Spruch
G312 2303132-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter KommR DI Heinz MICHALITSCH und Dr. Katharina URLEB als Beisitzer über den Vorlageantrag des XXXX , BA, SVNR: XXXX , vom 24.10.2024, gegen die Beschwerdevorentscheidung der regionalen Geschäftsstelle Spittal/Drau des Arbeitsmarktservice vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.03.2025, zu Recht erkannt:
A)Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung dahingehend abgeändert, dass der Bezug von Arbeitslosengeld für die Zeit vom XXXX bis XXXX gemäß § 24 abs. 2 widerrufen wird, von einer Rückforderung gemäß § 25 Abs. 1 AlVG jedoch abgesehen wird.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle Spittal/Drau des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde) vom XXXX wurde ausgesprochen, dass der Bezug des Arbeitslosengeldes des Mag XXXX , BA, (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz BF) für die Zeit vom XXXX bis XXXX gemäß 24 Abs. 2 und § 25 Abs. 1 AlVG widerrufen wird und der BF zur Rückzahlung des Betrages in der Höhe von EUR XXXX verpflichtet ist.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen nach Darlegung der gesetzlichen Bestimmungen aus, dass der BF eine Urlaubsersatzleistung der Stadtgemeinde Hohenems erhalten hätte und das Arbeitslosengeld somit zu Unrecht bezogen worden sei.
Dagegen richtet sich die mit 16.09.2024 datierte Beschwerde und wurde diese damit begründet, dass keine Bedingungen gemäß § 25 Abs. 1 erster Nebensatz AlVG erfüllt seien, die den BF zu einem Ersatz verpflichten würden. Der BF habe in seinem Antrag auf Arbeitslosengeld vom XXXX wahrheitsgetreu angegeben, noch eine Urlaubsersatzleistung erhalten zu haben und seien ihm zum XXXX sämtliche Gehaltsleistungen seitens der Stadt Hohenems abgeschlossen gewesen, sodass keine Ungebührlichkeit erkennbar wäre oder sei. Der Mitteilung zufolge sei das AMS offenbar von einer Urlaubsersatzleistung bis XXXX ausgegangen, offenbar durch eine Meldung seitens des ehemaligen Dienstgebers.
Die belangte Behörde wies die Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung am 11.10.2024 gemäß § 14 VwGVG als unbegründet ab und änderte den maßgeblichen Bescheid dahingehend ab, als der Bezug des Arbeitslosengeldes bezüglich des Zeitraumes von XXXX bis XXXX widerrufen und vom BF idH von Euro XXXX zurückgefordert werde.
Dagegen beantragte der BF mit Schriftsatz vom 24.10.2024 die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht Der Vorlageantrag wurde samt Beschwerde und maßgeblichem Verwaltungsakt am 22.11.2024 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht fand am 05.03.2025 eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Teilnahme des BF sowie einer Vertreterin der belangten Behörde statt.
In der mündlichen Verhandlung wurde dem BF aufgetragen binnen einer Frist von 4 Wochen dem erkennenden Gericht den Gehaltszettel vom Dezember 2022 sowie die Abrechnung aufgrund der Beendigung des Dienstverhältnisses vorzulegen.
Am 19.03.2025 übermittelte der BF dem erkennenden Gericht die seitens seiner ehemaligen Dienstgeberin erhaltenen Lohn- und Gehaltsabrechnungen.
Mit Schreiben vom 25.03.2025 wurde der belangten Behörde im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme die Lohn- und Gehaltsabrechnungen übermittelt und diese aufgefordert binnen 2 Wochen dazu schriftlich Stellung zu nehmen.
Die belangte Behörde nahm dazu am 08.04.2025 im schriftlich Stellung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF war im Zeitraum von XXXX bis XXXX als Gruppenleiter bei der Stadtgemeinde XXXX arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt. Aus den Abrechnungsunterlagen geht hervor, dass der BF bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses noch Anspruch auf eine Urlaubsersatzleistung gegenüber der Stadtgemeinde hat.
Am XXXX beantragte der BF bei der belangten Behörde die Zuerkennung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Hierzu gab er im Antrag wahrheitsgetreu an, dass er Anspruch auf Ersatzleistung für Urlaubsgeld aus dem (ehemaligen) Dienstverhältnis zur Stadtgemeinde Hohenems gehabt habe und ihm diese Ansprüche ausbezahlt worden sind.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung des BF am XXXX lag im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger eine Speicherung eines Urlaubsentgeltanspruches bis zum XXXX vor.
Dem BF wurde das Arbeitslosengeld gewährt, und wie folgt ausbezahlt:
XXXX Euro XXXX für XXXX Tage
XXXX Euro XXXX für XXXX Tage
Ihm wurde darüber seitens der belangten Behörde am 02.03.2023 eine Mitteilung über den Beginn des Leistungsbezuges mit XXXX , die Höhe von Euro XXXX Tagsatz sowie das voraussichtliche Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld mit XXXX zugestellt, wobei die belangte Behörde nun einräumt, dass zum Zeitpunkt der Auszahlung mit 02.03.2023 bereits ein geänderter Zeitraum hinsichtlich Urlaubsersatzleistungsanspruch an die Stadtgemeinde XXXX im Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gespeichert war, dies von der belangten Behörde jedoch übersehen wurde.
Aus den Abrechnungsunterlagen, die der BF nach der mündlichen Verhandlung übermittelt hat, geht hervor, dass die Beschäftigung bei Hohenems mit XXXX endete, die Sozialversicherung (mittlerweile) mit XXXX .
Damit steht fest, dass der ehemalige Dienstgeber die Urlaubsersatzleistung bzw. das Ende der Urlaubsersatzleistung dem Sozialversicherungsträger nicht korrekt gemeldet hatte.
Im August 2024 erhielt das Arbeitsmarktservice die Mitteilung des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, demnach eine Überlagerung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sowie Sozialversicherung aufgrund eines Urlaubsersatzleistungsanspruchs besteht.
Bei der Überprüfung stellte das AMS fest, dass noch bis XXXX ein Anspruch des BF auf eine Urlaubsersatzleistung an den ehemaligen Dienstgeber bestanden hat.
Somit steht fest, dass der BF im Zeitraum XXXX bis XXXX Arbeitslosengeld in der Höhe von EUR XXXX (EUR XXXX ) ausbezahlt bekommen hat, obwohl bis XXXX einen Anspruch auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt bestanden hat, eine diesbezüglich SV-Speicherung – die bereits korrigiert wurde – liegt mittlerweile vor.
Während eines Anspruches auf eine Urlaubsersatzleistung gebührt aufgrund des Ruhens gemäß § 16 AlVG kein Arbeitslosengeld, weshalb dem BF das Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom XXXX bis XXXX zu Unrecht ausbezahlt wurde.
Der BF hat weder durch unwahre Angaben, noch verschweigen maßgebender Tatsachen die unrechte Auszahlung verursacht.
Der BF konnte jedoch in diesem speziellen Einzelfall nicht ohne Weiteres erkennen und hätte auch nicht erkennen müssen, dass ihm die Leistung idH von 2.905,70 Euro aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 10.01.2023 bis 25.01.2023 nicht gebührte.
2. Beweiswürdigung:
Die oben getroffenen Feststellungen resultieren aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Feststellungen des vom erkennenden Gericht und auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
Die dem BF aufgrund seiner Antragstellung auf Arbeitslosengeld vom XXXX ausbezahlten Beträge samt Auszahlungsdatum ergeben sich aus den angeforderten und mittlerweile vorgelegten Auszahlungsauszügen.
Die Speicherung des Urlaubsersatzleistungsanspruches, zuerst bis XXXX , im Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ergibt sich aus den Angaben der belangten Behörde und dem Mitteilungsblatt vom XXXX . Die nachträgliche Korrektur der Speicherung der Urlaubsersatzleistung durch den ehemaligen Dienstgeber Stadtgemeinde Hohenems ergibt sich ebenfalls aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung, den Angaben der belangten Behörde sowie dem HVB Auszug vom 02.03.2023.
Die belangte Behörde räumte von sich aus ein, dass sie – trotz der ordnungsgemäßen Meldung des Anspruchs des BF auf eine Urlaubsersatzleistung – dem BF die Leistung auf Arbeitslosengeld ab XXXX ausbezahlt habe. Diese Leistung sei mit XXXX angewiesen worden und habe die belangte Behörde dabei übersehen, dass die Urlaubsersatzleistung durch die ehemalige Dienstgeberin des BF von XXXX auf XXXX verlängert worden sei. Die belangte Behörde habe somit zwar selbst die unrechte Auszahlung verursacht, die Rückforderung werde jedoch damit begründet, dass der BF erkennen hätte müssen, dass ihm die ausbezahlte Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührt hätte.
Der BF ist hingegen der Ansicht, dass keine der Bedingungen gemäß § 25 Abs. 1 erster Nebensatz AlVG erfüllt sei, die ihn zu einem Empfangsersatz verpflichten würden. Er habe insbesondere wahrheitsgetreu angegeben, noch eine Urlaubsersatzleistung zu erhalten und seien ihm zum XXXX sämtliche Gehaltsleistungen vorgelegen und abgeschlossen gewesen.
In der mündlichen Verhandlung bekräftigte der BF diesbezüglich, dass ihm aus den Abrechnungsunterlagen nicht ersichtlich gewesen sei, wie hoch bzw. für wieviel Tage Anspruch auf eine Urlaubsersatzleistung bestanden hat. Er sei noch vor Weihnachten abgerechnet worden, habe eine höhere Überweisung bekommen und gedacht, dass sich die Urlaubsersatzleistung erhöht habe. Er habe jedoch keinen Zugriff mehr auf seine Lohnzettel über das Intranet gehabt und daher nicht nachschauen können. Er bekräftigte, dass er wisse, dass er keine Urlaubsersatzleistung mit dem Arbeitslosengeld ausbezahlt bekomme. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses seien noch 9 Tage Urlaub offen gewesen, später seien es plötzlich mehr gewesen. Die Kommunikation mit dem ehemaligen Dienstgeber sei nicht die beste gewesen, deshalb habe er auch nicht nachgefragt. Die Auszahlung, die er Ende Feber aufgrund seiner Urgenz zum ehemaligen Dienstgeber erhalten habe, habe er für Sonderzahlung gehalten, diese habe er urgiert. Dies bestätigt auch die Vorlage des Schriftsatzes, den der BF in der mündlichen Verhandlung vorlegte, worin er um die Auszahlung der unrechtmäßig einbehaltenen Differenz der ihm laut Vertrag zustehenden Sonderzahlung ersuche, datiert mit XXXX .
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gegenständlich ist strittig, ob die belangte Behörde das Arbeitslosengeld in der Höhe von EUR 988,96 für die Zeit vom XXXX bis XXXX zu Recht widerrufen und den BF zur Rückzahlung der zu Unrecht ausbezahlten Leistung verpflichtet hat.
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat (Z 1), nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund eines Einheitswertes, der kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erwarten lässt, unterliegt oder auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt (Z 2) und keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt (Z 3).
Gemäß § 16 Absatz 1 lit. l AlVG ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Zeitraumes, für den Anspruch auf eine Ersatzleistung (Entschädigung, Abfindung) für Urlaubsentgelt nach dem Urlaubsgesetz, BGBl. Nr. 390/1976, in der jeweils geltenden Fassung, oder eine Urlaubsersatzleistung nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG), BGBl. Nr. 414/1972, in der jeweils geltenden Fassung, besteht oder eine Urlaubsabfindung nach dem BUAG gewährt wird, nach Maßgabe des Abs. 4.
Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Die bezugsberechtigte Person ist von der amtswegigen Einstellung oder Neubemessung unverzüglich durch Mitteilung an die zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse in Kenntnis zu setzen. Die bezugsberechtigte Person hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über die Einstellung oder Neubemessung zu begehren. Wird in diesem Fall nicht binnen vier Wochen nach Einlangen des Begehrens ein Bescheid erlassen, so tritt die Einstellung oder Neubemessung rückwirkend außer Kraft und die vorenthaltene Leistung ist nachzuzahlen. Ein späterer Widerruf gemäß Abs. 2 und eine spätere Rückforderung gemäß § 25 werden dadurch nicht ausgeschlossen.
Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist gemäß § 25 Abs. 1 AlVG der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder, wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, dass auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.
Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist gemäß § 50 Abs. 1 AlVG verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. Bei Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 18 Abs. 5 trifft die Anzeigepflicht auch den Träger der Einrichtung. Bei Bezug von Weiterbildungsgeld oder Bildungsteilzeitgeld trifft die Anzeigepflicht auch den Arbeitgeber.
Im vorliegenden Fall stellte der BF bei der belangten Behörde am XXXX einen unterfertigten Antrag auf Arbeitslosengeld und gab hierzu wahrheitsgetreu an, dass er Anspruch auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt hat und ihm dieser Anspruch ausbezahlt worden ist.
Den oben getroffenen Feststellungen folgend, bezog der BF von XXXX bis XXXX Arbeitslosengeld. Aufgrund einer Änderungsmeldung durch die ehemalige Dienstgeberin wurde der Anspruch auf Ersatzleistung für Urlaubsentgelt des BF von ursprünglich 9 Tagen (bis XXXX ) auf den XXXX verlängert.
Wie die belangte Behörde zu Recht ausführt, lag zum Zeitpunkt der Auszahlung des Arbeitslosengeldes am XXXX die Speicherung des Anspruches auf Ersatzleistung für Urlaubsentgelt im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger bereits vor, an dessen Korrektheit kein Zweifel besteht, weshalb ein Anspruch des BF gegenüber dem ehemaligen Dienstgeber auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt vom 01.01.2023 bis einschließlich 25.01.2023 vorlag.
Dazu ist auf die Bestimmung des § 11 Abs. 2 ASVG zu verweisen, wonach die Pflichtversicherung „für die Zeit des Bezuges einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung) sowie für die Zeit des Bezuges einer Kündigungsentschädigung“ weiterbesteht.
War die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet, führt dies zu einem Widerruf einer Leistung des Arbeitslosengeldes gemäß § 24 Abs. 2 AlVG.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Widerruf des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum von XXXX bis XXXX ausgesprochen, zumal der Anspruch des BF auf Arbeitslosengeld wegen der Urlaubsersatzleistung gemäß § 16 Abs. 1 lit. l AlVG ruhte.
Somit ist die Beschwerde im Hinblick auf den Ausspruch des bloßen Widerrufs in der bekämpften Beschwerdevorentscheidung spruchgemäß abzuweisen.
In weiterer Folge gilt jedoch zu prüfen, ob auch die Rückforderung des in diesem Zeitraum ( XXXX bis XXXX ) ausbezahlten Arbeitslosengeldes gemäß § 25 Absatz 1 ASVG zu Recht erfolgt ist.
Der Empfänger des Arbeitslosengeldes ist nach § 25 Abs. 1 AlVG bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Im vorliegenden Fall ist dazu eingangs festzuhalten, dass die Behörde, wie sich aus der Beschwerdevorentscheidung und aus dem Vorbringen in der Verhandlung ergibt, die Rückforderungstatbestände nach § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG „unwahre Angaben“ und „Verschweigung maßgebender Tatsachen“ als nicht gegeben erachtet. Diese Auffassung wird vom Bundesverwaltungsgericht geteilt, da der BF der Behörde alle entscheidungserheblichen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zukommen ließ.
Daher ist der dritte Rückforderungstatbestand, das „Erkennenmüssen“ zu prüfen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zum dritten Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG darauf abgestellt, ob der Leistungsbezieher (erkannt hat oder doch) unter Heranziehung eines ihm nach seinen konkreten Lebensumständen zumutbaren Alltagswissens hätte erkennen müssen, dass ihm die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte (VwGH vom 07.04.2016, Ra 2016/08/0037 mwN).
Der Sache nach ist somit zu beurteilten, ob der Leistungsbezieher (erkannt hat oder doch) unter Heranziehung eines ihm nach seinen konkreten Lebensumständen zumutbaren Alltagswissens hätte erkennen müssen, dass ihm die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte (VwGH 07.04.2016, Ra 2016/08/0037 mHa; 28.06.2006, 2006/08/0017).
Die belangte Behörde bringt dazu vor, dass der BF hätte erkennen müssen, dass er neben dem Bezug einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt nicht auch eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung beziehen könne und somit auch erkennen hätte müssen, dass die ihm zu Unrecht ausbezahlte Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührt hätte.
Dem ist jedoch nicht zu folgen. Es entspricht der Natur der Sache, dass ein Anspruch auf eine Urlaubsersatzleistung - nach Beendigung eines (hier) vollversicherten Beschäftigungsverhältnisses (in Abgrenzung zur SV-Speicherung) und nach Arbeitslosenmeldung – im Zeitraum der „Arbeitslosmeldung“ entsteht und ausbezahlt wird, also während der bereits erfolgten Arbeitslosmeldung eine Auszahlung seitens des ehemaligen Dienstgebers erfolgt.
Der BF hat im Antrag auf Arbeitslosengeld, den er mit XXXX stellte, keine Tage des Anspruches auf eine Urlaubsersatzleistung bekanntgegeben, offenbar, da diese Tage insgesamt unklar waren. Dies ergibt sich auch aus den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung, demnach er keine Kenntnis von den Tagen des Anspruches hatte. Erst aufgrund der Mitteilung durch das AMS habe er erfahren, dass – offenbar durch Meldung des ehemaligen Dienstgebers – das AMS von einer Urlaubsersatzleistung bis XXXX ausgeht. Erst aus der Abrechnung – die er auf Aufforderung des Gerichts beim ehemaligen Dienstgeber verlangt habe, erstellt im Jahr 2025 geht hervor, dass das Ende der SV-Pflicht aufgrund Ende Entgeltanspruches mit XXXX bestanden hat.
Im vorliegenden Fall zeigte sich jedoch, dass es dem BF keineswegs ein Leichtes gewesen wäre, aufgrund der von ihm – nachträglich aufgrund seiner Urgenz - vorgelegten Gehaltszettel vom Dezember 2022 sowie der Abrechnung aufgrund der Dienstverhältnisbeendigung, die letztendlich korrekte Höhe seines Anspruchs auf die Urlaubsersatzleistung ohne Weiteres in Erfahrung zu bringen.
Hierbei war insbesondere erkennbar, dass auch die belangte Behörde selbst in der von ihr eingebrachten Stellungahme zu den eingebrachten Unterlagen lediglich in unspezifischer Form anzuführen vermochte, dass der BF im Juni, September und November 2022 eine Sonderzahlung von einem halben Monatsgehalt erhalten habe und ihm anschließend im Februar 2023 die Auszahlung der Aufrollungsdifferenz in der Höhe von EUR XXXX Netto überwiesen worden sei. Insbesondere führte der BF dazu in der mündlichen Verhandlung aus, dass er die Auszahlung, die er Ende Februar aufgrund seiner Urgenz bei der ehemaligen Dienstgeberin erhalten habe, als Sonderzahlung erachtete, wobei die Höhe dieses Betrages für ihn stimmig gewesen wäre.
Hier legte der BF den diesbezüglichen Nachweis über seine Urgenz an den ehemaligen Dienstgeber mit XXXX datiert dem BVwG vor.
Letztendlich vermochte somit selbst die belangte Behörde nicht nachvollziehbar die Höhe der ausbezahlten Leistung auf Arbeitslosengeld aufzuschlüsseln bzw. darzulegen.
Vielmehr verwies die belangte Behörde bloß darauf, dass dem BF als Arbeitnehmer der Anspruch und das Ausmaß auf Urlaubsersatzleistung bereits deshalb bekannt sein sollte, zumal der Anspruch auf den Jahresurlaub im Dienstzettel angegeben werde und der BF als Arbeitnehmer über seinen eigenen Urlaubsverbrauch Bescheid wissen sollte.
Diese Argumentation geht im Lichte der ständigen Judikatur des VwGH jedoch ins Leere. Es ist unter „Erkennen müssen“ festzustellen, ob die arbeitslose Person die „zu Unrecht erfolgte Auszahlung“ erkannt hat bzw. erkennen hätte müssen.
Der BF hat am XXXX den Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Am XXXX wurden dem BF 3 Tagessätze an Arbeitslosengeld ausbezahlt. Das AMS zahlt jeweils im Folgemonat die Anspruchstage (x Tagsatz) an die arbeitslose Person aus. Das AMS erklärte in der Nachreichung, dass dem BF (vorläufig hinsichtlich Berücksichtigung § 11 AlVG) eine Anweisung von drei Tagen zugegangen sei. Hier hätte der BF jedoch annehmen müssen – vor allem, da kein § 11 AlVG Bescheid durch das AMS erlassen wurde - dass die belangte Behörde bereits einen Urlaubsersatzleistungsanspruch berücksichtigt hat.
Dem BF wurde – wie oben festgestellt – am XXXX Euro XXXX für 3 Tage ( XXXX x 3) Leistungsbezug ausbezahlt und am XXXX Euro XXXX für 47 Tage. Nachdem die belangte Behörde eine ev. § 11 AlVG Sperre mitdachte, hatte sie dem BF lediglich 3 Tage an Leistung im Feber 2023 ausbezahlt. Der BF hat somit von der rechtmäßigen Auszahlung (als Nachzahlung der restlichen und lediglich vorab einbehaltenen Tage) ausgehen können und hat nicht erkannt, konnte auch nicht erkennen, dass ihm dieser Betrag nicht gebührt.
Auf Nachfragen in der mündlichen Verhandlung, wann der BF welche Beträge ausbezahlt bekommen hat, wurde lediglich der Rückforderungsbetrag genannt, nicht der genaue Auszahlungsbetrag. Erst auf Anforderung der nachträglichen Vorlage des Auszahlungsnachweises wurden die genauen Auszahlungsbeträge an den BF bekannt gegeben.
Bei erster Anweisung war im Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, wie oben ausgeführt, ein Anspruch auf eine Urlaubsersatzleistung bis XXXX eingespeichert. Eine diesbezügliche Korrektur ist durch den ehemaligen Dienstgeber später durchgeführt worden, laut Angaben der belangten Behörde lag diese zum Zeitpunkt der zweiten Anweisung am XXXX ( XXXX ) bereits
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann dem BF somit nicht vorgeworfen werden, lediglich aufgrund der Höhe des Zuflusses durch die ehemalige Dienstgeberin zum Zeitpunkt des Zuflusses des Arbeitslosengeldes erkennen zu müssen, dass das Arbeitslosengeld nicht oder nicht in der Höhe gebühren konnte, da es sich um eine Nachzahlung durch das AMS (nach einer Nachzahlung durch den ehemaligen Dienstgeber) gehandelt hat.
Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Grad der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit weder überspannt, noch überdurchschnittliche Fähigkeiten verlangt werden dürfen (VwGH 4.7.2007, 2005/08/0219; vgl. auch VwGH 14.9.2005, 2005/08/0155).
In diesem Sinne gingen auch die weiteren Darlegungen der belangten Behörde, wonach der BF in der Beschwerdeverhandlung selbst angab, aufgrund der höheren Überweisung gedacht zu haben, dass sich die Urlaubsersatzleistung erhöht habe, ins Leere.
Das Argument der belangten Behörde, wonach durch die Korrektur des Urlaubsersatzleistungsanspruches eine Verlängerung der Pflichtversicherung aufgrund Verlängerung der Beschäftigung erfolgt ist und daraus eine Rückzahlungsverpflichtung per Gesetz bestehe, greif hier nicht. Zum einen stellt ein Anspruch auf eine Urlaubsersatzleistung einen Ruhensgrund (ungeachtet der Pflichtversicherung der Urlaubsersatzleistung) gemäß § 16 AlVG dar, zum anderen – und dies ergibt sich aus dem genauen Gesetzeswortlaut „… Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird“.
Hier handelt es sich keinesfalls um ein Weiterbestehen oder rückwirkendes Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern lediglich die Korrektur des Urlaubsersatzleistungsanspruches durch den ehemaligen Dienstgeber.
Bei Auszahlung der Leistung aus der Arbeitslosenversicherung konnte der BF somit nicht ohne Weiteres erkennen und hätte auch nicht erkennen müssen, dass ihm die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom XXXX bis XXXX nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Das Verhalten des BF kann daher bei Würdigung der Gesamtumstände nicht als fahrlässig oder als auf sonstige Weise schuldhaft erkannt werden.
Die von der belangten Behörde ausgesprochene Rückforderung gemäß § 25 Abs. 1 AlVG erweist sich sohin mangels Vorliegens eines Rückforderungstatbestandes als rechtswidrig.
Aus den dargelegten Gründen war der Beschwerde teilweise stattzugeben und die angefochtene Beschwerdevorentscheidung entsprechend abzuändern.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus uneinheitlich zu beurteilen und es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.