TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Polen, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2025, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:
A)Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) hat mit Bescheid vom 25.09.2025 gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass wie bereits dargelegt worden sei, die sofortige Ausreise des BF geboten sei. Die sofortige Durchsetzbarkeit des Bescheides iSd § 18 Abs. 3 BFA-VG sei erforderlich. Der BF habe massiv ein Grundinteresse der Gesellschaft verletzt und bestehe ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Ausreise. Der BF habe die geltende Rechtsordnung missachtet und gegen diese verstoßen. Er habe keine persönlichen Verhältnisse zu regeln, zumal er über keine Unterkunft verfüge und in Österreich nie berufstätig gewesen sei. Auch habe er keine familiären Verhältnisse zu regeln. Er verfüge über keine nennenswerten Barmittel und könne sich seinen Aufenthalt nicht finanzieren. Er habe strafbare Handlungen begangen, um sich selbst unrechtmäßig zu bereichern. Es müsse davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit seinem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiege. Es hätten sich keine Gründe ergeben, die gegen die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes sprechen würden. Es sei davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes geboten sei, weil der BF durch sein geschildertes Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Das Verhalten des BF stelle auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, Ordnung und Sicherheit, berühre. Die Abwägung ergebe, dass aufgrund dieses Verhaltens, das Interesse des BF an einem Aufenthalt hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurücktrete.
Der BF erhob Beschwerde gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheides mit der er die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung mit Einvernahme des BF, die Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Behebung des Bescheides und Zurückverweisung zur Verfahrensergänzung und neuerlicher Entscheidung an das BFA, in eventu die Abänderung des Spruchpunktes I. des Bescheides dahingehend, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes mit einer geringeren Dauer bemessen werden, die Abänderung des Spruchpunktes II. dahingehend, dass dem BF ein Durchsetzungsaufschub in der Dauer von einem Monat erteilt werde sowie die ersatzlose Behebung des Spruchpunktes III. des Bescheides, beantragte.
Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die Beschwerde vom 23.10.2025 gegen den oben – im Spruch – genannten Bescheid vor (einlangen am BVwG: 06.11.2025).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der nicht lebensbedrohlich erkrankte und ledige BF wurde in Polen geboren.
In der Beschwerde wurde erstmals vorgebracht, der BF leide an einer schizophrenen Störung und befinde sich in einer forensischen Akutpsychiatrie. Im gesamten Verfahren wurden keine diesbezüglichen Nachweise vorgelegt.
1.2. Der BF weist im Bundesgebiet keine Wohnsitzmeldungen auf.
Mit Bescheid des BFA vom 24.11.2024, Zahl XXXX , vom BF übernommen am 30.11.2024, wurde der BF gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.).
Der BF kam in der Folge seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, wurde am XXXX .2025 festgenommen und am XXXX .2025 am Landweg nach Polen abgeschoben.
Er reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt zurück in das Bundesgebiet.
1.3. Aus dem Sozialversicherungsdatenauszug ergeben sich keine Erwerbstätigkeiten des BF im Bundesgebiet.
Eigenen Angaben zu Folge erwirtschaftete der BF seinen Lebensunterhalt im Bundesgebiet durch geringfügige Arbeiten auf Baustellen.
1.4. Eigenen Angaben zu Folge halten sich lediglich Freunde im Bundesgebiet auf. Eine Tochter arbeite in Österreich. Der BF machte keine diesbezüglichen weiterführende Angaben – wie etwa deren Identitätsdaten oder zur genauen Ausgestaltung des Privat- und Familienlebens.
Es sind keine Anhaltspunkte für (sonstige) familiäre oder private Anknüpfungen in Österreich hervorgekommen die auf ein intensives Privat- oder Familienleben hindeuten.
1.5. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2025, wurde der BF wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs. 4 StGB sowie des Vergehens des Diebstahles nach §§ 15, 127 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Dem BF wurde darin angelastet
I. am XXXX 2024 das Opfer am Körper verletzt zu haben, und dadurch eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung herbeizuführen versucht zu haben, indem er diesem mit seiner rechten Hand einen Schlag ins Gesicht versetzte und ihm anschließend mit seinem rechten Bein ins Gesicht trat und mehrere Schläge ins Gesicht versetzte, wodurch das Opfer eine blutende Wunde im Gesicht erlitt;
II. nachgenannten Verfügungsberechtigten fremde bewegliche Sache sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versucht zu haben,
1. am XXXX 2024 Verfügungsberechtigten eines Unternehmens Waren im Gesamtwert von € 126,78, indem er die Waren in der Tasche verbarg und den Kassenbereich passierte, ohne dafür zu bezahlen, wobei er durch einen Ladendetektiv beobachtet und in weiterer Folge angehalten wurde;
2. am XXXX .2024 Verfügungsberechtigten eines Unternehmens einen Bolzenschneider und eine Beißzange im Gesamtwert von € 90,98, indem er die Gegenstände in seinem Einkaufstrolley verstaute und anschließend den Kassabereich, ohne zu zahlen, passierte, wobei er vom Ladendetektiv beobachtet und nach Passieren der Kassenzone angehalten wurde.
Als mildernd wertete das Gericht die teilweise geständige Verantwortung und den Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist, als erschwerend die 17 einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen von einem Verbrechen und einem Vergehen.
Das Gericht führte weiters aus, dass der BF in Polen und anderen Staaten 17 einschlägige Vorstrafen aufweise. Mit Urteil des XXXX vom XXXX 2021, rechtskräftig am XXXX .2021, wurden der BF wegen einfacher Körperverletzung und Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Mit Urteil des XXXX vom XXXX .2022, rechtskräftig am XXXX 2022, wurden er wegen Gewalt oder Drohung gegen eine Amtsperson sowie Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Mit Urteil des OLG XXXX , vom XXXX 2025 wurde der dagegen erhobenen Berufung des BF insoweit Folge gegeben, als die verhängte Freiheitsstrafe auf zwei Jahre und sechs Monate herabgesetzt wurde.
Der BF wurde am XXXX .2025 fest- und am folgenden Tag in der Justizanstalt aufgenommen. Er befindet sich derzeit in Haft (errechnetes Strafende: XXXX .2027, Termine für die bedingte Entlassung sind der XXXX .2026 (1/2) und der XXXX .2026 (2/3)).
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG, dem Beschwerdevorbringen sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Sozialversicherungsdatenauszug, dem Strafregister und dem Fremdenregister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Aufgrund des Wortlautes der Beschwerde, ergibt sich zweifelsfrei, dass sich die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids richtet, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.
Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl. VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und jener des BVwG ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFA-VG.
Eine Nachschau im Zentralen Melderegister ergab, dass der BF im Bundesgebiet nie mit Wohnsitz gemeldet war. Auch aus dem Sozialversicherungsdatenauszug waren keine Erwerbstätigkeiten des BF im Bundesgebiet ersichtlich. Der BF brachte keine Nachweise betreffend seine vermeintlichen Aufenthalte im Bundesgebiet – welche bei Wahrunterstellung unter Umgehung des MeldeG erfolgten – in Vorlage. Weiters ist zu beachten, dass gegen den BF bereits in der Vergangenheit eine Ausweisung erlassen wurde, er dieser nicht Folge leistete, er schlussendlich nach Polen abgeschoben werden musste, er nur kurz darauf in das Bundesgebiet zurückkehrte und erneut im Verborgenen Unterkunft nahm. Er wurde nur etwa zwei Monate nach seiner Abschiebung nach Polen im Bundesgebiet festgenommen und befindet sich seither seit XXXX 2025 in Haft. Betreffend den erstmals in der Beschwerde vorgebrachten Gesundheitszustand sowie den Aufenthalt von Freunden und einer Tochter im Bundesgebiet wurden keine Nachweise erbracht. Selbst bei Wahrunterstellung der Angaben des BF ist auszuführen, dass das Gewicht allfälliger Bindungen zum Bundesgebiet dadurch gravierend relativiert wird, dass der BF trotz seiner massiven Vorstrafenbelastung in Polen und weiteren Staaten im Bundesgebiet rasch rückfällig wurde und hier wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung sowie des Vergehens des Diebstahles rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt wurde und ihn auch allfällige Beziehungen nicht von der erneuten Begehung strafbarer Handlungen abhalten konnten. Auch musste dem BF durch Begehung der oben festgestellten strafrechtlichen Handlungen bewusst sein, dass er dadurch sein Aufenthaltsrecht und sohin ein mögliches Privat- und Familienleben im Bundesgebiet aufs Spiel setzt.
Die erfolgte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vermag somit keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Familien- und Privatleben des BF bewirken, zumal dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens des BF ein großes Gewicht beizumessen ist.
Es war im gegenständlichen Fall nicht anzunehmen, dass eine Abschiebung des BF eine reale Gefahr einer Verletzung des Rechts auf Achtung des Familien- oder Privatlebens des BF iSd Art. 8 EMRK bedeuten würde, hatten doch bei einer Abwägung zur Verhinderung weiterer hochverwerflicher Straftaten, alle familiären und privaten Interessen des BF in den Hintergrund zu treten, und wird in Anbetracht der vom BF begangenen Straftaten sowie insbesondere seiner Vorstrafenbelastung die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit für unbedingt erforderlich gehalten.
Im Ergebnis ist daher die sofortige Ausreise des BF aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich; die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang nach einer allfälligen Entlassung aus der Strafhaft allenfalls auch in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.
Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.
Zu Spruchteil B):
Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, weil eine Einzelfallentscheidung vorliegt und das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.
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