IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 27.09.2025, Beitragsnummer XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
A. I. Verfahrensgang:
Mit am 09.05.2024 per E-Mail seiner Rechtsvertretung eingelangtem Antragsformular beantragte der Beschwerdeführer die Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrags und den damit verbundenen Abgaben und Entgelten. Dem Antrag legte er außerdem einen Bescheid des Sozialministeriumsservice betreffend die Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten vom 05.08.2016 bei.
Mit Schreiben vom 01.08.2024 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Vorlage eines Nachweises über eine Anspruchsgrundlage sowie Unterlagen zur Einkommensberechnung binnen zwei Wochen auf.
Mit E-Mail vom 21.08.2024 übermittelte die Rechtsvertretung der belangten Behörde abermals den Bescheid des Sozialministeriumsservice betreffend die Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten vom 05.08.2016, sowie weiters einen ZMR-Auszug betreffend den Beschwerdeführer vom 11.02.2022, einen seitens des Beschwerdeführers bei der Pensionsversicherungsanstalt gestellten Antrag auf Invaliditätspension zum Stichtag 01.08.2024, einen Antrag auf Waisenpensionen bei der Pensionsversicherungsanstalt betreffend den Beschwerdeführer, einen Antrag auf Zuerkennung von Pflegegeld betreffend den Beschwerdeführer, ein Ansuchen auf Mietzinsbeihilfe sowie Kopien von näher genannten Unterhaltszahlungen.
Die belangte Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 27.09.2025 zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus wie folgt:
„Ihr Antrag vom 09.05.2024 auf
∙ Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages
∙ Zuschussleistung zum Fernsprechentgelt
∙ Befreiung von den Erneuerbaren-Förderkosten (Erneuerbaren-Förderpauschale und
Erneuerbaren-Förderbeitrag)
Strom-Zählpunktnummer 1: […]
wird zurückgewiesen. Der ORF-Beitrag ist fristgerecht zu bezahlen.
Begründung:
In unserem letzten Schreiben haben wir Sie aufgefordert, fehlende Angaben bzw. Unterlagen
nachzureichen.
Wir haben Sie darauf hingewiesen, dass wir Ihren Antrag zurückweisen müssen, falls die
benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht werden.
Folgende Angaben bzw. Unterlagen wurden nicht nachgereicht:
- -
• Nachweis über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen
Hand). Dies können beispielsweise sein:
o Pflegegeldbescheid oder sonstiger Nachweis, dass Sie Pflegegeld beziehen.
o Bestätigung eines Gehörlosenvereins oder des fachärztlichen Attests über den Verlust des
Hörvermögens bzw. des Bescheids vom Bundessozialamt über den Grad der Gehörlosigkeit
o Letztgültige Pensions-Aufgliederung (gegebenenfalls auch Waisen-oder Witwenpension) oder im Fall einer sonstigen wiederkehrenden Leistung Kriegsopferrente, Heeresversorgungsrente,
Opferfürsorgerente, Verbrechensopferrente oder Unfallrente
o Aktuelle Taggeldbestätigung bzw. aktuellen Bescheinigung des Arbeitsmarktservices.
o Bescheid einer Beihilfe nach dem Studienförderungsgesetz bzw. Schülerbeihilfengesetz.
o Nachweis über laufende Leistungen aus der Sozialhilfe, der freien Wohlfahrtspflege oder aus
sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Bedürftigkeit.
• Unterlagen zur Einkommensberechnung
Nachweis über alle Bezüge des/der Antragsteller/in bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen
Haushalt leben.
Dies können beispielsweise sein:
• bei Berufstätigen die aktuelle Lohnbestätigung oder der letzte Einkommensteuerbescheid
• bei Pensionisten die aktuelle Bestätigung über die Pensionsbezüge
• bei Auszubildenden die Bestätigung der Lehrlingsentschädigungen
• bei Schülern und Studenten die Bescheide über Schüler- und Studienbeihilfen
sowie Angabe der sonstigen Zuwendungen (Unterhaltszahlungen der Eltern) und Einkünfte (geringfügige
Beschäftigung)
• bei Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind, die Einheitswertbescheide
• sowie gegebenenfalls Bezüge von Alimenten bzw. sonstigen Unterhaltszahlungen
Anspruch wie z.B. (Pflegegeld, Mindestsicherung, etc.) sämtliche aktuelle Bezüge von
B.W.S. wurden nicht nachgereicht.
Daher war spruchgemäß zu entscheiden.“
Mit Beschwerde vom 10.10.2024 führte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers aus, dass über entsprechende Aufforderung vom 01.08.2024 fristgerecht per E-Mail nachgereicht wurden. Neuerdings erhalte der Beschwerdeführer auch Mietzinsbeihilfe vom XXXX , welche hiermit als Beilage zur Beschwerde vorgelegt werde. Nachdem die Voraussetzung für eine Befreiung vorliegen, werde beantragt den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Befreiung bescheidmäßig festzustellen, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und eine neuerliche Überprüfung der Voraussetzungen für die Befreiung zu veranlassen.
Am 07.10.2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
B. II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
I. 1. Feststellungen:
Der obige Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.
II. 2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf den unzweifelhaften, von der belangten Behörde bzw. dem Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen.
III. 3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A):
3.1. Wird ein Antrag von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145). Dem Verwaltungsgericht ist es verwehrt, über diesen Rahmen hinaus in einer Entscheidung über die „Hauptsache“ vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (VwGH 09.03.2023, Ra 2020/07/0121).
Im vorliegenden Fall ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Anbringens des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde wegen der Nichterbringung der mit dem Mängelbehebungsauftrag geforderten Nachweise zu Recht erfolgte.
3.2. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur (sofortigen) Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Eine Behörde darf nur dann nach § 13 Abs. 3 AVG vorgehen, wenn das Anbringen einen Mangel aufweist. Was unter einem Mangel schriftlicher Eingaben im Sinne des § 13 AVG zu verstehen ist, muss der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden. Als Mangel ist insbesondere das Fehlen von Belegen anzusehen, wenn die Partei aufgrund des Gesetzes erkennen konnte, welche Unterlagen erforderlich sind (VwGH 31.01.2012, 2009/05/0044).
Von den Mängeln des Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind Umstände zu unterscheiden, die die Erfolgsaussichten betreffen und die gegebenenfalls zur Abweisung führen (VwGH 09.09.2020, Ra 2019/22/0212).
3.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes enthalten die §§ 47 bis 49 Fernmeldegebührenordnung, auf die § 3 Abs. 5 RGG hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Befreiung von den Rundfunkgebühren verweist, keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre. Die Anordnung in § 51 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung, die „gemäß § 50 erforderlichen Nachweise“ anzuschließen, ist angesichts des Umstandes, dass darin keine konkreten Belege oder Urkunden genannt sind, die für den Nachweis erforderlich wären, nicht geeignet, eine ausdrückliche Anordnung in dem Sinn darzustellen, dass das Fehlen eines bestimmten, von der belangten Behörde im Einzelfall für erforderlich erachteten Nachweises als Fehlen einer erforderlichen Beilage im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gedeutet werden könnte. Dies erhellt auch bereits aus § 50 Abs. 4 Fernmeldegebührenordnung, der angesichts der grundsätzlichen Anwendbarkeit des AVG im Verfahren der belangten Behörde zur Einhebung der Rundfunkgebühren und im Befreiungsverfahren überflüssig wäre, wenn eine Aufforderung bereits aufgrund § 13 Abs. 3 AVG zulässig und geboten wäre (VwGH 16.11.2022, Ra 2020/15/0040; 18.12.2017, Ro 2016/15/0042; 09.06.2010, 2006/17/0161).
Da sich die Aufforderung der belangten Behörde an den Beschwerdeführer sohin auf keine verbesserungsfähigen Mängel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG bezog, war die Zurückweisung nicht berechtigt und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Damit ist das Administrativverfahren wieder unerledigt und von der belangten Behörde inhaltlich zu entscheiden.
3.4. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die vorliegende Entscheidung folgt der unter A) zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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