IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Liepert Greussing Sturm Steuerberatung GmbH & Co KG, Mühlgasse 21, 6700 Bludenz, über die Beschwerde vom 2. Februar 2018 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 10. Jänner 2018 betreffend Haftungs- und Abgabenbescheid 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.
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II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im Zuge einer Außenprüfung für den Zeitraum Dezember 2016 bis August 2017 wurden folgende Feststellungen in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin (in der Folge Bf.) getroffen:
"Tz. 1 Verkauf Filiale Ort 2016
Der Verkauf der Filiale in Ort am 01.03.2016 wurde bisher nicht in die Buchhaltung aufgenommen und dem Finanzamt gemeldet. Laut Zusatzvereinbarung beträgt der Kaufpreis € 59.000,00 brutto, in der Buchhaltung sind die vereinbarten monatlichen Kaufpreisraten nicht verbucht worden. Der Buchwert der Filiale Ort beträgt € 96.218,60,00 per Bilanz zum 31.12.2015, der Restbuchwert per 30.06.2016 beträgt rechnerisch € 90.467,40 (Verkauf 1. Halbjahr 2016). Durch den Verkauf an die Schwester Frau K A würde es daher zu einem Verlust aus dem Unternehmensverkauf kommen, aufgrund des Fremdverhaltensgrundsatzes im Steuerrecht bei Geschäften mit Familienangehörigen wird vom Finanzamt kein Verlust aus dem Verkauf anerkannt.
Der Verkaufspreis der Filiale wird gem. § 184 BAO in Höhe des Restbuchwerts von 90.467,40 Euro netto geschätzt. Die Umsatzsteuer 20 % wird mit einer Festsetzung der Umsatzsteuer 12/2016 amtswegig vorgeschrieben.
…."
Das Finanzamt erließ daraufhin am 10. Jänner 2018 gegenüber der Bf. einen Haftungsbescheid für den Zeitraum 2016. Darin wurde die zum Abzug verpflichtete Bf. zur Haftung der Kapitalertragsteuer in Höhe von € 29.854,24 herangezogen. Zusammenfassend wurde begründend ausgeführt, dass die Supermarkt Filiale in Ort im März 2016 an eine Familienangehörige verkauft worden sei. Ein entsprechender Unternehmenskaufvertrag samt Zusatzvereinbarung sei vorgelegt worden. Als Verkaufssumme sei ein Betrag von € 59.000,00 angeführt worden. Dabei sei auch unklar geblieben, ob es sich um einen Brutto- oder Nettobetrag gehandelt habe. Ein fremdüblicher Wert des Verkaufs sei im Zuge der Außenprüfung mit einem Betrag von € 90.467,40 netto (bzw. € 108.560,88 brutto) ermittelt worden. Im Zuge der Außenprüfung habe auch nicht festgestellt werden können, ob über den Verkauf jemals eine eigene Rechnung von der Bf. ausgestellt worden sei. Bei der Käuferin handelt es sich um die Schwester des 50 %-Gesellschafters Herrn T Kb und Schwägerin der weiteren 50 %-Gesellschafterin Frau H Kb. Im Prüfungsverfahren sei festgestellt worden, dass der Kaufpreis erheblich zu niedrig angesetzt worden sei. Es liege daher eine verdeckte Ausschüttung vor. Ein fremder Käufer hätte den vereinbarten Preis zweifellos bezahlt und der Vorgang wäre buchhalterisch erfasst worden. Die unterlassene Verrechnung und Buchung widerspreche daher jedem Fremdvergleich und deute auf eine Vorteilsgewährung an eine nahestehende Person hin. Die verdeckte Ausschüttung sei mit der Differenz zwischen fremdüblichem Verkaufspreis und dem Vertragswert angesetzt worden. Daraus habe sich ein Bruttobetrag von € 108.560,88 ergeben, woraus Kapitalertragsteuer (KESt) in Höhe von € 29.854,24 resultiere.
Dagegen richtete sich die Beschwerde vom 30. Jänner 2018, in der vorgebracht wird, dass es sich um keine verdeckte Gewinnausschüttung handele. Die ***Bf1*** habe mit 1. März 2016 die Betriebs- und Geschäftsausstattung an Frau A K übergeben. Frau A K habe zum Übergabezeitpunkt die bestehende offene Kaufpreisverbindlichkeit gegenüber der O GesmbH mitübernommen und darüber hinaus sei zwischen der ***Bf1*** und Frau A K vereinbart worden, dass nach Abdeckung der "Kaufpreisverbindlichkeit O GesmbH" auch die von der ***Bf1*** an die O GesmbH geleisteten Zahlungen zu ersetzen seien.
Nach einem Ergänzungsersuchen vom 14. Februar 2018 sowie einem Fristverlängerungsantrag vom 7. März 2018 wurde in der Vorhaltsbeantwortung vom 23. März 2018 vom steuerlichen Vertreter der Bf. im Wesentlichen vorgebracht, dass Herr T Kb und Frau A K im Rahmen der Übernahme der Betriebs- und Geschäftseinrichtung mündlich vereinbart haben, dass Frau A K die offene Verbindlichkeit gegenüber der O GesmbH weiterhin bediene und im Anschluss die von der ***Bf1*** bereits geleisteten Zahlungen ersetzen solle. Eine Rechnung über den Kauf sei nicht gestellt worden. Dies sei erst nach der Außenprüfung nachgeholt worden. Die Ratenzahlungen an die O GesmbH seien mit Ende März 2018 beendet worden, ab April 2018 seien Ratenzahlungen an die ***Bf1*** vorgesehen. Abgesehen von dem nicht unterschriebenen Kaufvertrag sowie der nicht unterzeichneten Zusatzvereinbarung, habe es keine schriftliche Vereinbarung gegeben. Der Parteiwille sei jedoch klar dahingehend gerichtet gewesen, dass die bestehenden offenen Verbindlichkeiten übernommen und die bereits erbrachten Zahlungen ausgeglichen werden sollten. Die vom vorherigen Steuerberater erstellte Zusatzvereinbarung zum Unternehmenskauf habe dem Parteiwillen nicht entsprochen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 9. Jänner 2019 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und änderte den Bescheid dahingehend, als dass die Höhe der Bemessungsgrundlage für die verdeckte Gewinnausschüttung berichtigt wurde. Die im Unternehmenskaufvertrag vereinbarten Ratenzahlungen seien weder eingehalten noch seien Eintreibungsmaßnahmen getroffen worden. Es sei lediglich die Kaufpreisverbindlichkeit von € 39.100,00 bedient worden. Nach Ansicht des Finanzamtes sei Frau A K daher in Höhe der Differenz zwischen dem Bruttoverkaufspreis in Höhe von € 108.560,88 und der übernommenen Kaufpreisverbindlichkeit in Höhe von € 39.100 bereichert worden. Die übernommene Kaufpreisverbindlichkeit werde daher als Gegenleistung angerechnet. Die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung berechnet sich somit wie folgt:
€ | |
Verkaufspreis netto: | 90.467,40 |
Umsatzsteuer 20% : | 18.093,48 |
Abzüglich übernommene Kaufpreisverbindlichkeit: | -39.100,00 |
Verdeckte Ausschüttung: | 69.460,88 |
27,50 % KESt | 19.101,74 |
Der dagegen am 5. Februar 2019 erhobene Vorlageantrag wurde von der neuen steuerlichen Vertretung der Bf. eingebracht.
Mit Vorlagebericht vom 23. April 2019 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Strittig ist, ob der gegenständliche Verkauf der Betriebs- und Geschäftsausstattung als ordentlicher Verkaufsvorgang zu qualifizieren ist oder eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.
Zur Feststellung des Sachverhalts stützte sich das BFG auf die von der Abgabenbehörde im Beschwerdefall vorgelegten Akten sowie auf den Betriebsprüfungsakt anlässlich der Außenprüfung, der mit Bericht vom 29. Dezember 2017 abgeschlossen wurde. Darüber hinaus wurde vom steuerlichen Vertreter anlässlich der Vorhaltsbeantwortung vom 23. März 2018 eine Vereinbarung vorgelegt, in der Frau A K die Rechnung vom 29. Dezember 2017 anerkannte und Zahlungsbelege vorlegte.
Die Bf betreibt einen Lebensmittelhandel mit Sitz in Feldkirch und ist im Firmenbuch unter der FN eingetragen. Geschäftsführer ist Hc Kb. Gesellschafter der Bf. sind zu je 50 % Herr T Kb und Frau H Kb.
Am 1. März 2016 wurde die von der Bf. betriebene Filiale in der Alten Landstraße 3 in Ort an Frau A K - die Schwester des Gesellschafters T Kb und Schwägerin der Mitgesellschafterin H Kb - veräußert.
Im Zuge der Außenprüfung wurden ein nicht unterzeichneter Kaufvertrag und eine Zusatzvereinbarung vorgelegt. In § 1 Abs. 4 dieses "Kaufvertrages" wurde festgehalten, dass sich das Geschäftslokal weiterhin im Eigentum der O GesmbH befindet. Der bestehende Mietvertrag wurde von der Käuferin übernommen. Die O GesmbH hat ihren Sitz in Dornbirn und ist im Firmenbuch unter der FN2 eingetragen. Unternehmensgegenstand ist der Groß- und Einzelhandel.
Der Kaufpreis wurde gemäß § 3 des "Vertrages" in Höhe der übernommenen Lieferverbindlichkeiten festgesetzt. Laut "Zusatzvereinbarung" vom 12. März 2016 betrug der Kaufpreis € 59.000,00 und setzte sich wie folgt zusammen:
€ | |
Einlage Geschäftskapital | 30.000,00 |
Darlehen | 15.000,00 |
Ablöse Umsatzsteuer O GmbH aus Ankauf | 14.000,00 |
Gesamt | 59.000,00 |
Ob es sich hierbei um Brutto- oder Nettobeträge handelt, wurde nicht klargestellt.
Für den Zeitraum Dezember 2016 bis August 2017 erfolgte gem. § 147 Abs. 1 BAO eine Außenprüfung bei der Bf..
Der Verkaufsvorgang wurde zunächst nicht in der Buchhaltung erfasst, sondern erst nachträglich im Zuge der Bilanzerstellung und der Jahreserklärung für das Jahr 2016 berücksichtigt. Dies erfolgte im Anschluss an die Außenprüfung. Die in der Zusatzvereinbarung vorgesehenen monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von € 2.458,33 zur Begleichung des Kaufpreises wurden nicht geleistet. Entsprechende Eintreibungsmaßnahmen wurden nicht gesetzt.
Die Übertragung der Betriebs- und Geschäftsausstattung an Frau A K erfolgte im März 2016. Zum 30. Juni 2016 belief sich der Restbuchwert dieser Wirtschaftsgüter auf insgesamt € 90.467,40. Eine entsprechende Kaufpreiszahlung erfolgte nicht.
Zwischen Herrn T Kb und Frau A K wurde mündlich vereinbart, dass Frau A K die offene Verbindlichkeit gegenüber der O GesmbH in Höhe von € 39.100,00 übernimmt. Im Zuge der Vorhaltsbeantwortung konnten monatliche Zahlungen ab dem 3.7.2017 an die O GmbH in Höhe von € 1.000,00 nachgewiesen werden. Diese Zahlungen erfolgten somit bereits vor Beginn der Außenprüfung.
Eine Rechnung wurde am 29. Dezember 2017 ausgestellt - und damit erst nach dem Bilanzstichtag und nach Einleitung der Außenprüfung gestellt. Im Rahmen der Vorhaltsbeantwortung wurde eine Vereinbarung vorgelegt, in der Frau A K die Rechnung vom 29. Dezember 2017 anerkannte. In dieser Rechnung wurde der von der Außenprüfung geschätzte Wert in Höhe des damaligen Buchwertes im Betrag von € 90.467,40 bestätigt.
2. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen die Einkünfte aus der Überlassung von Kapital - hierzu gehören Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
Für inländischen Einkünfte aus Kapitalvermögen wird die Einkommensteuer gemäß § 93 Abs 1 EStG 1988 durch Steuerabzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer). Hierbei handelt es sich um einen besonderen Steuersatz von 27,5 % auf Gewinnanteile.
Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder in anderer Weise verwendet wird (vgl. VwGH 24.2.2011, 2008/15/0112). Zu den kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträgen zählen somit neben offenen Gewinnausschüttungen auch verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne des § 27 Abs 2 Z 1 iVm § 93 Abs 1 EStG 1988 (Franke/Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24, § 93 Tz 32 mwN).
Das Körperschaftsteuergesetz spricht zwar im Zusammenhang mit der Einkommensermittlung (§ 8 Abs. 2 KStG) von verdeckten Ausschüttungen, enthält aber keine Begriffsbestimmung. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung liegt eine verdeckte Ausschüttung vor, wenn außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einer Körperschaft einem Anteilinhaber Vorteile gewährt werden, die das Einkommen der Körperschaft mindern und ihre Ursache in der Anteilseignerschaft haben (vgl. VwGH 29.11.2006, 2002/13/0173, VwGH 1.3.2007, 2004/15/0096).
Für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung sind grundsätzlich folgende Voraussetzungen kumulativ erforderlich:
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Maßgeblich ist, ob die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensvermehrung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Ob die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind, ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Der Verwaltungsgerichtshof prüft daher, ob eine Zuwendung nach ihrem inneren Gehalt ihre Ursache in einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft oder im Gesellschaftsverhältnis hat (etwa VwGH 23.9.2005, 2002/15/0010; Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, KStG § 8 Tz 275). Um festzustellen, ob ein Vorgang sozietär veranlasst ist, kann sowohl ein Fremdvergleich (vgl § 8 Rz 118 ff) als auch die Denkfigur eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (vgl § 8 Rz 125 ff) herangezogen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof stellt bei der Beurteilung regelmäßig darauf ab, ob Leistungsbeziehungen unter denselben Bedingungen auch gegenüber gesellschaftsfremden Personen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich; etwa VwGH 23.9.2005, 2002/15/0010; VwGH 5.9.2012, 2010/15/0018). Demnach scheidet eine verdeckte Ausschüttung aus, wenn ein Geschäft mit fremden Personen unter denselben wirtschaftlichen Voraussetzungen und in der gleichen Rechtsform abgeschlossen worden wäre (bereits VwGH 23.11.1977, 410, 618/77).
Für die Beurteilung von Vereinbarungen zwischen Körperschaften und ihren Anteilseignern und für Vereinbarungen zwischen nahestehenden Gesellschaften verweist das Höchstgericht auch auf die Kriterien, welche für die steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden (VwGH 17.12.1996, 95/14/0074; 31.5.2006, 2002/13/0168; 17.10.2007, 2006/13/0069;).
Familienverträge müssen demnach
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Die genannten Anforderungen an Verträge oder sonstigen Rechtsbeziehungen zwischen der Körperschaft und ihrem Anteilsinhaber müssen im Zeitpunkt des behaupteten Vertragsabschlusses und kumulativ vorliegen (dazu Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer (Hrsg), KStG3, § 8 RZ 119).
Eine bereits verwirklichte Gewinnausschüttung kann nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres mit steuerlicher Wirkung nicht mehr rückgängig gemacht werden, es sei denn, die Körperschaft fordert diese noch vor dem Bilanzstichtag zurück und bilanziert eine entsprechende Forderung (vgl. Wiesner, SWK 1984, A I 184f; Quantschnigg, ÖStZ 1985, 165f; VwGH 3.9.2008, 2003/13/0125; VwGH 5.2.2021, Ro 2019/13/0027).
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe im Umfang der Beschwerdevorentscheidung)
Im gegenständlichen Fall veräußerte die Bf. im März 2016, die von ihr betriebene Filiale samt Betriebs- und Geschäftsausstattung an Frau A K. Diese ist die Schwester des Gesellschafters T Kb und zugleich Schwägerin der Mitgesellschafterin H Kb Es liegt daher eine nahestehende Person vor, sodass erhöhte Anforderungen an den Fremdvergleich zu stellen sind.
Der Restbuchwert der übertragenen Betriebs- und Geschäftsausstattung betrug zum 30. Juni 2016 insgesamt € 90.467,40. Demgegenüber wurde im Kaufvertrag samt Zusatzvereinbarung lediglich ein Kaufpreis von € 59.000,00 vereinbart. Damit ergibt sich eine Differenz von rund € 31.500,00, die eine wesentliche Unterbewertung darstellt. Nach Meinung des Bundesfinanzgerichtes hätte ein fremder Dritter zu diesen Konditionen ein solches Geschäft nicht abgeschlossen.
Hinzu kommt, dass keine rechtswirksamen Verträge vorgelegt werden konnten. Es lag lediglich ein nicht unterzeichneter Vertrag samt Zusatzvereinbarung, datiert mit 1. März 2015, vor. Auch die vereinbarten Kaufpreiszahlungen wurden nicht zeitgerecht erbracht. Die in der Zusatzvereinbarung festgelegten monatlichen Raten von € 2.458,33 blieben unbezahlt, und auch entsprechende Einbringungsmaßnahmen wurden nicht gesetzt. Eine fremdübliche Vertragsabwicklung liegt daher nicht vor.
Die am 29. Dezember 2017 - also lange nach dem Bilanzstichtag und nach Einleitung der Außenprüfung - ausgestellte Rechnung verdeutlicht zusätzlich, dass die Vereinbarung nicht den Gepflogenheiten eines Drittgeschäftes entsprach und somit fremdüblich war. Vielmehr wurde die Abwicklung erst im Lichte der abgabenbehördlichen Prüfung nachgeholt. Mit Vereinbarung vom 12. März 2018 wurde zudem bestätigt, dass Frau A K den von der Außenprüfung ermittelten Kaufpreis in Höhe des Buchwertes von € 90.467,40 zuzüglich USt anerkannte.
Diese Umstände belegen, dass es an einer fremdüblichen Vertragsgestaltung fehlte. Insbesondere mangelte es an einem eindeutigen und jeden Zweifel ausschließenden Vertragsinhalt, wie er zwischen fremden Dritten unter vergleichbaren Bedingungen abgeschlossen worden wäre. Im Schreiben vom 23. März 2023 gab der steuerliche Vertreter der Bf. unter Punkt 4. selbst an, dass die erstellte Zusatzvereinbarung zum Unternehmenskaufvertrag nicht dem Parteiwillen entspreche.
Im vorliegenden Fall lag eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Sämtliche Voraussetzungen wie die Zuwendung eines geldwerten Vorteils, Eigentums- oder Nahebeziehung des Vorteilsempfängers zur Körperschaft, objektives Tatbild (Bereicherung von Frau A K in Höhe der Differenz zwischen dem Bruttoverkaufspreis in Höhe von € 108.560,88 und der übernommenen Kaufpreisverbindlichkeit in Höhe von € 39.100,00) und subjektives Tatbild (auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung, die sich schlüssig aus den oben dargestellten Umständen ergibt) lagen vor. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist Frau A Kb zuzurechnen und als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 27 Abs. 1 Z 1 EStG anzusetzen. Die Verpflichtung der Gesellschaft, den Kapitalertragsteuer-Abzug vorzunehmen, besteht auch bei der verdeckten Ausschüttung. Wobei die Kapitalertragsteuer bei Zufluss der verdeckten Gewinnausschüttung idR nicht einbehalten wird, sondern im Haftungsweg nachzuerfassen ist. Nur "ausnahmsweise" wird der Empfänger der Kapitalerträge gemäß § 95 EStG 1988 in Anspruch genommen (vgl. VwGH 15.03.2023, Ra 2021/15/0093, Rn 24 mwN).
Gemäß § 202 Abs. 1 BAO sind Nachforderungen, wenn die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt, mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1 BAO) geltend zu machen. Nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden. Diese Voraussetzungen liegen gegenständlich vor.
Mit Vereinbarung vom 12. März 2018 wurde bestätigt, dass Frau A K die übernommene offene Kaufpreisverbindlichkeit in Höhe von € 39.100,00 gegenüber der O GmbH mit monatlichen Raten in Höhe von 1.000,00 tilgt. Die entsprechenden Zahlungen in Höhe von € 1.000,00 an die O GmbH konnten bereits ab 3. Juli 2017 nachgewiesen werden, womit der Leistungsbeginn vor der Außenprüfung erfolgte. Das Bundesfinanzgericht folgt daher der Ermittlung der verdeckten Gewinnausschüttung in der Beschwerdevorentscheidung, wobei die Kaufpreisverbindlichkeit als Gegenleistung zu berücksichtigen ist:
€ | |
Verkaufspreis (netto): | 90.467,40 |
Umsatzsteuer 20 % | 18.093,48 |
Abzgl. übernommener Kaufpreisverbindlichkeit | -39.100,00 |
Verdeckte Gewinnausschüttung | 69.460,88 |
27,50 % KESt | 19.101,74 |
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung vom Sachverhalt sowie von Fragen der Beweiswürdigung ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Feldkirch, am 30. September 2025