Spruch
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von Vzlt XXXX , vertreten durch Gradischnig Gradischnig Niederleitner Rechtsanwälte, gegen das Disziplinarerkenntnis des Kommandanten des Pionierbataillons 1 vom 10.09.2024, GZ XXXX PiB1/Kdo/S1Grp/2024, betreffend Verhängung einer Geldbuße, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 3 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Disziplinarbehörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Note vom 15.10.2024 legte das Kdo XXXX eine Beschwerde des Vzlt XXXX (im Folgenden kurz BF) und „gegenständlichen Akt“ elektronisch dem Bundesverwaltungsgericht vor. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Vorlage aufgrund einer Datenbeschränkung in drei Teilen erfolgen werde; ein Aktenspiegel wurde nicht vorgelegt.
Nachträglich wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 23.10.2024 das verfahrensgegenständliche Disziplinarerkenntnis des Kommandanten des XXXX sowie die Beschwerde elektronisch vorgelegt, da diese Schriftstücke in der elektronischen Aktenvorlage tatsächlich nicht enthalten waren.
2. Mit diesem Disziplinarerkenntnis wurde der BF schuldig erkannt, dass er sich am 14.05.2024 ein aufgrund Ablauf des Haltbarkeitsdatums auszuscheidendes Ölfass mit dem Restinhalt von 137l Motoröl widerrechtlich angeeignet habe, 20l davon weitergegeben habe, danach das Ölfass mit einem Heereskraftfahrzeug zu sich nach Hause verbracht habe und dort in einen Ölkanister eine unbekannte Menge an Motoröl abgefüllt habe (Spruchpunkt 1) und am 14.05.2024 nach durchgeführter Tathandlung gegenüber seinem Einheitskommandanten und Vorgesetzten eine vorsätzliche Falschmeldung durchgeführt habe, indem er aussagte, dass er das auszuscheidende Motoröl ordnungsgemäß in der Ölentsorgungsstelle entsorgt hätte und das leere Ölfass bei der Betriebsstaffel abgegeben hätte (Spruchpunkt 2). Der BF habe dadurch gegen § 43 Abs. 1 BDG 1979 (Spruchpunkt 1) und gegen § 44 Abs. 2 BDG 1979 (Spruchpunkt 2) verstoßen und eine Pflichtverletzung nach dem HDG 2014 begangen, weshalb eine Geldbuße in der Höhe von € 460,- verhängt wurde. Hinsichtlich zwei weiterer Vorwürfe wurde der BF nicht schuldig erkannt.
Mit Beschwerde vom 23.09.2024, nach Angabe der Behörde bei ihr am 24.09.2024 und somit rechtzeitig eingelangt, wurde das Disziplinarerkenntnis dem gesamten Umfang nach angefochten. Zu Spruchpunkt 1 wurde ausgeführt, dass für den BF klar gewesen wäre, dass das Bundesheer nicht mehr Eigentümerin eines auszuscheidenden Öls sei, weshalb er einen Kanister davon über dessen Ersuchen einem Kameraden gegeben habe und das Ölfass auf das Grundstück seines Vaters verbracht habe. Für eine Entwendung benötige man einen Vorsatz, dieser könne ihm nicht nachgewiesen werden, weshalb er vom Vorwurf, er hätte ausgeschiedenes Öl unrechtmäßig dem BH entzogen freigesprochen wurde.
Zu Spruchpunkt 2 wurde ausgeführt, dass es eine Diskussion gegeben hätte, wo das ausgeschiedene Ölfass sei. Er habe deshalb den Entschluss gefasst, es wieder bis zum Abend in die Kaserne zurückzustellen und habe dem Hptm XXXX auf dessen Frage, wo das Ölfass sei, gesagt, dass es entsorgt wurde.
Ein Schaden sei dem Bundesheer nicht entstanden. Beantragt wurde ein Freispruch.
3. Nach einer weiteren Durchsicht des elektronisch vorgelegten Verwaltungsaktes durch die zuständige Richterin wurde festgestellt, dass sich mit Ausnahme des Disziplinarerkenntnisses und der Beschwerde alle weiteren vorgelegten Unterlagen offenkundig nicht auf das gegenständliche (sondern andere) Disziplinarverfahren bezogen und die in der Aktenvorlage genannten Beilagen tatsächlich nicht vorgelegt worden waren. Insbesondere waren aus dem Beilagenverzeichnis der Aktenvorlage Ladungen zu einer mündlichen Verhandlung ersichtlich, jedoch keine entsprechende Verhandlungsschrift.
Über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 27.01.2024 einlangend den vorhandenen Disziplinarakt betreffend das gegenständliche Verfahren, insbesondere den Ermittlungsbericht der Militärpolizei mit den Protokollen der Beschuldigten- und Zeugeneinvernahmen vor. Gleichzeitig wurde seitens der Behörde mitgeteilt, dass am 10.09.2024 eine mündliche Verhandlung in der gegenständlichen Disziplinarsache durchgeführt und das Disziplinarerkenntnis mündlich verkündet worden sei, jedoch eine Verhandlungsschrift darüber nicht aufgenommen worden sei. Sämtliche Unterlagen seien dem Rechtsvertreter des BF jedoch am 17.09.2024 in Hardcopy übermittelt worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
1.1. Zur Person des Beschuldigten (BF)
Der BF ist Unteroffizier beim Österreichischen Bundesheeres und führt den Dienstgrad Vizeleutnant.
1.2. Zum Sachverhalt
Der oben im Verfahrensgang dargestellte Sachverhalt konnte aufgrund der Aktenlage festgestellt werden.
Der Sachverhalt zu Spruchpunkt 2.) der angelasteten Pflichtverletzung, nämlich, dass der Beschwerdeführer am 15.05.2024 zur Mittagszeit eine Falschmeldung an seinen Einheitskommandanten durchführte, indem er wahrheitswidrig angab, das auszuscheidende Altöl bereits in der Ölentsorgungsstelle einer Kaserne entsorgt zu haben, obwohl er es zu diesem Zeitpunkt zur väterliche Landwirtschaft verbracht hatte, erscheint aus der vorliegenden Aktenlage geklärt und wird letztlich auch in der Beschwerde nicht bestritten.
Der Sachverhalt zu Spruchpunkt 1.) der angelasteten Pflichtverletzung lässt sich aus dem angefochtenen Bescheid – auch im Zusammenhalt mit der Beschwerde und den übrigen Aktenbestandteile - nicht vollständig nachvollziehen.
Insbesondere bestreitet der Beschwerdeführer eine widerrechtliche Aneignung mit dem Argument, dass das Bundesheer nicht mehr Eigentümer des Ölfasses gewesen wäre und behauptet, dass dies auch ein näher genannter Zeuge so angegeben hätte.
Auch wenn diese Argumentation wenig überzeugend erscheint, weil nicht anzunehmen ist, dass Bedienstete berechtigt wären, auszuscheidende Betriebs- oder Sachmittel des Bundesheeres nach Gutdünken, noch dazu mit einem Heeres-KFZ nach Hause mitzunehmen, erscheint eine Klärung dieser Frage unumgänglich.
Im bekämpften Bescheid wird dazu unter Seite 5 ausgeführt, dass der BF „als ausgebildeter TUO wissen muss, wie die fachgerechte und vorschriftenkonforme Entsorgung von Motoröl zu erfolgen hat. Dies wurde vom Beschuldigten […] auch zugegeben. Es muss daher angenommen werden, dass [der BF] darüber Bescheid wusste, dass auch ausgeschiedenes Motoröl nicht in seinen Besitz übergeht, sondern bis zur fachgerechten Entsorgung im Eigentum des ÖBH bleibt.“ Allerdings wird die hier angesprochene Vorschriften- und Befehlslage nicht weiter angeführt und findet sich auch nicht im Disziplinarakt.
Unklar erscheint weiters, ob der BF zur Anlastung nach Spruchpunkt 1.) tatsächlich geständig ist, wie dies als strafmildernd im bekämpften Disziplinarerkenntnis angeführt ist, da der Beschwerdeführer gleichzeitig in der Beschwerde Gegenteiliges ausführt.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zuständigkeit
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor (vgl. § 75 HDG).
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, liegen die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vor, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Letzteres ist hier der Fall.
Zu A)
2.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Heeresdisziplinargesetzes 2014 – HDG 2014, BGBl I. Nr. 2/2014, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I. 77/2024 von Bedeutung (auszugsweise, Hervorhebungen durch BVwG):
„Kommandantenverfahren
Anwendungsbereich
§ 59. Im Kommandantenverfahren ist zu entscheiden über Pflichtverletzungen von 1. Soldaten, die Präsenzdienst leisten, 2. Soldaten, die dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehören, sofern keine strengere Strafe als die Geldbuße erforderlich ist, und 3. Wehrpflichtigen des Miliz- und Reservestandes.
Zuständigkeit
§ 60. (1) Zur Entscheidung über Pflichtverletzungen von Soldaten sind als Disziplinarkommandanten zuständig 1. der Einheitskommandant für die Erlassung von Disziplinarverfügungen und 2. der Disziplinarvorgesetzte für die Erlassung von Disziplinarerkenntnissen.
(2) Zur Entscheidung über Pflichtverletzungen von Wehrpflichtigen des Miliz- und Reservestandes ist jedenfalls der Disziplinarvorgesetzte zuständig.
Einleitung des Verfahrens
§ 61. (1) Gelangt dem für den Verdächtigen zuständigen Disziplinarkommandanten der Verdacht einer Pflichtverletzung zur Kenntnis, so hat diese Behörde zunächst den Sachverhalt zu prüfen. Liegen die Voraussetzungen für das Kommandantenverfahren vor, so hat der zuständige Disziplinarkommandant, der von diesem Sachverhalt zuerst Kenntnis erlangt hat, das Verfahren durch eine erste Verfolgungshandlung gegen den Verdächtigen einzuleiten. Die erfolgte Einleitung ist dem Beschuldigten, sofern das Verfahren nicht unmittelbar nach dieser Verfolgungshandlung eingestellt wird, unter Angabe der näheren Umstände der zugrunde liegenden Pflichtverletzung unverzüglich formlos mitzuteilen.
(2) Hinsichtlich Wehrpflichtiger des Miliz- und Reservestandes tritt an die Stelle des Einheitskommandanten der für den Verdächtigen zuständige Disziplinarvorgesetzte.
Durchführung des ordentlichen Verfahrens
§ 62. (1) Dem Beschuldigten sind die Erhebungsergebnisse vorzuhalten. Eine mündliche Verhandlung ist durchzuführen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhaltes notwendig oder zweckmäßig erscheint. Die Disziplinarbehörde darf aus ihrem Zuständigkeitsbereich erforderliche Hilfskräfte zu einer solchen Verhandlung beiziehen. Findet keine mündliche Verhandlung statt, so ist das Ermittlungsverfahren schriftlich durchzuführen.
(2) Liegen die Voraussetzungen für das abgekürzte Verfahren nicht vor, so hat der Einheitskommandant dem Disziplinarvorgesetzten Meldung zu erstatten. In diesem Falle hat der Disziplinarvorgesetzte 1. das Disziplinarverfahren als ordentliches Verfahren durchzuführen oder 2. die Disziplinaranzeige zu erstatten, wenn bei einem Soldaten, der dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehört, eine Geldstrafe oder die Entlassung oder die Unfähigkeit zur Beförderung oder die Degradierung erforderlich erscheint.
(3) Das Verfahren ist durch die Disziplinarkommandanten formlos einzustellen, wenn 1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Pflichtverletzung nicht begangen hat oder diese Pflichtverletzung nicht erwiesen werden kann oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, oder 2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Pflichtverletzung darstellt oder 3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder 4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von weiteren Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken.
Wurde einem Beschuldigten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens bereits mitgeteilt, so ist ihm auch die formlose Einstellung des Verfahrens unter Hinweis auf den Einstellungsgrund nach Z 1 bis 4 mitzuteilen.
(4) Wird hinsichtlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Pflichtverletzung eine Disziplinaranzeige erstattet, so gilt das Verfahren ab dem Zeitpunkt der Erstattung dieser Anzeige als eingestellt. Dies gilt auch, wenn der Beschuldigte hinsichtlich einer solchen Pflichtverletzung die Einleitung eines Kommissionsverfahrens gegen sich selbst beantragt, ab dem Zeitpunkt des Einlangens dieses Antrages beim Disziplinarvorgesetzten.
(5) Wird das Disziplinarverfahren nicht eingestellt, so ist ein Disziplinarerkenntnis zu fällen.
Disziplinarerkenntnis
§ 63. (1) Disziplinarerkenntnisse können mündlich oder schriftlich ergehen. Sie sind in jedem Fall schriftlich zu erlassen, sofern 1. eine Geldstrafe oder die Unfähigkeit zur Beförderung oder die Degradierung verhängt wird oder 2. der Beschuldigte im Zeitpunkt der Erlassung dem Miliz- oder Reservestand angehört.
(2) Ergeht ein Disziplinarerkenntnis nach einer mündlichen Verhandlung, so ist nur darauf Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist.
(3) Der Spruch des Disziplinarerkenntnisses hat zu enthalten 1. die als erwiesen angenommenen Taten, 2. die durch die Taten verletzten Pflichten, 3. die verhängte Strafe oder einen Schuldspruch ohne Strafe, 4. den allfälligen Ausschluss der Veröffentlichung und 5. die angewendeten gesetzlichen Bestimmungen.
(4) Der Inhalt und die Verkündung eines mündlich ergangenen Disziplinarerkenntnisses ist, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schluss der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden.
Beschwerden gegen Disziplinarerkenntnisse
§ 65. (1) Die Beschwerdefrist gegen Disziplinarerkenntnisse beträgt zwei Wochen. Gehört der Beschuldigte in jenem Zeitpunkt, in dem das Disziplinarerkenntnis gefällt wird, dem Miliz- oder Reservestand an, so beträgt die Beschwerdefrist vier Wochen.
…….
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat zu § 28 VwGVG ua. folgende einschlägigen Aussagen getroffen:
Angesichts des in § 28 VwGVG 2014 insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG 2014 verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG 2014 insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; 10.09.2014, Ra 2014/08/0005).
Für eine den §§ 58, 60 AVG entsprechende Begründung eines Bescheides ist es erforderlich, jenen Sachverhalt, den die Behörde als erwiesen annimmt, unzweideutig in eigenen Worten festzustellen. Eine Begründung, in der die belangte Behörde nicht preisgibt, von welchem konkreten Sachverhalt sie überhaupt ausgegangen ist, genügt diesen Anforderungen nicht (vgl. E 16. November 2012, 2012/02/0203, VwGH 09.10.2014, 2013/02/0269).
Dem Verstoß gegen die Begründungspflicht gem. §§ 58 Abs 2 und 60 iVm § 67 AVG 1950 liegt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dann vor, wenn die belangte Behörde bei Einhaltung derselben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (Hinweis E 14.11.1980, 753/78, VwGH 19.03.1991, 87/05/0196).
2.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes (Zurückverweisung)
Gemäß § 28 Abs 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.
Im vorliegenden Fall wurde das Disziplinarverfahren als ordentliches Verfahren geführt.
Gemäß § 61 Abs. 1 HDG sind in diesem Verfahren dem Beschuldigten die Erhebungsergebnisse vorzuhalten, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhaltes notwendig oder zweckmäßig erscheint, oder, wenn keine mündliche Verhandlung stattfindet, ein schriftliches Ermittlungsverfahren durchzuführen.
Diese Verfahrensvorschriften wurden nicht eingehalten.
Durch die belangte Behörde wurde auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes mitgeteilt, dass eine Verhandlung durch den Bataillonskommandanten durchgeführt worden sei, im Zuge derer dem Beschuldigten Parteiengehör eingeräumt worden sei und das Disziplinarerkenntnis mündlich verkündet worden sei, die Aufnahme einer Verhandlungsschrift sei jedoch irrtümlich unterblieben. Entgegen diesen Angaben ist -wie im Folgenden aufgezeigt wird - eine mündliche Verhandlung nicht durchgeführt worden und liegt gegenständlich auch keine mündliche Verkündung des Disziplinarerkenntnisses vor.
Gemäß § 63 Abs. 4 HDG 2014 ist der Inhalt und die Verkündung eines mündlich ergangenen Disziplinarerkenntnisses, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schluss der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden. Gemäß § 14 Abs. 1 2. Satz AVG sind Niederschriften über Verhandlungen (Verhandlungsschriften) derart abzufassen, dass bei Weglassung alles nicht zur Sache Gehörigen der Verlauf und Inhalt der Verhandlung richtig und verständlich wiedergegeben wird. Gemäß § 14 Abs. 2 AVG hat jede Niederschrift außerdem (1.) Ort, Zeit und Gegenstand der Amtshandlung und, wenn schon frühere darauf bezügliche Amtshandlungen vorliegen, erforderlichenfalls eine kurze Darstellung des Standes der Sache und (2.) die Bezeichnung der Behörde und die Namen des Leiters der Amtshandlung und der sonst mitwirkenden amtlichen Organe, der anwesenden Beteiligten und ihrer Vertreter sowie der etwa vernommenen Zeugen und Sachverständigen zu enthalten. Gemäß § 14 Abs. 5 1. und 2 Satz AVG ist die Niederschrift vom Leiter der Amtshandlung und den beigezogenen Personen zu unterschreiben.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes setzt eine wirksame mündliche Verkündung eines Bescheides – ein solcher ist auch ein Disziplinarerkenntnis – jedoch voraus, dass nicht nur die Tatsache seiner Verkündung, sondern auch der Bescheidinhalt (zumindest der Spruch) in Form einer Niederschrift festgehalten wird, widrigenfalls von einer Bescheiderlassung nicht gesprochen werden kann (VfGH 24.09.2014, B1020/2012 ua).
Im gegenständlichen Fall liegt weder eine Verhandlungsschrift noch eine besondere Niederschrift zur Beurkundung des verkündeten Erkenntnisses vor, sodass im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung ein Bescheid mündlich nicht erlassen worden ist.
Allerdings hat das den Bescheid erlassende Organ dem BF offenkundig eine unterschriebene Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses ausgehändigt, sodass im vorliegenden Fall ein Erkenntnis schriftlich ergangen ist.
Gemäß § 62 Abs. 1 HDG 2014 darf im ordentlichen Verfahren – im Gegensatz zum abgekürzten Verfahren nach § 64 HDG 2014 - ein Disziplinarerkenntnis, sofern keine mündliche Verhandlung stattfindet, nur nach einem schriftlichen Ermittlungsverfahren ergehen. Im gegenständlichen Fall wurde eine mündliche Verhandlung, wie oben ausgeführt nicht durchgeführt, nach der Aktenlage ist auch kein ein schriftliches Ermittlungsverfahren geführt worden. Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde ist aufgrund eines fehlenden Ermittlungsverfahrens bzw. aufgrund der Nichtaufnahme einer Niederschrift über den Gang der mündlichen Verhandlung im Ergebnis so mangelhaft, dass die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides unvermeidlich ist.
Im fortgesetzten Verfahren wird die zuständige Disziplinarbehörde die dargestellten Mängel – insbesondere durch ein Ermittlungsverfahren nach § 62 Abs. 1 HDG 2014 - zu verbessern und sodann allenfalls ein neues Erkenntnis mit einer Begründung, die auch auf die vom BF in seiner Beschwerde gerügten Umstände nachvollziehbar eingeht, zu erlassen haben.
Die Vornahme der notwendigen Erhebungen durch das BVwG selbst verbietet sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen des VwGH und unter Effizienzgesichtspunkten. Die ausstehenden Ermittlungen bzw. Vernehmungen müssten aufgrund des Unmittelbarkeitsprinzips in einer oder mehreren Verhandlungen vor dem BVwG durchgeführt werden, was jedenfalls kostenintensiver ist, als die Einvernahme durch die Disziplinarbehörde vor Ort.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.