JudikaturBFG

RV/3100557/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
02. September 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich am 10. März 2025 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2023 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde hat mit dem am 10. März 2025 ausgefertigten Bescheid die Einkommensteuer für das Jahr 2023 mit € -46,00 festgesetzt. In der Begründung führt sie aus, dass dem Antrag des Beschwerdeführers teilweise entsprochen werde. Da der Beschwerdeführer trotz Aufforderung keine ärztliche Bestätigung über die medizinische Indikation/Notwendigkeit der privat durchgeführten Operation und eine ärztliche Stellungnahme, warum die Operation privat durchgeführt worden sei, vorgelegt habe, könnten diese Kosten (€ 3.800,00) nicht berücksichtigt werden. Mundhygienesitzungen würden der Vorbeugung dienen und seien daher keine Krankheitskosten im Sinne des EStG 1988. Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen habe man nicht berücksichtigt, weil sie niedriger seien als der für den Beschwerdeführer gültige Selbstbehalt in Höhe von € 3.235,90.

2. Mit dem am 7. April 2025 im Wege von FinanzOnline elektronisch eingereichten Schreiben hat der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben. Unterziehe man sich einer Augen-Laser-Operation, liege eine Fehlsichtigkeit und damit eine Krankheit vor. Krankheitskosten seien als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar. Auf dem der belangten Behörde übermittelten Befund von Dr. ***1*** des Augenlaserzentrum ***2*** sei die Diagnose Myopie, Astigmatismus ersichtlich. Dies sei eine Kurzsichtigkeit in Kombination mit einer Hornhautverkrümmung. Diese Behandlung werde von der gesetzlichen Krankenkasse in Österreich nicht übernommen, eine private Versicherung besteht nicht. Deshalb sei es seiner Meinung nach nicht relevant, wo dieser Eingriff stattgefunden habe. Bei seiner beruflichen Tätigkeit als Mechatroniker seien Brillen oft ein Hindernis, Kontaktlinsen habe er aufgrund seiner bestehenden Hornhautkrümmung nicht vertragen. Deshalb habe er sich für diese Operation entschieden.

3. Mit der am 11. Juni 2025 ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe Krankheitskosten in Höhe von € 3.800,00 für eine Augen-OP (Lasern) beantragt. Da er trotz Aufforderung keinen Befund seines behandelnden Arztes vorgelegt habe, könne die medizinische Notwendigkeit nicht geprüft werden.

4. Mit dem am 10. Juli 2025 im Wege von FinanzOnline elektronisch eingebrachten Schreiben hat der Beschwerde die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Bei der betreffenden Augen Laseroperation habe es sich um einen medizinisch begründeten, jedoch freiwilligen Eingriff gehandelt. Obwohl keine formelle ärztliche Notwendigkeit vorlag, sei der Eingriff nach medizinischer Beratung und ausdrücklicher ärztlicher Empfehlung des Laserzentrums durchgeführt worden. Der Beschwerdeführer habe durch die Operation seine Lebensqualität, vor allem den Berufsalltag wesentlich verbessern können (Dioptrien 3.75 und 4.25) Er benötige seither keine Sehhilfe mehr und sei beruflich nicht mehr eingeschränkt. Dies sei bereits bei seiner Beschwerde ausführlich begründet worden. Die Ärzte im Laserzentrum habe er als äußerst kompetent empfunden, deshalb sei kein neuerlicher Augenarzt konsultiert worden. Es sei für ihn unverständlich, dass Zahnarztkosten (Implantate ohne ärztliche Notwendigkeit) in jedem Fall anerkannt würden und das Lasern der Augen nicht. Bei den Zähnen könne er sich ja auch die Behandlungsmethode aussuchen ohne Vorschreibung einer ärztlichen Notwendigkeit. Er ersuche, seine Beschwerde bzw. den Vorlageantrag nochmals zu prüfen, da für ihn die Nichtanerkennung seiner außengewöhnlichen Belastung unverständlich sei.

5. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom 29. August 2025 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Sachverhalt

Folgender Sachverhalt ist für das Bundesfinanzgericht entscheidungswesentlich und erwiesen:

1. Der Beschwerdeführer hat sich am 16. November 2023 in der Gemeinschaftspraxis Augenzentrum ***2*** behandeln lassen. Für die Behandlung wurde ihm mit der Leistungsbezeichnung "Lasik/PPK" ein Betrag von € 3.800,00 in Rechnung gestellt. Der Beschwerdeführer hat die Rechnung am 1. Dezember 2023 bezahlt.

2. Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde mit Ergänzungsersuchen vom 3. Februar 2025 aufgefordert, eine ärztliche Bestätigung über die medizinische Indikation bzw. die Notwendigkeit der privat durchgeführten Operation vorzulegen. Eine solche Bestätigung wurde nicht vorgelegt.

3. Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde mit Ergänzungsersuchen vom 8. April 2025 aufgefordert, einen Befund des behandelnden Arztes (Dr. med. ***1***) der Gemeinschaftspraxis Augenzentrum ***2*** zu übermitteln. Der geforderte Befund wurde nicht vorgelegt.

III. Beweiswürdigung

Der unter Punkt II. dargestellte Sachverhalt ist für das Bundesfinanzgericht nach der Aktenlage erwiesen:

1. Punkt II.1. ist unstrittig und ergibt sich aus der Rechnung vom 24. November 2023 der Gemeinschaftspraxis Augenzentrum ***2*** sowie der Buchungsbestätigung der ***Bank***.

2. Punkt II.2 ergibt sich aus dem angeführten Ergänzungsersuchen, dem im Wege von FinanzOnline elektronisch eingebrachten Antwortschreiben des Beschwerdeführers samt Beilagen und den Angaben der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides sowie im Vorlagebericht.

3. Punkt II.3. ergibt sich aus dem angeführten Ergänzungsersuchen und den Angaben der belangten Behörde in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung sowie im Vorlagebericht.

IV. Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens ( § 2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

a) Sie muss außergewöhnlich sein.

b) Sie muss zwangsläufig erwachsen.

c) Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

2. Die Belastung ist gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

3. Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

4. Die Belastung beeinträchtigt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von höchstens € 7.300 6%, bei einem Einkommen von mehr als € 7.300 bis € 14.600 8%, bei einem Einkommen von mehr als € 14.600 bis € 36.400 10%, bei einem Einkommen von mehr als € 36.400 12%. Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1988 enthalten, dann sind gemäß § 34 Abs. 5 EStG 1988 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988, anzusetzen.

5. Im Beschwerdefall ist strittig, ob die unter Punkt II.1. aufgelisteten Aufwendungen für die Behandlung des Beschwerdeführers in der Gemeinschaftspraxis Augenzentrum ***2*** zwangsläufig im Sinne des § 34 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erwachsen sind.

6. Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (VwGH 11.02.2022, Ra 2020/13/0062; VwGH 18.02.2021, Ra 2019/15/0113, mwN). Zum Nachweis der Notwendigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich (VwGH 11.02.2022, Ra 2020/13/0062; VwGH 04.09.2014, 2012/15/0136, mwN). Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn ein Teil der angefallenen Aufwendungen von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen werden (VwGH 11.02.2022, Ra 2020/13/0062; VwGH 05.03.2020, Ra 2019/15/0159, mwN).

7. Zu berücksichtigen ist weiters, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Merkmal der Zwangsläufigkeit auch der Höhe nach gegeben sein muss (VwGH 11.02.2022, Ra 2020/13/0062; VwGH 24.3.2021, Ra 2020/15/0029, mwN). Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (VwGH 11.02.2022, Ra 2020/13/0062; VwGH 05.10.2021, Ra 2021/15/0059; VwGH 10.05.2021, Ra 2021/15/0031; VwGH 13.03.2020, Ra 2020/13/0057; VwGH 11.02.2016, 2013/13/0064). Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die triftigen medizinischen Gründe in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen müssen, die ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (VwGH 19.02.1992, 87/14/0116; VwGH 13.05.1986, 85/14/0181), zum Beispiel bei erwarteten Komplikationen (VwGH 13.05.1986, 85/14/0181) oder bei einer im Einzelfall gebotenen Behandlung in einem besonders spezialisierten Krankenhaus (VwGH 31.03.2017, Ra 2015/13/0042). Die Beweislast dafür trägt der Steuerpflichtige, der selbst alle Umstände darzulegen hat, auf welche die Berücksichtigung bestimmter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gestützt werden kann (VwGH 13.03.2020, Ra 2020/13/0057; VwGH 05.03.2020, Ra 2019/15/0159, mwN).

8. Der Beschwerdeführer hat keinen Nachweis in Form eines ärztlichen Zeugnisses oder Gutachtens für die Notwendigkeit der Behandlungen in der Gemeinschaftspraxis Augenzentrum ***2*** vorgelegt. Im Vorlageantrag führt er zudem aus, dass der Eingriff nach medizinischer Beratung und ausdrücklicher ärztlicher Empfehlung durchgeführt worden sei, obwohl keine formelle ärztliche Notwendigkeit vorlag. Es habe sich bei der Augen Laseroperation um einen medizinisch begründeten, jedoch freiwilligen Eingriff gehandelt. Ein den Grundsätzen der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechender Nachweis für die Notwendigkeit der Behandlungen in der Gemeinschaftspraxis Augenzentrum ***2*** liegt somit nicht vor. Demzufolge sind die strittigen Aufwendungen dem Beschwerdeführer nicht zwangsläufig im Sinne des § 34 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erwachsen. Somit war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gemäß § 275 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen.

V. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die im Beschwerdefall relevante Rechtsfrage, wann eine Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst, ist mit der zitierten Judikatur ausreichen geklärt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.

Innsbruck, am 2. September 2025