Spruch
I403 2312767-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL über die Beschwerde der XXXX GmbH, XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Christoph HUBER, LL.M., Josef-Egger-Straße 8, 6330 Kufstein, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse Landesstelle XXXX (ÖGK- XXXX ) vom 08.04.2025, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.11.2025 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Am 15.05.2023 wurde XXXX (im Folgenden E.M.) von der Finanzpolizei kontrolliert und festgestellt, dass er steuerlich seit Mai 2022 als Selbständiger in Österreich gemeldet war, aber keine Anmeldung bei der Sozialversicherung vorlag und E.M. auch über keine Gewerbeberechtigung verfügte. In der Folge gab E.M. am 11.11.2023 eine “Versicherungserklärung für Freiberufler” bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) ab und erklärte darin, die Tätigkeit als Gerüstbauer seit 01.05.2022 selbständig auszuüben.
Mit Schreiben vom 01.12.2023 ersuchte die SVS die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) um Beurteilung der Tätigkeit des E.M. aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht.
Am 10.01.2024 wurde E.M. im Beisein seiner steuerlichen Vertretung durch einen Vertreter der ÖGK zu seiner selbständigen Tätigkeit befragt, wobei er angab, bislang nur für einen Auftraggeber, die XXXX GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin), tätig zu sein. Am 30.01.2024 wurde XXXX (im Folgenden G.S.), der für das Büro und die Verwaltung zuständige Mitarbeiter der Beschwerdeführerin, ebenfalls von der ÖGK zur Tätigkeit des E.M. befragt.
Mit Schreiben vom 24.05.2024 teilte die ÖGK der Beschwerdeführerin mit, dass von einem Überwiegen der Merkmale einer unselbständigen Tätigkeit des E.M. auszugehen sei; die Beschwerdeführerin wurde um Anmeldung von E.M. zur Pflichtversicherung nach dem ASVG ersucht. Nachdem die Beschwerdeführerin in der Folge keine Schritte setzte, wurde sie erneut mit Schreiben vom 26.06.2024 von der ÖGK aufgefordert, E.M. anzumelden.
Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 08.04.2025, zugestellt am 14.04.2025, stellte die ÖGK fest, dass E.M. hinsichtlich der für die Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeit als Gerüstbauer im Zeitraum von 01.07.2022 bis 31.08.2022 und vom 01.03.2023 bis 31.12.2023 der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz sowie der Arbeitslosenversicherung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz unterliegt.
Dagegen wurde fristgerecht am 12.05.2025 Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben, in eventu den Bescheid dahingehend abzuändern, dass festgestellt wird, dass E.M. im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz sowie der Arbeitslosenversicherung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz unterliegt. Die Anberaumung einer Beschwerdeverhandlung wurde ausdrücklich beantragt.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.05.2025 vorgelegt. Mit Eingabe vom 21.08.2025 wurde vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme abgegeben und beantragt, die für den 10.09.2025 anberaumte Verhandlung aufgrund einer Terminkollision zu verschieben. Schließlich wurde in einer Verhandlung am 05.11.2025 die Rechtssache erörtert und wurden neben E.M. der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und G.S befragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist eine im Firmenbuch unter der Nummer XXXX eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in XXXX . Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist XXXX (im Folgenden: Geschäftsführer). Unternehmensgegenstand ist der Auf- und Abbau von Gerüsten auf Baustellen.
1.2. Der Geschäftsführer und seine Ehefrau führen Unternehmen mit ähnlichem Unternehmenszweck in Italien. E.M., ein albanischer Staatsbürger, lebte mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Sohn in Italien und war jahrelang im Bereich des Gerüstbaus für Unternehmen des Geschäftsführers bzw. seiner Ehefrau tätig. Im Mai 2022 zog E.M. in eine Wohnung des Geschäftsführers in Österreich; die Kosten dafür rechnete der Geschäftsführer gegen die von E.M. für ihn erledigte Arbeit auf, indem er etwa den Stundenlohn reduzierte.
1.3. E.M. erkundigte sich nach seinem Umzug nach Österreich nach den Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt. Aus dem ihm gegebenen Informationen schloss er, dass eine Tätigkeit als Dienstnehmer aufgrund seines Aufenthaltsstatus nicht erlaubt sei, sondern nur als Selbständiger. Dies bewegte ihn dazu, seine Tätigkeit als selbständige Tätigkeit anzumelden. E.M. ist noch immer für die Beschwerdeführerin als Gerüstbauer tätig.
1.4. E. M. war in den Zeiträumen vom 01.07.2022 bis 31.08.2022 und von 01.03.2023 bis 31.12.2023 für die Beschwerdeführerin als Gerüstbauer tätig. Es gab keine schriftliche Vereinbarung.Im maßgeblichen Zeitraum scheint bei E. M. für die Tätigkeit für die Beschwerdeführerin keine Anmeldung zur Pflichtversicherung nach dem ASVG auf. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin informierte E. M. telefonisch über neue Aufträge für den Gerüstaufbau. E.M. arbeitete abhängig von der Jahreszeit zwischen 10 und 20 Tagen im Monat. Der Arbeitsort war jeweils die Baustelle, auf der die Beschwerdeführerin ein Gerüst aufstellen sollte. Den Transporter für den Transport der Gerüste holte E.M. regelmäßig am Firmengelände der Beschwerdeführerin ab. Ein etwaiges Vertretungsrecht wurde nicht besprochen und nicht schriftlich festgehalten. Eine Vertretung ist nicht vorgekommen. Der Fortschritt auf den Baustellen wurde vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin kontrolliert. E. M. war immer mit Mitarbeitern oder anderen von der Beschwerdeführerin beauftragten Personen auf der Baustelle. Er war als eine Art Vorarbeiter tätig und gab den Mitarbeitern der Beschwerdeführerin Anweisungen. Außerdem führte er das vom Generalunternehmer vorgegebene Protokoll, mit welchem dokumentiert wird, wie der Aufbau des Gerüstes vorgenommen wurde. Das Protokoll dient der Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat. Dieses Protokoll wurde auch von E. M. unterfertigt. E. M. wurden die Autos zugewiesen, mit welchen er auf die Baustelle fuhr. Teilweise fuhr er zur Besichtigung der Baustelle mit seinem Privat-PKW. Er verfügte über einen Code für das Zahlenschloss am Magazin der Beschwerdeführerin. Die Begleitumstände zum Auftrag und bestimmte Verhaltensweisen wie Rauchverbot, sauberes Arbeiten, etc., waren teilweise vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vorgegeben. E. M. konnte auch für andere Auftraggeber tätig werden. Dies ist im verfahrensgegenständlichen Zeitraum aber nicht vorgekommen. E. M. stellte für seine Tätigkeit Rechnungen. E. M. verfügt über eigene Betriebsmittel wie einen Laptop, Handy, Arbeitsgewand, Sicherheitsgewand und Werkzeug. Das Gerüst und die Autos, mit welchen das Gerüst zur Baustelle transportiert wurde, gehörten der Beschwerdeführerin. E. M. verfügte über eine Tankkarte der Beschwerdeführerin, um den Transporter tanken zu können. E. M. verfügte über keine Haftpflichtversicherung.
1.5. Ergänzend zu den unter 1.4. wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides ist festzuhalten:
1.5.1. An den Tagen, an denen E.M. für die Beschwerdeführerin tätig war, arbeitete er immer von 7 Uhr bis 16 Uhr bzw. 17 Uhr. Die Arbeitszeit war vorgegeben.
1.5.2. Der Geschäftsführer, der vor dem Umzug von E.M. nach Österreich dessen Tätigkeit selbst übernommen hatte, fuhr jeden Tag zur Baustelle, arbeitete gemeinsam mit E.M. und gab diesem Weisungen.
1.5.3. E.M. war in die Betriebsstruktur eingebunden und ordnete beispielsweise das Lager der Beschwerdeführerin, wenn es keine Arbeit auf einer Baustelle gab und er diesen Auftrag vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bekam.
1.5.4. E.M. konnte Aufträge nicht regelmäßig und sanktionslos ablehnen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die unter Punkt 1.1. getroffenen Feststellungen zur Beschwerdeführerin ergeben sich aus einem aktuellen Firmenbuchauszug.
2.2. Die Tätigkeit von E.M. für Unternehmen des Geschäftsführers bzw. seiner Ehefrau in Italien wurde von E.M. und vom Geschäftsführer in der Verhandlung zu Protokoll gegeben. Dass E.M. in die Wohnung des Geschäftsführers nach Österreich zog, ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister, dass S.Z. dies mit der Entlohnung gegenrechnete, aus den Angaben von Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung.
2.3. Die unter Punkt 1.3. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den Angaben von E.M. in der Verhandlung (“Ich habe die Papiere abgegeben für den Aufenthaltstitel. Ich war nicht verheiratet, sondern meine jetzige Frau und ich haben nur in einer Lebensgemeinschaft gelebt. Ich habe auch einen Sohn. Ich habe damals meine Papiere abgegeben und mir wurde gesagt, dass ich nur als Selbstständiger die Papiere bekomme und nicht, wenn ich angestellt bin. Ende Februar 2025 habe ich dann meine Lebensgefährtin geheiratet und bin mit meinen Papieren noch mal hingegangen und jetzt darf ich auch als Angestellter arbeiten.
RI: Sie wollten nicht angestellt werden, weil Sie sonst Probleme mit Ihrem Aufenthalt befürchtet hätten?
Ja. Jetzt habe ich ja die Genehmigung und kann dann ab Jänner nächsten Jahres als Arbeiter tätig sein.”).
2.4. Der unter Punkt 1.4. wiedergegebene Sachverhalt wurde im angefochtenen Bescheid festgestellt und blieb auch auf ausdrückliche Nachfrage der erkennenden Richterin vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin unbestritten.
2.5. Bestritten wurden in der Beschwerde bzw. in der Stellungnahme vom 21.08.2025 die von der ÖGK getroffenen Feststellungen zur Arbeitszeit, nämlich dass E.M. vorgegeben worden sei, wann er vor Ort sein musste. In der Verhandlung zeigte sich aber deutlich, dass die Arbeitszeit tatsächlich fixiert war. So bejahte der Geschäftsführer die Frage, ob er E.M. vorgegeben habe, wann dieser auf der Baustelle sein musste. E.M. sei immer um 7 Uhr gekommen und habe dann immer bis 16 oder 17 Uhr gearbeitet. E.M. bestätigte ebenfalls, dass Arbeitsbeginn immer um 7 Uhr morgens gewesen sei und er dann, gemeinsam mit den Mitarbeitern der Beschwerdeführerin, entweder bis 16 Uhr oder bis 17 Uhr gearbeitet habe, abhängig von der jeweiligen Baustelle. Es ergeben sich daher feste Arbeitszeiten, wie unter Punkt 1.5.1. festgestellt wurde. E.M. gab in der Verhandlung auch an, dass der Geschäftsführer vorgegeben habe, dass um 12 Uhr die Mittagspause einzuhalten sei.
2.6. Die unter Punkt 1.5.2 getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den Aussagen des Geschäftsführers in der Verhandlung (“Ich habe ihm ja die Arbeit erklärt. Wir haben ja auch gemeinsam gearbeitet.” Auf die Frage des Rechtsvertreters, ob der Geschäftsführer E.M. vorgeschrieben habe, wie das Gerüst aufzubauen sei und ob es technische Weisungen gegeben habe, bestätigte der Geschäftsführer dies nochmals: “Ja. Er hat natürlich auch das Wissen, aber ich habe es ihm auch erklärt.”).
2.7. Die unter Punkt 1.5.3. getroffene Feststellung, dass E.M. in die Betriebsstruktur eingebunden war und beispielsweise das Lager der Beschwerdeführerin geordnet hatte, wenn es keine Arbeit auf einer Baustelle gab und er den diesbezüglichen Auftrag bekam, ergibt sich aus den entsprechenden Angaben des Geschäftsführers (Auf die Frage des Rechtsvertreters, ob der Geschäftsführer oder G.S. Aufträge an E.M. erteilt habe, antwortete der Geschäftsführer: “Mehr oder weniger habe ich das gemacht, aber wenn ich nichts hatte, auch Herr (G.S.)”.) und von E.M. (“RI: Auf manchen Ihrer Rechnungen findet sich auch „Lager “. Welche Tätigkeit haben Sie damit gemeint? E.M.: Ich habe das Material geordnet und auch das Magazin. RI: Hat Ihnen das Herr XXXX aufgetragen? E.M.: Wenn z.B. keine Tätigkeit draußen war, dann habe ich das Lager geordnet. RI: Haben Sie das mit (dem Geschäftsführer) abgesprochen? E.M..: Ja. Er hat z.B. gesagt, ich soll zwei Tage das Magazin ordnen.”) in der Verhandlung am 06.11.2025.
2.8. Soweit im angefochtenen Bescheid festgestellt wurde, dass E.M. entscheiden konnte, ob er einen Auftrag annehmen möchte oder nicht, wurde dies in der mündlichen Verhandlung vom Geschäftsführer anders dargestellt. So sind dem Protokoll zur Niederschrift vom 05.11.2025 folgende Antworten des Geschäftsführers zu entnehmen:
“Frage der Richterin: Wie oft lehnte E.M. einen Auftrag ab 2022/2023?
Antwort: So viel ich mich erinnern kann, denke ich, dass er nichts abgelehnt hat.
Frage des Rechtsvertreters: Hätte es Konsequenzen gehabt, wenn er an einem Tag nicht kommt, aber trotzdem das Gerüst zeitgerecht fertigstellte?
Antwort: Wenn, dann hätte er 3-4 Tage davor Bescheid geben müssen, dass er nicht kommt. Wahrscheinlich hätte es Konsequenzen gehabt, aber es ist noch nie passiert.
Frage des Rechtsvertreters: Wenn Hr. XXXX damals einen Auftrag abgelehnt hätte oder mehrere abgelehnt hätte, hätten Sie ihn dann aus der Wohnung geworfen?
Antwort: Ja, natürlich.
Frage des Rechtsvertreters: Wenn er Aufträge abgelehnt hätte, hätte er nicht mehr bei Ihnen wohnen dürfen?
Antwort: Ja, aber wir haben ja normalerweise tagtäglich zusammengearbeitet. Wenn er zu viel abgelehnt hätte, dann ja.
Frage des Rechtsvertreters: Hätte E.M. einen Auftrag abgelehnt, hätte das Konsequenzen für ihn bedeutet?
Antwort: Er hat nichts abgelehnt.
Die Frage wird wiederholt.
Antwort: Nein, Konsequenzen nicht. Jeder hätte gehen können, wohin er will.
Frage der Richterin: Sie hätten sich dann von ihm getrennt?
Antwort: Ich denke schon. Vielleicht wäre er ja wieder zurückgekommen.
Frage des Rechtsvertreters: Wenn er einen einzigen Auftrag abgelehnt hätte, hätte das Konsequenzen gehabt?
Antwort: Nein, das glaube ich nicht. Nachdem wir schon lange zusammengearbeitet haben, nein.”
Daraus ergibt sich, dass der Geschäftsführer Konsequenzen gezogen hätte, wenn E.M. die Aufträge nicht angenommen hätte, so dass die in Punkt 1.5.4. getroffene Schlussfolgerung, dass E.M. Aufträge nicht regelmäßig ablehnen konnte, zu ziehen ist. Die nach mehrmaligen Nachfragen erstattete Antwort, dass aufgrund der jahrelangen Zusammenarbeit die Ablehnung eines einzigen Auftrages noch nicht zum Ende der Arbeitsbeziehung geführt hätte, reicht nicht aus, um ein Ablehnungsrecht feststellen zu können. Das Gericht verkennt nicht, dass der Zeuge G.S. in der Verhandlung meinte, dass es keinen Zweifel daran gebe, dass E.M. auch einen Antrag hätte ablehnen können. Nachdem es aber der Geschäftsführer war, der E.M. beauftragte (und nicht G.S.) und dieser, wie soeben dargelegt, eine Ablehnung der Aufträge durch E.M. nicht toleriert hätte, kann der Angabe des Zeugen, der selber angab, nicht sagen zu können, ob E.M jemals einen Auftrag abgelehnt habe, nicht gefolgt werden.
Soweit der Zeuge weiter ausführte, dass E.M. selbständig sein wollte, wird dieser Wille, der in erster Linie auf dem Wunsch nach einem Aufenthaltsrecht in Österreich beruhte, auch nicht angezweifelt und zeigte sich dieser ja auch darin, dass E.M. sich als Unternehmer beim Finanzamt anmeldete und eine Steuernummer beantragte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Gesetzliche Grundlagen
§ 4 ASVG lautet auszugsweise:
Vollversicherung
§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:
1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;
…..
14. die den Dienstnehmern im Sinne des Abs. 4 gleichgestellten Personen.
(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um
1. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder
2. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder
3. Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz.
(3) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 139/1997)
(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für
1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,
2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit), wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,
a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder
b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder
c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder
d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.
(…)
3.2. Anwendung auf das gegenständliche Verfahren:
Die belangte Behörde hat in dem verfahrensgegenständlichen Bescheid ausgesprochen, dass E.M. als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG für die Beschwerdeführerin tätig war, weil die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit sowie ein Entgeltanspruch vorliegen würden. Die Beschwerdeführerin ist dagegen der Ansicht, dass es sich bei der Tätigkeit von E.M. um eine selbständige Tätigkeit gehandelt hat.
Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG und damit eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist stets die persönliche Arbeitspflicht (vgl. VwGH 07.08.2023, Ra 2023/08/0091).
3.2.1. Generelles Vertretungsrecht
Die persönliche Arbeitspflicht fehlt nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein „generelles Vertretungsrecht“ zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte übertragen kann. Damit wird vor allem die Situation eines selbständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der - anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter - im Rahmen einer unternehmerischen Organisation (oft werkvertragliche) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient. Die „generelle Vertretungsbefugnis“ spielt insbesondere bei der Abgrenzung zwischen selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeiten eine Rolle. Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. etwa VwGH 14.07.2017, Ra 2016/08/0132).
Wie im Sachverhalt dargelegt, wurde ein Vertretungsrecht nicht vereinbart und ist es auch tatsächlich nicht zu einer Vertretung des Beschwerdeführers gekommen. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist auch davon ausgegangen, dass E.M. den Gerüstbau persönlich durchführt, nachdem es eine jahrelange Zusammenarbeit gab und E.M. auch eine gewisse Führungsrolle gegenüber den anderen Mitarbeitern der Beschwerdeführerin innehatte. Ein generelles Vertretungsrecht im Sinne der oben dargestellten Judikatur war daher nicht vereinbart.
3.2.2. Sanktionsloses Ablehnungsrecht
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes fehlt die persönliche Arbeitspflicht auch dann, wenn einem Beschäftigten ein „sanktionsloses Ablehnungsrecht“ zukommt, wenn er also die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann. Der Empfänger der Dienstleistungen kann unter solchen Umständen nicht darauf bauen und entsprechend disponieren, dass dieser Beschäftigte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit für Dienstleistungen vereinbarungsgemäß zur Verfügung stehen werde.
Die Befugnis eines Erwerbstätigen, angebotene Beschäftigungsmöglichkeiten auszuschlagen, berührt die persönliche Arbeitspflicht in keiner Weise, mag diese Befugnis auch als „sanktionsloses Ablehnungsrecht“ (in einem weiteren Sinn) bezeichnet werden. Zwischen der sanktionslosen Ablehnung der Erbringung einzelner Leistungen, etwa bei deren Abruf im Zuge einer Rahmenvereinbarung bei verpflichtender Tätigkeit im Fall der Zusage, und einem generellen sanktionslosen Ablehnungsrecht, dass die persönliche Abhängigkeit ausschließt, ist ein deutlicher Unterschied zu machen (vgl. VwGH vom 25.06.2013, 2013/08/0093).
Wie im Sachverhalt samt Beweiswürdigung dargelegt, ging der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin davon aus, dass E.M. die Aufträge annahm und dass er dann auch um 7 Uhr morgens bei der jeweiligen Baustelle erschien. Ein sanktionsloses Ablehnungsrecht im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung wurde daher im gegenständlichen Fall nicht vereinbart.
Im Ergebnis ist daher von einer im Wesentlichen persönlichen Arbeitspflicht von E.M. im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin auszugehen.
3.2.3. Prüfung der persönlichen Abhängigkeit
Ob Dienstleistungen in persönlicher Abhängigkeit oder im Rahmen eines freien Dienstvertrages erbracht wurden, mit anderen Worten: ob dabei im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit jene der Unabhängigkeit überwogen haben, hängt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob die betreffenden „Vertragspartner“ in den Belangen der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und des arbeitsbezogenen Verhaltens Weisungen unterlagen oder nicht. Bei der Beurteilung der Weisungsunterworfenheit ist zwischen sachlichen Weisungen, die das Arbeitsverfahren betreffen und die auch bei Werkverträgen oder Dauerschuldverhältnissen ohne echten Arbeitsvertragscharakter vorkommen, und persönlichen Weisungen, die das arbeitsbezogene Verhalten bzw. die persönliche Gestaltung der Dienstleistung zum Gegenstand haben, zu unterscheiden (vgl. etwa VwGH 09.10.2013, 2012/08/0263).
Die unterscheidungskräftigen Kriterien sind nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zum Beispiel die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.
Die Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung iSd § 4 Abs. 2 ASVG ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Gesamtabwägung der maßgeblich für bzw. gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechenden Umstände und Merkmale.
Örtlich war E.M. insoweit gebunden, dass er an der jeweiligen Baustelle zu sein hatte. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich, wie auch der Rechtsvertreter in der Verhandlung darlegte, aus der Natur der Sache ergibt, dass die Gerüste auf den Baustellen der Auftraggeber der Beschwerdeführerin zu errichten sind und der Arbeitsort nicht als unterscheidungskräftiges Merkmal herangezogen werden kann (vgl. etwa VwGH 18.01.2017, Ra 2014/08/0059). Doch auch ansonsten war E.M. an Vorgaben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin gebunden: Die Arbeitszeit war mit der Zeit von 7 Uhr früh bis 16/17 Uhr festgelegt und war zudem um 12 Uhr mittags eine Pause einzuhalten. Auch wurde E.M. durchaus kontrolliert, indem der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin den Fortschritt auf den Baustellen kontrollierte. Er hatte auch Vorgaben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin einzuhalten, etwa wenn dieser ihm auftrug, das Lager zu ordnen, weil es auf den Baustellen nichts zu tun gab. E.M. wusste auch den Eingangscode für das Schloss des Lagers und ist von einer Einbindung in die betriebliche Organisation der Beschwerdeführerin auszugehen.
Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (VwGH 10.10.2018, Ra 2015/08/0130).
Die Eingliederung von E.M. in die auf den jeweiligen Baustellen vorhandene Betriebsorganisation mit Weisungs- und Kontrollrechten, im Wesentlichen fix vorgegebenen Arbeitszeiten und fehlenden eigenen Gestaltungsmöglichkeiten, das Vorliegen von Nebenkriterien wie die Entgeltabrechnung nach geleisteten Stunden sprechen für das Überwiegen der Merkmale persönlicher Abhängigkeit bei der Tätigkeit von E.M. für die Beschwerdeführerin (VwGH 25.02.2022, Ra 2022/08/0019).
3.2.4. Ergebnis:
Im Ergebnis war daher vom Vorliegen einer Dienstnehmereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.