Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Philipp RAFFL als Vorsitzender und den Richter Mag. Christian EGGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Heike MORODER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch ihre Mutter XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 30.04.2025, OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
II. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen befristet vor.
III. Die Eintragung des Zusatzvermerkes ist befristet bis 31.03.2028 vorzunehmen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mittels eines am 13.12.2024 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde) eingelangten Antragsformulars beantragte XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in ihren Behindertenpass.
Dieser Antrag wurde mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30.04.2025 nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wurde mittels Schriftsatz der Beschwerdeführerin, bei der belangten Behörde eingelangt am 13.06.2025, fristgerecht Beschwerde erhoben. Inhaltlich wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe nach wie vor große Schwierigkeiten, die Situation in öffentlichen Verkehrsmitteln auszuhalten. Mit der Beschwerde wurde ergänzend ein psychodiagnostischer Verlaufsbefundbericht vom 05.02.2024 sowie eine Stellungnahme einer klinischen Psychologin vom 26.11.2024 vorgelegt.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 17.06.2025 zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesverwaltungsgericht beauftragte in der Folge eine Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, die Beschwerdeführerin persönlich zu begutachten und unter Berücksichtigung sämtlicher aktenkundiger sowie vorgelegter medizinischer Unterlagen ein Sachverständigengutachten im Hinblick auf Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu erstellen.
Mit Gutachten vom 12.07.2025 gelangte die Sachverständige nach persönlicher Begutachtung der Beschwerdeführerin zum Ergebnis, dass dieser aus medizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aktuell nicht zumutbar sei.
Das eingeholte Sachverständigengutachten wurde den Verfahrensparteien mittels Schriftsatz vom 22.07.2025 zum Parteiengehör übermittelt und ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von zehn Tagen ab Zustellung eingeräumt. Bis zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt langte keine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 % und der Zusatzeintragung: "Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes bedarf einer Begleitperson".
Die Beschwerdeführerin leidet an frühkindlichem Autismus. Zudem besteht eine ausgeprägte Einschränkung der sozialen Interaktion und Kommunikation, ein sprachlicher Entwicklungsrückstand und anamnestisch ausgeprägte feinmotorische und grobmotorische Defizite sowie ein autoaggressives und impulsives Verhalten in Stresssituationen, wie sie in stark frequentierten öffentlichen Verkehrsmitteln auftreten. Es besteht eine ernsthafte soziale Beeinträchtigung in allen Bereichen. Die Beschwerdeführerin hat zudem derzeit eine starke Affinität zu automatisch schließenden Türen entwickelt, sodass die Gefahr besteht, dass ihre Hände eingeklemmt werden können. Die Sicherheit des Transportes in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist derzeit nicht gewährleistet.
Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht derzeit nicht zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes.
Dass die Beschwerdeführerin Inhaberin eines Behindertenpasses von 50 % mit der Zusatzeintragung: "Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes bedarf einer Begleitperson" ist, ist in dem im Behördenakt einliegenden "Datenstammblatt Behindertenpass" ersichtlich.
Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Auswirkungen ihrer Funktionseinschränkungen auf die Zumutbarkeit zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen auf dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde vom 12.07.2025.
Unter Zugrundelegung der vorgelegten medizinischen Beweismittel und auf Basis der durchgeführten persönlichen Begutachtung hat die Sachverständige festgestellt, dass sich bei der Beschwerdeführerin eine ausgeprägte Einschränkung der sozialen Interaktion und Kommunikation zeige. Zudem bestehe ein sprachlicher Entwicklungsrückstand und anamnestisch ausgeprägte feinmotorische Defizite sowie ein autoaggressives und impulsives Verhalten in Stresssituationen, wie sie in stark frequentierten öffentlichen Verkehrsmitteln auftreten. Die Sachverständige führte weiters aus, dass das Ein- und Aussteigen aus öffentlichen Verkehrsmitteln und auch das Stehen bei Sitzplatzmangel prinzipiell möglich seien, die Beschwerdeführerin allerdings eine starke Affinität zu automatisch schließenden Türen entwickelt habe, sodass die Gefahr bestehe, dass die Hände beim Schließen der Türen eingeklemmt werden würden. Zudem stelle eine Fahrt in einem stark frequentierten öffentlichen Verkehrsmittel für die Beschwerdeführerin eine Stresssituation dar, auch das längere Tragen von Kopfhörern bei Lärm werde aktuell von der Beschwerdeführerin nicht toleriert. Deshalb sei aktuell die Sicherheit des Transports in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gewährleistet.
Im Ergebnis geht aus dem Sachverständigengutachten die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch die Beschwerdeführerin hervor.
Nach den Ausführungen der Sachverständigen könnte sich die Einschätzung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bei einer Verbesserung der Stresstoleranz eventuell ändern und sei diesbezüglich eine Nachuntersuchung 01/2028 sinnvoll.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Ausführungen der Sachverständigen im Gutachten vom 12.07.2025 und wurden gegen diese von den Verfahrensparteien auch keine Einwendungen erhoben. Diese gutachterlichen Ausführungen werden daher – zumal sie mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehen – in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
Der Vollständigkeit halber wird zunächst darauf hingewiesen, dass mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30.04.2025 der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
[...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (vgl. VwGH 25.03.2025, Ra 2023/11/0140). Auf andere Umstände, wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel kommt es beispielsweise gerade nicht an (vgl. VwGH 19.12.2017, Ra 2017/11/0288, mit Hinweis auf VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. [...]
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht. Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs,
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 26.05.2020, Ra 2018/11/0230 sowie VwGH 01.03.2016, Ro 2014/11/0024, mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (vgl. VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (vgl. VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080; 22.10.2002, 2001/11/0242).
Wie beweiswürdigend ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das vom erkennenden Senat als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertete medizinische Sachverständigengutachten vom 12.07.2025 – welches unbestritten geblieben ist – zugrunde gelegt. In diesem wurden die Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel umfassend und nachvollziehbar dargestellt und in plausibler Weise bejaht, dass im Fall der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vorliegen.
Der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos zu beheben. Die belangte Behörde wird der Beschwerdeführerin einen neuen Behindertenpass mit der beantragten Zusatzeintragung auszustellen haben.
Ein Behindertenpass ist nach § 42 Abs. 2 BBG nur dann unbefristet auszustellen, wenn keine Verbesserung des Leidenszustandes zu erwarten ist. Im vorliegenden Fall ist der Behindertenpass der Beschwerdeführerin bis 31.03.2028 befristet auszustellen, da sich nach den Ausführungen der Sachverständigen bei einer Verbesserung der Stresstoleranz die Einschätzung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eventuell ändern könnte. Die Sachverständige hat eine Nachuntersuchung im ersten Quartal 2028 empfohlen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über die Vornahme der Zusatzeintragung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie unter Punkt II.2. beweiswürdigend ausgeführt, wurden die der Entscheidung zu Grunde gelegten gutachterlichen Ausführungen als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und wurden seitens der Verfahrensparteien auch keinerlei Einwendungen gegen diese erhoben.
Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist geklärt und nicht ergänzungsbedürftig. Es wurde auch in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von den Verfahrensparteien nicht beantragt.
Darüber hinaus ist die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.