Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ajdin LUBENOVIC als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Rainer PORICS als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 05.12.2024, VN: XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 21.01.2025, Zl. XXXX , betreffend den Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe im Ausmaß von 42 Tagen ab 25.11.2024 gemäß § 38 iVm § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), wobei Nachsicht nicht erteilt wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: belangte Behörde, AMS) vom 05.12.2024 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 38 iVm § 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe für 42 Bezugstage (Leistungstage) ab 25.11.2024 verloren habe, wobei Nachsicht nicht erteilt wurde. Begründend wurde ausgeführt, das AMS habe darüber Kenntnis erlangt, dass der Beschwerdeführer das Zustandekommen einer vom AMS zugewiesenen und zumutbaren Beschäftigung bei XXXX ohne triftigen Grund verweigert habe, da er sich nicht beworben habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
In der gegen den Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er habe seiner Beraterin genau beschrieben, dass er sich um eine Stelle versehentlich zweimal beworben habe. Es sei das erste Mal vorgekommen, dass bei der Bewerbung ein Problem entstanden sei. Das sei aber verständlich, da er eine lange Liste an Stellenangeboten erhalten habe. Der Beschwerdeführer habe sich bislang immer vorbildlich verhalten. Er verstehe nicht, wie es sein könne, dass ein Fehler nicht einmal nachgesehen werden könne.
In einer eAMS-Nachricht an das AMS vom 10.12.2024 brachte der Beschwerdeführer ergänzend zur Beschwerde vor, dass nachdem er erfahren hätte, dass er sich nicht um die Stelle beworben habe, er direkt die angegebene Telefonnummer angerufen habe. Jedoch habe niemand abgehoben. Das beweise, dass er die Stelle nicht absichtlich verweigert habe. Er sei der Ansicht, dass ein unabsichtliches Versäumnis keine Verweigerung sei.
Mit Nachricht vom 11.12.2024 teilte das AMS dem Beschwerdeführer mit, die gegenständliche Stelle sei bereits besetzt und wahrscheinlich nicht mehr verfügbar.
Mit Schreiben des AMS vom 17.12.2024 wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass ihm am 15.11.2024 insgesamt sieben Vermittlungsvorschläge ausgegeben worden seien. Am 20.11.2024 habe er dem AMS bekannt gegeben, sich um alle Stellen beworben zu haben. Nach den niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers habe er sich versehentlich zweimal bei demselben Unternehmen beworben. Der Beschwerdeführer werde ersucht, alle Originalbewerbungen, insbesondere beide Bewerbungen, die demselben Unternehmen übermittelt worden seien, an das AMS zu schicken. Gegebenenfalls werde vom AMS bei den Unternehmen eine Nachfrage zu den Bewerbungen eingeholt. Wenn der Beschwerdeführer bis zum 03.01.2025 keine Stellungnahme abgebe, werde angenommen, dass der Beschwerdeführer auf eine solche verzichte und es müsse aufgrund der vorliegenden Aktenlage entschieden werden.
Mit eAMS-Nachricht vom 19.12.2024 übermittelte der Beschwerdeführer dem AMS die entsprechenden Bewerbungsnachweise.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 21.01.2025 wies das AMS die Beschwerde ab. Begründend führte das AMS im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe eine mögliche Annahme einer Beschäftigung dadurch vereitelt, dass er seine Bewerbung an die falsche E-Mail-Adresse versandt habe. Dadurch habe er zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Beschäftigung nicht zustande kommen habe können. Dieses Verhalten sei auch ursächlich für das Nichtzustandekommen der angebotenen Beschäftigung. Es sei notorisch, dass eine nicht beim potenziellen Dienstgeber eingelangte Bewerbung nicht zur Aufnahme eines Dienstverhältnisses führen könne, somit sei das Verhalten auch kausal für das Nichtzustandekommen des Dienstverhältnisses. Der Beschwerdeführer habe bei der Bewerbung nicht die „nötige Sorgfalt“ walten lassen, er habe somit eine Vereitelungshandlung gesetzt und das Nichtzustandekommen einer Beschäftigung zumindest billigend in Kauf genommen. Durch das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Bewerbung habe er ein Verhalten gesetzt, das die Verhängung einer Sanktion gemäß § 10 AlVG rechtfertige. Da es sich um den ersten Leistungsverlust handle, sei der Verlust der Notstandshilfe für 42 Tage auszusprechen gewesen. Innerhalb des Nachsichtszeitraumes habe der Beschwerdeführer zudem keine die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung aufgenommen. Andere Nachsichtsgründe seien nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht bzw. nachgewiesen worden.
Der Beschwerdeführer stellte fristgerecht einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht.
Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss des Aktes des Verwaltungsverfahrens vorgelegt. Im Vorlageschreiben führte das AMS im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei aus Sicht des AMS dazu verpflichtet, sich unverzüglich in geeigneter Weise zu bewerben und müsse daher dafür Sorge tragen, dass eine Bewerbung an die richtige Stelle versendet werde bzw. ordnungsgemäß erfolge. Der Beschwerdeführer habe bei der Bewerbung insgesamt nicht die „nötige Sorgfalt“ walten lassen. Er habe somit einen Vereitelungstatbestand gesetzt und das Nichtzustandekommen einer Beschäftigung zumindest billigend in Kauf genommen.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 23.07.2025 eine Beschwerdeverhandlung durch. Der Beschwerdeführer und eine Behördenvertreterin waren bei der Verhandlung anwesend. Im Wesentlichen wiederholte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stand seit 17.06.2022 mit Unterbrechungen im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Ab 04.11.2022 bezog er Notstandshilfe.
Zuletzt hatte der Beschwerdeführer im Antrag vom 31.01.2024 (Tag der Geltendmachung) zur Kenntnis genommen, dass bei Nichtannahme einer vermittelten Beschäftigung das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe entzogen wird, und erklärte sich ausdrücklich zur Aufnahme und Ausübung einer am Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden, zumutbaren, versicherungspflichtigen Beschäftigung bereit.
In der Betreuungsvereinbarung bzw. im Betreuungsplan vom 02.07.2024 wurde festgehalten, dass das AMS den Beschwerdeführer bei der Suche nach einer Stelle als XXXX bzw. nach allen den Zumutbarkeitsbestimmungen bei Notstandshilfebezug entsprechenden Tätigkeiten im Ausmaß einer Voll- oder Teilzeitbeschäftigung unterstützt.
Am 15.11.2024 wurde dem Beschwerdeführer – neben sechs weiteren Stellen – eine Beschäftigung beim potenziellen Dienstgeber „ XXXX “ im Ausmaß einer Vollzeitbeschäftigung zugewiesen. Der entsprechende Vermittlungsvorschlag wurde ihm am 15.11.2024 per eAMS-Konto übermittelt.
Dieser gestaltet sich auszugsweise wie folgt:
„Für unseren Kunden suchen wir
XXXX Anforderungen:
*gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift
*Callcenter Erfahrung von Vorteil
Dienstzeiten: XXXX
Dienstgeber:
XXXX
Bewerbung nach telefonischer Terminvereinbarung unter der Tel.Nr. XXXX oder per E-Mail an: XXXX
Entgeltangaben des Unternehmens:
Das Mindestentgelt für die Stellen als XXXX beträgt 2.450,00 EUR brutto pro Monat auf Basis Vollzeitbeschäftigung.“
Mit Übermittlung des gegenständlichen Stellenangebotes informierte das AMS den Beschwerdeführer zudem, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, das Stellenangebot anzunehmen. Wenn er sich weigere, dieses anzunehmen oder sein Verhalten darauf abziele, dass der Betrieb ihn nicht einstelle, erhalte er für mindestens sechs Wochen kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe.
Am 20.11.2024 gab der Beschwerdeführer dem AMS über sein eAMS-Konto bekannt, sich auf alle am 15.11.2024 zugewiesenen Stellen beworben zu haben.
Aus den Bewerbungsnachweisen des Beschwerdeführers geht hervor, dass er am 20.11.2024 um 15:50 Uhr sowie um 15:57 Uhr eine Bewerbung an die E-Mail-Adresse XXXX gesendet hat.
Der Beschwerdeführer hatte eigentlich beabsichtigt, sich auch um die gegenständliche Stelle zu bewerben, jedoch versehentlich zweimal eine Bewerbung an die E-Mail-Adresse XXXX gesendet. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer stets zuverlässig und hatte sich immer entsprechend auf die vom AMS zugewiesenen Stellen beworben.
Er war jedenfalls dazu bereit, sich auf die verfahrensgegenständliche Stelle zu bewerben.
Erst als das AMS am 25.11.2024 den Leistungsbezug des Beschwerdeführers einstellte, erfuhr er, dass er sich nicht beim potenziellen Dienstgeber beworben hatte. Daraufhin versuchte der Beschwerdeführer, den potenziellen Dienstgeber telefonisch zu erreichen. Sein Anruf wurde jedoch nicht entgegengenommen.
Am 11.12.2024 teilte das AMS dem Beschwerdeführer mit, dass die Stelle beim potenziellen Dienstgeber bereits besetzt sei.
Eine Beschäftigung beim potenziellen Dienstgeber kam nicht zustande.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie aus dem Gerichtsakt bzw. der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen betreffend den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bzw. von Notstandshilfe des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Bezugs- und Versicherungsverlauf des AMS.
Die Feststellungen zu Betreuungsvereinbarung und Notstandshilfeantrag sind unstrittig. Der Beschwerdeführer ist den diesbezüglichen Feststellungen des AMS nicht entgegengetreten.
Weder vom AMS noch vom Beschwerdeführer wird bestritten, dass dem Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Stelle zugewiesen wurde und er sich nicht um diese beworben hat.
Ebenso unstrittig ist, dass dem Beschwerdeführer neben der gegenständlichen Stelle, sechs weitere Stellen zugewiesen wurden, wobei der Beschwerdeführer zweimal eine Bewerbung an dieselbe E-Mail-Adresse sendete.
Strittig ist im vorliegenden Fall im Wesentlichen, ob es sich beim Verhalten des Beschwerdeführers bloß um ein Versehen handelt.
Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte der erkennende Senat einen umfassenden persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer gewinnen. Dieser hinterließ einen persönlich glaubwürdigen Eindruck. Aus seinen schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass der Beschwerdeführer versehentlich zweimal eine Bewerbung an dieselbe E-Mail-Adresse sendete. Er beteuerte mehrfach glaubhaft, dass dies unabsichtlich geschehen ist und erklärte nachvollziehbar, wie es dazu kam.
Nach Ansicht des erkennenden Senats ergibt sich aus den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers zudem, dass er sich jedenfalls auch um die gegenständliche zugewiesene Stelle bewerben wollte, wobei festgehalten wird, dass dieses Vorbringen vom AMS nicht substantiiert bestritten wurde.
Weiters brachte der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren überaus glaubhaft vor, dass er bisher stets zuverlässig war und sich um die vom AMS zugewiesenen Stellen immer entsprechend beworben hatte. Dieser Umstand wurde von der belangten Behörde auch zu keinem Zeitpunkt bestritten, sondern vielmehr im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt.
Der Beschwerdeführer, der bisher stets zuverlässig gewesen war und sich um alle vom AMS zugewiesenen Stellen beworben hatte, unterlag bei seiner üblichen Vorgehensweise, und zwar sich um alle im selben Zeitraum vom AMS zugewiesenen Stellen nacheinander am selben Tag zu bewerben, einem Versehen, indem er zweimal eine Bewerbung an dieselbe E-Mail-Adresse sendete.
Was die Beurteilung der strittigen Frage, ob im vorliegenden Fall zumindest Eventualvorsatz gegeben ist, betrifft, so wird diesbezüglich auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung (unter II. 3.) verwiesen.
Dass der Beschwerdeführer versuchte, den potenziellen Dienstgeber telefonisch zu erreichen, nachdem er erfahren hatte, sich nicht beworben zu haben, ergibt sich insbesondere aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.
Die Feststellungen zur Nachricht des AMS vom 11.12.2024 ergeben sich zweifelsfrei aus dieser im Akt einliegenden Nachricht.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) iVm § 56 Abs. 2 AlVG (vgl. VwGH 07.09.2017, Ra 2017/08/0081).
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Es liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde
3.2. Im vorliegenden Beschwerdefall gelangen die folgenden maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) zur Anwendung:
„Arbeitswilligkeit
§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
(3) – (8) […]
§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person
1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder
2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder
3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder
4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,
so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
(2) Hat sich die arbeitslose Person auf einen durch unwahre Angaben über Umfang und Ausmaß von Teilzeitbeschäftigungen begründeten besonderen Entgeltschutz nach Teilzeitbeschäftigungen berufen, so erhöht sich die Mindestdauer des Anspruchsverlustes nach Abs. 1 um weitere zwei Wochen.
(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
(4) Wer, ohne dadurch den Erfolg der Schulungsmaßnahme zu gefährden, tageweise nicht an einer Schulungsmaßnahme teilnimmt, verliert den Anspruch auf Arbeitslosengeld für Tage des Fernbleibens, außer wenn dieses durch zwingende Gründe gerechtfertigt ist. […]
Allgemeine Bestimmungen
§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“
3.3. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verliert eine arbeitslose Person, die sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld (bzw. Notstandshilfe). Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des AMS vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen – abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen – somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. VwGH 14.05.2020, Ra 2020/08/0008).
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (VwGH 14.05.2020, Ra 2020/08/0008, mwN).
3.4. Konkret zum vorliegenden Fall:
Zunächst wird festgehalten, dass der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht behauptete, dass die ihm zugewiesene Beschäftigung an sich unzumutbar gewesen wäre. Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit sind auch nicht hervorgekommen, weshalb das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass die gegenständliche dem Beschwerdeführer zugewiesene Beschäftigung grundsätzlich zumutbar war.
Der Beschwerdeführer bewarb sich – wie festgestellt – unstrittig nicht (unter der im Inserat angeführten E-Mail-Adresse) um die gegenständliche Stelle. Dass das Unterlassen einer entsprechenden Bewerbung zum Nichtzustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses führt, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung. Das Verhalten des Beschwerdeführers war somit kausal dafür, dass kein Beschäftigungsverhältnis zustande kam.
In einem weiteren Schritt ist jedoch zu prüfen, ob der Beschwerdeführer (zumindest bedingt) vorsätzlich gehandelt hat, oder ob von einem bloß fahrlässigen Handeln, also der Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, auszugehen ist.
Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt, wollte sich der Beschwerdeführer auch um die verfahrensgegenständliche Stelle bewerben, sendete stattdessen aber, da er sich um alle vom AMS im gegenständlichen Zeitraum zugewiesenen Stellen nacheinander am selben Tag bewarb, zweimal eine Bewerbung an dieselbe E-Mail-Adresse.
Unter Beachtung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers, der – wie festgestellt – bis zu diesem Zeitpunkt immer zuverlässig war, sich immer auf die vom AMS zugewiesenen Stellen entsprechend beworben hatte und der, nachdem er erfahren hatte, sich nicht beworben zu haben, versuchte, den potenziellen Dienstgeber telefonisch zu erreichen, ist im vorliegenden Fall nicht von bedingtem Vorsatz auszugehen, sondern im Verhalten des Beschwerdeführers ein bloß fahrlässiges Handeln zu sehen. Er ließ im konkreten Einzelfall somit die gehörige Sorgfalt beim Versenden der Bewerbungen außer Acht.
Was die Frage des Vorliegens von (Eventual)Vorsatz oder Fahrlässigkeit betrifft, so ist zudem festzuhalten, dass auch das AMS sowohl in der Beschwerdevorentscheidung als auch im Vorlageschreiben ausführte, dass der Beschwerdeführer bei der Bewerbung insgesamt nicht die „nötige Sorgfalt“ walten habe lassen. Dennoch ging die Behörde in weiterer Folge davon aus, dass der Beschwerdeführer somit einen Vereitelungstatbestand gesetzt und das Nichtzustandekommen einer Beschäftigung zumindest billigend in Kauf genommen habe. Wenn der Beschwerdeführer aber, wie die Behörde selbst ausführt, nur die nötige Sorgfalt nicht walten ließ, so sind die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sanktion gemäß § 10 Abs. 1 AlVG nicht erfüllt, da fallgegenständlich kein zumindest bedingter Vorsatz des Beschwerdeführers vorlag.
Die Voraussetzungen für den vom AMS ausgesprochenen Verlust der Notstandshilfe liegen somit mangels (Eventual)Vorsatz nicht vor, weshalb der Beschwerde stattzugeben und die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos zu beheben war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben.