Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia, vertreten durch KAPFERER LECHNER DELLASEGA Rechtsanwälte, Schmerlinggasse 2/2, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol (BFA-T) vom 11.04.2025, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) stellte am 05.09.2024 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete.
Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 11.04.2025 erging folgender Spruch: „Ihr Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete vom 05.09.2024 wird gemäß § 46a Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 1 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, zurückgewiesen.“ Der Bescheid wurde durch Hinterlegung am 18.04.2025 zugestellt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung fristgerecht am 16.05.2025 Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Er beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Bescheid beheben und dem Beschwerdeführer die „Duldung erteilen“.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 23.05.2025 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Spruch des gegenständlich angefochtenen Bescheides lautet: „Ihr Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete vom 05.09.2024 wird gemäß § 46a Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 1 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, zurückgewiesen.“
In der rechtlichen Würdigung wurde unter anderem ausgeführt: „Es besteht keine Rechtsgrundlage für die Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 1 Ziffer 3 FPG, weil eine Erlangung eines (Ersatz-)Reisedokumentes bei Ihrer Vertretungsbehörde problemlos möglich ist. Das Honorarkonsulat von Gambia ist in 1010 Wien, Rotenturmstraße 11/14, untergebracht. Wie Sie selbst vor dem BVwG angegeben haben, haben Sie Ihren Reisepass bei Ihrer Tante in Gambia deponiert und haben mit der Geburtsurkunde Gambia verlassen. Sie können sich also jederzeit ein identitätsbezeugendes Dokument aus Gambia übermitteln lassen. Einerseits könnte Ihnen die Tante den deponierten Reisepass nachsenden, andererseits besteht die Möglichkeit, dass Ihre Mutter ein Dokument übermittelt. Da in Ihrem Fall somit die Antragsvoraussetzung der Duldung gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG nicht vorliegt, war Ihr Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete somit gemäß § 46a Abs 2 FPG zurückzuweisen.“
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem gegenständlich angefochtenen Bescheid.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers zurück- und nicht abgewiesen.
Wird ein Antrag von der belangten Behörde zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145). Dem Verwaltungsgericht ist es verwehrt, über diesen Rahmen hinaus eine Entscheidung über die „Hauptsache“ zu treffen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrags und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (VwGH 09.03.2023, Ra 2020/07/0121). Daher kann dem Beschwerdeantrag, dem Beschwerdeführer die „Duldung (zu) erteilen“ bereits aus formellen Gründen nicht entsprochen werden.
Im vorliegenden Fall ist daher für das Bundesverwaltungsgericht lediglich Prüfgegenstand, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags des Beschwerdeführers durch das BFA mit der Begründung, dass die die Antragsvoraussetzungen der Duldung gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG nicht vorliegen, zu Recht erfolgte. Umstände, die die Erfolgsaussichten eines Antrages betreffen, können aber nur zur Abweisung und nicht zur Zurückweisung eines Antrags führen. Entsprechend hatte das BFA auch eine inhaltliche Prüfung vorgenommen, dann aber in Verkennung der Rechtslage – in Form der Zurückweisung - keine meritorische Entscheidung getroffen.
Da fallgegenständlich weder ein iSd höchstgerichtlichen Judikatur verbesserungsfähiger Mangel gemäß § 13 Abs. 3 AVG noch entschiedene Sache gemäß § 68 AVG vorliegt, war die Behörde von daher nicht berechtigt, mit Zurückweisung vorzugehen.
Zu überprüfen ist noch, ob es sich um ein berichtigungsfähiges Versehen handeln könnte und die „Zurückweisung“ im Spruch daher als „Abweisung“ gelesen werden könnte. Berichtigungsfähig im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG sind Fehler im Spruch oder in der Begründung eines Bescheides, die erkennbar nicht der behördlichen Willensbildung selbst, sondern ihrer Mitteilung anhaften, was letztlich (auch) auf Grund des übrigen Bescheid- und Akteninhaltes zu beurteilen ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (1998), S. 1122 f, referierte Judikatur).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24. 09. 1997, 96/12/0195) setzt die (zunächst zu prüfende) Berichtigungsfähigkeit eines Bescheides zweierlei voraus, nämlich 1. (abgesehen von Schreib- und Rechenfehlern) eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit und 2. deren Offenkundigkeit. Eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit liegt dann vor, wenn die ursprüngliche Entscheidung den Gedanken, den die Behörde offenbar aussprechen wollte, unrichtig wiedergegeben, d.h. also, wenn die zu berichtigende Entscheidung dem Willen der Behörde offenbar (so) nicht entsprochen hat. § 62 Abs. 4 AVG gestattet jedoch lediglich die Bereinigung textlicher Unstimmigkeiten, die den wahren Sinn des Bescheides aber nicht in Frage stellen dürfen, sondern den richtigen Gedanken der Behörde lediglich falsch ausdrücken. Durch die Berichtigung eines Bescheides darf somit jedenfalls der Inhalt dieses Bescheides, sei es in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht, nicht verändert werden. Die genannte Bestimmung bietet weder eine Handhabe für eine inhaltlich berichtigende oder erklärende Auslegung des Spruches oder der Begründung eines Bescheides, noch kann auf Grund dieser Gesetzesstelle eine unrichtige rechtliche Beurteilung eines richtig angenommenen Sachverhaltes oder ein unrichtig angenommener bestreitbarer Sachverhalt berichtigt werden.
Aufgrund der sowohl im Spruch wie auch in der rechtlichen Würdigung vorgenommenen „Zurückweisung“ kann im gegenständlichen Fall aber nicht von einer auf einem Versehen beruhenden Unrichtigkeit ausgegangen werden, so dass eine Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG ausscheidet.
Da Sache des Beschwerdeverfahrens somit lediglich die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags des Beschwerdeführers ist und die Zurückweisung nicht zu Recht erfolgt ist, war der angefochtene Bescheid daher spruchgemäß ersatzlos zu beheben. Das Verfahren über den Antrag ist daher (wieder) bei der belangten Behörde anhängig und von dieser weiterzuführen.
4. Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:
Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.