Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Hermann Rupert Zittmayr, Kreuzgasse 2, 6330 Kufstein, betreffend den Vorlageantrag vom 28. August 2019 im Zusammenhang mit der Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom 12. Dezember 2014 und die auf Grund der Beschwerde des [Ehegatte] ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom 25. Juli 2019 über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Jänner 2009 bis November 2014
beschlossen:
I.
Der Vorlageantrag wird gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO iVm § 264 Abs 4 BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
II.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Das Finanzamt forderte von der Beihilfenbezieherin die an sie für den Zeitraum Jänner 2009 bis November 2014 ausbezahlte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für ihre vier Kinder zurück. Der Bescheid wurde mit 12. Dezember 2014 datiert und an die Adresse der Beihilfenbezieherin in [Drittstaat] adressiert.
Mit Eingabe vom 9. April 2015 wurde vom Vertreter der Beschwerdeführerin in ihrem Auftrag unter anderem gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben. Die an die Beschwerdeführerin zu Handen ihres Vertreters adressierte abweisende Beschwerdevorentscheidung erging mit 9. Juni 2015.Daraufhin beantragte der Vertreter mit Eingabe vom 2. Juli 2015 die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes (BFG 8.3.2017, RV/3100604/2015), wurde die Beschwerde vom 9. April 2015 als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen. Dieser Beschluss und damit auch der bekämpfte Bescheid erwuchsen in Rechtskraft.
Parallel dazu wurde der Kindesvater mit Bescheid vom 6. März 2015 zur Haftung für die von der Beihilfenbezieherin vereinnahmte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen herangezogen. Dieses Verfahren wurde mit abweisendem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (BFG 11.7.2018, RV/3100602/2015) rechtskräftig beendet.Mit der bereits oben erwähnten Eingabe vom 9. April 2015 erhob der gemeinsame Vertreter der Beihilfenbezieherin und des Kindesvaters (auch ua) Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid. Das Finanzamt wertete diese Beschwerde als solche nach § 248 BAO, wonach das Beschwerderecht gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch dem Haftungspflichtigen auch dann zusteht, wenn der betreffende Bescheid bereits vom Erstschuldner angefochten wurde, und selbst dann, wenn dazu bereits eine Entscheidung vorliegt (vgl VwGH 31. März 2011, 2010/15/0150).Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. Juli 2019, adressiert an den Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Im Spruch ist dazu angeführt: "Weitere Bescheidadressatin ist Frau …… als Primärschuldnerin." Eine im Spruch und in der Begründung gleichlautende Erledigung wurde sodann mit gleichem Datum auch der Beihilfenbezieherin zu Handen des gleichen Vertreters zugestellt.
Daraufhin stellte der Vertreter der Beihilfenbezieherin und des Kindesvaters im Auftrag seiner (beiden) Klienten den Antrag auf Entscheidung "über die Bescheidbeschwerden vom 09.04.2015" durch das Bundesfinanzgericht und verwies auf "die beiden" an die Beihilfenbezieherin und den Kindesvater gerichteten Beschwerdevorentscheidungen vom 25. Juli 2019.
Das Finanzamt wertete diese Eingabe als zwei Vorlageanträge. Vorgelegt wurde einerseits die Beschwerde des Kindesvaters vom 9. April 2015 sowie (für das gegenständliche Verfahren relevant) die Beschwerde der Beihilfenbezieherin vom 9. April 2015. Hinsichtlich letzterer beantragte das Finanzamt die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung wegen entschiedener Sache.
Nach einer Verschiebung auf Grund des Ersuchens des Vertreters der Beihilfenbezieherin wurde für 30. September 2025, 9:30h, zur beantragten mündlichen Verhandlung nachweislich geladen. Bei Aufruf zur Sache waren weder die Beschwerdeführerin oder ihr Vertreter, noch ein Vertreter oder eine Vertreterin des Finanzamtes anwesend.Mit einem knapp vor Beginn der mündlichen Verhandlung versendeten Mail entschuldigte sich der Vertreter der Beschwerdeführerin wegen Krankheit, eine Entschuldigung des Finanzamtes erfolgte erst ca eine halbe Stunde nach dem angesetzten Verhandlungsbeginn. Zu diesem Zeitpunkt war die mündliche Verhandlung bereits beendet.
An Sachverhalt steht auf Grund des unbestrittenen Inhaltes des Verwaltungsaktes in Kombination mit dem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom 8. Oktober 2020 fest:Die Beschwerdeführerin hat im Zeitraum Jänner 2009 bis November 2014 für vier Kinder Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge bezogen. Diese Beträge wurden mit Bescheid vom 12. Dezember 2014 als zu Unrecht bezogen zurückgefordert. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde vom 9. April 2015 wurde nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung und Stellung eines Vorlageantrages mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 8. März 2017, RV/3100604/2015, als verspätet zurückgewiesen, wogegen keine Beschwerde oder Revision erhoben wurde. Der Rückforderungsbescheid erwuchs somit in Rechtskraft.
Am 29. Juli 2019 wurde der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Vertreters die Beschwerdevorentscheidung vom 25. Juli 2019 zugestellt. Als Adressatin scheint die Beschwerdeführerin auf. Im Spruch wird über die Beschwerde des Ehegatten (Haftenden) vom 9. April 2015 entschieden. Zudem wurde angeführt: "Weitere Bescheidadressatin ist [die Beschwerdeführerin] als Primärschuldnerin."
Nach § 260 Abs 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn siea) nicht zulässig ist oderb) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Gemäß § 264 Abs 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.Abs 2 der genannten Bestimmung regelt, dass zur Einbringung eines Vorlageantrages befugt ista) der Beschwerdeführer, fernerb) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.Nach Abs 4 lit e leg cit ist § 260 Abs 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.
Im vorliegenden Fall wurde mittels Beschwerdevorentscheidung nach der Textierung des Spruches klar und unmissverständlich über die Beschwerde des Ehegatten der Beihilfenbezieherin entschieden. Beschwerdeführer in diesem Verfahren war somit der Ehegatte der Beschwerdeführerin, dessen Beschwerderecht sich aus § 248 BAO ergeben hat. Diese Entscheidung wird durch Bekanntgabe an denjenigen wirksam, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt ist (§ 97 Abs 1 BAO).
Wird in einem Einparteienverfahren (und um ein solches handelt es sich) eine Erledigung an eine Person zugestellt, die dem Inhalt der Erledigung nach nicht für sie bestimmt ist, wird sie - mit für den gegenständlichen Fall nicht relevanten Ausnahmen wie zB dem Vorliegen einer Zustellbevollmächtigung -nicht wirksam erlassen.
Das Finanzamt hat die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die Ehegattin des Beschwerdeführers verfügt, der keine Vertretungsbefugnis zukommt. Daher konnte die an die Beihilfenbezieherin zugestellte Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom 25. Juli 2019 durch diesen Vorgang nicht wirksam werden (vgl auch Ritz, BAO7, § 13 ZustellG Tz 11; vgl VwGH 10.5.1994, 93/14/0140). Ein mangelhafter und dementsprechend gesetzwidriger Zustellvorgang steht einer rechtswirksamen Zustellung entgegen. Eine fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht heilen (vgl zB VwGH 20.12.2024, Ra 2024/04/0435).
Im Vorlageantrag wird ausdrücklich auf die an die Beihilfenbezieherin (zu Handen ihres Zustellbevollmächtigten) ergangene Beschwerdevorentscheidung verwiesen. Der Vorlageantrag richtet sich gegen diese Erledigung vom 25. Juli 2019 und somit gegen eine Enunziation, die rechtlich nicht existent geworden ist, also gegen einen "Nichtbescheid". Ein Vorlageantrag setzt aber eine wirksame Beschwerdevorentscheidung voraus (vgl zB VwGH 28.10.1997, 93/14/0146, oder VwGH 8. 2. 2007, 2006/15/0373). Der Vorlageantrag der Beihilfenbezieherin ist somit als unzulässig zurückweisen (vgl iZm einer Beschwerde zB VwGH 27.4.1995, 93/17/0075).
Ein Fall des § 83 Abs 4 BAO liegt gegenständlich nicht vor, da die Beihilfenbezieherin den Vorlageantrag nach dem insoweit klaren Wortlaut in eigenem Namen und nicht als Vertreterin ihres Ehegatten gestellt hat.
Anzumerken ist weiters, dass hinsichtlich der Beihilfenbezieherin bereits rechtskräftige ihr Begehren abweisende Erledigungen betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen ergangen sind (siehe oben), sodass - sie betreffend - entschiedene Sache vorliegt. Eine rechtskräftige Entscheidung, mit welcher die Sache gegenüber der Beihilfenbezieherin unanfechtbar und unwiderruflich erledigt wurde, hat zur Konsequenz, dass über ein und dieselbe Rechtssache nicht noch einmal entschieden werden darf, weil einer nochmaligen Entscheidung das Prozesshindernis der res iudicata entgegensteht. Auch aus diesem Grund wäre der gegenständliche, im eigenen Namen gestellte Vorlageantrag der Beihilfenbezieherin zurückzuweisen gewesen.
Zur Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Innsbruck, am 30. September 2025