Spruch
W144 2313876-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb., StA. von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2025, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (BF), ein volljähriger, männlicher afghanischer Staatsbürger wurde am 16.5.2025 im Zuge einer FPG-Kontrolle in XXXX gemeinsam mit 4 anderen Afghanen polizeilich aufgegriffen.
Zur Person des BF liegt eine Eurodac-Treffermeldung für Bulgarien vom 25.03.2025 wegen Asylantragsstellung vor.
Bulgarien stimmte in der Folge einem Übernahmeersuchen Österreichs gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO durch Unterlassen einer fristgerechten Antwort mit 20.5.2025 zu.
Das BFA erlies sodann (nach schriftlichem Parteiengehör vom 16.05.2025) den angefochtenen Bescheid vom 23.05.2025 und erteilte dem BF unter Spruchpunkt I. keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG, und erlies gemäß § 61 Abs. 1 Z. 2 FPG gegen den BF eine Anordnung zur Außerlandesbringung und erklärte die Abschiebung nach Bulgarien für zulässig.
Mit email vom 23.05.2025 teilte das AHZ XXXX dem BFA mit, dass der BF am 23.05.2025 aus der Schubhaft heraus einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.
Gegen den obgenannten, am 23.05.2025 dem BF persönlich zugestellten, Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde des BF vom 02.06.2025, in welcher er geltend machte, dass der angefochtene Bescheid schon allein aufgrund des Umstandes, dass er zwischenzeitig einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, zu beheben sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Festgestellt wird der dargelegte Verfahrensgang, der sich unzweifelhaft aus dem Verwaltungsakt ergibt.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde
In casu ist zum Entscheidungszeitpunkt der Entscheidung des BFA kein Antrag auf internationalen Schutz des BF im Bundesgebiet anhängig gewesen, sodass das BFA zu Recht eine Vorgangsweise gemäß § 57 AsylG und § 61 FPG gewählt hat.
Mittlerweile liegt jedoch ein Antrag auf internationalen Schutz des BF vor, der am 23.05.2025 (umgehend nach Bescheidzustellung) um 10.05 gestellt wurde.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass eine Anordnung zur Außerlandesbringung vor Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz nicht zulässig ist. Diesbezüglich hat der VwGH in seiner Entscheidung vom 21.12.2021, RA 2021/21/0328, wie folgt ausgeführt:
„Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist nicht zulässig, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde. Nach § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist die Rückkehrentscheidung nämlich mit der negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz "zu verbinden", nach § 52 Abs. 2 FrPolG 2005 hat sie "unter einem" zu ergehen; sie setzt also die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz voraus. Auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist, darf die Rückkehrentscheidung (unbeschadet eines allenfalls weiter bestehenden unrechtmäßigen Aufenthalts des Fremden) grundsätzlich nicht vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergehen. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung ist nämlich die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 zu treffen, dass die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, vorwegzunehmen. Diese Überlegungen lassen sich auf eine Konstellation übertragen, in der ein Antrag auf internationalen Schutz während eines Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung gestellt wird. Da die Anordnung zur Außerlandesbringung - ebenso wie bei anderen Fällen der negativen Erledigung eines Antrags auf internationalen Schutz die Rückehrentscheidung - gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm. § 61 Abs. 1 Z 1 FrPolG 2005 mit der nach § 5 Abs. 1 AsylG 2005 zurückweisenden, eine Zuständigkeit Österreichs zur Antragsprüfung verneinenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz "zu verbinden" ist und ihre Voraussetzung die vorrangig im (Zulassungs-)Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zu klärende Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates für die Prüfung des Antrags ist, gilt auch hier, dass die Erlassung der aufenhaltsbeendenden Maßnahme vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem auch eine behauptete Unzulässigkeit der Abschiebung in den zuständigen Dublin-Staat unter dem Gesichtspunkt insbesondere des Art. 3 MRK zu prüfen wäre, nicht zulässig ist. Ein anhängiges Verfahren zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung wäre einzustellen, und eine bereits erlassene erstinstanzliche, mit Beschwerde bekämpfte Anordnung zur Außerlandesbringung wäre vom VwG ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 4.8.2016, Ra 2016/21/0162). Dass § 61 Abs. 4 FrPolG 2005 das Außerkrafttreten der Anordnung zur Außerlandesbringung vorsieht, "wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AyslG 2005 zugelassen wird", steht dem nicht entgegen.“
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht sowohl auf Judikatur des VwGH sowie auf die Rechtsprechung des BVwG stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten der angefochtenen Bescheide wiedergegeben.