JudikaturBVwG

G305 2300686-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
10. Dezember 2024

Spruch

G305 2300686-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA.: Kosovo, vertreten durch RAST MUSILU, Rechtsanwälte in 1080 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.11.2024 zu Recht:

A)

In Stattgebung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass Spruchpunkt I. lautet wie folgt: „In Stattgebung des Antrages vom 28.05.2024 wird dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG mit Gültigkeit für ein Jahr gemäß § 54 Abs. 2 AsylG erteilt.“

Die Spruchpunkte II.) bis V.) des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Dem Beschwerdeführer (kurz: BF) wurden nach einem im Jahr 2009 abgewiesenen Asylantrag von 2014 bis 2016 Aufenthaltskarten als Studierenden ausgestellt. Am XXXX .2017 heiratete er eine slowakische Staatsangehörige und begründete gemeinsam mit ihr einen Wohnsitz in Österreich.

2. Ihm wurde auf seinen Antrag hin von der XXXX als Niederlassungsbehörde (im Folgenden kurz: XXXX ) eine Aufenthaltskarte „Angehöriger eines EWR-Bürgers“, gültig vom XXXX .2018 bis XXXX .2023, ausgestellt.

3. Nachdem die Ehe am XXXX .2021 rechtskräftig geschieden wurde, nahm die MA 35 ein Ermittlungsverfahren in Hinblick auf eine Aufenthaltsehe auf.

4. Mit Bescheid der XXXX vom XXXX .2023, Zl. XXXX wurde nach wiederaufgenommenem Verfahren unter anderem der modifizierte Antrag des BF vom XXXX .2016 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte mit dem Zweck „Angehöriger eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers“ zurückgewiesen und festgestellt, dass er nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts falle.

5. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts XXXX vom XXXX .2024, GZ: XXXX , als unbegründet abgewiesen.

6. Am 28.05.2024 brachte der BF im Wege seiner oben ausgewiesenen Rechtsvertretung zunächst per E-Mail und am 29.05.2024 postalisch einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA oder belangte Behörde) ein. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 06.08.2024 erfolgte die persönliche Antragstellung.

7. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und der niederschriftlichen Einvernahme des BF erließ die belangte Behörde den oben im Spruch näher bezeichneten Bescheid, mit dem sie den Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG abwies (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG wider ihn erließ (Spruchpunkt II.) und feststellte, dass seine Abschiebung in den Herkunftsstaat Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt III.). Darüber hinaus erließ die belangte Behörde gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 FPG ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot wider ihn (Spruchpunkt IV.) und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt V.).

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen kurz zusammengefasst damit, dass die damals geschlossene Ehe eine Aufenthaltshaltsehe gewesen sei und er daher die Z 8 des § 53 Abs. 2 FPG verwirklicht habe. Er halte sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und verfüge daher auch weder über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung, noch über eine Arbeitserlaubnis, noch über einen Aufenthaltstitel. Die Erlassung eines Einreiseverbotes sei daher aufgrund der vom BF ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit geboten. Zum beantragten Aufenthaltstitel führte die belangte Behörde aus, dass zwar Familienmitglieder des BF in Österreich leben würden, seine Eltern und seine Ehefrau seien jedoch in der Heimat des BF; da er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet befinde, bestehe trotz des vorhandenen Freundeskreises im Bundesgebiet auch keine schützenswerte Form des Privatlebens.

8. Die gegen diesen Bescheid im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht erhobene Beschwerde verband der BF mit den Anträgen auf Durchführung einer Beschwerdeverhandlung und mit dem Begehren, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben in eventu behoben und an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen werden möge.

Begründend führte der BF im Wesentlichen kurz zusammengefasst aus, dass er sich seit dem Jahr 2014 durchgehend im Bundesgebiet aufhalte und hier seit sechs Jahren als Elektromonteur bei dem selben Unternehmen arbeite. Er sei sozial und beruflich integriert und pflege zu in Österreich lebenden Familienmitgliedern engen Kontakt. Die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit dem zwischenzeitlichen Wohlverhalten des BF und mit den von ihm gesetzten integrativen Schritten und mit dessen Privat- und Familienleben auseinanderzusetzen und habe sie daher nicht bedacht, dass er bei einer Rückkehr in den Kosovo keine Lebensgrundlage hätte. Die Dauer des Einreiseverbots stehe bei Abwägung aller Umstände nicht in angemessener Relation hierzu.

9. Am 14.10.2024 brachte die belangte Behörde den Bescheid vom XXXX .2024, die dagegen erhobene Beschwerde und die Bezug habenden Akten des verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage und verband die Aktenvorlage mit dem Begehren, dass diese als unbegründet abgewiesen werden möge.

10. Am 21.11.2024 fand vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung statt, bei welcher der BF im Beisein seines Rechtsvertreters als Partei befragt wurde. Ein Behördenvertreter blieb der Verhandlung nach erklärtem Teilnahmeverzicht fern.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF wurde am XXXX in der kosovarischen Stadt XXXX geboren und ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo. Seine Muttersprache ist Albanisch. Er weist sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache auf und spricht zudem Serbisch, Serbo-Kroatisch und Englisch.

Er ist seit dem Jahr 2022 in zweiter Ehe mit der kosovarischen Staatsangehörigen XXXX (geb. XXXX ), geb. XXXX , verheiratet. Seine Ehegattin lebt im Kosovo und befindet sich in der Ausbildung zur Krankenschwester. Er selbst hat keine Kinder, seine derzeitige Ehegattin ist Mutter von zwei Kindern im Alter von vier und sechs Jahren. Wie seine Ehegattin besitzen auch deren Kinder die kosovarische Staatsangehörigkeit.

In seiner Heimat besuchte der BF 9 Jahre die Grundschule und im Anschluss daran vier Jahre die Mittelschule. Sodann besuchte er für ein weiteres Jahr die Schule und erlernte dabei den Beruf des Schweißers, welchen er in seiner Heimat auch ausgeübt hat.

1.2. Am XXXX .2017 heiratete er seine erste Ehegattin, die slowakische Staatsangehörige XXXX , geb. XXXX . Diese Ehe wurde am XXXX .2021 rechtskräftig geschieden und handelte es sich dabei um eine Aufenthaltsehe.

1.3. Er hat eine in Österreich lebende Tante, Cousinen und Cousins und einen Neffen. Auch sein Bruder lebt im Bundesgebiet. Große Teile seiner in Österreich lebenden Verwandten sind österreichische Staatsangehörige. Sein Bruder ist Staatsangehöriger von Kosovo.

Im Kosovo leben neben seiner nunmehrigen Ehegattin und deren in die Ehe mitgebrachten Kinder noch die Eltern des BF; drei Schwestern des BF leben in Deutschland und eine weitere Schwester in der Schweiz.

Zu all seinen nahen Verwandten steht er in regelmäßigem Kontakt, ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis besteht jedoch zu keinem seiner nahen Angehörigen bzw. Verwandten.

Zuletzt hat er seine Eltern vor etwa eineinhalb Jahren im Herkunftsstaat besucht und sich dort in seinem Elternhaus - einem kleinen Haus mit Garten, das im Eigentum seiner Eltern steht - aufgehalten.

1.4. Nachdem ein im Jahr 2009 gestellter Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen worden war, verließ der BF das Bundesgebiet und kehrte erst wieder im Herbst des Jahres 2014 nach Österreich zurück.

Erstmals am XXXX .2014 wurde einem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte als Studierendem stattgegeben und nach einmaliger Verlängerung ein dementsprechender Aufenthaltstitel bis zum XXXX .2016 gewährt.

Am XXXX .2016 beantragte er die Erteilung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte“, welchen er gestützt auf die in der Folge am XXXX .2017 geschlossene erste Ehe modifizierte. Dadurch erlangte er erstmals am XXXX .2018 von der zuständigen Niederlassungsbehörde eine Aufenthaltskarte als Angehöriger eines ERW-Bürgers mit einer Gültigkeit bis XXXX 2023.

Auf Grund des Umstands, dass seine Ehe mit XXXX am XXXX .2021 geschieden worden war, leitete die XXXX ein Ermittlungsverfahren in Hinblick auf das mögliche Bestehen einer Aufenthaltsehe ein.

Nachdem die XXXX das Bestehen einer Aufenthaltsehe als erwiesen angenommen hatte, wurde mit Bescheid vom XXXX .2023, Zl. XXXX , nach wiederaufgenommenem Verfahren unter anderem der Antrag des BF vom XXXX .2016 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte mit dem Zweck „Angehöriger eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers“ zurückgewiesen und festgestellt, dass er nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts falle. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts XXXX vom XXXX .2024, GZ. XXXX , als unbegründet abgewiesen, weshalb er rückwirkend zu keinem Zeitpunkt ab dem Jahr 2018 über einen Aufenthaltstitel verfügte und verfügt.

Am XXXX .2024 brachte er im Wege seiner Rechtsvertretung per E-Mail einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ein und übermittelte alle bezughabenden Dokumente inkl. Zeugnis der Integrationsprüfung, am XXXX .2024 folgte die persönliche Antragstellung.

1.5. Der BF war im Jahr 2016 für etwa einen Monat als geringfügig beschäftigter Arbeiter zur Sozialversicherung angemeldet.

Seit dem 17.01.2018 bis laufend ist er bei der Fa. XXXX GmbH als Arbeiter gemeldet.

Für das Jahr 2025 plant seine Dienstgeberin, ihn zur Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung für Lehrlingsausbilder am WIFI zu entsenden.

Für seine unselbständige Erwerbstätigkeit bezieht er - variierend nach der Überstundenzahl - ein monatliches Nettoeinkommen von etwa EUR 2.400,00 bis EUR 2.500,00.

Der BF verfügt weder in Österreich, noch in seiner Heimat über nennenswerte Ersparnisse oder Immobilienbesitz.

1.6. Der BF ist im Besitz eines bis XXXX .2028 gültigen kosovarischen Reisepasses zur Nummer XXXX .

1.7. Von XXXX .2009 bis XXXX .2009 bestand ob des damals geführten Asylverfahrens ein Nebenwohnsitz in XXXX , von XXXX .2009 bis XXXX .2010 ein Hauptwohnsitz.

Nach einer mehrjährigen Unterbrechung besteht nun seit dem XXXX .2014 bis dato ein durchgehender Hauptwohnsitz und Aufenthalt im Bundesgebiet, derzeit in XXXX , in einer Genossenschaftswohnung, für welche er insgesamt circa EUR 1.000,00 samt Betriebskosten bezahlt.

1.8. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Bis dato stand er - abgesehen von der Zeit als Asylwerber - noch nie im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung oder der Sozialhilfe oder anderen staatlichen Leistungen in Österreich.

1.9. Er ist sowohl im Herkunftsstaat, als auch in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Es liegen keine rechtskräftigen Bestrafungen wegen einer Verwaltungsübertretung vor.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und aus dem Gerichtsakt des BVwG.

Die Personalia des BF (sohin Name, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit) waren auf Grund der konsistenten Angaben zu seiner Person im Verwaltungsakt, vor der Niederlassungsbehörde und vor dem BVwG festzustellen. Seine Personalia sind auch den öffentlichen Registern, mit denen sie im Einklang stehen, zu entnehmen und werden durch den im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 21.11.2024 vorgelegten Reisepass bestätigt.

Die Konstatierungen zur Schul- und Berufsausbildung des BF ergeben sich, ebenso wie jene zu seinen Sprachkenntnissen, aus dessen plausiblen Angaben vor dem BVwG. Das Zeugnis zur bestandenen Integrationsprüfung der Stufe B1 vom XXXX .2024 wurde vorgelegt (OZ4) und bestätigt die unter anderem sehr guten Deutschkenntnisse des BF und auch dessen bestehende Integrationswilligkeit.

Die familiären Bindungen im Bundesgebiet konnten, genauso wie jene im Herkunftsstaat, ob seiner nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben, die er anlässlich seiner stattgehaben Einvernahme als Partei vor dem BVwG tätigte, festgestellt werden. Ausweisdokumente seiner in Österreich lebenden Familienmitglieder wurden gemeinsam mit dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK übermittelt und sind aktenkundig.

Der durchgehende Inlandsaufenthalt des BF seit dem August 2014 und seine berufliche Tätigkeit in Österreich sind durch entsprechende Eintragungen im ZMR und eine den BF betreffende Versicherungsdatenabfrage belegt. Sein Einkommen und die Höhe desselben hat der BF mit der Vorlage von Lohnzetteln nachgewiesen. Die ersichtlichen Meldeunterbrechungen zwischen dem Jahr 2010 und dem Jahr 2014 ergeben sich zwanglos aus der Tatsache, dass der vom BF gestellte Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde und er sich danach nicht im Bundesgebiet aufgehalten hatte.

Die Feststellungen zu seiner Eheschließung gründen auf den diesbezüglich unbestrittenen Angaben im Verwaltungsakt. Unstrittig sind auch die am XXXX .2021 erfolgte Ehescheidung und die Schließung seiner zweiten Ehe und ist die am XXXX .2022 erfolgte Eheschließung durch eine beglaubigte Übersetzung der Heiratsurkunde belegt.

Dass seine erste Ehe als Aufenthaltsehe angesehen wurde, ergibt sich aus den unbestrittenen Angaben im Verfahrensakt und den damit im Einklang stehenden Angaben des BF vor dem BFA. Dort hatte er im Rahmen seiner niederschriftlich dokumentierten Einvernahme angegeben, dass er wisse, in diesem Zusammenhang einen Fehler gemacht zu haben [NS-BFA vom 06.08.2024, Seite 6]. Hieraus und auch aus den hierzu erfolgten Angaben im angefochtenen Bescheid ergibt sich auch, dass ihm nach dem wiederaufgenommenen Verfahren durch die XXXX der ursprünglich im Jahr 2016 beantragte und im Dezember 2017 modifiziert beantragte Aufenthaltstitel nicht erteilt wurde und er sich sohin seit der rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts XXXX als Rechtsmittelinstanz nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält bzw. sich unrechtmäßig hier aufgehalten hat.

Der verfahrensgegenständliche Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK liegt dem Verfahrensakt ein und sind diesem etliche Dokumente und Urkunden beigelegt, welche sein weiteres Vorbringen zu seiner Berufstätigkeit im Bundesgebiet und auch zu seinen familiären Bindungen hier belegen.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus der von Amts wegen eingeholten Strafregisterabfrage, die bei ihm keine strafgerichtliche Verurteilung ausweist. Darüber hinaus sind bei ihm auch keine konkreten Anhaltspunkte in Hinblick auf strafgerichtliche Verurteilungen in anderen Staaten oder auf eine Bestrafung wegen Verwaltungsübertretungen anderswo hervorgekommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A.): Stattgabe der Beschwerde

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo und damit Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger. Als Inhaber eines biometrischen Reisepasses ist er seit dem 01.01.2024 von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Er darf daher unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs. 1 lit a, c, d und e Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gemäß Art 20 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl. § 2 Abs. 4 Z 6 FPG) unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs. 1 lit a, c, d und e SDÜ frei bewegen (siehe hierzu https://www.bmeia.gv.at/oeb-pristina/reisen-nach-oesterreich sowie die Verordnung (EU) 2023/850 des EP und des Rates vom 19. April 2023).

Ein allfälliger, im Zeitpunkt dieser Entscheidung gegebener Auslandsaufenthalt des BF hindert die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht (vgl. VwGH 21.12.2022, Ro 2020/21/0001). Daher ist eine inhaltliche Prüfung seines Antrags, also eine Interessenabwägung (insbesondere) an Hand der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien zur Beurteilung der Frage, ob die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd. Art 8 EMRK geboten ist, vorzunehmen.

Dabei sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) sowie die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9). Dabei ist, wie sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergibt, vor allem auf das Privat- und Familienleben mit österreichischen Staatsbürgern und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht verfügen, Bedacht zu nehmen.

Der BF hat nach einem zweijährigen legalen Aufenthalt als Studierender sein weiteres Aufenthaltsrecht ab dem Jahr 2016 durch das Eingehen einer Ehe mit einer slowakischen Staatsangehörigen erlangt, wobei die Niederlassungsbehörde bzw. die belangte Behörde hier von einer „erschlichenen“ Aufenthaltsehe ausgegangen waren und die Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltsrechtes aus diesem Titel nicht mehr vorlagen. Nach der rechtskräftigen Rechtsmittelentscheidung des Verwaltungsgerichts XXXX ist der BF daher derzeit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig, da ihm ob dieser Entscheidungen zu keinem Zeitpunkt ein Aufenthaltsrecht zukam. Ein Faktum, das gegen einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet spricht und auch die in der Zwischenzeit erworbene Integration in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht relativiert, zumal diese in einem Zeitpunkt des unsicheren Aufenthalts entstand.

Demgegenüber stehen seine Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Der von ihm vorgebrachte Kontakt zu seinen Familienmitgliedern ist zwar von einer gewissen Intensität, allerdings vermag dieser Umstand ein schützenswertes Familienleben im Bundesgebiet nicht zu begründen leben doch seine nächsten Angehörigen (Eltern und seine Ehegattin) im Kosovo.

Zu berücksichtigen ist hingegen sein im Bundesgebiet bestehendes Privatleben. Der BF war über seinen gesamten Aufenthaltszeitraum fast durchgehend beim selben Arbeitgeber als wichtige Arbeitskraft beschäftigt und ist in der Lage, sich mit seinem Einkommen ein Leben ohne staatliche Zuwendungen, wie z.B. durch Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, zu finanzieren.

Er hat in Österreich im August 2024 die Integrationsprüfung auf dem Niveau B1 positiv abgeschlossen was, seinen Willen, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren, verdeutlicht. Seine guten Sprachkenntnisse stellte er auch vor dem BVwG unter Beweis. Dadurch erfüllt er Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Abs. 4 Z 3 IntG.

Zu berücksichtigen sind auch seine strafgerichtliche und verwaltungsrechtliche Unbescholtenheit.

Der BF hält sich nunmehr wenig mehr als 10 Jahre durchgehend im Bundesgebiet auf, geht hier einer legalen Erwerbstätigkeit nach und liegt die ihm im Sinne einer „Aufenthaltsehe“ zur Last gelegte Eheschließung schon sieben Jahre zurück.

Nicht zuletzt in Ansehung der höchstgerichtlichen Judikatur zu rechtsmissbräuchlich eingegangenen Ehen (vgl. VwGH vom 15.03.2006, 2005/18/0684) ist festzuhalten, dass das von ihm im Jahr 2017 gesetzte Verhalten nach nunmehr sieben Jahren keinesfalls mehr geeignet ist, eine aktuelle Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu begründen, hat der BF die seither vergangene Zeit genützt, sich in Österreich gesellschaftlich und beruflich zu integrieren und darüber hinaus keinerlei negative Kontakte mit österreichischen Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden gehabt.

Die in § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG normierte Voraussetzung, dass der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gem. § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze erreicht wird, ist vom BF erfüllt, geht er doch seit vielen Jahren einer geregelten (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit mit entsprechender Entlohnung in Österreich nach und war bis dato von keinerlei staatlichen Leistungen oder anderen privaten Zuwendungen abhängig.

Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG dürfen Aufenthaltstitel einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet.

In seinem Fall ist die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten, da er die in § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG genannte Voraussetzung erfüllt. Öffentliche Interessen im Sinne des § 60 Abs. 3 AsylG stehen der Erteilung nicht entgegen.

In Abwägung der privaten gegen die öffentlichen Interessen sind jene an einem weiteren Verbleib des BF im Bundesgebiet höher zu bewerten, als die Interessen des Staates an einer Aufenthaltsbeendigung. Deshalb ist der angefochtene Bescheid dahingehend abzuändern gewesen, dass ihm die beantragte, auf zwölf Monate befristete Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 iVm § 54 Abs. 1. Z 1 AsylG erteilt wird.

Dies hat hatte daher die ersatzlose Behebung der auf der Antragsabweisung aufbauenden Spruchpunkte II. bis V. des angefochtenen Bescheids zur Folge.

Der Vollständigkeit halber verweist das Bundesverwaltungsgericht etwa für den Fall einer zukünftigen strafgerichtlichen Verurteilung oder gravierender Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung darauf, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels das BFA nicht daran hindert, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

3.2. Zu Spruchteil B.): Unzulässigkeit der Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erlassung von Einreiseverboten und zur Interessensabwägung gemäß § 9 BFA-VG ab, noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu bewerten. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.