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W272 1420011-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Datenschutzrecht
17. Dezember 2024

Spruch

W272 1420011-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Alois BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwältin Mag.a EINWALLNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2024, Zahl XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 23.02.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Das damalige Bundesasylamt zweifelte nach erfolgter Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag der Antragstellung und Einvernahme durch das Bundesasylamt am 01.03.2011 die Altersangaben des BF an und es erfolgte eine medizinische Altersdiagnose.

Laut gerichtsmedizinischen Gutachten vom 14.03.2011 wurde ein Mindestalter zum Untersuchungszeitpunkt von über 19 Jahren festgestellt und in Folge das Geburtsdatum des BF auf XXXX ausgebessert.

3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.05.2011 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt, die mehrmals verlängert wurde.

4. Mit Urteil vom 11.06.2018 wurde der BF wegen dem Vergehen des Raufhandels gemäß § 91 Abs.1 zu einer Freiheitstrafe von zwei Monaten für die Dauer einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt. Das eingeleitete Aberkennungsverfahren wurde mit Aktenvermerk vom 30.07.2018 gleichzeitig wieder eingestellt.

5. Die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF für subsidiär Schutzberechtigte wurde zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge Bundesamt oder belangte Behörde) vom 26.09.2023 für zwei Jahre verlängert.

6. Mit E-Mail vom 22.05.2024 stellte der BF einen Antrag auf Rückübermittlung seiner Geburtsurkunde und gab unter anderem an, dass seine Familie in Australien ein Visum für ihn beantragt hätte, aber es ein Problem mit seinem Geburtsjahr in den Dokumenten gebe. Es wäre sehr wichtig, dass sein Geburtsjahr geändert werde.

Das Bundesamt teilte dem BF per E-Mail vom 05.06.2024 mit, dass dem Antrag nicht nachgekommen werden könne, weil er in seinem Verfahren niemals eine Geburtsurkunde vorgelegt habe.

7. Am 10.07.2024 teilte der BF über seine rechtsfreundliche Vertretung unter Vollmachtsbekanntgabe mit, dass sein Geburtsdatum nicht XXXX laute, sondern XXXX . Es liege ihm ein entsprechender Nachweis in Form einer Geburtsurkunde vor, die er auch übermittelt. Der BF ersuchte deshalb, das Geburtsdatum im System richtig zu stellen und eine neue Karte für subsidiär Schutzberechtigte auszustellen.

8. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 12.09.2024 (zugestellt laut Beschwerdeschriftsatz am 17.09.2024) wurde der Antrag des BF auf Änderung der Personendaten vom 10.09.2024 mangels sachlicher Zuständigkeit gemäß § 6 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Das Bundesamt führte begründend aus, dass es der Behörde obliege, ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Da für das Anliegen des BF keine andere Behörde zuständig sei, allerdings gemäß § 62 (4) AVG nur Schreib- und Rechenfehler zur Berichtigung/Änderung der Personendaten führen können, solche jedoch nicht vorliegen, sei dieser Antrag gemäß § 6 AVG zurückzuweisen gewesen.

9. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 15.10.2024 (eingebracht am 15.10.2024). Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde die Zurückweisung des Anbringens auf § 6 AVG gestützt habe und regelt diese Bestimmung jedoch nur, dass Anbringen ohne unnötigen Aufschub an die zuständige Stelle weiterzuleiten sei oder den Einschreiter an diese zu weisen habe, wenn sich die Behörde für unzuständig erachte. Eine Zurückweisung sei nicht vorgesehen. Das Bundesamt sei für das Anbringen jedoch sowohl sachlich als auch örtlich zuständig und es bestehe daher keine Grundlage für eine auf § 6 AVG gestützte Zurückweisung des Anbringens. Der BF habe vielmehr gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 DSG bzw. Art 16 Abs. 1 DSGVO das Recht auf Richtigstellung des Geburtsdatums. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, dem Anbringen des BF zu entsprechen und das richtige Geburtsdatum in der von ihr geführten Datenbank einzutragen. Für eine Zurückweisung seines Anbringens bestehe hingegen keine Rechtsgrundlage, weshalb der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit leide.

10. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 29.10.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurden der zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist ein volljähriger afghanischer Staatsangehöriger.

1.2. Er stellte am 23.02.2011 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz unter Angabe des Geburtsdatums XXXX . Mit gerichtsmedizinischen Gutachten wurde ein Mindestalter des BF zum Untersuchungszeitpunkt von über 19 Jahren festgestellt und das Geburtsdatum des BF auf XXXX ausgebessert.

1.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.05.2011, AZ 11 01.847-BAT wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und bis zum 31.05.2012 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Der Antrag bezüglich des Status des Asylberechtigten wurde abgewiesen (Spruchpunkt I.)., eine dagegen erhobene Beschwerde wurde rechtskräftig mit Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 27.10.2011, Zahl C2 420011-1/2011/5E, abgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2023 wurde zuletzt die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre verlängert und eine Karte für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 52 AsylG 2005 ausgestellt, welche das Geburtsdatum mit XXXX verschriftlicht.

1.4. Am 10.09.2024 stellte der BF einen Antrag auf Änderung seines Geburtsdatums im System sowie die Ausstellung einer neuen korrigierten Karte für subsidiär Schutzberechtigte.

1.5. Mit gegenständlichen Bescheid vom 12.09.2024 (zugestellt am 17.09.2024) wurde der Antrag auf Änderung der Personendaten vom 10.09.2024 gemäß § 6 Abs. 1 AVG 1991 zurückgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

2.2. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Geburtsdatum des BF ergeben sich aus dem Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.05.2011, AZ 11 01.847-BAT und des in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 27.10.2011, Zahl C2 420011-1/2011/5E.

Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.05.2011, AZ 11 01.847-BAT erstmals zuerkannt, sowie eine Aufenthaltsberechtigung bis zum 31.05.2012 erteilt. Nachfolgend wurde die Aufenthaltsberechtigung verlängert.

Die letzte Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer von zwei Jahren ergibt sich aus dem im Gerichtsakt aufliegenden Bescheid des BFA vom 26.09.2023, Zahl XXXX .

Der Antrag auf Änderung seines Geburtsdatums auf der neuen Karte für subsidiär Schutzberechtigte ergibt sich auf dem im Akt einliegenden Antrag vom 09.07.2024, eingebracht am 10.09.2024.

Die Zustellung des gegenständlichen Bescheides mit 17.09.2024 wurde glaubhaft durch den BF vorgebracht und die belangte Behörde hat keine gegenteilige Stellungnahme abgegeben. Der Kundenservice der Österreichischen Post gab bekannt, dass eine tatsächliche Übernahme des Bescheides bzw. der Zeitpunkt dieser Übergabe nicht mehr festgestellt werden kann (Verwaltungsakt AS 725). Ein Zustellnachweis wurde bis dato nicht vorgelegt (OZ 1). Daher die Einbringung der Beschwerde mit 15.10.2024 (Poststempel) rechtzeitig ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Hat die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist daher nur, ob die zurückweisende Entscheidung des Bundesamtes zu Recht erfolgte.

3.2. Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen. Gemäß Abs. 2 kann die Zuständigkeit der Behörde weder durch Vereinbarung der Parteien begründet noch geändert werden.

3.3. Das Bundesamt vermeint, sachlich unzuständig zu sein. Dieser Argumentation ist nicht zu folgen, da gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 BFA-VG das Bundesamt seine bundesweite Zuständigkeit unter anderem für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten hat und auch zur Vollstreckung, wonach es die Karte für subsidiär Schutzberechtigte nach entsprechendem Zuerkennungsbescheides auszustellen hat(te).

3.4. Der mit „Karte für subsidiär Schutzberechtigte“ § 52 AsylG 2005 lautet wie folgt:

„§ 52 (1) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ist eine Karte für subsidiär Schutzberechtigte auszustellen. Diese Karte dient dem Nachweis der Identität und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet. Die Karte ist nach Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten dem Bundesamt zurückzustellen.

(2) Die nähere Gestaltung der Karte für subsidiär Schutzberechtigte hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die Handhabbarkeit und Fälschungssicherheit zu regeln. Die Karte für subsidiär Schutzberechtigte hat insbesondere zu enthalten: Die Bezeichnung „Karte für subsidiär Schutzberechtigte“, Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des subsidiär Schutzberechtigten sowie Bezeichnung der Behörde und Datum der Ausstellung.“

§ 2 Abs. 3 und 4 der Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005, BGBl. II. 448/2005 in der Fassung BGBl. II Nr. 93/2002 (AsylG-DV 2005) lautet:

"Verfahrenskarte, Aufenthaltsberechtigungskarte, Karte für subsidiär Schutzberechtigte und Karte für Asylberechtigte und Aufenthaltsrecht für Vertriebene gemäß § 62 AsylG 2005

§ 2. (...)

(3) Karten für subsidiär Schutzberechtigte werden als Karten Karten auf Kunststoffbasis nach dem Muster der Anlage D ausgestellt. Die Karten für subsidiär Schutzberechtigte enthalten neben den in § 52 AsylG 2005 bezeichneten Daten eine Kartennummer. (...)

(4 )(...) Auf der Vorderseite der Karten gemäß Abs. 1 bis 3a ist eine Kartennummer, die sich aus der Aktenzahl des Verfahrens (IFA-Zahl) und einer die jeweilige Karte individualisierenden Zahl zusammensetzt, anzubringen."

So liegt die Ausgabe der Karte für subsidiär Schutzberechtigte und auch der Eintrag des Geburtsdatums auf dieser in der Zuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Der Antrag auf Ausstellung einer Karte für subsidiär Schutzberechtigte mit neuem Geburtsdatum, war daher an das BFA zu stellen, da die Zuständigkeit gegeben ist.

In Bezug auf die tatsächliche im Antrag gewollte Änderung der Daten wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.05.2018, Ro 2017/01/007, verwiesen, indem auf den rein deklaratorischen Charakter der Karte verwiesen wird. Der zugrundeliegende Bescheid für die in der Karte eingetragenen Daten liegt ebenfalls in der Zuständigkeit des BFA, so wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten vom Bundesasylamt, einer Vorgängerbehörde des BFA, und die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom BFA selbst erlassen.

Auf die rechtliche Bedeutung der Feststellung der wahren Identität in Verfahren nach dem AsylG 2005 (vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0417) wird hingewiesen.

3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (vgl. etwa VwGH 05.12.2017, Ra 2016/01/0166; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422-0424, jeweils mwN). Weder ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erscheint er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Aus den Akteninhalten der Verwaltungsakte ist die Grundlage der bekämpften Bescheide unzweifelhaft nachvollziehbar. In der Beschwerde wird kein Vorbringen erstattet, welches die Abhaltung einer Verhandlung erfordert hätte.

Das Bundesverwaltungsgericht hielt daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung für nicht erforderlich.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen – im Rahmen der rechtlichen Beurteilung bereits wiedergegebenen – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.