Spruch
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 28.03.2025, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin ist seit 24.04.2024 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 von Hundert (in der Folge v.H.).
2. Am 24.04.2024 stellte sie beim Sozialministeriumservice (in der Folge „belangte Behörde“ genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt und legte eine Reihe von ärztlichen Befunden vor.
3. Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In seinem Gutachten vom 10.09.2024 (vidiert am 11.09.2024) beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 06.09.2024 stellte der medizinische Sachverständige fest, dass die Beschwerdeführerin an einer „koronaren Herzerkrankung, degenerativen Gelenks- und Wirbelsäulenverönderunge, an einer Depressio in senio und einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung/Anthrakose Silikose bei Zustand nach Tuberkulosebehandlung bis 10/2023“ mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. leiden würde und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorlägen. In der Anamnese hielt der medizinische Sachverständige Folgendes fest: „Die Anamneseerhebung bedingt durch mangelndes Sprachverständnis nicht möglich, wird mit Hilfe der Enkelin geführt.“
4. Die belangte Behörde holte ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einer Fachärztin Augenheilkunde ein. In deren Sachverständigengutachten vom 13.09.2024, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 06.09.2024 stellt die medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkung „Grauer Star beidseits, Verminderung der zentralen Sehschärfe rechts auf 1/8 und links auf 0,2“ mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. leiden würde und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorlägen. In der Anamnese hielt die medizinische Sachverständige Folgendes fest: „AS spricht kein Deutsch, Anamnese wird mit der Enkelin durchgeführt.“
5. In der vom befasste medizinischen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Allgemeinmedizin am 27.09.2024 erstellten Gesamtbeurteilung kommt dieser zusammenfassend zum Ergebnis, dass die Leiden und Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin einen Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. erreichen würden und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorlägen.
5. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin diese Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 04.10.2024 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte dieser eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein.
6. Die Beschwerdeführerin gab am 17.10.2024 eine Stellungnahme ab und verwies insbesondere darauf, dass sie eine Begleitperson benötigen würde und auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Dies sei in den Sachverständigengutachten nicht entsprechend berücksichtigt worden. Sie sei Analphabetin, könne nicht Schreiben und Lesen und könne sich nicht alleine orientieren. Sie sei auf Pflege angewiesen und werde von ihrer Familie gepflegt.
7. Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18.10.2024 auf, weitere medizinische Befunde vorzulegen.
8. Die belangte Behörde ersuchte den befassten medizinischen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Allgemeinmedizin eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. In seiner Stellungnahme vom 09.12.204 führte dieser aus, dass die Beschwerdeführerin bisher keine weiteren medizinischen Befunde vorgelegt habe. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin würden keine Änderung des Gutachtens bewirken. Es werde daran festgehalten, dass Einschränkungen der Gehfähigkeit oder körperlichen Leistungsfähigkeit, welche eine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirken könnte, nicht hätten objektiviert werden können.
9. Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.01.2025 auf ein Lichtbild vorzulegen.
10. Die Beschwerdeführerin stellte am 05.02.2025 neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt und legte eine Reihe von neuen ärztlichen Befunden vor.
11. Die belangte Behörde nahm dies zum Anlass, um den befassten medizinischen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Allgemeinmedizin um die Erstellung eines neuen medizinischen Sachverständigengutachtens zu ersuchen. In seinem Gutachten aufgrund der Aktenlage vom 18.02.2025 führte dieser aus, dass trotz der neu vorgelegten medizinischen Befunde die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorlägen.
12. Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24.02.2025 neuerlich auf ein Lichtbild vorzulegen. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin mit Emailnachricht vom 26.03.2025 nach.
13. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.03.2025 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab.
Darüber hinaus führte die belangte Behörde anmerkend aus, dass über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b-Ausweises nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden.
Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid die Stellungnahme des medizinischen Sachverständigen vom 09.12.2024 in Kopie an.
14. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 03.04.2025 den Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H., welchem Bescheidcharakter zukommt.
15. Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 11.04.2025 den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragungen „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes bedarf einer Begleitperson“ und „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen“ in den Behindertenpass ab.
16. Die Beschwerdeführerin erhob, bevollmächtigt vertreten durch den Fonds Soziales Wien, mit Eingabe vom 12.05.2025 fristgerecht Beschwerde, wobei sie sich im Text ausdrücklich auf die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass bezog, während sie die falsche Bescheidkennzahl anführte. Die Beschwerdeführerin schloss der Beschwerde eine Reihe von medizinischen Befunden an.
17. Die belangte Behörde wies die Beschwerdeführerin auf diesen bzw. deren Vertreterin mit Emailnachricht vom 12.05.2025 auf diesen offensichtlichen Irrtum hin, woraufhin die Vertretung der Beschwerdeführerin am 13.05.2025 die entsprechende Korrektur vornahm.
18. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 02.07.2025 vor, wo dieser am 03.07.2025 einlangte.
9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.07.2025 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin mit Geburtsort in Afghanistan ist und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in der Folge VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.).
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Sowohl aus dem medizinischen Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.09.2024 (vidiert am 11.09.2024) als auch aus dem medizinischen Sachverständigengutachten der Fachärztin für Augenheilkunde vom 13.09.2024 ist jeweils aus der Anamnese zu entnehmen, dass aufgrund einer Sprachbarriere die Anamnese mit der Enkelin der Beschwerdeführerin durchgeführt werden musste.
Es steht damit fest, dass bei den von der belangten Behörde veranlassten medizinischen Untersuchungen durch die genannten medizinischen Sachverständigen kein von der belangten Behörde bestellte:r Dolmetscher:in anwesend gewesen ist, sondern dass die medizinischen Untersuchungen jeweils auf Deutsch durchgeführt wurden und die beiden Sachverständigen aufgrund der Verständigungsprobleme mit der Beschwerdeführerin die Fragen an die Enkelin der Beschwerdeführerin richten mussten, bzw. diese als Dolmetscherin fungierte.
Die Muttersprache der Beschwerdeführerin ist nicht Deutsch. Die Beschwerdeführerin versteht offensichtlich kein Deutsch und war demgemäß mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage, der Untersuchung zu folgen.
Für den Fall, dass Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine zu vernehmende Person der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, hat die ermittelnde Behörde dem von sich aus nachzugehen und weitere Ermittlungen in dieser Richtung anzustellen (vgl. VwGH 8.11.2016, Ra 2016/09/0098).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 23.11.2017, Ra 2016/11/0160, zur Frage, ob auch bei einem Sachverständigenbeweis bei mangelnder Deutschkenntnis ein Dolmetscher beizuziehen ist, ausgeführt, dass je nach dem Ergebnis dieser Ermittlungen die Behörde die Beiziehung eines Dolmetschers - auch im Rahmen der Befundaufnahme durch einen Sachverständigen - zu veranlassen hat, oder, falls sie dies nicht für erforderlich hält und demgemäß davon Abstand nimmt, schlüssig zu begründen hat, warum die Beiziehung eines Dolmetsch (ungeachtet der gegebenen Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit seiner Beiziehung) nicht notwendig sei.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid mit keinem Wort begründet, weswegen diese von der Beiziehung eine:r Dolmetscher:in abgesehen hat. Es ist deren Aufgabe, festzustellen, ob die Beschwerdeführerin in der Lage ist, einer medizinischen Untersuchung in deutscher Sprache, welche nicht seine Muttersprache ist, zu folgen, oder nicht. Derartige Ermittlungen unterblieben.
Dies bedeutet, dass im gegenständlichen Verfahren bei einer Befragung im Rahmen einer Befundaufnahme durch eine:n Sachverständige:n ein:e Dolmetscher:in beizuziehen gewesen wäre, um dem Gebot des § 39a AVG, dessen Befolgung für ein mängelfreies Verfahren unabdingbar ist, zu entsprechen. Es entspricht nicht dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit eines Verfahrens (fair trial), sprachunkundigen Personen keine:n Dolmetscher:in zur Verfügung zu stellen, somit ist das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde mit einem groben Verfahrensmangel behaftet, auch wenn dies in der Beschwerde nicht ausdrücklich als Verfahrensmangel gerügt wurde.
Sollte die belangte Behörde der Ansicht sein, dass die Beiziehung von Dolmetscher:innen im gegenständlichen Verfahren nicht erforderlich ist, so hat diese Ermittlungen dazu zu durchzuführen und dies im neu zu erlassenden Bescheid entsprechend zu begründen.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde die Beschwerdeführerin aufzufordern haben mitzuteilen, ob diese Paschtu oder Dari als Muttersprache hat. Sodann wird von der belangten Behörde insbesondere das der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.09.2024 (vidiert am 11.09.2024) bzw. aufgrund der Aktenlage vom 18.02.2025 in der Form zu ergänzen sein, dass unter Einbeziehung der in diesem Verfahren neu vorgelegten medizinischen Befunde eine Untersuchung der Beschwerdeführerin unter Beiziehung eines/einer Dolmetscher:in für die Sprache Paschtu oder Dari durchgeführt wird.
Jenes medizinische Gutachten der Fachärztin für Augenheilkunde wäre nur dann entsprechend neu unter Beiziehung eine:r Dolmetscher:in einzuholen, wenn sich eine Änderung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Augen und einer allfälligen Operation beim Grauen Star ergeben hat, oder eine Verschlechterung der Sehfähigkeit der Beschwerdeführerin durch entsprechende ärztliche Befunde medizinisch objektiviert ist.
Das Ergebnis dieser ergänzenden Beurteilung ist sodann in Form einer neu zu verfassenden Gesamtbeurteilung zusammenzufassen.
Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren grob mangelhaft gewesen ist, sodass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen unter Beiziehung eine:r Dolmetscher:in für die Sprache Paschtu oder Dari erforderlich erscheinen.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wird gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, zumal aus dem Beschwerdeakt ersichtlich ist, dass eine mündliche Erörterung der Rechtssache mangels ausreichender Sachverhaltserhebungen und Feststellungen der belangten Behörde eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.