JudikaturBVwG

W229 2290843-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
25. April 2025

Spruch

W229 2290843-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag.a Christa KOCHER und den fachkundigen Laienrichter Peter STATTMANN über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Mödling vom 06.02.2024, VSNR: XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 15.04.2024, Zl. XXXX , betreffend Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes gemäß § 11 AlVG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Arbeitsmarktservice Mödling (im Folgenden: AMS) vom 06.02.2024 wurde ausgesprochen, das der Beschwerdeführer gemäß § 11 AlVG für den Zeitraum von 01.02.2024 bis 28.02.2024 kein Arbeitslosengeld erhalte. Nachsicht wurde nicht erteilt.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Dienstverhältnis beim Dienstgeber XXXX Restaurant freiwillig gekündigt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde, in welcher er ausführte, dass er wegen der vielen Überstunden mit dem Chefkoch habe reden wollen, dieser habe aber unmissverständlich abgelehnt, auch Pausen seien größtenteils abgelehnt worden. Ohne dessen Einverständnis habe der Beschwerdeführer die letzte Arbeitswoche in Zeitausgleich umgewandelt, unter Androhung der Arbeiterkammer. Auch psychisch sei die Arbeitssituation sehr belastend gewesen, die Kündigung sei daher unausweichlich gewesen.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.04.2024 wies das AMS die Beschwerde ab. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass eine Nachfrage beim Dienstgeber ergeben habe, dass die Eröffnung im Dezember stressiger gewesen sei, der Beschwerdeführer aber seine Überstunden alle im Jänner abgebaut habe und auch Pausen habe machen dürfen. Der Beschwerdeführer habe das Dienstverhältnis gelöst, ohne vorher mit dem Dienstgeber gesprochen zu haben.

Das AMS schlussfolgerte, dass es jedenfalls zumutbar und auch vom Beschwerdeführer zu erwarten gewesen sei, den Dienstgeber auf allfällige Probleme aufmerksam zu machen, sodass dieser seiner Fürsorgepflicht nachgehen könne. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen gemäß § 11 Abs. 2 AlVG würden nicht vorliegen.

4. Der Beschwerdeführer stellte rechtzeitig einen Vorlageantrag, in welchem er ergänzend ausführte, dass die Angaben des Dienstebers nicht der Wahrheit entsprechen würden bzw. stark verzerrt seien. Es habe einige Zeit nach der Eröffnung viel Chaos, Personalmangel und Stress gegeben. Da der Chefkoch nicht bereit gewesen sei, über die geleisteten Überstunden eine Lösung zu finden, habe der Beschwerdeführer einseitig einen Zeitausgleich vollstreckt, dies sei stillschweigend akzeptiert worden und habe es einer Intervention seitens der Arbeiterkammer nicht bedurft. Es würden somit unzählige Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen gemäß § 11 Abs. 2 AlVG vorliegen und sei der angefochtene Bescheid aufzuheben.

5. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht am 24.04.2024 einlangend vorgelegt.

6. Am 22.10.2024 und 02.04.2025 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und einer Vertreterin der belangten Behörde durch, in welcher auch zwei Zeuginnen befragt wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hat Berufserfahrung im Gastronomiebereich als Abwäscher und Küchenhilfe. Er bezog zuletzt von 23.11.2023 bis 18.12.2023 Arbeitslosengeld. Von 19.12.2023 bis 31.01.2024 war er beim Dienstgeber XXXX Restaurant GmbH vollversicherungspflichtig beschäftigt.

Der Beschwerdeführer war als Abwäscher und Küchenhilfe für eine vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt.

Der Standort des Restaurants wurde im Dezember 2023 eröffnet und gestaltete sich die Anfangszeit strapaziös. Dies aufgrund des massiven Arbeitsanfalls sowie des Personalmangels und der Personalfluktuation bzw. der Krankenstände. Der zweite Abwäscher war ab Ende Dezember im Krankenstand, was den Arbeitsaufwand für den Beschwerdeführer erhöhte.

In den ersten Wochen der Beschäftigung wurden keine Dienstpläne im Lokal ausgehängt, sondern den Beschäftigten mündlich mitgeteilt, wie am nächsten Tag die Arbeitszeit sein werde. Bestehende Dienstpläne konnten aufgrund des Personalmangels nicht eingehalten werden.

Während des Dienstverhältnisses arbeitete der Beschwerdeführer an 18 Tagen mehr als zehn Stunden, an zwölf Tagen arbeitete er mehr als zwölf Stunden. Von 25.12.2023 bis 14.01.2024 arbeitete er jeweils mehr als 60 Stunden pro Woche. Erst ab 12.01.2024 war der Beschwerdeführer an den meisten Tagen acht Stunden bzw. weniger im Dienst. Pausen konnte er nur gelegentlich in Anspruch nehmen, 30-minütige Pausen machte er drei Mal. Ab dem 24.01.2024 bis zum Ende der Beschäftigung nahm der Beschwerdeführer Zeitausgleich in Anspruch.

Seitens der Vorgesetzten des Beschwerdeführers wurden die vom Beschwerdeführer geleisteten Überstunden als notwendig angesehen, um den Arbeitsaufwand zu bewältigen.

Der Beschwerdeführer hatte den Eindruck, dass eine Diskussion mit seinem Vorgesetzten XXXX über die Überstunden und die fehlenden Pausen nicht sinnvoll seien. Er wurde seitens des Vorgesetzten auch nicht dazu angehalten, Pausenzeiten einzuhalten.

Der Beschwerdeführer beendete sein Dienstverhältnis mit dem 31.01.2024 und meldete sich danach wieder arbeitslos.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellungen zum Leistungsbezug des Beschwerdeführers sowie der vollversicherten Beschäftigung beruhen insbesondere auf dem Versicherungsdatenauszug vom 11.04.2024, welcher im Akt einliegt. Ebenso liegen der Arbeitsvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und der XXXX Restaurant GmbH sowie das Kündigungsschreiben des Beschwerdeführers vom 14.01.2024 im Akt ein.

Dass der Beschwerdeführer über Berufserfahrung in der Gastronomie verfügt, führt er in der Beschwerdeverhandlung aus (vgl. Verhandlungsschrift 22.10.2024 S. 6).

Die Feststellungen zur Situation im Lokal während der Beschäftigung des Beschwerdeführers beruhen auf seinen Schilderungen in Zusammenschau mit den Angaben der als Zeugin einvernommenen XXXX , die sich laut der weiteren einvernommenen Zeugin gemeinsam XXXX um die Führung des Restaurants kümmerte (vgl. Verhandlungsschrift 22.10.2024, S. 5). Sie bestätigt insbesondere das große Arbeitspensum sowie den Personalmangel nach der Geschäftseröffnung (vgl. Verhandlungsschrift 02.04.2025 S. 4 ff.; insb. S. 5: „VR: Man kann ja in einem Gasthaus auch ein bisschen den Ablauf steuern und einschätzen. Wie wurde im Betrieb die Einteilung der Pausen vorgenommen? Wer war dafür verantwortlich? Wie wurde das kommuniziert? Wurde das schon vorab geplant? Z1: Es war kurz nach der Eröffnung. Wir sind überrannt worden. Es war wirklich eine Ausnahmezeit. An sich gab es einen Dienstplan mit Pausen. Aber zu Beginn sind wir überrannt worden. Es hat sich dann später eingespielt, dass beispielsweise nach dem Mittagsgeschäft gemeinsam gegessen wurde oder vor dem Abendgeschäft, je nachdem wann der jeweilige Mitarbeiter seine Dienstzeiten hatte. VR: Wie war das in der Zeit, als der BF bei Ihnen gearbeitet hat. War es zu der Zeit möglich, diese Pausen einzuhalten? Z1: Das gemeinsame Essen gab es zu der Zeit noch nicht. Es war wirklich viel los. Der Eigentümer wollte, dass wir sieben Tage die Woche offen haben. Es war zu Beginn. Wir haben schon Personal aufgenommen, aber teilweise sind auch wieder welche gegangen und zusätzlich war die Grippewelle.“). Die einvernommene Zeugin führt insbesondere auch aus, dass nicht ausreichend Personal beschäftigt gewesen sei, weshalb der Beschwerdeführer länger gearbeitet habe (vgl. Verhandlungsschrift 02.04.2025 S. 4).

Aus den Angaben der einvernommenen Zeugin ergibt sich, dass grundsätzlich Dienstpläne erstellt wurden, diese jedoch aufgrund des Personalmangels nicht wie geplant eingehalten wurden (vgl. Verhandlungsschrift 02.04.2025 S. 6 f.). Dass die Arbeitszeiten für den kommenden Arbeitstag mündlich mitgeteilt wurden, bringt der Beschwerdeführer vor und erscheint in Zusammenschau mit den Angaben der Zeugin auch glaubhaft (vgl. etwa Verhandlungsschrift 22.10.2024 S. 4).

Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer geleisteten Arbeitsstunden beruhen auf seinen Arbeitsaufzeichnungen, die er im Beschwerdeverfahren vorlegte (vgl. OZ 6) und seitens des Dienstgebers auch bestätigt wurden (vgl. Stellungnahme vom 25.03.2025; Verhandlungsschrift 02.04.2025 S. 5; insb. Verhandlungsschrift 02.04.2025 S. 6: „BehV: Sie haben vorher gesagt, es gab einen Dienstplan. Waren da die korrekten Arbeitszeiten, 8 Stunden oder 10 Stunden für den BF vorab eingetragen, wie er zu arbeiten hatte, von Montag bis Sonntag? Z1: Wir haben natürlich einen Plan gehabt, aber mit dem Krankenstand ist alles ein bisschen durcheinander gekommen und nicht ganz genau eingehalten worden. Wie gesagt, die Stunden die er geschrieben hat, da war er sicher sehr korrekt. Die war er da.“).

Insgesamt ist den Ausführungen der befragten Zeugin zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer als fleißig angesehen und es seitens des Dienstgebers auch geschätzt wurde, dass er Überstunden leistet, um das Arbeitsaufkommen bewältigen zu können. Ebenso zeigen die Angaben aus Sicht des erkennenden Senats, dass deshalb auf die Einhaltung der Dienstpläne sowie insbesondere der Pausen nicht geachtet wurde und insbesondere der Beschwerdeführer auch nicht dazu angehalten wurde, seine Pausen in Anspruch zu nehmen. Der Beschwerdeführer schildert zudem in der mündlichen Verhandlung, dass er den Eindruck gehabt habe, dass eine Diskussion über die Arbeitszeiten sinnlos gewesen wäre (vgl. Verhandlungsschrift 22.10.2024 S. 6).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG Senatszuständigkeit vor. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

3.2. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, idgF lauten:

„§ 11. (1) Arbeitslose, deren Dienstverhältnis in Folge eigenen Verschuldens beendet worden ist oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben, erhalten für die Dauer von vier Wochen, gerechnet vom Tage der Beendigung des Dienstverhältnisses an, kein Arbeitslosengeld. Dies gilt auch für gemäß § 3 versicherte Personen, deren Erwerbstätigkeit in Folge eigenen Verschuldens oder freiwillig beendet worden ist.

(2) Der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB wegen Aufnahme einer anderen Beschäftigung, freiwilliger Beendigung eines Dienstverhältnisses oder einer Erwerbstätigkeit aus zwingenden gesundheitlichen Gründen oder Einstellung der Erwerbstätigkeit wegen drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit oder bei Saisonabhängigkeit wegen Saisonende, nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.“

3.3. Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

3.3.1. Eine freiwillige Lösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 11 Abs. 1 AlVG 1977 liegt an sich vor, wenn der Arbeitnehmer selbst gekündigt, einen vorzeitigen Austritt erklärt oder eine einvernehmliche Auflösung initiiert hat. Dies führt zum Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes für eine bestimmte Dauer. § 11 Abs. 2 legcit sieht allerdings berücksichtigungswürdige Gründe vor, die zu einer Nachsicht von der Sperre des Arbeitslosengeldes gemäß Abs. 1 führen. Als Nachsichtsgründe sind zunächst die Austrittsgründe im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes zu verstehen (§ 82a GewO 1994, § 26 AngG), darüber hinaus aber auch „triftige“ Gründe, also Gründe von zureichendem Gewicht (vgl. VwGH 22.04.20215, 2012/10/021).

Ist die Initiative für die einvernehmliche Auflösung eindeutig (und nachweisbar) von der nun arbeitslosen Person ausgegangen, ist der zweite Tatbestand für eine Sperre nach § 11 Abs. 1 erfüllt. Die meisten Fälle einer freiwilligen Lösung werden freilich vorliegen, wenn der Dienstnehmer selbst gekündigt oder einen vorzeitigen Austritt erklärt hat. Diese führen aber nur dann zur Sperre, wenn kein berücksichtigungswürdiger Fall vorliegt, in dem der Ausschluss vom Leistungsbezug nach Abs. 2 ganz oder teilweise nachzusehen ist. Gleiches gilt für eine von der nun arbeitslosen Person erklärten Auflösung des Dienstverhältnisses während der Probezeit (vgl. Pfeil in Pfeil/Auer-Mayer/Schrattbauer, AlV-Komm § 11 AlVG Rz 11).

3.3.2. Im gegenständlichen Fall stand der Beschwerdeführer von 19.12.2023 bis 31.01.2024 beim Dienstgeber XXXX Restaurant GmbH in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis. Er hat das Beschäftigungsverhältnis gekündigt und somit freiwillig im Sinne des § 11 Abs. 1 AlVG gelöst. Daher tritt grundsätzlich die im Gesetz vorgesehene Sperrfrist von vier Wochen ein.

3.3.4. Zu prüfen bleibt, ob ein berücksichtigungswürdiger Grund vorliegt, aus dem die Rechtsfolge der Sperre gemäß § 11 Abs. 2 AlVG nachzusehen ist:

Gemäß § 11 Abs. 2 AlVG ist der Ausschluss vom Leistungsbezug in berücksichtigungswürdigen Fällen ganz oder teilweise nachzusehen. Als Nachsichtsgründe werden im Gesetz ausdrücklich die Aufnahme einer anderen Beschäftigung sowie gesundheitliche Gründe demonstrativ angeführt. Neben diesen im Gesetz ausdrücklich genannten Nachsichtsgründen kommen vor allem jene Gründe in Betracht, die den Dienstnehmer zum vorzeitigen Austritt aus einem Dienstverhältnis berechtigen. Verstößt der Dienstgeber zum Beispiel gegen die gesetzlichen Vorschriften zur Arbeitszeit, kann dem Arbeitnehmer im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht zugemutet werden, weiter in einem solchen Betrieb gegen seinen Willen beschäftigt zu sein und erfolgt ein Austritt in so einem Fall berechtigt (vgl. OGH 26.08.1958, 4 Ob 80/58 sowie 9 ObA 7/95, 11.01.1995). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat im Zuge der Rechtsprechung zu § 9 Abs. 2 AlVG die regelmäßige Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeiten als unzumutbar qualifiziert und ausgesprochen, dass diese Zumutbarkeitsgesichtspunkte auch für die Beurteilung des Vorliegens von Nachsichtsgründen im Sinne des § 11 erster Satz AlVG maßgebend sind (VwGH 22.02.2012, 2009/08/0096).

§ 9 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (AZG) sieht eine tägliche Maximalarbeitszeit von 12 Stunden und eine wöchentliche Höchstgrenze von 60 Stunden vor. Ebenso ist gemäß § 11 Abs. 1 erster Satz AZG eine Ruhepause in der Dauer von mindestens 30 Minuten einzulegen, wenn die Tagesarbeitszeit insgesamt länger als sechs Stunden dauert.

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer während der gegenständlichen Beschäftigung nur einige Male eine Ruhepause von 30 Minuten einlegen und wurde in drei Wochen seiner von 19.12.2023 bis 31.01.2024 andauernden Beschäftigung die Wochenarbeitszeit von 60 Stunden überschritten. Ebenso arbeitete er an mehreren Tagen mehr als zwölf Stunden. Demnach wurde das erlaubte Höchstausmaß an Arbeitsstunden an den meisten Beschäftigungstagen über- und das Mindestmaß an Pausengestaltung unterschritten. Ausnahmen der genannten Grundregeln nach dem AZG sind im konkreten Fall nicht ersichtlich, insbesondere keine Vereinbarung über einen anderen Durchrechnungszeitraum.

Folglich lag dem vom Beschwerdeführer freiwillig gelösten Beschäftigungsverhältnis eine regelmäßige Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeiten zugrunde, mag dies auch den Wirren um die Eröffnung des Lokals geschuldet gewesen. Wie bereits ausgeführt, war den Angaben der befragten Zeugin zu entnehmen, dass die Leistung der zahlreichen Überstunden durch den Beschwerdeführer seitens des Dienstgebers als notwendig angesehen wurde, um den Arbeitsaufwand zu bewältigen. Der Dienstgeber kam somit während der Beschäftigung des Beschwerdeführers seiner Fürsorgepflicht nicht nach, so wurde der Beschwerdeführer auch nicht zur Abhaltung von Pausen aufgefordert. Aufgrund der unstrittigen regelmäßigen Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeiten konnte dem Beschwerdeführer aus Sicht des erkennenden Senats auch nicht zugemutet werden, abzuwarten, ob es zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen kommen werde.

Im Ergebnis liegt somit ein berücksichtigungswürdiger Grund vor, um die Rechtsfolge der Sperre gemäß § 11 Abs. 2 AlVG nachzusehen.

Angesichts dieses Ergebnisses kommt es auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Arbeitsklimas nicht mehr an.

Die Erteilung der Nachsicht kann auch durch das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Sachentscheidung über die Beschwerde erfolgen. Dabei hat es – wenn die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG vorliegen und die Angelegenheit daher nicht gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG zurückverwiesen wird – auch das bei der Festlegung des Umfangs der Nachsicht offenstehende Ermessen zu üben. Die Erteilung der Nachsicht durch das Verwaltungsgericht setzt aber nicht die Anhörung des Regionalbeirates iSd § 11 Abs. 2 AlVG voraus (vgl. zu § 10 Abs. 3 AlVG etwa VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026; 27.01.2016, Ro 2015/08/0027).

Der Beschwerde war somit spruchgemäß stattzugeben und der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes für den gesamten Zeitraum vom 01.02.2024 bis 28.02.2024 gemäß § 11 Abs. 2 AlVG zur Gänze nachzusehen.

3.3.5. Der Vollständigkeit halber wir festgehalten, dass von der Befragung des Zeugen XXXX abgesehen werden konnte, weil die befragte Zeugin XXXX zu den Umständen im Restaurant befragt werden und sie diesbezüglich umfassend Auskunft geben konnte. Es bestehen daher keine strittigen Sachverhaltselemente mehr, die einer Befragung des XXXX bedürfen würden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.