JudikaturBVwG

W116 2300637-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
11. September 2025

Spruch

W116 2300637-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Orsini und Rosenberg Striessnig Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 03.10.2024, Zl. 108 Jv 23/24v (003 Rev 3418/23d), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 6c Abs. 1 GEG iVm: Anmerkung 4 zu TP 1 GGG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Dr XXXX (in Folge: Beschwerdeführer), brachte am 07.09.2023 eine Klage auf Zahlung eines Betrags von EUR 4.310,36 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien ein. Am 15.12.2023 wurde eine erste Tagsatzung in der Rechtssache abgehalten, wobei die beklagte Partei nicht erschien und der Beschwerdeführer die Erlassung eines Versäumnisurteils beantragte.

2. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 21.02.2024, 33 C 528/23b ON 11, wurde der Antrag auf Erlassung eines Versäumnisurteils abgewiesen, da die Klage und Ladung zur Verhandlung erst am 14.12.2023 und somit nicht rechtzeitig vor der Verhandlung am 15.12.2023 zugestellt wurde.

3. Mit Schriftsatz vom 22.02.2024 zog der Beschwerdeführer seine Klage ohne Anspruchsverzicht zurück und beantragte die Retournierung der anteiligen Pauschalgebühr.

4.Mit im Spruch genannten Bescheid wurde der Rückzahlungsantrag abgewiesen. Begründend führte die Behörde aus, dass die Klage erst nach der ersten, für den 15.12.2023 anberaumten Tagsatzung zurückgezogen wurde und daher die Anmerkung 4 zu Tarifpost 1 GGG keine Anwendung finde.

5.Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde und brachte vor, die am 15.12.2023 abgehaltene Tagsatzung sei gemäß § 477 Abs. 1 Z 4 ZPO nichtig gewesen, weshalb dem Rückzahlungsantrag stattzugeben wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.Der Beschwerdeführe erhob am 07.09.2023 Klage auf Zahlung von EUR 4.310,36 und entrichtete dafür die Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG in Höhe von EUR 355,00 durch Einzug vom Konto des Klagevertreters.

1.2. Am 15.12.2023 wurde eine mündliche Verhandlung in der Rechtssache abgehalten bei welcher der Beschwerdeführer, nicht jedoch der Beklagte anwesend war. Die beklagte Partei war nicht rechtzeitig zur mündlichen Verhandlung am 15.12.2023 geladen worden.

1.3. Der Beschwerdeführer zog schließlich am 22.02.2024 seine Klage zurück.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage und wurden bereits von der Behörde im angefochtenen Bescheid so getroffen, wobei der Beschwerdeführer diesen Feststellungen in seiner Beschwerde auch nicht ansatzweise entgegentrat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 1 Abs. 1 GGG unterliegt den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren im Sinne dieses Bundesgesetzes die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben sowie die Führung der öffentlichen Bücher, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Register nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.

Tarifpost (TP) 1 GGG legt Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz in abgestufter Höhe nach dem Wert des Streitgegenstandes fest.

Der Beschwerdeführe erhob gegenständlich Klage auf Zahlung von EUR 4.310,36. Gemäß TP 1 GGG, beträgt die Gebühr für einen Streitwert von EUR 3.500,-- bis EUR 7.000,-- EUR 335,--.

Gemäß Anm. 4 zu TP 1 GGG ermäßigt sich die Pauschalgebühr auf die Hälfte, wenn entweder a) die Klage nach Zustellung, aber noch vor oder in der ersten Tagsatzung zurückgezogen wird, oder b) die Rechtssache in der ersten Tagsatzung oder infolge einer spätestens in dieser Tagsatzung angeregten Mediation zu Beginn der zweiten Tagsatzung verglichen wird und dieser Vergleich rechtswirksam wird. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind dann zurückzuzahlen. Die Durchführung der Mediation ist schriftlich nachzuweisen.

Gemäß § 6c Abs 1 GEG sind die nach § 1 einzubringenden Beträge (mit Ausnahme der Beträge nach § 1 Z 6) zurückzuzahlen, soweit sich in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht (Z 1); soweit die Zahlungspflicht aufgrund einer nachfolgenden Entscheidung erloschen ist (Z 2). Nach Abs. 2 leg. cit. ist die Rückzahlung von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Beträge entrichtet hat, zu verfügen. Insoweit sich jedoch der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist, ist er mit Bescheid abzuweisen.

Im der Pauschalgebühr zugrundeliegenden Verfahren vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien wurde am 15.12.2023 die erste Tagsatzung abgehalten und die Klage erst am 22.02.2024 zurückgezogen.

Die beschwerdeführende Partei beantragt nun unter Berufung auf Anm. 4 zu TP 1 GGG eine Rückzahlung der halben entrichteten Pauschalgebühr und bringt im Wesentlichen vor, die erste Tagsatzung müsse gemäß § 477 Abs. 1 Z 4 ZPO als nichtig gewertet werden.

Es liegt jedoch entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei kein Anwendungsfall der Anm. 4 zu TP 1 GGG vor. Tatsächlich wurde am 15.12.2023 eine Tagsatzung abgehalten und die Klage erst am 22.02.2024 und somit nach dieser Tagsatzung zurückgezogen. Auch wurde die Rechtssache nicht in der ersten Tagsatzung oder infolge einer spätestens in dieser Tagsatzung angeregten Mediation zu Beginn der zweiten Tagsatzung verglichen.

§ 477 Abs. 1 ZPO normiert in welchen Fällen ein Urteil nichtig ist. Dass eine Ladung nicht rechtzeitig erfolgte, führt entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers nicht dazu, dass die erste Tagsatzung „im Rechtsinn nie stattgefunden“ hätte. Vielmehr wurde eine Tagsatzung tatsächlich abgehalten und hatte der Beschwerdeführer auch die Möglichkeit, vorzutragen und Anträge zu stellen, was dieser dann mit seinem Antrag auf Erlassung eines Versäumnisurteils auch tat.

Soweit die beschwerdeführende Partei anmerkt dass die Anwendung der Anm. 4 TP 1 GGG auch nach teleologischer Auslegung geboten wäre, ist diese auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, wonach die Gerichtsgebührenpflicht an formale äußere Tatbestände anknüpft, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (VwGH 20.06.2022, Ra 2022/16/0004).

Da sich der Rückzahlungsanspruch demnach als nicht berechtigt erweist, war der Antrag abzuweisen. Dem angefochtenen Bescheid haftet somit keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG an und ist daher die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Eine – ohnehin nicht beantragte – mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unterbleiben, weil eine mündliche Erörterung der Sache eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und der Entfall weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 Grundrechte-Charta entgegensteht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im gegenständlichen Fall lies der eindeutige Gesetzeswortlaut in Verbindung mit der zitierten ständigen Rechtsprechung keinen Raum für eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu.