JudikaturBVwG

W124 2157517-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
EU-Recht
15. Mai 2025

Spruch

W124 2157517-2/37E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. FELSEISEN über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX , StA. Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , nach Durchführung öffentlich mündlicher Verhandlungen am XXXX , XXXX , XXXX zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX , geb. XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am XXXX stellte der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, in Österreich, den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, weil er homosexuell sei und deswegen nicht nach Bangladesh zurückkönnen würde.

Die am XXXX vorgenommene Einvernahme vor dem BFA wurde wegen eines positiven Covid -Test abgebrochen.

3. Am XXXX fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor der belangten Behörde statt. Im Zuge dessen führte dieser zu den Gründen für die Stellung seines gegenständlichen Antrags im Wesentlichen aus, dass er mit ca. 13-14 Jahren gemerkt habe, dass er auf „Jungs“ stehen würde. Außerdem hätten ihn die Leute aus seiner Ortschaft nicht leiden können, als sich diese einen Spaß gemacht und ihn als „Half-Ladies“ bezeichnet hätten. Die Frage, ob die Leute im Dorf von seiner sexuellen Ausrichtung gewusst hätten, beantworte dieser damit, dass man das Verhalten eines Homosexuellen gesehen habe. Er sei immer bei Männern gewesen, die Leute hätten es nicht ganz verstanden. Der BF habe immer versucht die Hand von Männer zu halten oder habe sich gedacht, dass es dieser mit ihm „machen“ würde. Ein „Schwuler“ würde in Bangladesh nicht überleben können. Sein Onkel habe ihn unter Druck gesetzt, als dieser geahnt habe, dass er homosexuell sein würde. Er habe Angst gehabt, dass sein Cousin väterlicherseits etwas ausplaudern würde, als er mit diesem eine Beziehung von 2 bis 2,5 Jahren geführt habe. Homosexuelle Szenerien würde es im Heimatland nicht geben. Dies würde nicht funktionieren, als dies verboten sei. Seiner Mutter habe er versucht es zu erklären, aber würde diese es überhaupt nicht verstehen und zulassen. Sie hätten ihn aufgefordert ins Heimaltland zu kommen und zu heiraten, was diesem innerlich weh tun würde. Mit seiner Familie habe er in Bangladesh nicht gesprochen, als er Angst gehabt habe festgenommen zu werden. Eine feste, dauerhafte, homosexuelle Beziehung habe er zu dieser Person nicht geführt.

Seit dem 13. bzw. 14 Lebensjahr sei dem BF bewusst, dass er homosexuell sei. Sein Fokus sei auf seinen Cousin väterlicherseits gewesen, indem sie sich berührt hätten. Dass sein Cousin auch homosexuell sei, habe er daran gemerkt, dass sie jeden Tag im selben Zimmer zu Hause gewesen seien. Der BF habe sich gut gefühlt, wenn sie zusammen gewesen seien. Sie hätten miteinander überleben wollen, aber habe es so einen Ausweg nicht gegeben. Das Alter seines Cousins würde er nicht kennen. Die Frage, was für ihn eine homosexuelle Identität bedeuten würde, beantworte der BF damit, dass er mit Freunden in einer Prostituiertenbar gewesen sei. Dabei habe man seinen Penis gelutscht und geleckt, aber sei dieser nicht in die „Höhe“ gekommen. Aus Scham habe er das Lokal verlassen. In Bangladesh habe er außer seinem Cousin vs. keine sexuellen Erfahrungen gemacht. Der BF habe den Penis seines Cousins gestreichelt und sei dieser langsam immer mehr geworden. Mit seinem Cousin habe der BF keinen Kontakt mehr.

Er würde nicht wissen, welche Strafen es in Bangladesh gegen homosexuelle Personen geben würde. Er wisse aber, dass es in einem muslimischen Land, wie Bangladesh, Probleme geben würde. In Österreich würde es einige Schwulenclubs, wie XXXX geben. Es hätte auch große Veranstaltungen gegeben, an denen dieser teilgenommen habe. Der BF würde mit seinem Freund am Fluss spazieren gehen oder XXXX , wo diese auch Getränke haben würden. Ansonsten würden sie zu Hause sein, plaudern oder auswärts z.B. bei XXXX etwas essen. Mit seinem Freund, XXXX , würde er neben fünf weiteren Personen in einer Wohnung zusammenleben. Sein Freund sei eine moralische Person. Schlechte Angewohnheiten von ihm seien, dass er sich manchmal vor dem Schlafen die Zähne nicht putzen würde. Außerdem sei er sehr eifersüchtig. Er habe eine arbeitsrechtliche Bewilligung bekommen und nunmehr arbeiten. Seinen Freund habe er bei einer Party am XXXX , kennengelernt.

4. In der mit dem Freund des BF am XXXX aufgenommenen Niederschrift vor dem BFA, führte dieser im Wesentlichen aus, dass er früher nicht gewusst habe, dass er homosexuell sein würde. Er habe dies nicht akzeptieren können und sich auch immer gefragt, ob er alles korrekt gemacht habe. Er habe auch sexuelle Handlungen im Gegenzug für Geld gemacht. Er habe keinen Partner gehabt und habe sich mit niemanden unterhalten können. Er habe sich vorgeworfen, dass seine Homosexualität nicht in Ordnung sein würde und sei deshalb immer mehr in Despressionen verfallen. Er habe seine Homosexualität nicht akzeptieren wollen und diese auch nicht veröffentlicht. Die Frage, seit wann er homosexuell sei, beantworte dieser damit, dass er es schon in seinem Heimatland gewesen sei, er es aber nicht akzeptieren und auch nicht verstehen habe können. Den Folgeantrag habe er nunmehr gestellt, weil er sich nunmehr akzeptieren könne. Je mehr er sich gesagt habe, dass er nicht so sein würde, wie er sei, desto schwieriger sei es geworden. Die sexuelle Neigung habe er schon in seinem Heimatland gehabt, als er den Mund und die Lippen von Männern attraktiv gefunden habe. Frauen habe er nicht anziehend gefunden. Eine Beziehung zu einer Frau habe er nicht gehabt, als er es zwar gewollt habe, es aber nicht funktioniert habe.

In Bangladesh sei er bei einer Veranstaltung von seinem Onkel mütterlicherseits gewesen und habe dabei einen weitschichtigen Cousin kennengelernt. Nachdem sie die Telefonnummern ausgetauscht hätten, habe ihn dieser eingeladen zu ihm zu kommen, um ihm etwas zu zeigen. Im Zuge des darauffolgenden Treffens hätten sie sich geküsst und habe dies dem BF auch gefallen. Beim darauffolgenden Geschlechtsverkehr habe sich der BF allerdings gewehrt, sei aber vergewaltigt worden. Sie hätten sich dann noch einige Male getroffen, allerdings habe dieser dann geheiratet und sei weg gewesen.

Nunmehr habe er den BF als Partner, mit dem er zusammenleben würde. Mit dem BF würde er die XXXX besuchen oder mit ihm ins XXXX gehen und gemeinsam dort etwas trinken. Hinsichtlich sozialer Plattformen führte der Freund des BF aus, dass es viele „Dating Apps“ geben würde, er diese aber nicht benützen würde, weil er den BF habe. Im XXXX sei der BF Mitglied und wurde in diesem Zusammenhang die Mitgliedskarte eingesehen. Die Frage, wofür die Regenbogenfarbe stehen würde, beantwortete der Freund des BF damit, dass dies für homosexuelle Personen sei und die Farben dafür stehen würden, dass man keine Einschränkungen habe.

Zum BF führte er aus, dass er dessen Fluchtgründe nicht genau wissen würde, aber er gehört habe, dass dieser mit seinem Cousin ein bis zweimal intim gewesen sei. Nach Details habe er ihn nicht gefragt, weil er dies nicht wissen habe wollen. Er habe ihm aber gesagt, dass er familiäre und politische Probleme gehabt habe. Da es sich um etwas Persönliches gehandelt habe, habe er nicht genau nachgefragt. Der BF sei bereits im Jahr XXXX nach Österreich gekommen. Die Familie des BF würde er kennen. Diese lebe in XXXX und würde der BF einen Bruder und zwei, drei Schwestern haben. Die Eltern des BF, welche eigentlich seine Schwiegereltern sein würden, seien noch am Leben. Der Freund des BF wisse, dass der BF seinen Eltern versuche deren Partnerschaft zu erklären. Allerdings würden diese es jedoch nicht verstehen und meinen, dass der BF in sein Heimatland zurückkehren solle, um zu heiraten. Der BF sei homosexuell, seit dieser in seinem Heimatland gewesen sei. Der Freund des BF könne nicht sagen, seit wann er homosexuell sei. Seit XXXX

Den weiteren Angaben des Freundes des BF nach, habe der BF letzte Woche seine „Schwiegermutter“ angerufen und dieser von ihm erzählt. Der BF würde wenig über deren Partnerschaft sprechen und habe dessen Vater dies überhaupt nicht akzeptiert. Die ersten sexuellen Erfahrungen mit einem männlichen Geschlecht habe der BF den Ausführungen des Freundes des BF nach mit seinem Cousin väterlicherseits gehabt, wobei er dies nicht genau sagen könne, dieser aber ca. 10-12 Jahre alt gewesen sei, während der Freund des BF dazu ausführt selbst 13 oder 14 Jahre gewesen sei und sein Cousin zwischen 20 und 23 Jahren.

Der Freund des BF habe mit „Ausländern“ Geschlechtsverkehr gehabt. Dieser habe dabei nur verstanden, dass es ihm gefallen habe, er aber nicht homosexuell sei. In der Nacht habe er auch gesehen, dass es auch im Rathauspark „gemacht werde“, weshalb er deswegen auch einmal dort gewesen sei. Ein anderes Mal sei er deswegen im Prater Park gewesen. Die Frage, wie man dort Leute kennen lernen würde, beantwortete der Freund des BF damit, dass man sich mit den Augen Signale geben würde. Er sei dort hingegangen und habe den Geschlechtsverkehr vollzogen. In kurzer Zeit sei dies erledigt gewesen und habe der Freund des BF auch am Prater für den Geschlechtsverkehr 20 Euro bezahlt. In Bangladesh könne der Freund des BF nicht leben, weil der BF nicht dort sei. In Österreich könne er sein Make-up tragen, seinen Partner auf der Straße küssen und seine Hände halten. Er würde in Bangladesh nicht überleben können, weil er dort keine Behandlung bekommen würde. Die persönlichen Probleme würde er dort niemanden erzählen können.

Mit dem BF würde er seit XXXX zusammenleben. Einmal hätten sie vier Monate lang an der XXXX und jetzt in der XXXX gelebt. Insgesamt seien sie dort acht bis 10 Leute.

5. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das erste Asylverfahren negativ entschieden worden sei. Sowohl in der Beschwerde des ersten Antrages als auch vor dem erkennenden Gericht habe der BF seine sexuelle Ausrichtung nicht bekannt gegeben. Es sei dem BF nicht gelungen ein fundiertes und substantiiertes Vorbringen rund um etwaige Fluchtgründe im Herkunftsland darzulegen. Nicht nachvollziehbar sei, dass es dem BF nicht möglich gewesen sei, das Alter des Cousins zu nennen, obwohl dieser mit ihm sexuellen Kontakt gepflegt haben will. Dass der BF mit Freunden in einem Bordell gewesen sei und mit einer Prosituierten sexuellen Kontakt gehabt habe, widerspreche der Logik. Einschlägige Lokale bzw. etwas über die „einschlägige Szene“ in Wien habe der BF nicht nennen können.

Als Partner habe der BF Herrn XXXX angegeben. Dieser sei ebenfalls an der Wohnadresse des BF gemeldet, wie eine Vielzahl von weiteren Bengalen. Auf Befragung etwas über den Partner des BF zu erzählen, habe der BF dessen Schuhgröße und Bauchumfang genannt. Eine solche Beschreibung würde befremdlich erscheinen. Bemerkenswert sei jedoch, dass der vorgegebene Partner des BF ebenfalls erst bei einem Folgenantrag, nachdem der Erstantrag negativ entschieden worden sei, angegeben habe, dass er homosexuell sei. Eine erfolgte Absprache sei offensichtlich. Auf Grund der Niederschriften vom XXXX und der Einvernahme vor dem BFA am XXXX würde an der sexuellen Ausrichtung des BF gezweifelt werden. Es sei auch nachvollziehbar, dass der BF alles unternehmen würde, um weiter im Bundesgebiet zu verbleiben.

Der vom BF als Fluchtgrund vorgebrachte Sachverhalt stehe mit keinem der im Asylgesetz taxativ aufgezählten Konventionsgründen im Zusammenhang, als das Vorbringen des BF nicht glaubhaft sei. Es sei ihm nicht gelungen eine in seinem Herkunftsstaat bestehende konkrete Bedrohungssituation glaubhaft zu machen. Hinsichtlich seines Vorbringens homosexuell zu sein und aus diesem Grunde einer Verfolgungsgefährdung ausgesetzt zu sein, sei dem BF die Glaubwürdigkeit abzusprechen.

Der BF habe kein konkretes und somit auch nachvollziehbares Vorbringen dargelegt, sondern bloß höchst bedenkliche, nicht asylrelevante Angaben gemacht.

6. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom XXXX , in welcher die Rechtsvertretung des BF u.a. moniert, dass die Beweiswürdigung der Behörde nicht den Anforderungen des § 60 AVG entsprechen würde, da diese sich zu weiten Teilen aus inhaltsleeren Textbausteinen auseinandersetze, welche unzureichend mit dem individuellen Vorbringen des BF zu tun hätten.

Die Behörde meine, die Beschreibung des Partners des BF sei befremdlich. Weiters moniere die Behörde, dass der BF seine homosexuelle Orientierung erst in seinem Folgenantrag vorgebracht habe. An dieser Stelle sei anzuführen, dass der BF detailliert die Angewohnheiten seines Partners beschrieben habe. Zum Beweis dafür, dass der BF eine gleichgeschlechtliche Beziehung führen würde, würde die zeugenschaftliche Einvernahme des Partners des BF beantragt. Zum Vorwurf, dass der BF keine „einschlägige Szene“ nennen habe können, sei auszuführen, dass der BF sehr wohl Organisationen genannt habe. Ein weiterer Beweis sei dessen Mitgliedskarte.

Anzuführen sei, dass der BF aus einem Land kommen würde, indem homosexuelle Handlungen illegal und verboten sein würden. Es würde ihm daher nicht leicht fallen sich dazu zu verbreiten und darüber zu erzählen. Bangladesh sei für Homosexuelle ein lebensgefährliches Land. Der BF entstamme einem zutiefst homophoben Kulturkreis und habe deshalb seine sexuelle Orientierung in Bangladesh sein Leben lang versteckt halten müssen. Fälschlicherweise habe das BFA kein Privat-, und Familienleben festgestellt. Der BF sei gut integriert und würde gut Deutsch sprechen. Er würde eine homosexuelle Beziehung führen und mit einem Partner gemeinsam in einem Haushalt leben.

7. Mit Eingabe XXXX wurde die Einvernahme einer namentlich genannten Person als Zeugen zum Beweis der homosexuellen Beziehung zu seinem Partner XXXX beantragt. Des weiteren wurde auf die Rechtsprechung des BVwG betreffend der Glaubwürdigkeit des Vorbringens einer Verfolgung wegen Homosexualität als Fluchtgrund in einem Folgeantrag unter Bezugnahme auf die Judikatur des VwGH vom 02.09.2015, Ra 2015/19/0091 verwiesen.

8. Am XXXX fanden mündliche Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher der Beschwerdeführer sowie der von ihm beantragte Zeuge ausführlich zu deren Fluchtvorbringen ausführlich befragt wurden.

9. Außerdem wurden in der Verhandlung vom XXXX drei Personen unabhängig voneinander als Zeugen zum Vorbringen der homosexuellen Orientierung eingehend befragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person und zu den Fluchtgründen/Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch und Moslem. Er gehört der Volksgruppe der Bengalen an. Seine Muttersprache ist Bengali/Bangla.

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am XXXX den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Der BF hält sich seit dem Jahr 2016 durchgehend im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist homosexuell und fühlte sich bereits während der Pubertät zu anderen Männern hingezogen; demgegenüber war er nie in ein Mädchen verliebt. Der Beschwerdeführer hat bereits in Bangladesch mit seinem Cousin sexuellen Kontakt gehabt. Der BF hat versucht mit Frauen eine Verbindung einzugehen, was aber nicht funktioniert hat.

Der BF nimmt in Österreich Freizeitangebote durch den XXXX in Anspruch und sucht entsprechende Clubs für Homosexuelle wie z.B. XXXX oder XXXX auf. Er ist mit anderen homosexuellen Personen befreundet und pflegt mit seinem jetzigen Freund eine langjährige Partnerschaft. Der Beschwerdeführer lebt seine Homosexualität in der Öffentlichkeit aus. Die sexuelle Orientierung des Beschwerdeführers ist seinen (ehemaligen) Mitbewohnern in Österreich bekannt.

Dem Beschwerdeführer drohen im Fall der Rückkehr in seinem Herkunftsstaat Bangladesch psychische und physische Bedrohungen von erheblicher Intensität aufgrund seiner sexuellen Orientierung.

Zum Herkunftsstaat:

Auszug aus der Länderinformation der Staatendokumentation Bangladesch (Version 6, Stand 16.08.2024):

Relevante Bevölkerungsgruppen

LGBTQ+

Letzte Änderung 2023-06-13 13:59

In der durch islamisch-patriarchalische Traditionen geprägten Gesellschaft Bangladeschs sind LGBTQ+ diskreditiert (AA 23.8.2022) und Homosexualität ein Tabuthema (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Weibliche Homosexualität ist ein absolutes „Nicht-Thema“ (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Homosexuelle Handlungen stehen gemäß § 377 Strafgesetzbuch unter Strafe (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022, HRW 12.1.2023). Die Strafen dafür reichen von 10 Jahren bis lebenslänglich (HRW 12.1.2023; vgl. ILGA 12.2020). Die Anwendung des § 377 Strafgesetzbuch wird angedroht, um Homosexuelle zu erpressen, regierungskritische Meinungsäußerungen zu verhindern oder die Anpassung an heterosexuelle Normen zu erzwingen (AA 23.8.2022). So berichten Mitglieder der LGBTI+-Gemeinschaft, dass die Polizei das Gesetz benutzt, um sie - oder aber auch Personen, die unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung als LGBTQ+ wahrgenommen werden - zu schikanieren (USDOS 20.3.2023). Die strafrechtliche Durchsetzung des Verbots gelangt tatsächlich allerdings nur selten zur Anwendung (FH 10.3.2023; vgl. AA 23.8.2022, DFAT 30.11.2022). Vermutlich weil die LGBTQ+-Gemeinschaft verborgen agiert (DFAT 30.11.2022).

Traditionell tendiert die Bevölkerung zu einer gemäßigten Ausübung des Islam, die Sexualmoral ist allerdings konservativ. Homosexualität ist absolut verpönt und wird von den Betroffenen nicht offen gelebt (ÖB‌ New Delhi 11.2022). Fast alle LGBTQ+-Personen in Bangladesch halten ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität geheim. Die sozialen und kulturellen Möglichkeiten für LGBTQ+-Personen in Bangladesch sind stark eingeschränkt, weshalb viele LGBTQ+-Personen ins Ausland fliehen. Diejenigen, die bleiben, verwenden aufgrund kultureller Tabus, die offene Diskussionen über LGBTQ+-Themen untersagen, eine eigene Slang-Sprache (DFAT 30.11.2022). Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zu Mord (insbesondere vor dem Hintergrund steigender Islamisierung) zu rechnen (ÖB New Delhi 11.2022). Schwule Männer und Lesben stehen unter starkem familiären und sozialen Druck, heterosexuelle Ehen einzugehen (DFAT 30.11.2022). Aktivisten berichten, dass sogenannte Konversionstherapien weit verbreitet sind. Laut Aussagen lesbischer Frauen und schwuler Männer wurden sie z.B. von ihren Eltern in Drogenrehabilitationszentren oder zu Beruhigungsmitteln gezwungen. Die Regierung verurteilt diese Praktiken nicht (USDOS 20.3.2023).

LGBTQ+-Personen werden regelmäßig angegriffen (FH 10.3.2023; vgl. AA 23.8.2022). Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen sowie ihre Fürsprecher sehen sich Gewalt und Drohungen ausgesetzt, ohne angemessenen Schutz durch die Polizei (HRW‌ 12.1.2023). Drohbotschaften erfolgen z.B. auch per Telefon, SMS und über soziale Medien (USDOS 20.3.2023). Derartige Drohungen gehen auch von religiöse Extremisten aus. Homophobe Hassreden sind in den sozialen Medien verbreitet (DFAT 30.11.2022). Druck und Einschüchterung durch islamistische Gruppen schränken auch Aktivitäten von NGOs zu einigen Themen wie LGBTI Rechte ein (FH 10.3.2023). Es gibt nur sehr wenige LGBTQI+-Organisationen, insbesondere für Lesben (USDOS 20.3.2023).

Eine besondere Rolle kommt dem „dritten Geschlecht“ zu, den sogenannten Hijras, nämlich Eunuchen, Transsexuellen und Intersexuellen (AA 23.8.2022). Mitglieder der Hirja Commuinity identifizieren sich weder als männlich noch als weiblich und sind als eigene Geschlechtsidentität in Bangladesch klassifiziert (FH 10.3.2023). Aus der Perspektive des indischen Subkontinents sind Hijras keine Transgender, sondern Cisgender (Syed, R. o.D.). Der Begriff "Hijra" ist somit nicht gleichbedeutend mit dem Begriff "Transgender". Es ist möglich, eine Transgender-Frau zu sein, die nicht Teil der Hijra-Kultur oder Gemeinschaft ist (DFAT 30.11.2022). Einige Transgender-Frauen im Land identifizieren sich als Hijra, weil sie sich der Hijra-Subkultur verbunden fühlen oder mehr sozialen Schutz wünschen. Einige konservative Geistliche verurteilen die Transgender-Gemeinschaft, aber unterscheiden sie deutlich von der Hijra-Identität, wobei letztere für sie tolerierbar ist, während ersteres inakzeptabel bleibt (USDOS 20.3.2023).

Hijras sind aufgrund einer langen Tradition auf dem indischen Subkontinent im Bewusstsein der Gesellschaft präsent und quasi etabliert. Dieser Umstand schützt sie jedoch nicht vor Übergriffen und gesellschaftlicher Diskriminierung (AA 23.8.2022). Für Transgender-Personen sind einige rechtliche Anerkennungen vorhanden, jedoch werden sie in der Praxis stark diskriminiert (FH 10.3.2023). So anerkennt die Regierung Hijras als drittes Geschlecht, allerdings bleibt es in der Praxis für diese schwierig, Zugang zu medizinischer Versorgung und anderen staatlichen Dienstleistungen zu erhalten, ein Problem, das sich während der Covid-19-Pandemie weiter verschärfte (ÖB New Delhi 11.2022). Laut Transgender Aktivisten führt die Regierung in einigen Fällen Genitaluntersuchungen bei Hijra durch, bevor sie ihnen Zugang zu Dienstleistungen gewährt (USDOS 20.3.2023). Auch wenn sie eine akzeptierte Rolle in der Gesellschaft Bangladeschs innehaben und viele Hijras in organisierten Gemeinschaften leben, die sich seit Generationen erhalten haben, bleiben sie trotzdem marginalisiert (DFAT 30.11.2022). Die Akzeptanz von Hijras innerhalb der Familie ist im Allgemeinen gering, und sie haben keine Erbrechte gemäß den Bestimmungen der Scharia (DFAT‌ 30.11.2022).

Pässe und Ausweisdokumente, einschließlich Wählerregistrierungsformularen, enthalten die Möglichkeit, "X" oder "Hijra" als drittes Geschlecht auszuwählen. Die nationale Volkszählung, die im Laufe des Jahres durchgeführt wurde, enthielt eine Kategorie für das "dritte Geschlecht". Obwohl die Regierung einige Fortschritte bei der Förderung der sozialen Akzeptanz von Hijra-Personen gemacht hat, unternimmt sie nur begrenzte Anstrengungen, um die Rechte anderer in der LGBTQI+-Gemeinschaft zu fördern, und bietet für diese keine rechtliche Anerkennung an (USDOS 20.3.2023).

Die gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen, wie auch von LGBTQ+-Personen, schränkt die Beteiligung an der Politik in der Praxis ein (FH 10.3.2023). 2019 wurde erstmals eine Vertreterin der Hijras ins Parlament gewählt (AA 23.8.2022). Die Stadt Trilochanpur wählte Ende 2021 einen Bürgermeister aus der Hijra-Community (FH 10.3.2023).

Quellen:

AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 12.5.2023

DFAT - Australian Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 12.5.2023

FH – Freedom House (10.3.2023): Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/document/2088488.html, Zugriff 12.5.2023

HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2085390.html, Zugriff 12.5.2023

ILGA – International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association(12.2020): State-Sponsored Homophobia; Global Legislation Overview Update 2020 (Autor: Mendos, Lucas Ramon) https://www.ecoi.net/en/file/local/2044751/ILGA_World_State_Sponsored_Homophobia_report_global_legislation_overview_update_December_2020.pdf, Zugriff 22.5.2023

ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/document/2090012.html, Zugriff 12.5.2023

Syed, Renate (o.D.): „Nicht Mann, nicht Frau“ Hijras: Indiens drittes Geschlecht, https://www.renate-syed.de/nicht-mann-nicht-frau, Zugriff am 22.5.2023

USDOS – United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/document/2089131.html, Zugriff 12.5.2023

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Durchführung öffentlich mündlicher Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht, durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu Herkunft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Staatsangehörigkeit sowie Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich gleichbleibenden und daher glaubhaften Angaben vor dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der belangten Behörde und dem Beschwerdeschriftsatz. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Einreise, Antragstellung und Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ergeben sich aus der Aktenlage und sind unbestritten.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (vgl. Strafregisterauszug vom 12.05.2025).

2.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat sich zutreffend mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF beschäftigt und ist dabei zum Ergebnis gelangt, dass dem Vorbringen der glaubhafte Kern abzusprechen sei.

Die dahingehenden Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl überzeugen jedoch unter Berücksichtigung der zwischenzeitig vorgelegten Unterlagen und der vom BVwG durchgeführten Verhandlungen, insbesondere der einvernommenen Zeugen, nicht.

Der BF brachte im gegenständlichen Verfahren vor auf Grund seiner homosexuellen Orientierung asylrelevante Verfolgung befürchten zu müssen. Der niederschriftlichen Einvernahme nach am XXXX , als auch den diesbezüglichen Erörterungen in den Verhandlungen, habe der BF in einer überschaubaren Zeitspanne, sexuelle Handlungen zu seinem Cousin in Bangladesh unterhalten.

Zunächst ist festzuhalten, dass der BF sein Vorbringen der Homosexualität im Laufe des Verfahrens mit Beweismitteln unterlegte. Im Zuge der Beschwerde wurden Lichtbilder seines Partners und schriftliche Unterlagen zum Beweis für die sexuelle Orientierung des BF in Vorlage gebracht. Der BF hat außerdem bereits anlässlich seiner Einvernahme vor dem BFA seinen Partner namentlich genannt, wonach er homosexuell orientiert sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits erkannt, dass die Einvernahme von Zeugen, die von Wahrnehmungen zur sexuellen Orientierung des BF bzw. einer gleichgeschlechtlichen Beziehung berichten können, geboten ist (VwGH 22.02.2017, Ra 2016/19/0229). Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, weshalb das Bundesamt von einer zeugenschaftlichen Einvernahme des Partners des BF und weiterer Personen, die mit dem BF in einer Wohnung zusammen gelebt haben bzw. leben, Abstand genommen hat, als § 18 AsylG 2005 die Asylbehörden verpflichtet, in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben oder lückenhaften Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Unter dem Blickwinkel der ebenso angeführten Rechtsprechung wurden im gerichtlichen Verfahren sowohl der Freund des BF befragt, als auch die (ehemaligen) Mitbewohner des BF zeugenschaftlich, insbesondere zur Wahrnehmung der sexuellen Orientierung des BF, befragt.

Zwar führt das BFA in seiner Begründung aus, dass auf Grund der Niederschriften vom XXXX vor dem BVwG und der Einvernahme vor dem BFA vom XXXX an der sexuellen Ausrichtung gezweifelt werden würde, doch wurde dies nicht weiter näher konkretisiert. Dass der BF einschlägige Lokale bzw. etwas über die „einschlägige-Szene“ nicht nennen habe können, kann aber jedenfalls nicht gefolgt, als dieser, wie auch in der Beschwerde korrekterweise angeführt wurde, entsprechende Organisationen bereits in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA angeführt hat. Im Übrigen hat sich die Beschreibung des BF von seinem Partner entgegen den Ausführungen des BFA nicht nur auf dessen Schuhgröße und Bauchumfang beschränkt, sondern hat dieser auch die (negativen) Angewohnheiten seines Partners in der niederschriftlichen Einvernahme detailliert beschrieben.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt auch nicht die Ansicht des BFA, dass aus den Angaben des BF in früheren Verfahren oder dem Zeitpunkt des Vorbringens betreffend die eigene sexuelle Orientierung zwingend auf die Unrichtigkeit des Vorbringens zu schließen gewesen wäre. Allein aus den Umstand, dass sowohl der BF, als auch dessen Partner nach einer negativen Entscheidung, einen Folgeantrag gestellt haben, indem diese behauptet haben homosexuell zu sein, kann entsprechend der Judikatur des EuGH vom 02.12.2014 angesichts des sensiblen Charakters der Information, insbesondere der Sexualität, daraus, dass diese gezögert haben intime Aspekte ihres Lebens zu offenbaren, ihre Homosexualität nicht sofort anzugeben, nicht geschlossen werden, dass sie von vornherein unglaubwürdig ist.

Der BF gab in der Erstbefragung zum nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz bekannt, dass er homosexuell sei. Bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde am XXXX führte der BF dazu zusammengefasst aus, dass er bereits in seinem Herkunftsstaat erste sexuelle Erfahrungen mit seinem Cousin gehabt habe. In Bangladesh würde ein „Schwuler“ nicht leben können. Eine Szene der Homosexuellen würde in Bangladesh nicht existieren. Es würde auch nicht funktionieren, weil dies verboten sein würde. Seine Familie habe geahnt, dass er homosexuell sein würde, habe ihm aber mit seinem Cousin nicht gesehen. Angst habe er vor seinem Onkel gehabt, dass dieser etwas ausplaudern würde, als der BF mit seinem Cousin über zwei Jahre hinweg eine Beziehung geführt habe. Der BF wisse zwar nicht die strafrechtlichen Konsequenzen für homosexuelle Personen in Bangladesh, doch wisse dieser, dass es in seinem Land deswegen Probleme geben würde.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wiederholte der Beschwerdeführer glaubhaft sein Vorbringen über seine Homosexualität und legte nachvollziehbar dar, dass er sich schon in Bangladesh Männern hingezogen gefühlt habe und dort mit seinem Cousin in Bangladesh intim gewesen ist. Sexuelle Beziehungen über seinen Cousin hinaus, habe er in Bangladesh aber nicht gehabt. Entsprechendes Interesse an Frauen würde er nicht haben, vielmehr nur Männer attraktiv finden. Darüber hinaus ist im Verfahren hervorgekommen, dass es für den BF längere Zeit bedurft hat, seine sexuelle Ausrichtung voll zu akzeptieren. Dass der BF mittlerweile diverse einschlägige Lokale besucht, an diversen einschlägigen Veranstaltungen, wie der „ XXXX “ oder an Freizeitaktivitäten, mit seinem Freund in entsprechenden Vereinen teilnimmt, geht aus den in Zusammenschau seiner bzw. den seines Freundes in den Verhandlungen gemachten Angaben und vorgelegten Unterlagen hervor. Überdies hat der Beschwerdeführer nach seinen überzeugenden Schilderungen mittlerweile auch bereits in Österreich sexuelle Kontakte zu anderen Männern gehabt und lebt seine sexuelle Orientierung in seiner Beziehung mit seinem Freund XXXX offen aus.

Zwei der vom BVwG geladenen Zeugen, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einen glaubhaften persönlichen Eindruck in Bezug auf die Thematik der sexuellen Orientierung des Beschwerdeführers vermittelten, bestätigten überdies durch ihre Angaben die Homosexualität des Beschwerdeführers. Dies ergibt sich vor allem aus den zum größten Teil übereinstimmenden Wahrnehmungen des Z 1 und Z 2. Demnach erschließt sich aus deren Angaben, dass der BF mit seinen Freund XXXX jedenfalls gemeinsam längere Zeit mit noch anderen männlichen Personen in dieser Wohnung zusammengelebt hat. Aus den Ausführungen des Z 1 geht klar hervor, dass diese sich miteinander ein Zimmer geteilt haben. Sowohl aus den vom Z 1 und Z 2 wahrgenommenen Verhaltensweisen, lassen diese Rückschlüsse auf die sexuelle Orientierung des BF bzw. dessen Freund schließen. Z 1 hat insbesondere einmal in der Nacht auf dem Weg in die Toilette die Beiden in der Küche gesehen, als sich diese geküsst haben. Nachvollziehbar ist es darüber hinaus, dass es unter Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes des Z 2 diese Wahrnehmung diesen am Anfang merkwürdig erschienen sein mag, als dieser das erste Mal wahrgenommen hat, dass diese auch ihre Hände berührt haben, wenn diese miteinander gesprochen haben. Außerdem konnte Z 2 in seinen Schilderungen nach glaubhaft machen, dass er auf Grund der Lage des Raumes, den der BF mit seinen Freund bewohnt hat, immer wieder vorbeigehen musste, wenn er zum Badezimmer, WC oder Küche gegangen ist. Dass er dabei u.a. auch manchmal wahrnehmen konnte, dass diese gemeinsam aufeinanderliegend gewesen sind oder der eine oder andere auf der Brust des anderen gelegen ist, erscheint nachvollziehbar. Unabhängig von den Angaben, der in der Verhandlung einvernommenen Zeugen, erscheint auch unter Berücksichtigung dieser Umstände die Aussage des Freundes des BF, dass diese seit XXXX zusammenleben nachvollziehbar. Dies deckt sich insoweit aus den vom BVwG herangezogenen Zentralmelderegisterauszug vom XXXX , wonach der BF seit XXXX durchgehend an verschiedenen Wohnorten mit seinem Freund bzw. Partner gemeinsam amtlich gemeldet gewesen ist bzw. nach wie vor gemeldet ist. Im Übrigen geht aus der niederschriftlichen Einvernahme des BF vor dem BFA bereits hervor, dass dieser auch schon zu diesem Zeitpunkt der Einvernahme XXXX als seinen gleichgeschlechtlichen Partner tituliert hat. Ebenso erweckte der BF in den Verhandlungen durch seine Ausführungen sowohl den Eindruck tatsächlich entsprechend einschlägige Lokale aktiv aufgesucht als auch an solchen Veranstaltungen, wie der XXXX , teilgenommen zu haben.

Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer auf Fragen der belangten Behörde bzw. des BVwG in einzelnen Teilaspekten widersprüchliche Angaben tätigte. Nach Ansicht des erkennenden Richters sind diese bei einer Gesamtbetrachtung jedoch nicht geeignet, die Homosexualität des Beschwerdeführers und die von ihm in diesem Kontext geäußerten Rückkehrbefürchtungen hinreichend in Zweifel zu ziehen bzw. auszuschließen. Vor diesem Hintergrund können in der vorliegenden Konstellation die im Zusammenhang mit der sexuellen Orientierung stehenden Gründe, für die Stellung des gegenständlichen Antrags, in Hinblick auf das ansonsten im Wesentlichen konsistente Vorbringen, nicht in Frage gestellt werden.

Insbesondere in Zusammenschau mit den Schilderungen der vernommenen Zeugen Z 1 und Z 2, welche weitgehend mit den in Kontext gestellten Darstellungen des Beschwerdeführers übereinstimmen, bestand im Rahmen der durchgeführten Verhandlungen für das BVwG der Eindruck, dass es sich beim BF um einen homosexuellen Mann handelt. Im Übrigen haben die vernommenen Zeugen Z 1 und Z 2 weder prozesstaktisch übertrieben noch konstruiert gewirkt. Zwar konnte Z 3 auf Hinterfragen der persönlichen Verhältnisse des BF und seines Freundes keine konkreten Angaben machen, als dieser ausführte erst seit ca. zwei Monaten mit ihnen in dieser Wohnung zusammenzuleben, allerdings sei diesem aufgefallen, dass diese immer zusammen sein würden. Was die Ausführung angeht, dass er daraus geschlossen habe, dass der BF und sein Freund homosexuell seien, als er selbst entsprechend sexuell orientiert sei, kann diese nicht gewertet werden. Im Hinblick des offenen Verfahrens auf internationalen Schutz des Z 3 ist vielmehr davon auszugehen, dass er seine diesbezügliche Aussage aus asyltaktischen Erwägungen für sein eigenes Verfahren getroffen hat.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner sexuellen Orientierung werden des weiteres bestätigt durch den in Vorlage gebrachten bzw. eingesehenen Mitgliedsausweises XXXX und seiner glaubwürdigen Aussage an diversen dort angebotenen Freizeitangeboten teilgenommen zu haben.

Aus diesen Gründen sowie angesichts des persönlichen Eindrucks, den das erkennende Gericht im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung gewonnen hat, konnte das Vorbringen des BF als glaubhaft qualifiziert und den Feststellungen zugrunde gelegt werden.

Auch ist das Fluchtvorbringen des BF mit den vorliegenden Länderberichten vereinbar. Aus diesen geht zwar hervor, dass § 377 Strafgesetzbuch von Bangladesch zwar nicht aktiv angewandt wird, es aber als Vorwand benutzt, um LGBTI-Personen zu schikanieren. Ein offenes Bekenntnis zur Homosexualität ist in Bangladesch gesellschaftlich unmöglich und führt einerseits zur Ausgrenzung durch die dortige Gesellschaft und gesellschaftlichen Diskriminierungen. Jedes Jahr wird über dutzende Angriffe auf Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft berichtet. Angesichts der Schilderungen des Beschwerdeführers kann eine (weitere) Gefährdung seiner Person in diesem Kontext im Fall seiner Rückkehr in seine Heimat auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Der BF konnte damit sein Fluchtvorbringen, wonach ihm im Fall der Rückkehr nach Bangladesch eine Verfolgung wegen seiner offenen und öffentlich ausgelebten Homosexualität droht, glaubhaft machen.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 05.07.2021 (Version 4).

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zuerkennung des Status des Asylberechtigten

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Es muss objektiv nachvollziehbar sein, dass der Beschwerdeführer im Lichte seiner speziellen Situation und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Herkunftsstaat Furcht vor besagter Verfolgung hat.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 idgF kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Weiters muss sie sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hiefür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß § 3 Abs. 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn den Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht (Z.1) oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat (Z. 2).

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist – wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert, deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/-20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 27.06.1995, 94/20/0836; 23.07.1999, 99/20/0208; 21.09.2000, 99/20/0373; 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.09.2002, 99/20/0505; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 m.w.N.).

Abgesehen davon, dass einer derartigen nicht vom Staat sondern von Privatpersonen ausgehenden Bedrohung nur dann Asylrelevanz zuzubilligen wäre, wenn solche Übergriffe von staatlichen Stellen geduldet würden (VwGH vom 11.06.1997, 95/01/0617; 10.03.1993, 92/01/1090) bzw. wenn der betreffende Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt wäre, diese Verfolgung hintanzuhalten, hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausdrücklich klargestellt, dass die Asylgewährung für den Fall einer solchen Bedrohung nur dann in Betracht kommt, wenn diese von Privatpersonen ausgehende Verfolgung auf Konventionsgründe zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 30.06.2005, 2002/20/0205; VwGH vom 23.11.2006, 2005/20/0551-6, VwGH-Beschluss vom 29.06.2006, 2002/20/0167-7).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256; VwGH 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191).

3.2.2. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 07.11.2013, C-199/12, ausgesprochen, dass Art 9 Abs. 1 in Verbindung mit Art 9 Abs 2 lit. c der Qualifikations-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der bloße Umstand, dass homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, als solcher keine Verfolgungshandlung darstellt. Dagegen ist eine Freiheitsstrafe, mit der homosexuelle Handlungen bedroht sind und die im Herkunftsland, welches eine solche Regelung erlassen hat, tatsächlich verhängt wird, als unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung zu betrachten und stellt somit eine Verfolgungshandlung dar. Art 10 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit Art 2 Buchst c der Qualifikations-Richtlinie ist dahin auszulegen, dass vom Geltungsbereich der Richtlinie nur homosexuelle Handlungen ausgeschlossen sind, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten strafbar sind. Bei der Prüfung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft können die zuständigen Behörden von dem Asylbewerber auch nicht erwarten, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden.

Der Verfassungsgerichtshof hat zudem jüngst in seiner Entscheidung vom 22.09.2020, E 423/2020-12, Rz 29, in Zusammenhang mit Bangladesch ausgesprochen, dass eine nicht bestehende strafrechtliche Verfolgung nicht schon zur Verneinung einer asylrechtlichen Verfolgung eines Beschwerdeführers führt. Für die Anerkennung eines für die Identität so bedeutsamen Merkmals wie der sexuellen Orientierung kann – wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat – vom Betroffenen aber nicht verlangt werden, diese Ausrichtung geheim zu halten oder in Zurückhaltung zu leben, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden (siehe VfSlg. 20.170/2017; VfGH 11.6.2019, E 291/2019 und 18.9.2014, E 910/2014). (VfGH 22.09.2020, E 423/2020-12, Rz 29)

Der Verfassungsgerichtshof hat ebenso in Bezug auf Bangladesch in seiner Entscheidung vom 27.02.2020, E 3349/2019-14, ausgesprochen, dass die Annahme, dass eine Homosexualität in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch keinen Fluchtgrund darstelle, im Widerspruch zu den vom Bundesverwaltungsgericht angezogenen Länderberichten stehe (VfGH 27.02.2020, E 3349/2019-14 Rz 13; zur Verfolgungssituation von Homosexuellen in Bangladesch siehe auch VfGH 07.06.2021, E959/2021)

3.1.3. Das Bundesverwaltungsgericht geht auf Grund des diesbezüglich glaubhaften Vorbringens des Beschwerdeführers sowie der in der mündlichen Verhandlung befragten Zeugen in Zusammenschau mit der vorliegenden Berichtslage zum Herkunftsstaat davon aus, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seiner sexuellen Orientierung (Homosexualität) im Falle seiner Rückkehr nach Bangladesch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen maßgeblicher Intensität drohen würden.

Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes kann auch nicht erwartet werden, dass der Beschwerdeführer seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden.

Es ist daher unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles objektiv nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen, und zwar aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten sozialen Gruppe, nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes seines Herkunftsstaates zu bedienen, zumal auch eine inländische Ausweichmöglichkeit – die Lage gestaltet sich in allen Landesteilen gleichartig – nicht vorhanden ist.

Ein Abweisungsgrund gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 liegt im konkreten Fall nicht vor, da dem Beschwerdeführer – wie gezeigt – keine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht und dieser keinen Asylausschlussgrund gesetzt hat. Im konkreten Fall haben sich auch keine Anzeichen ergeben, dass der Beschwerdeführer mit schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen und/oder Verletzungen des humanitären Völkerrechts in Verbindung steht.

Dafür, dass der Beschwerdeführer in Österreich straffällig geworden wäre, existieren keine Anhaltspunkte; Stand 12.05.2025 scheint im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung auf.

Da weder eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, noch ein in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannter Endigungs- und Asylausschlussgrund hervorgekommen ist, war der gegenständlichen Beschwerde stattzugeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

3.2.4. Nach § 3 Abs. 4 AsylG kommt dem Beschwerdeführer daher eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Diese Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.