Spruch
W269 2288609-2/28E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Elisabeth MAYER-VIDOVIC als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Armin KLAUSER und Peter STATTMANN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 16.01.2024, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 01.03.2024, Zl. XXXX , betreffend den Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe für 42 Tage ab 27.11.2023 beschlossen:
A) Der Vorlageantrag wird als verspätet zurückgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
1. Feststellungen:
1.1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: AMS) vom 16.01.2024 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für 56 Tage ab 27.11.2023 verloren habe. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer das Zustandekommen einer zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung als Hilfsarbeiter bei der Firma XXXX ohne triftigen Grund durch Nichtbewerbung vereitelt habe.
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
1.3. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 01.03.2024 wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben und der Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe von acht Wochen auf sechs Wochen verkürzt wurde, sodass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe für die Dauer von 42 Tagen ab 27.11.2023 verlor.
Nach erfolglosem Zustellversuch am 04.03.2024 wurde die Beschwerdevorentscheidung beim Postamt hinterlegt und dort ab 05.03.2024 zur Abholung bereitgehalten.
1.4. Am 19.03.2024 brachte der Beschwerdeführer seinen ursprünglichen Beschwerdeschriftsatz, gerichtet an „Regionale Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice XXXX “, persönlich beim Bundesverwaltungsgericht ein.
1.5. Die zuständige Gerichtsabteilung verfügte noch am selben Tag eine Weiterleitung der Eingabe des Beschwerdeführers im Original gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an das AMS mittels einer RSb-Sendung.
Der diesbezügliche Auftrag an die Kanzlei zur Abfertigung der Sendung wurde am 19.03.2024 um 16:09 Uhr erstellt.
1.6. Die postfertige Ausgangspost wird täglich zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr von Mitarbeitern der Post aus der Kanzlei des Bundesverwaltungsgerichtes abgeholt.
Das mit dem Aufgabestempel der Post versehene Kuvert liegt nicht im Akt ein.
Nachdem der Kanzleiauftrag zur Weiterleitung der Eingabe des Beschwerdeführers an das AMS am 19.03.2024 um 16:09 Uhr erstellte wurde, wurde die Sendung erst am darauffolgenden Tag, sohin am 20.03.2024, der Post zur Abholung übergeben.
1.7. Am 21.03.2024 wurde die Sendung dem AMS zugestellt.
1.8. Das AMS legte am 09.04.2024 die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus, dass es dem AMS nicht erkennbar sei, wann das Bundesverwaltungsgericht die Weiterleitung zur Post gegeben habe, sodass die Eingabe im Zweifel als fristgerechter Vorlageantrag gewertet werde. Weiters wurde ausgeführt, dass die Eingabe vom 19.03.2024 dem Beschwerdeführer zufolge als Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu verstehen sei.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zum Bescheid des AMS vom 16.01.2024 gründen auf dem Akteninhalt.
2.2. Dass der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde erhob, ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt.
2.3. Der Inhalt der Beschwerdevorentscheidung vom 01.03.2024 ist eben dieser zu entnehmen. Dass es hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung am 04.03.2024 einen erfolglosen Zustellversuch an den Beschwerdeführer gab, die Sendung in weiterer Folge beim Postamt hinterlegt und dort ab 05.03.2024 zur Abholung bereitgehalten wurde, beruht auf dem im Akt einliegenden Zustellnachweis.
2.4. Dass der Beschwerdeführer seinen ursprünglichen Beschwerdeschriftsatz, gerichtet an „Regionale Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice XXXX “, am 19.03.2024 persönlich beim Bundesverwaltungsgericht einbrachte, ist beim Bundesverwaltungsgericht zur Zl. W141 2288609-1/1 protokolliert.
2.5. Die Eingabe vom 19.03.2024 wurde als Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 01.03.2024 gedeutet. Dies entsprach dem Ansinnen des Beschwerdeführers, wie sich auch aufgrund der Ausführungen im Vorlageschreiben vom 09.04.2024 ergibt.
Von der zuständigen Gerichtsabteilung wurde noch am selben Tag zuständigkeitshalber die Weiterleitung der Eingabe des Beschwerdeführers im Original gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an das AMS mittels RSb-Sendung verfügt. Diese Verfügung ist zur Zl. W141 2288609-1/2E protokolliert.
Ebenfalls zur Zl. W141 2288609-1/2E ist der entsprechende Kanzleiauftrag zur Abfertigung der Sendung protokolliert. Hiezu findet sich der Vermerk, dass der Kanzleiauftrag am 19.03.2024 um 16:09 Uhr erstellt wurde.
2.6. Da das mit dem Aufgabestempel der Post versehene Kuvert nicht im Akt einliegt, waren für die Ermittlung der Postaufgabe die gerichtsinternen Regelungen maßgeblich. Dass die postfertige Ausgangspost täglich zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr von Mitarbeitern der Post aus der Kanzlei des Bundesverwaltungsgerichtes abgeholt wird, entspricht den innergerichtlichen Abläufen und beruht auf einer im Jahr 2013 zwischen der Österreichischen Post AG und dem Asylgerichtshof getroffenen vertraglichen Vereinbarung, die für das im Zuge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 mit 01.01.2014 eingerichtete Bundesverwaltungsgericht, das den Asylgerichtshof ersetzte, weiterhin gilt.
Da der Kanzleiauftrag zur Weiterleitung der Eingabe des Beschwerdeführers an das AMS am 19.03.2024 im gegenständlichen Fall um 16:09 Uhr erstellte wurde, wurde die Sendung erst am darauffolgenden Tag, sohin am 20.03.2024, der Post zur Abholung übergeben.
2.7. Dass die Sendung dem AMS am 21.03.2024 zugestellt wurde, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Zustellnachweis.
2.8. Die Feststellungen zur Vorlage der Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt durch das AMS am 09.04.2024 gründen auf dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
3.2. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung des Vorlageantrages:
3.3. Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Ein bei der unzuständigen Stelle eingebrachtes fristgebundenes Anbringen ist dann nicht verspätet, wenn es im Fall der Weiterleitung gemäß § 6 Abs. 1 AVG noch innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde einlangt oder der Post zur Beförderung an die zuständige Behörde übergeben wird (vgl. etwa VwGH 09.04.2008, 2008/19/0040; VwGH 18.10.2000, 95/08/0330; Hengstschläger/Leeb, AVG § 6 Rz 11).
Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.
Die Pflicht der unzuständigen Behörde zur Weiterleitung von Schriftstücken darf nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht beliebig lange hinausgezögert werden. Das bedeutet aber nicht, dass das Risiko des Einschreiters dann ausgeschaltet und daher seine an eine Frist gebundene Prozesshandlung als rechtzeitig anzusehen wäre, wenn nach dem gegebenen Sachverhalt die sofortige Weiterleitung möglicherweise zur Folge gehabt hätte, dass das Schriftstück noch innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde eingelangt oder doch durch die – noch rechtzeitige – Übergabe des Schriftstückes an die Post zur Beförderung die Frist gewahrt geblieben wäre (vgl. VwGH 18.10.2000, 95/08/0330; VwGH 25.09.1990, 90/08/0140). Die Wendung „auf Gefahr des Einschreiters“ bedeutet, dass derjenige, der sich mit seinem Anbringen an eine unzuständige Behörde wendet, die damit verbundenen rechtlichen Nachteile unter allen Umständen zu tragen hat, wenn auch der unzuständigen Behörde die Pflicht zur Weiterleitung des Anbringens bzw. zur Weiterverweisung an die zuständige Stelle auferlegt ist (VwGH 18.10.2000, 95/08/0330; VwGH 25.09.1990, 90/08/0140).
3.4. Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer die Beschwerdevorentscheidung des AMS durch Hinterlegung zugestellt und ab 05.03.2024 zur Abholung bereitgehalten. Damit galt die Beschwerdevorentscheidung gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz am 05.03.2024 als zugestellt.
Ausgehend davon endete die zweiwöchige Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages am 19.03.2024.
Der Beschwerdeführer brachte seinen Vorlageantrag am 19.03.2024 jedoch nicht, wie in § 15 Abs. 1 VwGVG normiert, bei der belangten Behörde, sondern direkt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Das Bundesverwaltungsgericht als unzuständige Stelle kam seiner Pflicht zur Weiterleitung ohne unnötigen Aufschub nach, indem es die Weiterleitung des Vorlageantrages an die zuständige Stelle noch am selben Tag verfügt hat. Die Übergabe des Schriftstückes an die Post erfolgte am 20.03.2024, sohin erst nach Ablauf der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages.
Demzufolge erweist sich der Vorlageantrag als verspätet.
Da sich der Beschwerdeführer mit seinem Anbringen an eine unzuständige Stelle wandte, hat er die damit verbundenen rechtlichen Nachteile zu tragen.
3.5. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
3.6. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben angeführten Judikaturnachweise). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.