BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwältin XXXX als gerichtliche Erwachsenenvertreterin, gegen den in Form des ausgestellten Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 02.05.2025, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre gerichtliche Erwachsenenvertreterin, stellte am 06.03.2025 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenpasses.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unter Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 10.03.2025, welches einen Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin in Höhe von 50 v.H. ergab, wurde der Beschwerdeführerin am 02.05.2025 ein bis zum 30.04.2027 befristeter Behindertenpass mit einem ausgewiesenen Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt. Diesem Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu. Der Behindertenpass wurde ordnungsgemäß an die gerichtliche Erwachsenenvertreterin der Beschwerdeführerin zugestellt.
Mit E-Mail vom 15.05.2025 erhob die Beschwerdeführerin – ohne Mitwirkung ihrer Erwachsenenvertreterin – Beschwerde gegen den gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid.
Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.06.2025 zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Mängelbehebungsauftrag vom 11.09.2025, W135 2313605-1/5Z, wurde die Erwachsenenvertreterin der Beschwerdeführerin aufgefordert, den gerichtlichen Beschluss, mit dem sie zur Erwachsenenvertreterin bestellt wurde, vorzulegen, um den Umfang der Vertretungsbefugnis bestimmen zu können. Für den Fall, dass der Beschluss über die Erwachsenenvertretung die Vertretung im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht umfassen sollte, wurde die Erwachsenenvertreterin ersucht bekannt zu geben, ob der Einbringung der Beschwerde zugestimmt wird.
Mit Schriftsatz vom 25.09.2025 legte die gerichtliche Erwachsenenvertreterin den Bestellungsbeschluss des BG XXXX vom 05.01.2024, XXXX , dem Bundesverwaltungsgericht vor und gab bekannt, dass die von der Beschwerdeführerin eigenständig eingebrachte Beschwerde nicht genehmigt werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Beschluss des BG XXXX vom 05.01.2024, XXXX , wurde für die Beschwerdeführerin Rechtsanwältin XXXX zur gerichtlichen Erwachsenenvertreterin gemäß § 271 ABGB bestellt. Die gerichtliche Erwachsenenvertretung umfasst unter anderem die Vertretung vor Behörden und Gerichten. Die gerichtliche Erwachsenenvertretung wurde mit Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses am 02.02.2024 wirksam und endet am 05.01.2027.
Die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre gerichtliche Erwachsenenvertreterin, stellte am 06.03.2025 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenpasses.
Mit E-Mail vom 15.05.2025 erhob die Beschwerdeführerin – ohne Mitwirkung ihrer Erwachsenenvertreterin – Beschwerde gegen den gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid.
Die gesetzliche Erwachsenenvertreterin hat mit Eingabe vom 25.09.2025 erklärt, die von der Beschwerdeführerin eigenständig eingebrachte Beschwerde nicht zu genehmigen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen basieren auf dem Verwaltungsakt und dem im Gerichtsakt einliegenden Bestellungsbeschluss des BG XXXX vom 05.01.2024 sowie der Eingabe der gerichtlichen Erwachsenenvertreterin vom 25.09.2025.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Bundesverwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
Gemäß § 9 AVG ist die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.
Damit wird die prozessuale Rechts- und Handlungsfähigkeit an die materiellrechtliche Rechts- und Handlungsfähigkeit geknüpft. Es gilt der Grundsatz, dass die Rechtsfähigkeit, die Parteifähigkeit und die Handlungsfähigkeit die Prozessfähigkeit begründen (vgl. VwGH 25.05.1993, 90/04/0223). Die Handlungsfähigkeit ist die Fähigkeit, durch Willenserklärung gegenüber der Behörde Rechtsfolgen auszulösen (vgl. VwGH 30.03.1993, 92/08/0183).
Für die prozessuale Handlungsfähigkeit (Prozessfähigkeit) ist entscheidend, ob die Partei im Zeitpunkt der betreffenden Verfahrensabschnitte in der Lage war, Bedeutung und Tragweite des Verfahrens und der sich in ihm ereignenden prozessualen Vorgänge zu erkennen, zu verstehen und sich den Anforderungen eines derartigen Verfahrens entsprechend zu verhalten (zuletzt VwGH 28.04.2016, Ra 2014/20/0139, siehe auch VwGH 20.02.2002, 2001/08/0192). Das Fehlen der Prozessfähigkeit nach § 9 AVG ist als Vorfrage in jeder Lage des Verfahrens und von Amts wegen wahrzunehmen (VwGH 19.09.2000, 2000/05/0012).
Die Sachwalterbestellung (Anmerkung: nach damaliger Terminologie) wirkt insofern konstitutiv, als ab ihrer Wirksamkeit die Prozessfähigkeit im dort umschriebenen Ausmaß keinesfalls (selbst in "lucida intervalla") mehr gegeben ist, sondern der Pflegebefohlene innerhalb des Wirkungsbereichs des Sachwalters (vgl. § 268 Abs. 3 ABGB) gemäß § 280 Abs. 1 ABGB einem Unmündigen über sieben Jahren gleichsteht, also ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung des Sachwalters nicht handeln kann. (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 9, insbesondere Rz 15 und die dort angeführte Literatur und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Die Beschwerdeführerin hat die gegenständliche Beschwerde, welche in den Wirkungsbereich der mit Beschluss vom 05.01.2024 bestellten gerichtlichen Erwachsenenvertreterin fällt, eigenständig und ohne Mitwirkung ihrer gesetzlichen Erwachsenenvertreterin eingebracht.
Im Gegensatz zur fehlenden Rechts- und damit Parteifähigkeit kann nach Ansicht des VwGH die mangelnde Genehmigung des von einem Prozessunfähigen eingebrachten Antrags durch den Erwachsenenvertreter im Wege eines Mängelbehebungsverfahrens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG beseitigt werden (Hengstschläger/Leeb, AVG², Rz 6 zu § 9 mwN).
Die gesetzliche Erwachsenenvertreterin hat im Rahmen des Mängelbehebungsverfahrens mit Eingabe vom 25.09.2025 ausdrücklich erklärt, die eingebrachte Beschwerde nicht zu genehmigen. Die von der Beschwerdeführerin eigenständig eingebrachte Beschwerde ist somit unzulässig.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß zurückzuweisen.
Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte die mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
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