JudikaturBVwG

W131 2317421-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
28. August 2025

Spruch

W131 2317421-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX (= beschwerdeführende Partei bzw bfP), gegen den Bescheid der ORF-Beitrags-Service GmbH (= OBS) – datiert 05.11.2024 - GZ: XXXX Beitragsnummer: XXXX , mit welchem der Antrag auf Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

A)

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die bfP beantragte die Befreiung, wie oben ersichtlich.

2. Die OBS erließ nach einer Unterlagennachforderung vom 03.09.2024 den angefochtenen Bescheid, der in den hier interessierenden Teilen lautet:

„[...]

Ihr Antrag vom 26.06.2024 auf

∙ Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages

wird zurückgewiesen. Der ORF-Beitrag ist fristgerecht zu bezahlen.

Begründung:

In unserem letzten Schreiben haben wir Sie aufgefordert, fehlende Angaben bzw. Unterlagen

nachzureichen.

Wir haben Sie darauf hingewiesen, dass wir Ihren Antrag zurückweisen müssen, falls die

benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht werden.

Folgende Angaben bzw. Unterlagen wurden nicht nachgereicht:

[…]

Gesetzlicher Anspruch und aktuelles Einkommen (Bescheid der Mindestsicherung aus dem

Jahre 2024, Lohn mit Rezeptgebührenbefreiung, etc.) von XXXX sowie aktuelles

Einkommen (Alimente, Lohn, etc.) von XXXX wurden nicht nachgereicht.

Abzugsfähige Posten wie bspw. den Mietvertrag/die Mietzinsaufschlüsselung,

außergewöhnliche Belastungen lt. Einkommensteuerbescheid wurden nicht nachgereicht.

[...]“

3. Die bfP verfasste dagegen am 16.11.2024 eine unstrittig auch von der OBS als solche gewertete, am 11.08.2025 an das BVwG vorgelegte Bescheidbeschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der obige Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, aus dem sich Verfahrensgang und Sachverhalt eindeutig ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

In der Aufforderung zur Beibringung weiterer Nachweise binnen einer Frist bei sonstiger Zurückweisung ist ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG zu sehen.

Zu Spruchpunkt A) Aufhebung des angefochtenen Bescheids

Wird ein Antrag von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung [- maW die Frage der Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Sachentscheidung -], siehe zB (VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145).

Dem Verwaltungsgericht ist es verwehrt, über diesen Rahmen hinaus in einer Entscheidung über die „Hauptsache“ vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrags und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (VwGH 09.03.2023, Ra 2020/07/0121). Dies sprach der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem das RGG und die Fernmeldegebührenordnung betreffenden Erkenntnis vom 29. Mai 2006, 2005/17/0242 aus. Da § 4a ORF-Beitrags-Gesetz ebenso wie § 3 Abs 5 RGG in Bezug auf die Gebührenbefreiung auf die §§ 47 – 49 Fernmeldegebührenordnung verweist, ist davon auszugehen, dass diese Rechtsprechung auch im gegenständlichen Verfahren anwendbar ist und es daher dem Verwaltungsgericht auch im vorliegenden Fall verwehrt ist, über mehr als die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung abzusprechen.

Im vorliegenden Fall ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrags auf Befreiung wegen der Nichterbringung der mit dem Mängelbehebungsauftrag geforderten Nachweise zu Recht erfolgte.

Der VwGH verneinte die Zulässigkeit der Zurückweisung eines Antrags auf Befreiung von den Rundfunkgebühren infolge Nichterfüllung eines behördlichen Verbesserungsauftrags und erwog dazu Nachstehendes (- vgl VwGH 16. November 2022, Ra 2020/15/0040):

„Von den Mängeln des Anbringens im Sinne des § 13 Abs 3 AVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Umstände zu unterscheiden, die die Erfolgsaussichten betreffen und die gegebenenfalls zur Abweisung führen. Ob es sich um einen Mangel im Sinne des § 13 Abs 3 AVG oder um eine Erfolgsvoraussetzung im obigen Sinn handelt, ist durch Auslegung der Bestimmungen der Materiengesetze zu ermitteln (vgl VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042, mwN).

Gemäß § 3 Abs 5 Rundfunkgebührengesetz (RGG) sind von den Rundfunkgebühren ´auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen´. Gemäß § 6 RGG hat die GIS bei Wahrnehmung ihrer behördlichen Aufgaben das AVG anzuwenden.

[...]

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes regeln §§ 47 bis 49 der FMGebO - auf die [...] hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Befreiung von den Rundfunkgebühren verweist - nur, auf welcher Grundlage Bezieher staatlicher Unterstützung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren befreit werden können und dass diese an der Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen mitzuwirken haben. Sie enthalten hingegen keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre (vg. VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042).

Die Anordnung in § 51 Abs 1 FMGebO, die ´gemäß § 50 erforderlichen Nachweise´ anzuschließen, ist angesichts des Umstandes, dass in § 50 FMGebO keine konkreten Belege oder Urkunden genannt sind, die für den Nachweis erforderlich wären, nicht geeignet, eine ausdrückliche Anordnung in dem Sinn darzustellen, dass das Fehlen eines bestimmten, von der Behörde im Einzelfall für erforderlich erachteten Nachweises als Fehlen einer erforderlichen Beilage im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gedeutet werden könnte (vgl neuerlich VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042, mit Hinweis auf VwGH 9.6.2010, 2006/17/0161).“

Der VwGH stützt die Sachentscheidungspflicht der Behörde in der soeben zitierten Entscheidung darauf, dass die Fernmeldegebührenordnung keine Unterlagenvorlagepflichten als Zulässigkeitsgründe enthält. Dies ist auf den gegenständlichen Fall übertragbar, weil § 4a ORF-Beitrags-Gesetz die in den §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung) genannten Voraussetzungen für Beitragsbefreiungen ebenso wie die Bestimmungen des RGG voraussetzt und sich dadurch auf die vom VwGH behandelten Rechtsnormen stützt.

Sohin bezog sich die Aufforderung der belangten Behörde an die bfP, Nachweise bzw Unterlagen vorzulegen, auf keine verbesserungsfähigen Mängel des verfahrenseinleitenden Antrags im Sinne des § 13 Abs 3 AVG. Die belangte Behörde hätte anstelle eines Mängelbehebungsauftrags die allenfalls noch erforderliche Nachreichung fehlender Unterlagen insbesondere im Rahmen der Mitwirkungspflichten der Antragstellerin zu verlangen (gehabt) und in weiterer Folge auf Basis der (sonstigen Verfahrens-) Rechtslage in der Sache zu entscheiden gehabt.

Da die belangte Behörde den zugrundeliegenden Antrag auf Befreiung nach Erteilung eines Verbesserungsauftrags zurückwies, war der angefochtene Bescheid im Lichte der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu Zl Ra 2020/15/0040 wegen unrechtmäßiger Verweigerung einer Sachentscheidung als rechtswidrig aufzuheben.

Als Folge der Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheids tritt das Verfahren in den Zustand vor Bescheiderlassung zurück und ist der verfahrenseinleitende Antrag der bfP (wieder) unerledigt. Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Aufgrund dieses Ergebnisses auf Basis der Aktenlage und gesicherter VwGH - Rsp konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung dem Erkenntnis VwGH 16. November 2022, Ra 2020/15/0040, folgt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der soeben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung, sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor. Es war daher auch in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.