TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Barbara EBNER, Bakk.phil. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Demokratische Republik KONGO, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (in der Folge: BBU GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2025, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA/belangte Behörde) vom 13.10.2025 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), einem Staatsbürger der Demokratischen Republik Kongo, eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl BGBl. I. 100/2005 in der geltenden Fassung (in der Folge: AsylG 2005) nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass die Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo zulässig ist (Spruchpunkt III.), ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und der Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz BGBl. I 87/2012 in der geltenden Fassung (in der Folge: BFA-VG) aberkannt (Spruchpunkt VI.).
Die belangte Behörde begründete den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im gegenständlichen Fall damit, dass die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei und Fluchtgefahr bestehe. Aufgrund der vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen sei die Ausreise des BF aus dem Bundesgebiet sofort notwendig. Die Fluchtgefahr wurde bereits im Strafverfahren erkannt und sei deshalb die Untersuchungshaft über den BF verhängt worden.
In Bezug auf die erlassene Rückkehrentscheidung führte die belangte Behörde aus, der BF verfüge in Österreich über kein Familienleben, er sei in Österreich nur auf der Durchreise gewesen und habe dabei Straftaten begangen. Somit bestehe in Österreich auch kein schützenswertes Privatleben. Die Familie des BF würde in Frankreich leben und habe der BF unzweifelhaft starke Bindungen zu Frankreich. Er verfüge auch über einen Aufenthaltstitel in Frankreich, dies sei jedoch kein ausreichender Grund, um eine Abschiebung in das Heimatland des BF zu verhindern.
Die Möglichkeit einer Ausreise nach § 52 Abs. 6 FPG wurde unter Verweis einschlägige Vorstrafen des BF als nicht gegeben betrachtet. Es sei davon auszugehen, dass der BF das Haftübel bereits verspürt habe, dieser jedoch wieder straffällig geworden sei.
2. Mit dem am 30.10.2025 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF durch seine Rechtsvertretung fristgerecht und vollumfänglich Beschwerde gegen den vorangeführten Bescheid. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der BF lebe seit 2010 in Frankreich, verfüge dort über einen Aufenthaltstitel, habe dort die Matura absolviert und jahrelang gearbeitet. Auch nunmehr wolle der BF nach der Haftentlassung nach Frankreich zurückkehren und seine Erwerbstätigkeit wieder aufnehmen. In Frankreich würden auch die minderjährigen Kinder des BF sowie seine Ehefrau leben.
Der BF sei von der belangten Behörde nicht einvernommen worden. Da die erlassene Maßnahme die Möglichkeit des BF einschränke, sein Familienleben in Frankreich wahrzunehmen, hätte das Interesse des BF am Weiterbestehen seines Aufenthaltes in Frankreich eingehend geprüft werden müssen. Der BF bereue seine Taten und sei bereit sofort nach seiner Entlassung nach Frankreich zurückzukehren. Der BF stelle daher jedenfalls keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Österreich dar. Es hätte – wenn überhaupt – ein Aufenthalts- und kein Einreiseverbot verhängt werden müssen.
In Bezug auf das verhängte Einreiseverbot habe es die belangte Behörde unterlassen unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des BF eine individualisierte Gefährlichkeitsprognose zu treffen und eine Interessensabwägung unter Berücksichtigung des Familienlebens des BF in Frankreich vorzunehmen.
Es wurden die Anträge gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung anberaumen, alle zu Lasten des BF gehenden Rechtswidrigkeiten des angefochtenen Bescheides von Amts wegen aufgreifen, den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot aufgehoben werden, in eventu den Bescheid dahingehend abändern, dass die Abschiebung des BF in die Demokratische Republik Kongo unzulässig sei, in eventu den Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes III. ersatzlos beheben und den Spruchpunkt IV. dahingehend abändern, dass die Dauer des Einreiseverbotes mit einer geringeren Dauer bemessen wird, in eventu den Bescheid ersatzlos beheben und das Verfahren an die Behörde erster Instanz zurückverweisen sowie die ordentliche Revision zulassen.
3. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden in weiterer Folge vom BFA vorgelegt und sind am 06.11.2025 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF heißt XXXX , wurde am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo.
Der BF befindet sich derzeit in der Justizanstalt XXXX . Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 24.09.2025 zur GZ XXXX wurde der BF wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilte, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe in der Höhe von 10 Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Als Strafbemessungsgründe wurden erschwerend einschlägige Vorstrafen berücksichtigt. Mildernd wurden das reumütige und umfassende Geständnis sowie die teilweise Schadenswiedergutmachung gewertet.
Der BF lebte in der Vergangenheit nicht in Österreich. Die Straftat beging er auf der Durchreise. Der BF lebt mit seiner Ehefrau und seinen zwei minderjährigen Kindern seit über 10 Jahren in Frankreich und verfügt dort über einen Aufenthaltstitel.
Im angefochtenen Bescheid finden sich keine Feststellungen zu etwaigen Vorstrafen des BF. In der rechtlichen Beurteilung wurde jedoch folgendes ausgeführt:
Aus Ihrer Vergangenheit ist ersichtlich, dass Sie bereits über Vorstrafen verfügen. Daraus ist auch ersichtlich, dass Sie schon mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Es ist auch davon auszugehen, dass Sie bereits ein Haftübel verspürt haben und Ihnen daher bekannt ist, welche Folge ein so schädliches Verhalten nach sich ziehen kann. […] Bei einem erstmaligen Vergehen und aus Rücksicht auf Ihre familiären Bindungen in Frankreich wäre daher aus Sicht der Behörde die gesetzliche Möglichkeit des § 52 Abs. 6 FPG anzuwenden. Da bei Ihnen aber eine fortlaufende, nachhaltige, wiederkehrende Straffälligkeit und somit bewusstes, gewolltes schädliches Verhalten erkennbar ist, kann Ihnen die Ausreise gem. § 52 Abs. 6 FPG nicht gewährt werden.
In der Beweiswürdigung wird in Zusammenhang mit den Vorstrafen des BF lediglich auf die Strafzumessungsgründe in der gekürzten Urteilsausfertigung verwiesen.
Die belangte Behörde begründete den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im gegenständlichen Fall damit, dass die sofortige Ausreise des BF aufgrund seiner Verurteilungen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei und Fluchtgefahr bestehe. Die Fluchtgefahr sei bereits vom Strafgericht erkannt worden und sei daher die Untersuchungshaft über den BF verhängt worden.
Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 02.09.2025 zur GZ.: XXXX wurde über den BF die Untersuchungshaft wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr verhängt. In diesem Beschluss wurde ausgeführt, die Fluchtgefahr bestehe im Wesentlichen, da der BF in Frankreich wohnhaft sei. Die Tatbegehungsgefahr wurde damit begründet, dass der BF kein Vermögen habe und weise er „laut eigenen Angaben bereits drei einschlägige Vorstrafen wegen Hehlerei auf, wobei die Ecris-Auskunft aus Frankreich allerdings noch nicht vorliege.“
Dem BF wurde im erstinstanzlichen Verfahren schriftlich Parteiengehör gewährt. Es kam jedoch zu keiner Einvernahme und verschaffte sich die belangte Behörde keinen persönlichen Eindruck vom BF.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen stützen sich auf den angefochtenen Bescheid, auf den gesamten Akteninhalt des erstinstanzlichen Verfahrens sowie auf den Beschwerdeschriftsatz.
Die Feststellungen zur Verurteilung des BF stützen sich auf die Einsichtnahme in die gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichts XXXX vom 24.09.2025 zur GZ XXXX . Dass sich der BF derzeit in der Justizanstalt XXXX befindet, ergibt sich aus der Einsichtnahme in den aktuellen ZMR-Auszug.
Die Feststellungen zum Inhalt des Beschlusses des Landesgerichts XXXX vom 02.09.2025 zur GZ.: XXXX stützen sich auf die Einsichtnahme in das erwähnte Dokument.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß Abs 5 leg. cit. hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Der VwGH hielt fest, dass zur Begründung der Notwendigkeit der sofortigen Ausreise darzutun ist, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat. Voraussetzung ist also der Nachweis, dass besondere Umstände vorliegen, die wegen der Dringlichkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die sofortige Durchsetzbarkeit der erstinstanzlichen Entscheidung erfordern (VwGH 5.5.2020, Ra 2019/21/0061; 11.12.2024, Ra 2021/17/0117). Es genügt nicht, auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (vgl. VwGH 12.9.2013, 2013/21/0094; 3.7.2018, Ro 2018/21/0007). Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH 21.12.2022, Ra 2020/21/0248).
Die belangte Behörde sah die Notwendigkeit zur sofortigen Ausreise des BF im Wesentlichen aufgrund der bereits mehrfachen Straffälligkeit als gegeben an. Aus dem Akteninhalt kann diese mehrfache Straffälligkeit jedoch nur teilweise nachvollzogen werden. Aus dem Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 02.09.2025 zur GZ.: XXXX geht zwar hervor, dass der BF selbst angab Vorstrafen wegen Hehlerei zu haben, es wurde jedoch explizit darauf hingewiesen, dass die entsprechenden Nachweise nicht vorliegen würden. In der gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichts XXXX vom 24.09.2025 zur GZ XXXX werden die Vorstrafen zwar erwähnt, doch ist ebenfalls nicht ersichtlich, wie viele Vorstrafen, wegen welcher Vergehen der BF tatsächlich hat und ob der BF in der Vergangenheit bereits eine Haftstrafe verbüßte. Aus dem Akteninhalt ergibt sich somit nicht, welche Vorstraffen der BF tatsächlich hat und ob der BF – wie von der belangten Behörde vermutet – tatsächlich bereits in der Vergangenheit das Haftübel verspürt hat.
Die belangte Behörde führte selbst im angefochtenen Bescheid aus, dass bei einem erstmaligen Vergehen und aus Rücksicht auf die familiären Bindungen in Frankreich aus Sicht der Behörde die gesetzliche Möglichkeit des § 52 Abs. 6 FPG anzuwenden wäre.
Aus Sicht des erkennenden Gerichts ist die erforderliche Abwägung in Bezug auf die Anwendung der von der belangten Behörde ins Treffen geführten gesetzlichen Bestimmung nicht umfassend möglich, da die – allenfalls einschlägigen – Vorstrafen des BF aus dem Akteninhalt nicht nachvollziehbar sind. Ob die sofortige Ausreise des BF aus Österreich daher in Anbetracht seines Vorlebens tatsächlich notwendig ist, kann auf Grundlage der im angefochtenen Bescheid ersichtlichen Ermittlungsergebnisse nicht nachvollzogen werden.
Aufgrund der Tatsache, dass § 18 Abs 5 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht binnen einer Woche in einem Eilverfahren eine Annahme über die Gefahr einer Grundrechtsverletzung verlangt, ist davon auszugehen, dass hier mit einer Prognose aufgrund der Aktenlage vorzugehen ist. Schon im Hinblick darauf, dass Grundrechte oder sonstige massive Interessen des BF beeinträchtigt werden könnten, dürfen die anzulegende Prüfdichte und der Wahrscheinlichkeitsgrad nicht allzu hoch sein. Gewissheit kann in diesem Stadium des Verfahrens nicht vorausgesetzt werden, weil damit das Schicksal der Beschwerde schon entschieden wäre. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.
Da es somit, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des VwGH, im gegenständlichen Fall an einer gesetzlichen Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung - nämlich der Notwendigkeit der sofortigen Ausreise - fehlt bzw. diese vom Bundesverwaltungsgericht zumindest nicht nachvollzogen werden kann, war dieser Spruchpunkt zu beheben und der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die belangte Behörde führte keine persönliche Einvernahme des BF durch. Ihm wurde schriftlich Parteiengehör eingeräumt und gab der BF bekannt, er habe ein Familienleben mit seiner Ehefrau und seinen zwei minderjährigen Kindern in Frankreich. Eine persönliche Einvernahme oder Rückfragen zu dem schriftlichen Parteiengehör fanden jedoch keine statt. Aus Sicht des erkennenden Gerichts wäre es notwendig gewesen nähere Ermittlungen zum tatsächlich bestehenden Familienleben des BF in Frankreich vorzunehmen, so wäre insbesondere nachzufragen gewesen, ob die Kinder des BF zum Beispiel gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen haben, ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Ehefrau und dem BF besteht und eventuelle weitere besondere Umstände zu erheben.
Der VwGH judiziert außerdem in ständiger Rechtsprechung, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt. Dies sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK wesentlichen Kriterien (VwGH 15.03.20218, Ra 2017/21/0147).
Der VwGH führt hinsichtlich der Verhandlungspflicht nach § 21 Abs. 7 BVA-VG in ständiger Judikatur wie folgt aus: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes eben außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 08. September 2015, Ra 2014/01/022, mwN und viele andere mehr).
Im gegenständlichen Fall kann somit nicht davon gesprochen werden, dass die Verwaltungsbehörde den Sachverhalt vollständig erhoben hat, da sich die belangte Behörde entgegen der angeführten Rechtsprechung des VwGH keinen persönlichen Eindruck von dem BF in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK wesentlichen Kriterien verschafft hat und wird daher eine Beweisaufnahme sowie die Einvernahme der BF im Rahmen einer mündlichen Verhandlung notwendig sein, was ebenfalls dafürspricht, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Insbesondere wurde der BF nicht zu seinem in Frankreich bestehenden Familienleben befragt und liegen keine umfassenden Informationen zu den etwaigen Vorstrafen des BF vor. Somit ist die im gegenständlichen Fall geforderte Interessenabwägung in Bezug auf die getroffene Rückkehrentscheidung sowie das verhängte Einreiseverbot nur auf Basis des vorliegenden Akteninhaltes nicht nachvollziehbar bzw. nicht vollständig möglich und kann das Gericht die maßgeblichen Erwägungen der Beweiswürdigung somit auch nicht teilen.
Gegenständlich war ein Teilerkenntnis (vgl. auch § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG) zu erlassen, da das BVwG über die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden hat (vgl. VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023).
Eine mündliche Verhandlung entfällt, weil über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres Verfahren und unverzüglich zu entscheiden ist (VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall ergab das schriftlich gewährte Parteiengehör, dass der BF ein schützenswertes Familienleben in Frankreich führt. Weitere Ermittlungsschritte, insbesondere die vom VwGH in ständiger Rechtsprechung geforderte persönliche Einvernahme des BF vor der belangten Behörde fand jedoch nicht statt. Aufgrund der erwähnten ständigen und einheitlichen Rechtsprechung des VwGH war der Beschwerde somit die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Eine Rechtsfrage von grundsätzliche Bedeutung konnte das Gericht nicht erkennen.
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