Spruch
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Elisabeth MAYER-VIDOVIC als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Armin KLAUSER und Peter STATTMANN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Huttengasse vom 30.08.2023, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 30.08.2024, Zl XXXX , betreffend den Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe für die Zeit vom 23.05.2023 bis 03.07.2023 beschlossen:
A) Der Vorlageantrag wird als verspätet zurückgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Huttengasse (im Folgenden: AMS) vom 30.08.2023 wurde unter Spruchpunkt A ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 49 AlVG für den Zeitraum vom 23.05.2023 bis 03.07.2023 keine Notstandshilfe erhalte. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am 23.05.2023 nicht eingehalten und sich erst wieder am 04.07.2023 bei seiner zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet. Mit Spruchpunkt B wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und beantragte die Bewilligung einer Verfahrenshilfe.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.11.2023 wies die belangte Behörde die Beschwerde mit näherer Begründung ab, sendete die Beschwerdevorentscheidung jedoch an eine andere als die im Verfahren bekanntgegebene Adresse des Beschwerdeführers.
4. Mit Eingabe vom 21.08.2024 brachte der Beschwerdeführer im Rahmen eines weiteren – nicht verfahrensgegenständlichen – Beschwerdeverfahrens seine Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Wien Huttengasse vom 30.08.2023 erneut ein.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.08.2024, Zl. XXXX , wies das AMS die Beschwerde vom 29.08.2024 (gemeint: 21.08.2024) gegen den Bescheid vom 30.08.2023 als verspätet zurück.
6. Mit Eingabe vom 01.10.2024 stellte der Beschwerdeführer einen als „Beschwerde“ bezeichneten Vorlageantrag.
7. Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben der belangten Behörde vom 24.10.2024 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Am 28.06.2022 erklärte der Beschwerdeführer gegenüber dem AMS niederschriftlich, dass sich seine Post- und Aufenthaltsadresse nunmehr an der XXXX , 1160 Wien, befinde und er sich aufgrund eines Scheidungsverfahrens bzw. einer behördlichen Wegweisung nicht in der XXXX 1220 Wien, aufhalten dürfe. An zumindest fünf Eingaben an das AMS im Jahr 2023 führte der Beschwerdeführer die XXXX , 1160 Wien, als seine Adresse an.
1.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.08.2023 wurde unter Spruchpunkt A ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 49 AlVG für den Zeitraum vom 23.05.2023 bis 03.07.2023 keine Notstandshilfe erhält. In Spruchpunkt B wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen. Dieser Bescheid vom 30.08.2023 wurde dem Beschwerdeführer über sein eAMS-Konto zugestellt und vom Beschwerdeführer am 31.08.2023 gelesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 24.09.2023 fristgerecht Beschwerde.
1.3. Das AMS beabsichtige in weiterer Folge, diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung abzuweisen und konzipierte eine dahingehende, mit 30.11.2023 datierte Beschwerdevorentscheidung zur Zl. XXXX . Die mit 30.11.2023 datierte Beschwerdevorentscheidung zur Zl. XXXX wurde an den Beschwerdeführer per Adresse XXXX , 1220 Wien, übermittelt. Die Beschwerdevorentscheidung kam dem Beschwerdeführer nicht zu.
1.4. Mit Eingabe vom 21.08.2024 brachte der Beschwerdeführer im Rahmen eines weiteren – nicht verfahrensgegenständlichen – Beschwerdeverfahrens seine bereits mit Eingabe vom 24.09.2023 eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Wien Huttengasse vom 30.08.2023 erneut ein.
1.5. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS Wien Huttengasse vom 30.08.2024, Zl. XXXX , wurde die Beschwerde vom 29.08.2024 (gemeint: 21.08.2024) als verspätet zurückgewiesen. Die Beschwerdevorentscheidung enthält eine Rechtsmittelbelehrung dahingehend, dass binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der angeführten Regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice der Antrag gestellt werden könne, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werde. Die Beschwerdevorentscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 04.09.2024 an die Adresse XXXX , 1160 Wien, zugestellt.
1.6. Mit Eingabe vom 01.10.2024 brachte der Beschwerdeführer einen gegen den Bescheid zur Zl. XXXX als „Bescheidbeschwerde“ bezeichneten Vorlageantrag bei der belangten Behörde ein.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und den nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakt.
2.1. Die Feststellung dazu, dass der Beschwerdeführer das AMS erstmals am 28.06.2022 darüber in Kenntnis setzte, dass sich seine Post- und Aufenthaltsadresse nunmehr an der XXXX , 1160 Wien, befinde und er sich aufgrund eines Scheidungsverfahrens bzw. einer behördlichen Wegweisung nicht in der XXXX , 1220 Wien, aufhalten dürfe, gründet auf dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellungen zum Inhalt des Bescheides vom 30.08.2023 sind eben diesem zu entnehmen. Dass der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde erhoben hat, ist unstrittig und ergibt sich aus der im Akt einliegenden Beschwerde.
2.3. Die Feststellungen zur mit 30.11.2023 datierten Beschwerdevorentscheidung zur Zl. XXXX basieren auf dem Akteninhalt. Dass diese Beschwerdevorentscheidung an die Anschrift XXXX , 1220 Wien, und nicht an die vom Beschwerdeführer bekanntgegebene Anschrift adressiert wurde, ergibt sich aus dem Akt. Anhaltspunkte dahingehend, dass dem Beschwerdeführer die mit 30.11.2023 datierte Beschwerdevorentscheidung tatsächlich zugekommen ist, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
2.4. Die Feststellungen zur Eingabe des Beschwerdeführers vom 21.08.2024 gründen auf dem Akteninhalt.
2.5. Der Inhalt und die zitierte Rechtsmittelbelehrung der Beschwerdevorentscheidung vom 30.08.2024, Zl. XXXX , ergeben sich aus eben dieser. Dass die Beschwerdevorentscheidung am 04.09.2024 an den Beschwerdeführer an der Adresse XXXX 1160 Wien, zugestellt wurde, beruht einerseits auf dem im Akt einliegenden Zustellnachweis, mit dem die persönliche Übernahme durch den Beschwerdeführer am 04.09.2024 dokumentiert ist, und andererseits auf den Angaben des Beschwerdeführers in seinem Vorlageantrag vom 01.10.2024, wonach er den genannten Bescheid am 04.09.2024 erhalten habe.
2.6. Die Feststellungen zum am 01.10.2024 eingebrachten Vorlageantrag ergeben sich aus eben diesem.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
3.2. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung des Vorlageantrages:
3.3. Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
3.4. Im gegenständlichen Fall wurde die Beschwerde vom 24.09.2023 gegen den Ausgangsbescheid vom 30.08.2023 fristgerecht eingebracht und ging die belangte Behörde zunächst offenbar davon aus, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 30.11.2023, Zl. XXXX , rechtswirksam erlassen worden, in weiterer Folge auch in Rechtskraft erwachsen und damit an die Stelle des Ausgangsbescheids vom 30.08.2023 getreten sei. Wie beweiswürdigend bereits ausgeführt, wurde die Beschwerdevorentscheidung vom 30.11.2023, Zl. XXXX , jedoch nicht an die vom Beschwerdeführer gemäß § 2 Z 4 Zustellgesetz genannte Abgabestelle übermittelt und ist eine Heilung dieses Zustellmangels iSd § 7 Zustellgesetz mangels tatsächlichen Zukommens des Dokuments nicht eingetreten. Mangels ordnungsgemäßer Zustellung wurde die Beschwerdevorentscheidung vom 30.11.2023 nicht erlassen.
3.5. Nachdem der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 21.08.2024 im Rahmen eines weiteren – hier nicht relevanten – Beschwerdeverfahrens seine bereits mit Eingabe vom 24.09.2023 eingebrachte – bis dahin unerledigte – Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 30.08.2023 erneut einbrachte, erließ das AMS den als Beschwerdevorentscheidung bezeichneten Bescheid vom 30.08.2024, Zl. XXXX . Dass es sich bei diesem Bescheid um eine Beschwerdevorentscheidung zum ursprünglichen Bescheid vom 30.08.2023 handelt, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Inhalt des Bescheides sowie der Rechtsmittelbelehrung, in der auf die Möglichkeit der Einbringung eines Vorlageantrages hingewiesen wird.
3.6. Gegenständlich erfolgte die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom 30.08.2024 dem Beschwerdeführer zufolge am 04.09.2024. Die zweiwöchige Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages endete daher mit Ablauf des 18.09.2024.
Demzufolge erweist sich der erst am 01.10.2024 eingebrachte Vorlageantrag als verspätet.
3.7. Soweit der Beschwerdeführer im Vorlageantrag vom 01.10.2024 vorbringt, dass in der Beschwerdevorentscheidung vom 30.08.2024 zwei widersprechende Rechtsmittelbelehrungen, nämlich auf Seite 2 eine Frist von vier Wochen und auf Seite 4 eine Frist von zwei Wochen, enthalten seien, ist dazu festzuhalten, dass auf Seite 2 der Beschwerdevorentscheidung vom 30.08.2024 der bisherige Verfahrensgang dargestellt wird und sich unterhalb der Überschrift „Verfahrensverlauf/Feststellungen“ eindeutig aus dem Kontext ergibt, dass es sich bei der auf Seite 2 abgedruckten Rechtsmittelbelehrung um jene des (Ausgangs-)Bescheides vom 30.08.2023 handelt. Dementsprechend findet sich direkt über der zitierten Rechtsmittelbelehrung der Satz „Eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung ist dem Bescheid des AMS Wien Huttengasse vom 30.08.2023 zu entnehmen“, woraus deutlich wird, dass die nachfolgend abgedruckte Rechtsmittelbelehrung jene des Bescheides vom 30.08.2023 darstellt. Demgegenüber ist eindeutig ersichtlich, dass die Rechtsmittelbelehrung auf Seite 4 ganz am Ende der Erledigung die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung betrifft und die Frist für die Erhebung eines Vorlageantrages zwei Wochen beträgt.
Wie bereits ausgeführt, erweist sich sohin der am 01.10.2024 eingebrachte Vorlageantrag als verspätet. Die Beschwerdevorentscheidung vom 30.08.2024 wurde somit rechtskräftig und steht die Rechtskraft einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen. Der Vorlageantrag war daher im Ergebnis spruchgemäß als verspätet zurückzuweisen.
3.8. Festzuhalten ist, dass mit der in Rechtskraft erwachsenen Beschwerdevorentscheidung vom 30.08.2024 lediglich die (zweite) Beschwerde mit Eingabe vom 21.08.2024 gegen den Ausgangsbescheid vom 30.08.2023 erledigt ist, zumal es sich bei der Beschwerdevorentscheidung vom 30.08.2024 lediglich um eine Zurückweisung der Beschwerde vom 21.08.2024 handelte. Die Beschwerdevorentscheidung tritt in einem derart gelagerten Fall nicht an die Stelle des Ausgangsbescheides (vgl. VwGH 14.09.2016, Ra 2015/08/0145), weshalb die (ursprüngliche) Beschwerde vom 24.09.2023 gegen den Ausgangsbescheid vom 30.08.2023 durch das AMS unerledigt blieb. Über die Beschwerde vom 24.09.2023 erging nunmehr das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2025 zur Zl. W269 2310008-1.
3.9. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben angeführten Judikaturnachweise). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.