JudikaturBVwG

I423 2305470-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
10. Januar 2025

Spruch

I423 2305470-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela GREML im Verfahren über die Beschwerde des XXXX, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 29.11.2024, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX, zu Recht:

A)

Spruchpunkt VI. wird ersatzlos behoben. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid kommt die aufschiebende Wirkung somit zu.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

Der nigerianische Staatsangehörige stellte am 21.07.2024 seinen dritten Asylantrag im Bundesgebiet, nachdem diese davor zweimal zurückgewiesen und der Beschwerdeführer in andere Mitgliedsstaaten ausgewiesen wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus Gründen des § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkte III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung fest (Spruchpunkt V.) und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt VII.). Gegen den Beschwerdeführer wurde aufgrund seiner mehrmaligen strafgerichtlichen Verurteilungen ein sechsjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.) und festgestellt, dass er das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 02.09.2024 verloren hat (Spruchpunkt IX.).

In der erhobenen Beschwerde wurde ein ausgeprägtes Familienleben mit seiner Lebensgefährtin und drei Kindern ins Treffen geführt und moniert, dass auf sein Fluchtvorbringen nicht ausreichend eingegangen worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und insbesondere die Feststellungen zu den bereits abgeschlossenen (Asyl-)Verfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den in den Akten einliegenden Auszügen aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR). Die strafgerichtlichen Verurteilungen ergeben sich aus dem Strafregisterauszug.

Herangezogen wurde der gesamte Akteninhalt, insbesondere aber der Bescheid und die Beschwerde, datiert mit 03.01.2025.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesamt abzuerkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt (Z 1) oder wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt (Z 2).

Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, gemäß Abs. 5 leg. cit. binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 8 EMRK geltend, sollte er Österreich verlassen müssen. Dazu führt er ein ausgeprägtes Familienleben ins Treffen und vermeint im Sinne des Kindeswohls, dass er seine Kinder, die bei Pflegeltern leben, regelmäßig trifft und den Kindern der Kontakt gut tut. Seine Rückkehr wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Familienleben.

Bei einer Grobprüfung kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um gewichtige Faktoren bei der Abwägung zwischen öffentlichen Interessen und einem schützenswerten Familienleben handelt. Dazu wird die Einvernahme der Pflegeeltern beantragt und wird auch dies in einer mündlichen Beschwerdeverhandlung samt Zeugenbefragung zu klären sein, was innerhalb der Wochenfrist nicht möglich ist.

Der VwGH führt nämlich hinsichtlich der Verhandlungspflicht nach § 21 Abs. 7 BVA-VG in ständiger Judikatur wie folgt aus:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes eben außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 08. September 2015, Ra 2014/01/022, mwN und viele andere mehr).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach betont, dass gerade bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Verschaffung eines persönlichen Eindruckes im Rahmen einer Beschwerde-verhandlung besonders wichtig ist (z.B. VwGH vom 23.03.2020, Ra2019/14/0334, VwGH vom 25.05.2020, Ra2019/19/0116, jüngst VwGH vom 29.03.2021, Ra2021/18/0071.).

Dadurch, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerde den Sachverhalt in Hinblick auf sein Familienleben nicht bloß auf die Rückkehrentscheidung bezieht und ihm nicht entgegenzutreten ist, dass im Administrativverfahren weder die Lebensgefährtin, noch die Kinder bzw. Pflegeeltern befragt und solche Ermittlungen eingeflossen sind, steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht abschließend fest.

Der Beschwerde war daher insoweit Folge zu geben, dass Spruchpunkte VI. ersatzlos zu beheben war. Dies auch deshalb, weil die Anwendung der im Spruch angeführten Z 1 des § 18 Abs. 1 BFA-VG mangels Herkunftsstaatssicherheit Nigerias (vgl. § 1 HStV) nicht in Frage kommt.

Gegenständlich war ein Teilerkenntnis (vgl. auch § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG) zu erlassen, da das BVwG über die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG 2014 binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden hat (vgl. VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023).

Eine mündliche Verhandlung entfällt, weil über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres Verfahren und unverzüglich zu entscheiden ist (VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.