Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 18.06.2024, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit am 13.03.2024 eingelangtem Antragsformular beantragte die Beschwerdeführerin die Befreiung von der Beitragspflicht des ORF-Beitrags und den damit verbundenen Abgaben sowie die Befreiung von der Entrichtung der erneuerbaren-Förderpauschale. Dem Antrag legte sie außerdem diverse Unterlagen wie eine Studienbestätigung, einen ZMR-Auszug, ihren Monatsbezug bei einem näher genannten Dienstgeber, sowie ihre Jahresabrechnung Strom bei.
Mit Schreiben vom 29.04.2024 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zur Vorlage eines Nachweises über eine Anspruchsgrundlage sowie Unterlagen zur Einkommensberechnung binnen zwei Wochen auf.
Die Beschwerdeführerin reichte am 15.05.2024 die Einkommensnachweise aus Dezember 2023, sowie Jänner und Februar 2024 nach.
Die belangte Behörde wies den Antrag der Beschwerdeführerin mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 18.06.2024 zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus wie folgt:
„Ihr Antrag vom 13.03.2024 auf
∙ Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages
∙ Befreiung von den Erneuerbaren-Förderkosten (Erneuerbaren-Förderpauschale und Erneuerbaren-Förderbeitrag)
Strom-Zählpunktnummer 1: XXXX
wird zurückgewiesen. Der ORF-Beitrag ist fristgerecht zu bezahlen.
Begründung:
In unserem letzten Schreiben haben wir Sie aufgefordert, fehlende Angaben bzw. Unterlagen
nachzureichen.
Wir haben Sie darauf hingewiesen, dass wir Ihren Antrag zurückweisen müssen, falls die
benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht werden.
Folgende Angaben bzw. Unterlagen wurden nicht nachgereicht:
- -
• Nachweis über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen
Hand). Dies können beispielsweise sein:
o Pflegegeldbescheid oder sonstiger Nachweis, dass Sie Pflegegeld beziehen.
o Bestätigung eines Gehörlosenvereins oder des fachärztlichen Attests über den Verlust des
Hörvermögens bzw. des Bescheids vom Bundessozialamt über den Grad der Gehörlosigkeit
o Letztgültige Pensions-Aufgliederung (gegebenenfalls auch Waisen-oder Witwenpension) oder im Fall
einer sonstigen wiederkehrenden Leistung Kriegsopferrente, Heeresversorgungsrente,
Opferfürsorgerente, Verbrechensopferrente oder Unfallrente
o Aktuelle Taggeldbestätigung bzw. aktuellen Bescheinigung des Arbeitsmarktservices.
o Bescheid einer Beihilfe nach dem Studienförderungsgesetz bzw. Schülerbeihilfengesetz.
o Nachweis über laufende Leistungen aus der Sozialhilfe, der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Bedürftigkeit
Gesetzlicher Anspruch (Rezeptgebührenbefreiung/Bezug der Studienbeihilfe/etc.) wurde
nicht nachgewiesen.
Daher war spruchgemäß zu entscheiden.“
Mit Beschwerde vom 09.07.2024 führte die Beschwerdeführerin aus, dass ihrerseits derzeit eine soziale Bedürftigkeit bestehe, auch wenn sie diese nicht – wie von der belangten Behörde gefordert – durch eine der genannten Transferleistungen der öffentlichen Hand begründen könne.
Am 14.04.2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der obige Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf den unzweifelhaften, von der belangten Behörde bzw. dem Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A):
3.1. Wird ein Antrag von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145). Dem Verwaltungsgericht ist es verwehrt, über diesen Rahmen hinaus in einer Entscheidung über die „Hauptsache“ vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (VwGH 09.03.2023, Ra 2020/07/0121).
Im vorliegenden Fall ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Anbringens der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde wegen der Nichterbringung der mit dem Mängelbehebungsauftrag geforderten Nachweise zu Recht erfolgte.
3.2. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur (sofortigen) Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Eine Behörde darf nur dann nach § 13 Abs. 3 AVG vorgehen, wenn das Anbringen einen Mangel aufweist. Was unter einem Mangel schriftlicher Eingaben im Sinne des § 13 AVG zu verstehen ist, muss der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden. Als Mangel ist insbesondere das Fehlen von Belegen anzusehen, wenn die Partei aufgrund des Gesetzes erkennen konnte, welche Unterlagen erforderlich sind (VwGH 31.01.2012, 2009/05/0044).
Von den Mängeln des Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind Umstände zu unterscheiden, die die Erfolgsaussichten betreffen und die gegebenenfalls zur Abweisung führen (VwGH 09.09.2020, Ra 2019/22/0212).
3.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes enthalten die §§ 47 bis 49 Fernmeldegebührenordnung, auf die § 3 Abs. 5 RGG hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Befreiung von den Rundfunkgebühren verweist, keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre. Die Anordnung in § 51 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung, die „gemäß § 50 erforderlichen Nachweise“ anzuschließen, ist angesichts des Umstandes, dass darin keine konkreten Belege oder Urkunden genannt sind, die für den Nachweis erforderlich wären, nicht geeignet, eine ausdrückliche Anordnung in dem Sinn darzustellen, dass das Fehlen eines bestimmten, von der belangten Behörde im Einzelfall für erforderlich erachteten Nachweises als Fehlen einer erforderlichen Beilage im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gedeutet werden könnte. Dies erhellt auch bereits aus § 50 Abs. 4 Fernmeldegebührenordnung, der angesichts der grundsätzlichen Anwendbarkeit des AVG im Verfahren der belangten Behörde zur Einhebung der Rundfunkgebühren und im Befreiungsverfahren überflüssig wäre, wenn eine Aufforderung bereits aufgrund § 13 Abs. 3 AVG zulässig und geboten wäre (VwGH 16.11.2022, Ra 2020/15/0040; 18.12.2017, Ro 2016/15/0042; 09.06.2010, 2006/17/0161).
Da sich die Aufforderung der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin sohin auf keine verbesserungsfähigen Mängel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG bezog, war die Zurückweisung nicht berechtigt und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Damit ist das Administrativverfahren wieder unerledigt und von der belangten Behörde inhaltlich zu entscheiden.
3.4. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die vorliegende Entscheidung folgt der unter A) zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.