JudikaturBFG

RV/5100733/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** St.Nr. ***BF1StNr45***, vertreten durch ***10***, über die Beschwerde vom 10. Juli 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom 18. Juni 2025, mit dem der Antrag vom 16. Mai 2025 auf Aufhebung des Bescheides vom 12. Februar 2025 über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 abgewiesen wird, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

I.1. Mit Bescheid vom 12. Februar 2025 wurde vom Finanzamt für Großbetriebe die Stabilitätsabgabe für das Jahr 2024 gegenüber der Beschwerdeführerin, im folgenden "die Bf.", mit EUR ***4*** erklärungsgemäß festgesetzt.

Die Bf. teilte in einem Schreiben vom 28.10.2024 anlässlich der Einreichung zur Abgabenerklärung über die Stabilitätsabgabe 2024 mit, dass sie im Hinblick auf die laufenden Beschwerdeverfahren und die ihr bekannte Rechtsmeinung des Finanzamtes für Großbetriebe bei Berechnung der Bemessungsgrundlage gemäß § 2 StabAbgG die Kürzungsbestimmung des § 2 Abs. 2 Z 3a Stab AbgG nicht angewendet habe. Die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe 2024 sei daher nicht um die von ihr beim Zentralinstitut gehaltene Liquiditätsreserve gemäß § 27a BWG vermindert worden. Sie behalte sich aber vor, ihre gegenteilige Rechtsauffassung zu § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG im Rahmen einer Beschwerde gegen den Stabilitätsabgabenbescheid 2024 durchzusetzen.

Der Bescheid über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 vom 12.Feburar 2025 wurde rechtskräftig.

I.2. Am 16. Mai 2025 stellte die Bf. den Antrag auf Aufhebung gem. § 299 Abs. 1 BAO des Bescheides vom 12. Februar 2025 über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 und beantragte die Bemessungsgrundlage gemäß § 2 Abs 2 Z 3a StabgAbG zu kürzen, die Stabilitätsabgabe 2024 von der um die Liquiditätsreserve verminderten Bemessungsgrundlage iHv EUR ***5*** zu bemessen und die Stabilitätsabgabe 2024 mit EUR ***6*** festzusetzen.

Im Aufhebungsantrag wurde vorgebracht, dass nach der Entscheidung des VwGH vom 20.11.2024, Ro 2024/13/0019, eine Kürzung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe um die von der Bf. beim Zentralinstitut gehaltene Liquiditätsreserve gemäß § 2 Abs 2 Z 3a Stabilitätsabgabegesetz (StabAbgG) unzulässig wäre. Die Bf. beantragte die Abänderung des bekämpften Bescheides, weil dieser auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhe.

I.3. Mit Bescheid vom 18.06.2025 wurde der Antrag der Bf. vom 16.05.20025 auf Aufhebung gem. § 299 Abs. 1 BAO des Bescheides vom 12.02.2025 über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 abgewiesen. Begründend führte das Finanzamt für Großbetriebe aus, dass nach der Rechtsprechung des VwGH (VwGH vom 20.11.2024, Ro 2024/12/0019) eine Kürzung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe um die von der Bf. beim Zentralinstitut gehalten Liquiditätsreserve gemäß § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG unzulässig sei. Damit erweise sich der Spruch des Bescheides vom 12.02.2025 als zutreffend, weshalb dem Antrag gemäß § 299 BAO auf Aufhebung des Bescheides vom 12.02.2025 bezüglich Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 nicht stattgegeben werde. Darüber hinaus werde im verfahrensgegenständlichen Antrag gemäß § 299 BAO die Meinung vertreten, dass der Bescheid vom 12.02.2025 auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhe. Dieser Meinung, wonach der Bescheid über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhe, vermag das Finanzamt für Großbetriebe nicht zu folgen, zumal auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.11.2024, Ro 2024/13/0019, keine derartigen Bedenken aufgezeigt habe.

I.4. Mit Anbringen vom 10. Juli 2025 brachte die Bf. Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.6.2025, mit dem der Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 BAO des Bescheides über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 vom 12.2.2025 abgewiesen wird, ein. Klargestellt wird darin, dass in der Beschwerde lediglich die Verfassungswidrigkeit des zugrundeliegenden Gesetzes behauptet wird. Die Beschwerde sei daher gemäß § 262 Abs. 3 BAO unverzüglich dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

Nach der Entscheidung des VwGH vom 20.11.2024, Ro 2024/13/0019, wäre eine Kürzung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe um die von der Bf. beim Zentralinstitut gehaltene Liquiditätsreserve gemäß § 2 Abs 2 Z 3a Stabilitätsabgabegesetz (StabAbgG) unzulässig. Nach Auffassung der Bf. wäre diese Rechtslage verfassungswidrig und die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe nach Aufhebung von Teilen des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG durch den Verfassungsgerichtshof um die gehaltene Liquiditätsreserve zu kürzen.

In der gesamten Beschwerde wurde lediglich ein Vorbringen dahingehend erstattet, aus welchen Gründen die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG bzw. Teile davon aus Sicht der Bf. verfassungswidrig sein sollen und zwar würde ein unsachlicher Systembruch, eine unsachliche Differenzierung zwischen Einlagensicherung und Liquiditätsverbund, eine sachwidrige Besteuerung gedeckter Einlagen, eine Benachteiligung gegenüber Kreditinstituten, die keinem Liquiditätsverbund angehören müssen, sowie eine gleichheitswidrige Differenzierung innerhalb der dezentralen Sektoren vorliegen.

I.5. Mit Vorlagebericht vom 22. Juli 2025 wurde die Beschwerde vom 10. Juli 2025 betreffend Stabilitätsabgabe 2024 durch das Finanzamt für Großbetriebe dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt, ohne vorher eine Beschwerdevorentscheidung erlassen zu haben.

Betreffend die Stabilitätsabgabe der Jahre 2018 bis 2023 ist bereits am 04. Februar 2025 eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts zu RV/5100194/2024 ergangen, wogegen die Bf. zuE 731/2025 eine Beschwerde an den VfGH erhoben hat.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ist ein Kreditinstitut iSd § 1 BWG im Rahmen eines zweistufigen Bankenverbundes und unterliegt der Stabilitätsabgabe. Als Mitglied des ***2*** ist die Bf. der ***3*** als Zentralinstitut angeschlossen und damit gemäß § 27a BWG verpflichtet, zur Sicherung der Finanzmarktstabilität an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs teilzunehmen (Liquiditätsverbund). Dazu muss die Bf. bei ihrem Zentralinstitut oder bei einem anderen vertraglich oder statutarisch festgelegten Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 vH der Spareinlagen und 20 vH der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14 vH der gesamten Euro-Einlagen halten.

Bei Anwendung der Kürzungsbestimmung des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG vermindert sich die Bemessungsgrundlage von EUR ***7*** um EUR ***8*** auf EUR ***9*** und die Stabilitätsabgabe 2024 von EUR ***4*** auf EUR ***6***.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den im Rahmen des Vorlageberichts vorgelegten Unterlagen, ist zwischen den Parteien des finanzgerichtlichen Verfahrens unstrittig und konnte daher vom erkennenden Gericht ohne Bedenken seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist festzuhalten, dass gemäß § 262 Abs. 3 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Bundesfinanzgericht vorzulegen ist, wenn in der Bescheidbeschwerde lediglich die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen behauptet wird. Da im beschwerdegegenständlichen Fall nur die Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG (bzw. von Teilen dieser Norm) behauptet wird, hat das Finanzamt für Großbetriebe die Beschwerde zu Recht ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht sogleich zur Entscheidung vorgelegt.

3.1.2.

Zur Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG auf die vorliegende Fallkonstellation hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. November 2024, Ro 2024/13/0019, ua. Nachstehendes ausgesprochen (vgl. Rz 29 und Rz 31):

"Da […] eine Verminderung nur in jenem Ausmaß zulässig ist, als Forderungen an das Zentralinstitut (oder ein anderes Kreditinstitut) bestehen, kann die Verminderung der Bemessungsgrundlage nach dieser Ziffer nur im Fall eines mehrstufigen Bankenverbundes eintreten, da nur in diesem Fall sowohl Verpflichtungen gegenüber einem Kreditinstitut (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses), anderseits aber auch Forderungen an das Zentralinstitut bestehen können. Eine derartige Verminderung der Bemessungsgrundlage wird daher insbesondere bei einem dreistufigen Bankenverbund, und zwar auf Ebene der Landesbank eintreten können, bei welcher Verpflichtungen gegenüber dem Primärinstitut und Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut bestehen.

Bei einem (wie hier vorliegenden) zweistufigen Bankenverbund liegen hingegen nicht (beim selben Kreditinstitut) sowohl Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) als auch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vor."

Das Höchstgericht hat im vorgenannten Erkenntnis dargelegt, dass die fragliche Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Bei einem zweistufigen Bankenverbund liegen beim selben Kreditinstitut weder Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) noch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vor.

Eine Aufhebung eines Bescheides nach § 299 BAO setzt voraus, dass sich der Spruch dieses Bescheides als nicht richtig erweist. Im Beschwerdefall liegt diese Voraussetzung nach der soeben zitierten einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichthofes nicht vor. Die gegenständliche Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.1.3.

Gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag eines Gerichts.

Nach Art. 89 Abs. 2 B-VG iVm Art. 135 Abs. 4 B-VG hat ein Verwaltungsgericht dann, wenn es gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, einen Antrag auf Aufhebung dieser Rechtsvorschrift beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Die Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens auf Antrag eines Gerichts ist davon abhängig, dass das Gericht die angefochtene Vorschrift in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte (vgl. Grabenwarter/Frank, B-VG Art 140, Rz 18, Stand 20.06.2020, rdb.at).

Das Bundesfinanzgericht sieht sich nicht veranlasst, die von der Bf. geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken aufzugreifen und an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Einerseits ist die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG nach der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Andererseits hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. November 2024,Ro 2024/13/0019, keine derartigen Bedenken aufgezeigt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, welcher grundsätzliche Bedeutung zukam. Die gegenständliche Rechtsfrage ist durch VwGH 20.11.2024, Ro 2024/13/0019, bereits gelöst. Eine (ordentliche) Revision ist damit nicht zulässig.

Linz, am 24. Juli 2025