schädigenden Tätigkeiten, die Einfluss auf eine weitere negative Entwicklung des Krankheitsbildes haben können. In dem Zwang zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten im Sinne des § 177 Abs 1 zweiter Satz ASVG ist daher nicht nur ein anspruchsbegründendes, sondern auch ein anspruchserhaltendes Tatbestandsmerkmal zu sehen (zur vergleichbaren deutschen Rechtslage, Koch in Lauterbach, Unfallversicherung Sozialgesetzbuch4 VII Band 2 Rz 211 zu § 9 ua). Im Sinne dieser Ausführungen wäre daher nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichtes die festgestellte Rente wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse (§ 183 Abs 1 ASVG) grundsätzlich auch dann zu entziehen, wenn sich die Hauterkrankung des Klägers gegenüber dem Vergleichszeitpunkt der Dauerrentengewährung verschlechtert hat, sodass sich erst jetzt die medizinische Notwendigkeit der Aufgabe der vom Kläger verrichteten schädigenden Tätigkeit ergibt, der Kläger diese schädigende Tätigkeit aber nicht aufgibt. Die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit bildet, wie bereits dargelegt, eine Voraussetzung für die Anerkennung der Hautkrankheiten als Berufskrankheiten iSd § 177 ASVG. Ein Wegfall der Voraussetzungen dieses Versicherungsfalles führt auch zum Wegfall der dafür vorgesehenen Rentenleistung (§ 183 Abs 1 ASVG). Damit erweist sich die dem Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes zugrundeliegende Rechtsansicht als zutreffend.

Wenn aber das Berufungsgericht ausgehend von einer richtigen Rechtsansicht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten. Der Rekurs des Klägers musste daher erfolglos bleiben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.