JudikaturJustiz10Ob335/98g

10Ob335/98g – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Oktober 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Hopf in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Reinhard Haßler, Rechtsanwalt in Judenburg, wider die beklagte Partei Regina P*****, vertreten durch Dr. Karl Maier, Rechtsanwalt in Knittelfeld, wegen restlich S 70.789,39 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 13. März 1998, GZ 3 R 34/98a-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Judenburg vom 30. Oktober 1997, GZ 2 C 741/97s-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 4.871,04 (hierin enthalten S 811,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Immobilienmaklerin in der Rechtsform einer GmbH. Mit einem ihrer Geschäftsführer namens Anton L***** besichtigte die Klägerin, welche Interesse am Kauf einer Wohnung hatte, 1996 zunächst drei Wohnungen, wobei ihr L***** jeweils schriftliche Aufstellungen über die Höhe der jeweils anfallenden Vermittlungsprovisionen, Vertragskosten und Steuern ausfolgte.

Zu dieser Zeit wollte auch Astrid M***** ihre Eigentumswohnung in Z***** verkaufen, wobei sie mit der Abwicklung ihren Ehemann Franz M***** bevollmächtigte. Am 5. 9. 1996 führten dieser, Anton L***** und die Beklagte in der zum Kauf vorgesehenen Wohnung Verkaufsgespräche, die auch am 6. 9. 1996 wiederum in der Wohnung fortgesetzt wurden, nachdem L***** die auf der Wohnung lastenden Darlehen (in Höhe von S 1,316.622) zu erheben übernommen hatte. Als Ergebnis dieser Besprechung unterfertigten die Beklagte und Franz M***** ein von L***** mitgebrachtes und ausgefülltes Kaufangebotsformular mit einem (restlichen) Kaufpreis inklusive Küche in Höhe von S 650.000, wobei S 150.000 "schwarz" gezahlt werden sollten. Punkt VI. dieses Kaufanbotformulars betreffend Vermittlungsprovision wurde zwar nicht ausgefüllt; die Beklagte wußte jedoch (aufgrund der vorangegangenen Geschäftsfälle), daß sie 3 % Vermittlungsprovision an die Klägerin zahlen müsse. Schließlich scheiterte der Kaufvertrag in der Folge daran, daß die Beklagte in Erfahrung brachte, daß ihre bisherige Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt würde, weshalb sie an der Wohnung M***** kein Interesse mehr hatte.

Mit der am 12. 3. 1997 eingebrachten Klage stellte die Klägerin das auf S 95.098,39 samt 12 % Zinsen seit 8. 11. 1996 gerichtete Zahlungsbegehren aus aushaftender Provision für die Vermittlung dieser Eigentumswohnung.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren mit der - zusammengefaßten - Begründung, mit der klagenden Partei niemals einen Vermittlungsvertrag abgeschlossen zu haben; des weiteren habe die Klägerin keine ausreichende Verdienstlichkeit entfaltet und sei es auch zu keinem Vermittlungserfolg gekommen.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin S 70.789,39 samt 4 % Zinsen seit 20. 3. 1997 zu bezahlen; das Mehrbegehren von S 24.309 samt 12 % Zinsen seit 8. 11. 1996 und das Zinsenmehrbegehren von 8 % aus S 70.798,39 vom 8. 11. 1996 bis 19. 3. 1997 wurden (unangefochten und damit rechtskräftig) abgewiesen.

Das Erstgericht beurteilte den eingangs zusammengefaßt wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß zwischen den Streitteilen zumindest stillschweigend ein Maklervertrag zustande gekommen und der Geschäftsführer der Klägerin hiebei auch verdienstlich tätig geworden sei; der vermittelte Kaufvertrag sei auch rechtswirksam zustande gekommen; seine Nichterfüllung sei ausschließlich von der Beklagten zu vertreten. Allerdings müsse die Beklagte nur die 3 %ige Käuferprovision, nicht auch die Verkäuferprovision bezahlen.

Das Berufungsgericht gab der nur von der beklagten Partei erhobenen Berufung nicht Folge; es bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht ergänzend aus, daß der Geschäftsführer L***** der beklagten Partei betreffend die ersten drei besichtigten Wohnungen 1996 jeweils Hinweisblätter im Sinne des § 30b KSchG mit dem Hinweis, daß die Klägerin als Maklerin einschreite, samt Provisions- und Kostentragungspflicht ausgefolgt habe. Die beklagte Partei habe daher, als sie sich L*****s bediente, um eine Eigentumswohnung zu kaufen, gewußt, daß sie auch hiefür eine Provision zahlen müsse. Feststellungen über die Nichtausfolgung eines solchen Hinweisblattes betreffend auch die Vermittlung der gegenständlichen Wohnung seien jedoch entbehrlich, weil sich die beklagte Partei in erster Instanz hierauf nie berufen habe. Es müsse genügen, daß L***** die Beklagte einmal auf diese Provisionspflicht hingewiesen habe, sodaß auch der Umstand nicht schade, daß Punkt VI. des Kaufangebotes über die Vermittlungsprovision nicht ausgefüllt worden sei. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob auf eine (allfällige) Verletzung der Informationspflicht des Maklers im Sinne des § 30b KSchG von Amts wegen Bedacht zu nehmen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer vollständigen Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Gesetzgeber hat durch Art II des am 1. 7. 1996 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über die Rechtsverhältnisse der Makler und über Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes, BGBl 1996/262, im KSchG einen neuen § 30b eingefügt, der nach Art III Abs 2 der Novelle lediglich auf vor seinem Inkrafttreten geschlossene Maklerverträge nicht anzuwenden ist. § 30b KSchG findet daher auf die vorliegende, im September 1996 stattgefundene, von den Vorinstanzen als Maklervertrag beurteilte und als solche auch in der Revision nicht in Abrede gestellte Rechtsbeziehung der Streitteile Anwendung. Danach hat ein Immobilienmakler vor Abschluß des Maklervertrages dem Auftraggeber, der Verbraucher ist (wie dies hier für die beklagte Partei unstrittig zutrifft), "mit der Sorgfalt eines ordentlichen Immobilienmaklers eine schriftliche Übersicht zu geben, aus der hervorgeht, daß er als Makler einschreitet, und die sämtliche dem Verbraucher durch den Abschluß des zu vermittelnden Geschäfts voraussichtlich erwachsenden Kosten, einschließlich der Vermittlungsprovision, ausweist. Die Höhe der Vermittlungsprovision ist gesondert anzuführen". Nach dem Willen des Gesetzgebers (RV 2 BlgNR 20. GP, 39f; abgedruckt auch in Feil, KSchG**2, 142f) war Vorbild der Neuregelung § 4 Abs 1 Z 5 der Immobilienmaklerverordnung (ImmMV, BGBl 1978/323), welche zwischenzeitlich durch die ImmMV 1996 BGBl 297 ersetzt wurde. Die Wendung "vor Abschluß des Maklervertrages" sei nach diesen Materialien dabei so zu verstehen, daß der Auftraggeber spätestens zu diesem Zeitpunkt über die in der Folge angeführten Kostenpunkte aufgeklärt sein muß, welche darauf abzielen, dem Konsumenten die typischerweise mit einem Immobiliengeschäft verbundenen Nebenkosten vor Augen zu führen; da Geschäfte über Immobilien in der Regel große - oft existentielle - Bedeutung haben, sei diese besondere Betonung der Aufklärungspflicht gerechtigtfertigt. Nach § 31 Abs 2 KSchG idF derselben Novelle darf ua von der Bestimmung des § 30b KSchG nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgegangen werden, sodaß diese insoweit zwingendes Recht darstellt, von dem nicht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen werden darf (Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer, KSchG [1997], Rz 9 zu § 31). Die Aushändigung entsprechend vorformulierter Merk-, Hinweis- oder Formblätter kann in der Praxis genügen (aaO, Rz 8 zu § 30b; Fromherz, MaklerG [1997], Rz 4 zu § 30b KSchG), sofern sie alle im Gesetz genannten Angaben enthalten. Eine Verletzung dieser Pflicht kann zu Schadenersatzansprüchen des Auftraggebers bzw zu seinem Recht, Minderung der Provision entsprechend der geringeren Verdienstlichkeit des Maklers nach § 3 Abs 4 MaklerG (BGBl 1996/262, Art I) zu begehren, führen (Jesser/Kiendl/Schwarzenegger, Das neue Konsumentenschutzrecht [1997], 148).

Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Vorschrift des neuen § 30b KSchG um eine typische Verbraucherschutzvorschrift. Dieser Kundenschutzweck wurde durch die von den Vorinstanzen festgestellte (und von der Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung auch gar nicht in Abrede gestellte) Vorgangsweise in der konkret zur Beurteilung anstehenden Maklersache vom 5./6. 9. 1996 jedenfalls formal verletzt und mißachtet. Danach waren der Beklagten ja nur bezüglich dreier zeitlich früher gelegener Vermittlungsfälle jeweils schriftliche Aufstellungen über die Höhe der jeweils anfallenden Vermittlungsprovision, Vertragskosten und Steuern übergeben worden (S 5 des Ersturteils). Auch wenn die Klägerin grundsätzlich (aufgrund dieser schon zuvor bestandenen Geschäftsbeziehung) davon ausgehen mußte, daß sie - für den Fall der Bejahung auch der sonstigen Voraussetzungen - eine 3 %ige Vermittlungsprovision zu zahlen hat (S 9/10 des Ersturteils), so wäre doch jedenfalls eine schriftliche Aufstellung sämtlicher sonstiger "voraussichtlich erwachsender Kosten" zu übergeben gewesen, die sich selbstredend von Fall zu Fall unterscheiden können und hinsichtlich derer sich die Klägerin daher keineswegs auf ein (allgemeines) "Wissen" ihrer Kundin aus vorangegangenen Geschäftsfällen mit Erfolg berufen kann.

Ob eine solche vorvertragliche Verletzung der Informationspflichten durch die Klägerin von Amts wegen oder nur über entsprechende Einwendung Bedacht zu nehmen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Die Beklagte hat nämlich durch ihr Vorbringen in erster Instanz, speziell durch die Bestreitung der Klagsbehauptung, daß die klagende Partei als Makler eingeschritten sei, und die Behauptung, daß deren Geschäftsführer nur zufällig nach bereits erfolgter Einigung der Vertragsparteien in das Objekt gekommen sei, einen Sachverhalt vorgetragen, der hinreicht, um die besonderen Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers nach § 30b KSchG sowie der daraus abzuleitenden Ansprüche zum Prozeßthema zu machen. Die vom Berufungsgericht in der Begründung zur Zulassung der ordentlichen Revision genannte Frage stellt sich daher nicht.

Dies ändert aber am Ergebnis nichts. In Frage kommt vorerst der Provisionsminderungsanspruch, für dessen Prüfung, wie oben ausgeführt, das erforderliche Vorbringen vorliegt. Nach den Feststellungen wurde der Beklagten die Kaufgelegenheit von der klagenden Partei genannt, dieser war hieraus und insbesondere im Zusammenhang mit den früheren Wohnungsbesichtigungen bekannt, daß die klagende Partei als Makler einschritt und sie hatte auch von der Höhe des Prozentsatzes der von dieser in Rechnung gestellten Provision Kenntnis, die klagende Partei hat in der Folge für die Beklagte notwendige Erhebungen über Finanzierungsfragen durchgeführt und war auch bei der Führung der Verkaufsgespräche, die schließlich zu dem Kaufabschluß führten, vermittelnd tätig. Sie hat damit eine verdienstliche Tätigkeit entfaltet, die in allen Punkten der entspricht, die für die Kaufvermittlung durch Immobilienmakler typisch ist. Eine Mäßigung des Provisionsanspruches nach § 30b KSchG iVm § 3 Abs 4 MaklerG hat nur dann zu erfolgen, wenn die Verdienstlichkeit des Maklers durch diesen Pflichtverstoß geringer als ohne diesen einzustufen ist; dies ist nach den Gesetzesmaterialien (RV aaO 17) immer im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers zu beurteilen. Für die Annahme, daß die Verdienstlichkeit der klagenden Partei im Hinblick auf den unterlaufenen Pflichtverstoß hier geringer zu beurteilen wäre als ohne diesen Pflichtverstoß bestehen hier keine Grundlage. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß die Geschäftsabwicklung in anderer Weise erfolgt wäre, wenn die klagende Partei entsprechend den ihr durch § 30b KSchG überbundenen Verpflichtung gehandelt hätte. Daß der vereinbarte Kauf schließlich nicht realisiert wurde stand auch damit in keinem Zusammenhang, sondern hatte seinen Grund in einer durch außervertragliche Umstände bedingten Änderung der Entscheidung der Beklagten.

Abgesehen davon, daß nach den Verfahrensergebnissen nicht erkennbar ist, daß der Beklagten aus der Gesetzesverletzung durch die klagende Partei ein Schaden entstanden wäre und worin dieser gelegen sein sollte, kann diese Frage im Verfahren nicht geprüft werden, weil es an einer entsprechenden Einwendung der Beklagten fehlt. Wie bei allen Schadenersatzansprüchen erfordert auch die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches im Sinne des § 3 Abs 4 MaklerG entsprechende Prozeßbehauptungen, die Bezifferung des Anspruches und - im Passivprozeß - die Erhebung einer entsprechenden Einwendung. Eine amtswegige Berücksichtigung von Schadenersatzansprüchen ist ausgeschlossen; solche Ansprüche können in allen Fällen nur berücksichtigt werden, wenn sie im Prozeß geltend gemacht wurden. Dies ist aber hier nicht erfolgt.

Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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