Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin DIEHSBACHER als Vorsitzenden und die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA sowie den fachkundigen Laienrichter RgR Johann PHILIPP über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 08.05.2024, OB XXXX , zu Recht erkannt:
A.)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B.)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: „BF“) verfügt seit 20.12.1999 (auf Grundlage der Richtsatzverordnung) über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70%.
Am 14.4.2022 beantragte der BF – unter Vorlage diverser Befunde – beim Sozialministeriumservice (im Folgenden kurz: „SMS“) die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.
2. Im Gefolge seines Antrags holte das SMS ein Sachverständigengutachten ein und wurde der BF am 28.10.2022 von Dr. B. G., Arzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Orthopädie, untersucht. In dem in weiterer Folge am 10.11.2022 erstellten medizinischen Sachverständigengutachten wurde als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung sodann zusammengefasst folgt festgehalten:
Im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde wie folgt ausgeführt: „Die Mobilität des Patienten ist aufgrund seiner Beschwerden des Bewegungsapparates und speziell des linken Kniegelenkes sicher eingeschränkt. Kurze Wegstrecken (400m) können aber aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, bei Verwendung orthopädischer Maßschuhe mit hohem Schaft und gegebenenfalls einer einfachen Gehhilfe, zurückgelegt werden. Es können höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel bei Verwendung eines Handlaufes ausreichend sicher überwunden werden. Es besteht keine höhergradige Einschränkung der Standhaftigkeit. Dies insbesondere im Bezug auf das sichere Stehen, die Sitzplatzsuche oder bei einer notwendig werdende Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt. Die Benützung von Haltegriffen und Haltestangen ist mit beiden Armen möglich.“
3. Mit Schreiben vom 10.11.2022 übermittelte das SMS dem BF das Gutachten von Dr. B. G. vom 10.11.2022 und räumte ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ein.
4. Mit Stellungnahme vom 21.11.2022 brachte der BF vor, dass sein Herzinfarkt mit darauf folgenden Stentsetzungen nicht berücksichtigt worden sei. Entsprechende Unterlagen habe er nachgereicht.
5. Im Gefolge seiner Stellungnahme holte des SMS ein weiteres Sachverständigengutachten ein und wurde der BF am 28.3.2023 von Dr. W. A., Arzt für Allgemeinmedizin, untersucht. In dem in weiterer Folge am 5.6.2023 erstellten medizinischen Sachverständigengutachten wurde als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung sodann zusammengefasst folgt festgehalten:
Im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde wie folgt ausgeführt: „Kurze Wegstrecken (400m) können aber aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, bei Verwendung orthopädischer Maßschuhe mit hohem Schaft und gegebenenfalls einer einfachen Gehhilfe, zurückgelegt werden. Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, bei Verwendung eines Handlaufes, können ausreichend sicher überwunden werden. Es besteht keine höhergradige Einschränkung der Standhaftigkeit.“
6. Mit Schreiben vom 20.6.2023 übermittelte das SMS dem BF das Gutachten von Dr. W. A. vom 5.6.2023 und räumte ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ein.
7. Mit Stellungnahme vom 5.7.2023 führte der BF aus, in der Zwischenzeit sei auch an seinem linken Knie eine Implantation einer Totalendoprothese erfolgt. Am Sprunggelenk und der Ferse rechts sowie dem Sprunggelenk links sei ein permanenter Schmerz spürbar; dies mehr oder weniger je nach Belastung. Die Kreuzschmerzen im Bereich Lendenwirbelsäule, verursacht durch die Verplattung L 5 - S 1, würden sich in einem stechenden und lähmenden Schmerz äußern. Die angegebenen 200 Meter Wegestrecke könnten wenn überhaupt nur unter entsprechenden Schmerzen zurückgelegt werden; sie seien eine sogenannte Maximalstrecke. Es komme dazu, dass der BF als alleinstehende Person alle anfallenden Erledigungen selbst bewerkstelligen müsse. Wie die im Gutachten angeführten 400 Meter (kurze Wegstrecke) zustande kommen, sei ihm unbekannt.
8. Im Gefolge der Stellungnahme des BF holte des SMS ein weiteres (drittes) Sachverständigengutachten ein und wurde der BF am 21.3.2024 von Dr. E. B., Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie, untersucht. In dem am 2.4.2024 erstellten Gutachten wird sodann eingangs auszugsweise wie folgt ausgeführt:
„Derzeitige Beschwerden:
Beschwerden verursachen beide Kniegelenke, das Kreuz und die Sprunggelenke.
Morgens oder beim Aufstehen nach längerem Sitzen bestehen Beschwerden in den oben genannten Regionen. Derzeit bestehen vermehrte Beschwerden im Kreuz.
Nach der KTEP-Implantation links war wieder eine Narkosemobilisation notwendig, danach wurde ein Rehaaufenthalt in St. G. absolviert. Hier hat sich die Beweglichkeit verbessert.
Gelegentlich kommt es zu einem Stich im Fersenbeinbereich rechts, dann lässt auch der rechte Fuß aus. Das kommt mehrmals täglich vor, nach ein paar hundert Metern Gehstrecke. Dann wird eine kurze Pause gemacht. Die Gehstrecke ist unterschiedlich, derzeit kommen auch vermehrte Beschwerden im linken Sprunggelenk dazu. Treppensteigen ist beschwerlich, da muss das Geländer benützt werden. Wenn es ganz schlimm ist, verwendet Herr W. Krücken, das kommt ein paar Mal im Monat vor, er hat die Krücken immer (im Auto) mit.
[…]
Untersuchungsbefund:
[…]
Klinischer Status – Fachstatus:
Wirbelsäule:
HWS: kein Druckschmerz, Streckfehlhaltung, Seitrotation 40° beidseits, mäßiger Hartspann der Nackenmuskulatur, keine radikuläre Ausstrahlung in die OE;
BWS: kein Druckschmerz, die Kyphose leicht abgeflacht, endlagige Bewegungseinschränkung in allen Ebenen;
LWS: Druckschmerz untere LWS, beide ISG druckdolent, die Lordose abgeflacht, blande Narbe median, von L3 bis S1, im oberen Narbenbereich mit dem subkutanen Gewebe verwachsen, Fingerspitzen-Boden-Abstand ca. 40cm, Lasegue rechts positiv bei 40°, links positiv bei 60°, Schmerzverstärkung durch Bragard-Manöver rechts, im Liegen keine Vorfußheber- oder -senkerschwäche, Schmerzausstrahlung in die rechte UE, keinem eindeutigen Dermatom zuordenbar;
Obere Extremitäten:
Schultergelenke: Nackengriff und Schürzengriff beidseits endlagig eingeschränkt, Abduktion beidseits 120°, Anteversion beidseits 140°;
Ellbogengelenke und Handgelenke beidseits äußerlich unauffällig, ohne wesentliche Fehlstellung, beidseits altersentsprechend beweglich;
Faustschluss beidseits vollständig, die grobe Kraft beider OE erhalten;
Untere Extremitäten:
Hüftgelenke: Extension/Flexion 0-0-100° beidseits, Außen-/Innenrotation 30-0-20° beidseits;
Kniegelenke: Extension/Flexion 0-0-120° rechts, 0-5-100° links, Streckdefizit links, blande Narbe nach KTEP-Implantation beidseits, blande Narbe Höhe medialer Tibiakondyl rechts nach Umstellungsosteotomie, beidseits bandstabil;
Sprunggelenke: beidseits äußerlich unauffällig, rechts blande punktuelle Narben nach Bohrdrahtfixation, Bewegunseinschränkung beidseits, Plantar-/Dorsalflexion rechts 20-0-10°, links 30-0-20°;
mäßige Spreizfußfehlstellung, keine wesentliche Beinlängendifferenz;
keine Ödeme;
keine Varikositas;
die Fußpulse beidseits kaum tastbar;
PSR beidseits unterlebhaft auslösbar;
ASR rechts nicht, links schwach auslösbar;
Gesamtmobilität – Gangbild:
Verlangsamtes, leicht links hinkendes Gangbild. Zur Untersuchung kommt Herr W. ohne Gehbehelf, die Gehstrecke ist schmerzbedingt eingeschränkt.
Zehenspitzen- und Fersenstand mit Anhalten angedeutet möglich, Einbeinstand mit Anhalten beidseits gut möglich.“
Als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wurde zusammengefasst wie folgt festgehalten:
Als Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten wurde ausgeführt, die Bewertung der Leiden erfolge aufgrund der vorgelegten Befunde, der Medikamentenliste und des klinischen Zustandsbildes anhand der derzeit gültigen Einschätzungsverordnung. Die Einschätzung des Behindertengrades sei nicht Gegenstand dieses Gutachtens. Die Leiden aus dem Vorgutachten vom 28.3.2023 seien unverändert - es würden weiterhin Beschwerden im Bereich beider Kniegelenke, beider Sprunggelenke und der Wirbelsäule bestehen. Eine erhebliche Verschlechterung des Gesamtzustandes sei nicht festzustellen, aktuelle Fachbefunde oder Behandlungsnachweise bezüglich der Wirbelsäulen- und Sprunggelenksbeschwerden würden nicht vorliegen. Von Seiten der koronaren Herzerkrankung bestehe ein stabiler kardialer Zustand. Neu erfasst worden seien die Leiden mit der laufenden Nummer 5 und 6, die Funktionseinschränkung beider Schultergelenke und die Schilddrüsenunterfunktion.
Zur Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde wie folgt ausgeführt: „Aufgrund der Funktionseinschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates besteht zwar eine Einschränkung der Mobilität, das Zurücklegen kurzer Wegstrecken ist aber mit Benützung entsprechender einfacher Hilfsmittel (z.B. orthopädische Schuhe, einfacher Gehbehelf) möglich. Übliche Niveauunterschiede zum Ein- und Aussteigen können mit Verwendung eines Handlaufes ausreichend sicher überwunden werden, Haltegriffe oder -stangen können ohne wesentliche Einschränkung benützt werden, eine höhergradige Beeinträchtigung der Standhaftigkeit besteht nicht.“ Als gutachterliche Stellungnahme wurde zusammengefasst ausgeführt, es bestehe zwar infolge der Funktionseinschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates eine Beeinträchtigung der Mobilität, jedoch nicht in einem Maße, das die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zulassen würde.
9. Mit Schreiben vom 5.4.2024 übermittelte das SMS dem BF das Gutachten von Dr. E. B. vom 2.4.2024 und räumte ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ein.
10. Eine Stellungnahme wurde seitens des BF nicht abgegeben.
11. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 8.5.2024 wies das SMS den Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab.
Begründend wurde – neben Darstellung der rechtlichen Grundlagen - ausgeführt, im Ermittlungsverfahren seien – insbesondere auch im Gefolge der Stellungnahme des BF vom 10.7.2023 – (weitere) Gutachten eingeholt worden; nach diesen Gutachten würden die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Dem BF sei mit Schreiben vom 5.4.2024 darüber hinaus Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens (bezüglich des Letztgutachtens von Dr. E. B. vom 2.4.2024, Anmerkung des BVwG) Stellung zu nehmen; da eine Stellungnahme hierzu innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Es hätten laut diesem Gutachten vom 2.4.2024 keine neuen Aspekte festgestellt werden können, die eine Abänderung rechtfertigen würden. Beigelegt wurde das Gutachten von Dr. E.B. vom 2.4.2024.
12. Mit Schreiben vom 28.5.2024 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des SMS vom 8.5.2024.
In seiner Beschwerde führte der BF wörtlich wie folgt aus:
„Betreffend der bei mir vorliegenden körperlichen Einschränkungen aufgrund von Unfällen und sonstiger notwendiger Eingriffe (im Bescheid angeführt), ist die Abweisung für mich nicht nachvollziehbar.
Nicht nachvollziehbar nicht nur aufgrund der vorliegenden Behinderungen und Einschränkungen sondern auch deswegen, weil es in meinem Bekanntenkreis Personen gibt, die im Besitz einer Eintragung im Behindertenpass (Parkausweis) sind, deren Einschränkungen im Vergleich zu meinen körperlichen Einschränkungen und Gebrechen eher geringfügig sind.
Eine Person hat lediglich zwei künstliche Hüften und ist im Besitz der Eintragung im Behindertenpass und ist zudem noch in einem körperlich fordernden Beruf vollzeitbeschäftigt.
Eine weitere Person hat bei einem Verkehrsunfall eine Beckenfraktur erlitten. Meistert sein Leben alleine und ohne augenscheinliche Einschränkung und ist im Besitz der Eintragung in den Behindertenpass.
Wenn ich jetzt hier einen Vergleich mit meinen Bekannten einerseits mit den zwei künstlichen Hüften und im Vollerwerb und andererseits mit einer Beckenfraktur ohne augenscheinliche Einschränkungen anstelle, müssten schon meine zwei künstlichen Kniegelenke ausreichend für einen Eintrag in den Behindertenpass sein. Da sprechen wir noch gar nicht über den Herzinfarkt - Frakturen der Sprunggelenke - Fraktur Fersenbein-Verplattung der Wirbelsäule und und und.
Tut mir leid ich verstehe es halt nicht.
Halbtot bin ich natürlich noch nicht, wenn dies Voraussetzung sein sollte.“
13. Am 1.7.2024 legte das SMS den Akt dem BVwG vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF verfügt seit 20.12.1999 (auf Grundlage der Richtsatzverordnung) über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70%. Am 14.4.2022 beantragte der BF die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.
1.2. Beim BF bestehen folgende Funktionseinschränkungen:
1.3. Aufgrund der Funktionseinschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates besteht zwar eine Einschränkung der Mobilität, das Zurücklegen kurzer Wegstrecken ist aber mit Benützung entsprechender einfacher Hilfsmittel (z.B. orthopädische Schuhe, einfacher Gehbehelf) möglich. Übliche Niveauunterschiede zum Ein- und Aussteigen können mit Verwendung eines Handlaufes ausreichend sicher überwunden werden, Haltegriffe oder -stangen können ohne wesentliche Einschränkung benützt werden, eine höhergradige Beeinträchtigung der Standhaftigkeit besteht nicht.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen zum Behindertenpass des BF und seinem Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung ergeben sich unmittelbar aus dem Akteninhalt.
2.3. Die getroffenen Feststellungen zu den beim BF bestehenden Funktionseinschränkungen und zur Mobilität des BF und zur Frage des sicheren Transports im öffentlichen Verkehrsmittel beruhen auf dem (zuletzt) vom SMS eingeholten Sachverständigengutachten vom 2.4.2024 von Dr. E. B., in dem die Funktionseinschränkungen des BF sowie dessen Mobilität nach persönlicher Untersuchung am 21.3.2024 und unter Berücksichtigung der vom BF vorgelegten Befunde schlüssig und nachvollziehbar dargestellt wurden. Bei Dr. E. B. handelt es sich um eine im Hinblick auf die wesentlichen Leiden des BF facheinschlägige Gutachterin, nämlich um eine Fachärztin für Orthopädie.
Zu betonen ist, dass das SMS im vorliegenden Fall alle nur erdenklichen Schritte zur Ermittlung des Sachverhalts gesetzt hat, indem es – aufgrund von (vielfach nur sehr allgemein gehaltenen) Einwendungen des BF – insgesamt drei Sachverständigengutachten eingeholt hat, die letztlich allesamt – wenngleich durchaus anders formuliert – zum selben, ausführlich begründeten Ergebnis kamen.
2.4. Im Übrigen hat der BF zum Letztgutachten von Dr. E. B. vom 2.4.2024 trotz ihm seitens des SMS gewährter Gelegenheit (Parteiengehör vom 5.4.2024) keine Stellungnahme abgegeben. Auch mit der gegenständlichen Beschwerde vom 28.5.2024 tritt der BF diesem Gutachten inhaltlich nicht entgegen, sondern er führt lapidar aus, dass die Abweisung (seines Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung) für ihn einerseits „aufgrund der vorliegenden Behinderungen und Einschränkungen“ „nicht nachvollziehbar“ sei, ohne konkrete Mängel des Letztgutachtens aufzuzeigen. Zum anderen sei die Abweisung für ihn laut seinem Beschwerdevorbringen vor allem deshalb nicht nachvollziehbar, weil es in seinem Bekanntenkreis „Personen gibt, die im Besitz einer Eintragung im Behindertenpass (Parkausweis) sind, deren Einschränkungen im Vergleich zu meinen körperlichen Einschränkungen und Gebrechen eher geringfügig sind“, wobei der BF diesbezüglich Beispiele ins Treffen führte. Abschließend führte der BF aus, „wenn ich jetzt hier einen Vergleich mit meinen Bekannten einerseits mit den zwei künstlichen Hüften und im Vollerwerb und andererseits mit einer Beckenfraktur ohne augenscheinliche Einschränkungen anstelle, müssten schon meine zwei künstlichen Kniegelenke ausreichend für einen Eintrag in den Behindertenpass sein“. Hierzu ist jedoch anzumerken, dass der bloße Verweis auf die Innehabung des Parkausweises durch andere Personen keine Fehleinschätzung durch die gegenständlichen Gutachter im Fall des BF darzulegen vermag, wobei auch angemerkt sei, dass es durchaus möglich ist, dass die vom BF angesprochenen Personen den Parkausweis noch auf Grundlage anderer gesetzlicher Regelungen erhalten haben. Angemerkt sei auch, dass der Umstand, dass der BF zwei künstliche Kniegelenke hat, nicht per se zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führt, sondern es kommt auf die Frage der ausreichenden Mobilität und den sicheren Transport im öffentlichen Verkehrsmittel an.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gemäß § 45 Abs 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Die hier einschlägigen Bestimmungen des BBG lauten:
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, […]
§ 42. (1) […] Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
[…]
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. […]
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
3.3. § 1 Abs 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, lautet:
[…] (4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: […]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen. […]
3.4. Im konkreten Fall bedeutet dies:
Wie im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, geht aus dem – nachvollziehbaren – (zuletzt eingeholten, dritten) Sachverständigengutachten von Dr. E. B. vom 2.4.2024 hervor, dass beim BF keine „erheblichen“ Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, der körperlichen Belastbarkeit oder psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten im Sinne der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, vorliegen, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würden. Nachvollziehbar hat die Sachverständige insbesondere dargelegt, dass beim BF zwar Probleme mit dem Stütz- und Bewegungsapparat gegeben sind, dass dem BF aber dessen ungeachtet das Zurücklegen kurzer Wegstrecken mit Benützung entsprechender einfacher Hilfsmittel (z.B. orthopädische Schuhe, einfacher Gehbehelf) möglich ist. In ständiger Rechtsprechung wird die Fähigkeit, eine Wegstrecke von etwa 300 bis 400 Meter ohne fremde Hilfe zurückzulegen, grundsätzlich als ausreichend angesehen, um von einer Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auszugehen (vgl. etwa VwGH vom 21.6.2017, Zl. Ra 2017/11/0040, mit zahlreichen weiteren Judikaturhinweisen). Nachvollziehbar hat die Sachverständige zudem dargelegt, dass übliche Niveauunterschiede zum Ein- und Aussteigen mit Verwendung eines Handlaufes ausreichend sicher überwunden werden und Haltegriffe oder -stangen ohne wesentliche Einschränkung benützt werden können, wobei eine höhergradige Beeinträchtigung der Standhaftigkeit nicht bestehe.
Vor diesem Hintergrund hat das SMS mit dem bekämpften Bescheid den Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass zutreffend abgewiesen und ist folglich die gegenständliche Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Das BVwG konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des VwGH bzw. klare Rechtslage betreffend Vornahme der Zusatzeintragung „Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ stützen.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.
Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).
Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.