Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vom 30. Mai 2023, GZ. 2023-0.396.031 in einer Säumnisangelegenheit
I. zu Recht erkannt:
A. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.
B.Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. den Beschluss gefasst:
A. Die Säumnisbeschwerde wird zurückgewiesen.
B.Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Am 27. Februar 2023 langte bei der belangten Behörde eine Beschwerde des Beschwerdeführers gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG aufgrund Verletzung der Entscheidungspflicht ein. Das Schreiben hatte folgenden Wortlaut:
„Hiermit erhebe ich Säumnisbeschwerde beim Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) zu
GZ: BKA-330.110/0328-I/14/2019
Auskunftsbegehren vom 16. August 2019, welches laut Schreiben vom BKA vom 26. August 2019 ins BM Nachhaltigkeit und Tourismus weitergeleitet wurde, an mich ist keine Antwort zum Auskunftsbegehren erfolgt.
Mit Schreiben BKA GZ: XXXX , vom 22. Februar 2023, ist mittlerweile für diesen Themenbereich vom Auskunftsbegehren das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) zuständig, aber auch vom BMK ist seitdem keine wie immer geartete Antwort an mich erfolgt.
Insbesondere sei auch auf die Urgenz per email hingewiesen und damit ein unabsichtliches Versäumnis offensichtlich auszuschließen.
Datum: 23.03.2021 18:42 An: buergerservice@bka.gv.at
Hinzuweisen sei auch auf gesetzliche Bestimmungen, auf Anfragen Auskunft in angemessener Frist, ohne unnötigen Aufschub, zu erteilen, im Falle der Auskunftsverweigerung sowie bei nicht fristgerechter, nicht vollständiger Auskunft binnen der gesetzlichen Frist einen Bescheid zu erlassen, was nicht erfolgte.
Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) wird ersucht, die entsprechenden Schritte, den gesetzlichen Bestimmungen folgend einzuleiten, Vorlage an das BVwG.
Ich ersuche das BVwG festzustellen, dass ich in meinen Rechten gröblich verletzt wurde und binnen 4 Wochen die verletzten Rechte im vollen Umfang zu gewähren sind, samt Erlassung eines Exekutionstitels zur unverzüglichen Exekution der verletzten Rechte, unter Amtshilfe der Polizei und vom Bundesheer. Wegen Gefahr in Verzug wird um zeitnahe Bearbeitung des Akts ersucht.
Nach Vorlage beim Bundesverwaltungsgericht wird ersucht, die entsprechenden Schritte, den gesetzlichen Bestimmungen folgend einzuleiten, dem BMK die Entscheidungskompetenz zu entziehen, sowie in der Sache, die Ladung von Zeugen vorzusehen, die Vorlage von Unterlagen zu verlangen und nach öffentlicher Verhandlung zu entscheiden. Die Verhandlung möge wegen der weiten Anreise möglichst um 8 h – 9 h beginnen und den ganzen Tag bis 18 h zur Verhandlung Zeit reservieren.
Der Säumnisbeschwerde lag u.a. das an das BKA gerichtete „Auskunftsbegehren“ vom 16. August 2019 bei. Dieses lautet wie folgt (Auszug im Original):
„Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
Sehr geehrter Herr Vizekanzler,
Sehr geehrte Damen und Herren Bundesministerinnen – Bundesminister,
Als Bürger Österreichs möchte ich mich wegen der Probleme mit der XXXX wie im beiliegend veröffentlichten Bericht in der Zeitschrift TOP XXXX beschrieben, an Sie wenden, im Vertrauen darauf, dass Sie auf Anliegen der Bevölkerung auch eingehen. Die aufgezeigten Ungereimtheiten mögen aus dem Blickfeld der Eigentümerstruktur der XXXX , der landwirtschaftlichen Vertretung – Behörden und Beteiligten betrachtet werden. Die Vorgehensweise - Handhabe von gewählten Vertretern in deren Funktion im konkreten Anlassfall ist für mich aufgrund meines Verständnisses der Bedeutung geleisteter Gelöbnisse mehr als befremdlich. Oder handelt es sich dabei bloß um einen bedeutungslos gesetzten Akt, ohne jeglichen gesetzlichen Hintergrund und rechtlicher Bedeutung? Insbesondere zu dem im Bericht erwähnten Fälschungsverdacht in Unterlagen erhoffe ich eine Antwort aus Ihrer Stellung und Sicht der Bundesregierung und aus der Sichtweise der eigenen persönlichen Betroffenheit, zumal doch jedenfalls auch im Strafgesetzbuch der §147 von “falsche oder verfälschte Urkunde“ als Tatbestand ausgeht? Gültigkeit wird diese Bestimmung doch auch für den staatsnahen Bereich, z. B. Unternehmen mit Staatsbeteiligung haben? Oder gibt es dafür andere gleichwertige Bestimmungen oder entfällt dieser Bereich gänzlich, aber auch die Gültigkeit anderer Gesetze im Umgang mit Beteiligte wie es z.B. die XXXX ist? Oder muss ich davon ausgehen, dass für die XXXX eine vollkommen andere Gesetzeslage Gültigkeit hat? Diese Fragestellung, aber auch Beantwortung hat, so mein Verdacht, jedenfalls auch allgemein für die Bevölkerung und betroffener Grundeigentümer Bedeutung und sollte deswegen auch öffentlich kommuniziert werden!“
Weiters lag dieser Säumnisbeschwerde die genannte E-Mail (Urgenz) vom 23. März 2021 bei. Diese E-Mail war von Dipl. Ing. XXXX verfasst und an das Bürgerservice des BKA gerichtet. Diese lautete wie folgt (Auszug im Original):
„Sehr geehrte Frau [..],
URGENZ zu bitte um Auskunft an wen das Schreiben [..] im BM Nachhaltigkeit und Tourismus weitergeleitet wurde bzw. um Bekanntgabe der Aktenzahl im BM Nachhaltigkeit und Tourismus unter der die Weiterleitung vom BKA veraktet wurde.
Auf die vorliegende Vollmacht von [dem Beschwerdeführer] wird der guten Ordnung halber verwiesen.
Ich gehe davon aus, dass für Sie klar ist, dass das Auskunftsbegehren dazu dient, Missstände in der Verwaltung aufzuzeigen und an deren Abstellung mitzuhelfen sowie der Erkenntnisgewinn der journalistischen Verbreitung dient.
[..]“
Daraufhin erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. August 2019 auf Informationserteilung im Hinblick auf „ XXXX “ gemäß § 73 des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes iVm § 4 Auskunftspflichtgesetz abgewiesen wurde (Spruchpunkt 1.) und das mit Schreiben vom 27. Februar 2023 eingeleitete Verfahren über die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG aufgrund der Nachholung des Bescheids gemäß § 16 Abs 1 VwGVG eingestellt wurde (Spruchpunkt 2.).
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem BVwG vor.
In seiner (über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts verbesserten) Beschwerde bringt der Beschwerdeführer – sofern hier wesentlich – vor, die belangte Behörde habe den vorliegenden Bescheid außerhalb der in § 16 VwGVG normierten dreimonatigen Nachfrist und damit unzuständig erlassen. Aber auch ansonsten leide der Bescheid an diversen näher dargestellten Mängeln.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Verfahrens- und Gerichtsakt und dieser im Übrigen unstrittig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
zu Spruchpunkt I.A. und II.A.
§ 1 und 4 des im verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt geltenden Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, lauten wie folgt:
§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.
(2) Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden.
§ 4. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist.
§ 12 und 16 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), StF: BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:
§ 12 Bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht sind die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen. Dies gilt nicht in Rechtssachen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG.
§ 16 (1) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.
(2) Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Gleichzeitig hat die Behörde den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen sind.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde bei der belangten Behörde wegen eines Auskunftsbegehrens vom 19. August 2019 eingebracht, weil die belangte Behörde weder auf sein Auskunftsbegehren entsprechend reagiert, noch im Falle einer Verweigerung einen Bescheid erlassen habe.
Die belangte Behörde hat aufgrund dieser Säumnisbeschwerde den angefochtenen (Auskunftsverweigerungs)Bescheid im Sinne des § 16 Abs. 1 VwGVG nachgeholt und das Säumnisverfahren gleichzeitig eingestellt.
Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner dagegen gerichteten Beschwerde nun u.a. dagegen, dass die belangte Behörde infolge Zeitablaufs zu einer Vorgangsweise nach § 16 Abs. 1 VwGVG gar nicht berechtigt gewesen sei.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer – wenn auch aus anderen Erwägungen – im Recht:
Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) dient dem Rechtsschutz wegen Säumnis der Behörden. Zweck dieses Rechtsbehelfes ist es, demjenigen, der durch die Untätigkeit einer Behörde beschwert ist, ein rechtliches Instrument zur Verfügung zu stellen, um eine Entscheidung in seiner Sache zu erlangen (VwGH 27.5.2015, Ra 2015/19/0075). Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt die Säumnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde voraus, deren Entscheidungspflicht geltend gemacht wird, und somit die Verpflichtung dieser Behörde, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheid zu entscheiden (siehe VwGH 24.5.2018, Ro 2017/07/0026; VfGH 2.7.2015, E 657/2015). Fehlt es an der Säumnis der Behörde, so ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen (zur Säumnis als Prozessvoraussetzung siehe VwGH 23.8.2017, Ra 2017/11/0150). Nur bei Vorliegen einer zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde erfolgt nach Vorlage derselben oder nach ungenütztem Ablauf der Nachfrist des § 16 Abs. 1 VwGVG ein Übergang der Zuständigkeit, über die betriebene Verwaltungsangelegenheit zu entscheiden, auf das Verwaltungsgericht (VwGH 19.9.2017, Ro 2017/20/0001; 20.12.2016, Ro 2015/01/0010).
§ 4 Auskunftspflichtgesetz ordnet an, dass im Fall der Verweigerung bzw. im Fall der Nichterteilung einer Auskunft erst auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen ist.
Im vorliegenden Fall fehlt dem in Rede stehenden Schreiben des Beschwerdeführers aber nicht nur jeglicher Bezug oder Hinweis zum Auskunftspflichtgesetz, sondern wird darin (im Falle der Verweigerung einer Auskunft) im Übrigen auch gar kein Bescheid vom Beschwerdeführer verlangt. Dass der Beschwerdeführer im Falle der Verweigerung der Auskunftserteilung einen solchen Bescheid von der belangten Behörde verlangt hätte, ist auch ansonsten im Verfahren nicht hervorgekommen und wurde dies vom Beschwerdeführer auch in keiner Weise behauptet.
Da die belangte Behörde im vorliegenden Fall somit mit einer Entscheidung nicht nur nicht säumig, sondern dazu mangels eines entsprechenden Antrages auch gar nicht berechtigt war, bestand für einen Bescheid und damit eine Vorgangsweise nach § 16 Abs. 1 VwGVG auch kein Raum.
Der angefochtene Bescheid war daher in Spruchpunkt I. ersatzlos zu beheben und in weiterer Folge die – dem Bescheid zugrundeliegende – Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers in Erledigung der Angelegenheit in Spruchpunkt II. durch das Verwaltungsgericht mangels Säumnis zurückzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden.
zu Spruchpunkt I.B. und II. B)
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; diese ist auch nicht uneinheitlich.
Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.