JudikaturBVwG

W224 2309583-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
08. April 2025

Spruch

W224 2309583-1/2E

BEschluss

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL-HAIDER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Senats der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien vom 06.02.2025, Zl. 11906575, den Beschluss:

A)

Das Beschwerdeverfahren wird als gegenstandslos geworden erklärt und eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 26.09.2023 einen Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Bachelorstudium Slawistik an der Universität Wien. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 20.10.2023 für den Zuerkennungszeitraum Wintersemester 2023/2024 und Sommersemester 2024 abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wurde keine Folge gegeben und der Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 16.04.2024 ab. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

2. Am 13.03.2024 stellte die Beschwerdeführerin einen weiteren Antrag auf Zuerkennung von Studienbeihilfe. Dieser bezog sich auf den Zuerkennungszeitraum Sommersemester 2024 und Wintersemester 2024/2025. Mit Bescheid vom 02.07.2024 setzte die Studienbeihilfenbehörde das Verfahren betreffend den Antrag vom 13.03.2024 – sohin den Antrag betreffend das Sommersemester 2024 und das Wintersemester 2024/2025 – gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe vom 26.09.2023 betreffend Wintersemester 2023/2024 und Sommersemester 2024 aus. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an den Senat der Studienbeihilfenbehörde. Der Senat der Studienbeihilfenbehörde setzte mit Bescheid vom 21.10.2024 das Verfahren zum Antrag vom 13.03.2024 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe vom 26.09.2023 für den Zeitraum Wintersemester 2023/24 und Sommersemester 2024 aus. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde.

3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2024, W129 2297617-1/2E, wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin betreffend die Abweisung des Antrags auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Wintersemester 2023/2024 und das Sommersemester 2024 (auf Grundlage des Antrags vom 26.09.2023) als unbegründet abgewiesen.

4. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 07.01.2025 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 13.03.2024 auf Gewährung einer Studienbeihilfe bewilligt und ihr von März 2024 bis Februar 2025 (Sommersemester 2024 und Wintersemester 2024/2025) Studienbeihilfe gewährt.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 06.02.2025 hob der Senat der Studienbeihilfenbehörde den Bescheid vom 02.07.2024, mit welchem die die Studienbeihilfenbehörde das Verfahren betreffend den Antrag vom 13.03.2024 – sohin den Antrag betreffend das Sommersemester 2024 und das Wintersemester 2024/2025 – gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe vom 26.09.2023 betreffend Wintersemester 2023/2024 und Sommersemester 2024 aussetzte, ersatzlos auf.

6. Am 16.02.2025 stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Vorlageantrag, in welchem sie im Wesentlichen geltend machte, durch die ersatzlose Aufhebung „der Bescheide vom 02.07.2024 und 21.10.2024“ sei ihrem „Beschwerdeantrag“ „nicht zur Gänze stattgegeben“ worden.

7. Mit Schreiben vom 19.03.2025, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 21.03.2025, legte die Studienbeihilfenbehörde die Bezug habenden Verwaltungsakten vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Verfahren betreffend Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe vom 13.03.2024 betreffend das Sommersemester 2024 und das Wintersemester 2024/2025 war bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe vom 26.09.2023 betreffend den Zeitraum Wintersemester 2023/24 und Sommersemester 2024 bescheidmäßig ausgesetzt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2024, W129 2297617-1/2E, wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin betreffend die Abweisung des Antrags auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Wintersemester 2023/2024 und das Sommersemester 2024 (auf Grundlage des Antrags vom 26.09.2023) als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 07.01.2025 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 13.03.2024 auf Gewährung einer Studienbeihilfe bewilligt und ihr von März 2024 bis Februar 2025 (Sommersemester 2024 und Wintersemester 2024/2025) Studienbeihilfe gewährt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Gegenstandsloserklärung und Einstellung

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer Vorfrage iSd §§ 38 und 69 Abs. 1 Z 3 AVG eine für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen, über die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder Gerichten oder auch von derselben Behörde, jedoch in einem anderen Verfahren, zu entscheiden ist. Präjudiziell – und damit Vorfragenentscheidung im verfahrensrechtlich relevanten Sinn – ist nur eine Entscheidung, die erstens eine Rechtsfrage betrifft, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar, d.h. eine notwendige Grundlage ist, und zweitens diese in einer die Verwaltungsbehörde bindenden Weise regelt. Dass es sich bei der Vorfrage um eine Frage handeln muss, über die von der anderen Behörde als Hauptfrage zu entscheiden ist, ergibt sich daraus, dass der besondere prozessökonomische Sinn der Vorschrift des § 38 leg.cit. nur dann erreicht werden kann, wenn die andere Entscheidung, deren Ergehen abgewartet wird, in der Folge die Behörde bindet, wobei eine solche Bindungswirkung jedoch immer nur eine Entscheidung über eine Hauptfrage entfaltet (vgl. etwa VwGH 10.11.2023, Ra 2021/17/0114; 27.06.2019, Ra 2019/02/0017; 29.08.2018, Ro 2017/17/0022). „Sache“ einer rechtskräftigen Entscheidung ist dabei der im Erkenntnis enthaltene Ausspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, die durch die Entscheidung ihre Erledigung gefunden hat. Dabei spielt die Begründung lediglich insoweit eine Rolle, als sie zur Auslegung des Spruches heranzuziehen ist. Die getroffenen Tatsachenfeststellungen und deren rechtliche Zuordnung sind für sich allein ebenso wenig entscheidend, wie die in der Begründung beantworteten Vorfragen (s. VwGH 09.08.2021, Ro 2020/04/0012, mwN).

Da zufolge Wegfalls des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Aussetzungsgrundes das Verfahren betreffend den Antrag der Beschwerdeführerin vom 13.03.2024 auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Sommersemester 2024 und das Wintersemester 2024/2025 auch bereits fortgesetzt wurde, kann die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin auch durch ein stattgebendes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts im vorliegenden Verfahren nicht verbessert werden. In einem solchen Fall ist zufolge nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses die Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. (vgl. etwa VwGH 11.5.2009, 2008/18/0301, mwN; 18.3.2014, 2013/22/0327).

Eine solche Konstellation ist im vorliegenden Fall ungeachtet des von der Beschwerdeführerin aufrecht erhaltenen Begehrens auf eine inhaltliche Entscheidung anzunehmen. Selbst eine allfällige Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides könnte nicht bewirken, dass das Rechtschutzbedürfnis als immer noch aufrecht einzustufen wäre, ist Gegenstand des angefochtenen Bescheides doch ausschließlich die Aussetzung gemäß § 38 AVG und nicht die Frage, ob Studienbeihilfe gewährt wird oder nicht. Auch durch ein stattgebendes Erkenntnis könnte die Beschwerdeführerin nur die Fortsetzung ihres Studienbeihilfenverfahrens erwirken. Diese Fortsetzung ist – wie ausgeführt – jedoch bereits erfolgt.

Letztlich wird an dieser Stelle darauf verwiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht berufen ist, eine Entscheidung lediglich über abstrakt-theoretische Rechtsfragen zu treffen, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (siehe VwGH 31.01.2018, Ra 2018/10/0022).

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (siehe Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen, entspricht der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.