IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER-KOPSCHAR sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 19.08.2025, zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Am 30.04.2025 langte bei der belangten Behörde ein Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein.
Mit Bescheid vom 19.08.2025 stellte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) fest, dass mit einem Grad der Behinderung von 30 vH die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien.
2. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde vorgebracht, dass dem Behinderungsgrad in Höhe von 30% nicht zugestimmt werde. Atypische Gesichtsschmerzen seien eine schwere Behinderung und wäre sie erstmals mit Trigeminusneuralgie 30% behindert gewesen. 30% seien zu viel. Sie könne selbständig und wie ein vollwertiger Mensch arbeiten. Ihr Gehirn sei in Ordnung, sie sei geistig in klarem Zustand und könne sich auch bewegen. Die Behinderung sei zu löschen oder auf 10-15% zu reduzieren.
3. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 03.09.2025 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
4. Mit Schreiben vom 15.09.2025 wurde der Beschwerdeführerin ein Auftrag zur Mängelbehebung in Bezug auf die am 28.08.2025 bei der belangten Behörde eingelangte E-Mail (Beschwerde) erteilt.
5. Mit am 24.09.2025 eingelangtem - von der belangten Behörde an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitetem - Schreiben wurde die E-Mail der Beschwerdeführerin vom 22.09.2025, mittels welcher die Zurückziehung der Beschwerde sowie des Antrags auf Ausstellung eines Behindertenpasses bekanntgegeben wurde, vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 30.04.2025 beantragte die Beschwerdeführerin die Ausstellung eines Behindertenpasses.
Mit Bescheid vom 19.08.2025 wurde festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 30 vH die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben sind.
Am 22.09.2025, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 25.09.2025, zog die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde sowie den verfahrenseinleitenden Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zurück.
Die Beschwerdeführerin ist nicht im Besitz eines Behindertenpasses.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ist unstrittig.
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auch die damit in Verbindung stehende Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.08.2025 zurückgezogen hat, ergibt sich aus dem unmissverständlichen Inhalt des Schreibens vom 22.09.2025.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
Zur ersatzlosen Behebung des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG – der nach § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwenden ist – können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Die Zurückziehung ist auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts möglich (vgl. VwGH 06.07.2016, Ra 2016/08/0041, Rz 21).
Entscheidend für die Zulässigkeit der Zurückziehung ist, ob ein Antrag noch unerledigt ist und daher zurückgezogen werden kann. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die materielle Rechtskraft des Bescheids dadurch beseitigt wird, dass dagegen eine - zulässige und fristgerechte - Beschwerde erhoben wird (vgl. VwGH 25.07.2013, 2013/07/0099).
Die Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrags während des anhängigen Beschwerdeverfahrens bewirkt den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich die Rechtswidrigkeit des Bescheides.Das Verwaltungsgericht hat in einem solchen Fall den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0016).
Eine ersatzlose Behebung hat dann zu erfolgen, wenn der dem Verfahren zugrundeliegende Antrag, der durch den angefochtenen Bescheid der Verwaltungsbehörde erlegt wurde, zurückgezogen wird. Die ersatzlose Behebung hat mit Erkenntnis als „negative Sachentscheidung“ gem § 28 Abs. 2 und Abs. 3 erster Satz zu erfolgen. Es handelt sich dabei um eine - wenn auch „negative“ - Entscheidung „in der Sache selbst“, die erst getroffen werden kann, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder vom VwG festgestellt wurde (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 (2019) Rz 845).
Im hier zu entscheidenden Beschwerdefall stellte die Beschwerdeführerin am 30.04.2025 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.
Mit Bescheid vom 19.08.2025 wurde festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 30 vH die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien.
Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben, wodurch die materielle Rechtskraft des Bescheides beseitigt wurde.
Der verfahrenseinleitende Antrag war somit noch unerledigt und konnte daher am 22.09.2025 rechtswirksam zurückgezogen werden. Diese Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages bewirkt den Wegfall der Zuständigkeit des Sozialministeriumservice (oder auch Bundesamtes) zur Erlassung des angefochtenen Bescheides und damit nachträglich dessen Rechtswidrigkeit. Vor diesem Hintergrund war der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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