IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Corinna Engenhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 10. März 2020 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 20. Februar 2020 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***Bf1-StNr***, zu Recht:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im Rahmen seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahre 2018 machte der Beschwerdeführer unter anderem Aufwendungen in Höhe von insgesamt € 9.233, -- als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt geltend. Dabei handelte es sich um Behandlungskosten für Osteopathie und Physiotherapie, Aufwendungen für Shiatsu-Massagen, Training nach der Alexander-Technik (dies umfasst das Honorar für die Trainerin, die Kosten für eine Mitgliedschaft im ***Fitnessstudio*** sowie den Eintritt in das Fitnessstudio für die Trainerin als Begleitperson) und psychologische Beratung bzw. Lebensberatung sowie die Teilnahmekosten am Seminar ***Seminar***.
Mit Vorhalt vom 10. Oktober 2019 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, Aufwendungen für Behandlungsleistungen von nichtärztliche Personen seien grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese Leistungen ärztlich verschrieben oder die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt würden. Bloße Empfehlungsschreiben von Ärzten seien hierfür nicht ausreichend. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, entsprechende Nachweise vorzulegen.
Bezugnehmend auf diesen Vorhalt legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2019 eine Bestätigung seines behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin, ***Allgemeinmediziner***, vom 5. Februar 2019 vor. Der Arzt gab an, der Beschwerdeführer sei seit 17 Jahren bei ihm in ärztlicher Behandlung. Der Beschwerdeführer leide an einer Spastik der linken Körperhälfte, die durch ein Geburtstrauma mit einhergehendem Sauerstoffmangel hervorgerufen worden sei. Dadurch habe der Patient eine erhöhte Grundspannung der Muskulatur und eine Neigung zu Krämpfen, wobei sich diese Beschwerden in den letzten Jahren deutlich verschlechtert hätten. Es bestehe ebenso von Kindheit an eine durch die Spastik hervorgerufene Sprachstörung. Abgesehen von psychischen Konsequenzen wie Depressionen sei für den Patienten auch die Bewältigung des Alltags schwieriger als früher. Die rechte, nicht spastische Körperhälfte werde ebenfalls zunehmend in Mitleidenschaft gezogen, da sie die Defizite der linken Hälfte ausgleichen müsse.
Der Beschwerdeführer profitiere seit dem Jahr 2015 von einem individualisierten Training im ***Fitnessstudio*** unter ständiger Betreuung von ***Trainerin Alexander-Technik***. Für dieses Training benötige er feinjustierbare Trainingsgeräte, die nur in wenigen Fitnessstudios verfügbar seien, und die kontinuierliche Kontrolle von ***Trainerin Alexander-Technik***, die in der Alexander-Technik ausgebildet sei, während des Trainings. Der Beschwerdeführer hätte auch andere Trainingsformen ausprobiert, jedoch ohne Erfolg. ***Trainerin Alexander-Technik*** müsse für jede Trainingseinheit einen Unkostenbeitrag von € 15,-- an das Fitnessstudio entrichten, der auch vom Beschwerdeführer übernommen werde. Abschließend gab ***Allgemeinmediziner*** an, er hätte dem Beschwerdeführer schon im Jahr 2016 zu einer regelmäßigen psychologisch-lebensberatenden Betreuung zur ergänzenden Behandlung seiner spastisch bedingten und auch daraus resultierenden psychosomatischen Beschwerden geraten.
Im Einkommensteuerbescheid vom 20. Februar 2020 erkannte die belangte Behörde von den als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen (neben dem Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988) ausschließlich die Kosten für die von ***Allgemeinmediziner*** durchgeführte Osteopathiebehandlung an. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass ärztliche Empfehlungen (beispielweise betreffend den Besuch eines Fitnesscenters) nicht mit einer ärztlichen Verordnung gleichzusetzen seien, die die Zwangsläufigkeit der Behandlung bescheinige. Es seien hinsichtlich der nicht anerkannten außergewöhnlichen Belastungen weder ärztliche Verschreibungen noch die (teilweise) Kostenübernahme durch die Sozialversicherung nachgewiesen worden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde vom 10. März 2020, die sich gegen die Nichtanerkennung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen richtet. Begründend verwies er darauf, dass er mangels wirksamer Medikamente gezwungen sei, auf alternative Therapieformen zurückzugreifen und nur mit den angeführten Therapien eine Verschlechterung des Krankheitsbildes hintangehalten werden könne und eine Bewältigung des Alltags halbwegs möglich sei.
Der Beschwerde legte der Beschwerdeführer einen Arztbrief von ***Neurologe*** (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) vom 3. September 2019, einen neuropsychologischen Befund vom ***Psychologin*** (Klinische und Gesundheitspsychologin, Neuropsychologin) vom 18. Juni 2019, einen MRT-Befund seines Gehirns vom 22. Mai 2019 sowie eine vom ***Krankenhaus*** ausgestellte Verordnung für physikalische Behandlungen (10 Einheiten Physiotherapie) vom 3. Oktober 2018 bei.
Mit Ergänzungsersuchen vom 5. November 2020 hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, die Behandlungen, deren Kosten er als außergewöhnliche Belastungen geltend mache, würden teilweise auch von gesundheitsbewussten Menschen zur Steigerung ihres allgemeinen Wohlbefindens bzw. zur Gesundheitsvorsorge in Anspruch genommen. So würden Shiatsu-Massagen, das Training im Fitnessstudio oder das Training nach der Alexander Technik im Allgemeinen auch Personen, die durch ihr Arbeitsumfeld, Stress oder körperliche Einschränkungen Fehlhaltungen einnehmen, nützen. Der Beschwerdeführer werde daher aufgefordert, darzulegen, inwieweit die geltend gemachten Behandlungen speziell auf sein Krankheitsbild abgestimmt gewesen seien und sich somit von den Behandlungen für die Allgemeinheit unterschieden hätten. Zudem werde er aufgefordert, den Bescheid des Sozialministeriums vorzulegen.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2020 beantwortete der Beschwerdeführer diesen Vorhalt dahingehend, dass er einerseits selbst sein Krankheitsbild und die von ihm diesbezüglich in Anspruch genommenen Therapien ausführlich beschrieb und andererseits Befunde, den Bescheid des Sozialministeriums sowie Bestätigungen der ihn Behandelnden vorlegte.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12. Jänner 2021 gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise statt und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass (neben den Aufwendungen für die osteopathische Behandlung und dem Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988) nunmehr auch die Aufwendungen für die Physiotherapie sowie die Lebensberatung als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt anerkannt wurden.
Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2021 beantragte der Beschwerdeführer, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und legte diesem Vorlageantrag einen weiteren Arztbrief von ***Neurologe*** vom 5. Februar 2021 bei.
Mit Vorlagebericht vom 23. Februar 2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor.
Im Mail vom 20. Mai 2025 beschrieb der Beschwerdeführer das Training mit ***Trainerin Alexander-Technik*** und gab insbesondere an, inwieweit die Aufwendungen für ihr Honorar auf die Trainingseinheiten in ihrem Studio/ihrer Praxis und das Training im ***Fitnessstudio*** entfielen.
Mit Schreiben vom 27. Mai 2025 nahm die belangte Behörde hierzu Stellung und führte aus, dass die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für den Besuch eines Fitnessstudios durch ein vor Beginn des Besuches ausgestelltes ärztliches Zeugnis nachzuweisen sei, aus dem sich die Notwendigkeit und die Dauer des Fitnessstudiobesuches ergeben würden. Es werde die Abweisung der Beschwerde befürwortet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der am tt.mm.1969 geborene Beschwerdeführer leidet zeitlebens aufgrund einer frühkindlichen Gyrierungs- und Migrationsstörung des zentralen Nervensystems an einer Spastik der linken Körperhälfte (angeborene zentrale spastische Parese des linken Beines). Diese generalisierte Spastik mit Linksbetonung führt zu Verspannungen und greift - extrem stressanfällig - bei raschen Bewegungen auf andere Muskeln und auch auf die glatte Muskulatur der Eingeweide über und löst unangenehme schmerzhafte Krämpfe mit Kältegefühl aus. Schlucken und Atmen sind wiederholt von schmerzhaften Verkrampfungen begleitet. Die alltägliche willkürliche Bewegungskontrolle wird dadurch als sehr belastend empfunden.
Weiters besteht beim Beschwerdeführer eine verzögerte Sprachentwicklung und im Rahmen einer allgemeinen kognitiven Verlangsamung mit reduzierter Aufmerksamkeit und Konzentration eine verringerte Stressresistenz. Zudem wurde beim Beschwerdeführer eine krankheitswertige affektive Beeinträchtigung im Sinne einer depressiven Störung diagnostiziert, deren Ursache ebenfalls in der ausgeprägten körperlichen Symptomatik der Spastik liegt. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes stellt sich die depressive Störung daher als Folgeerkrankung seiner körperlichen Behinderung dar.
Aufgrund eines Sachverständigengutachtens vom 11. Dezember 1985 stellte das Sozialministerium mit Bescheid vom 11. Dezember 1985 beim Beschwerdeführer eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 50 % fest (Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40% aufgrund der angeborenen zentralen Parese des linken Beines; Erhöhung um eine Stufe aufgrund des zusätzlichen Vorliegens einer Sprachstörung).
Eine medikamentöse Therapie steht für den Beschwerdeführer nicht zur Verfügung. Zwei (vor dem streitgegenständlichen Zeitraum durchgeführte) medikamentöse Therapieversuche haben keinen Erfolg gehabt bzw. gar zur Verschlimmerung der Beschwerden des Beschwerdeführers geführt. Vom Einsatz von krampflösenden Medikamenten erwartet der behandelnde Facharzt des Beschwerdeführers ebenfalls keine Verbesserung der Beschwerden.
Der Beschwerdeführer ist daher auf eine breite multidisziplinäre rehabilitive Therapie angewiesen, um die durch seine Beeinträchtigung hervorgerufenen Beschwerden zu lindern und eine Verschlechterung seines Zustandes hintanzuhalten.
Im Zusammenhang mit den im Rahmen dieser auf verschiedene Methoden und Ansätze zurückgreifenden Therapie in Anspruch genommenen Behandlungen machte der Beschwerdeführer im streitgegenständlichen Jahr folgende Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend:
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Die Behandlungen wurden von ***Allgemeinmediziner***, dem den Beschwerdeführer behandelnden Arzt für Allgemeinmedizin, durchgeführt. Die auf den Honorarnoten vermerkte Diagnose lautet: Hemispastik links, Zervikdorsalgie, Lumbalgie. Im angefochtenen Bescheid wurden diese Aufwendungen von der belangten Behörde als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.
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Die Behandlungen wurden von der Physiotherapeutin ***Physiotherapeutin*** durchgeführt. Diesbezüglich liegt eine Verordnung des ***Krankenhaus*** vom 3. Oktober 2018 vor. Die in der Honorarnote vom 19. Dezember 2018 angeführte Diagnose (ICP, schmerzhafte Muskelhypertonie, CMD) entspricht der in der Verordnung ausgewiesenen Diagnose.
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Seit dem Jahr 2015 trainierte der Beschwerdeführer unter kontinuierlicher Betreuung von ***Trainerin Alexander-Technik*** nach einem individualisierten Trainingsplan basierend auf der Alexander-Technik.
Die Alexander-Technik ist eine pädagogische Methode, die sich mit dem Erkennen und Ändern eigener Gewohnheiten beschäftigt, besonders bei körperlichen Fehlhaltungen, die sich durch Verspannungen, Schmerzen oder Funktionseinschränkungen äußern. Die Alexander-Technik gilt als Methode der Komplementärmedizin und wird als "Körpertherapie zum Erkennen und Bekämpfen angewöhnter körperlicher Fehlhaltungen" definiert. Zentrale Bedeutung hat dabei die Beziehung zwischen Kopf, Hals, Nacken und Rumpf.
***Trainerin Alexander-Technik*** ist keine Medizinerin und übt keinen Gesundheitsberuf aus. Sie ist seit 1999 als Alexander-Technik-Lehrerin (zertifiziert nach den Standards der STAT Society of Teachers of the Alexander Technique) tätig.
Im beschwerdegegenständlichen Jahr 2018 fanden diese Trainingseinheiten mit ***Trainerin Alexander-Technik*** einerseits in ihrem Studio/ihrer Praxis und andererseits im ***Fitnessstudio*** statt.
Bei diesem beiden Trainingsformen handelte es sich um den gleichen Therapieansatz (Alexander-Technik), allerdings in unterschiedlichen Ausführungen bzw. Ausrichtungen. Das Training im Studio von ***Trainerin Alexander-Technik*** war darauf ausgerichtet, den Beschwerdeführer bei Alltagsbewegungen anzuleiten und ihn dabei zu unterstützen, schädliche Bewegungsmuster aufzulösen.
Bei dem Training im ***Fitnessstudio*** ging es darum, Muskelabbau und Muskelverkürzungen zu verhindern und den Beschwerdeführer bei den Übungen so anzuleiten, dass er sich nicht verletzt. Dieses Training fand ebenfalls unter ständiger Betreuung von ***Trainerin Alexander-Technik*** statt. Ein eigenständiges Training ohne professionelle Begleitung wäre für den Beschwerdeführer kaum möglich gewesen, da seine kinästhetische Wahrnehmung sehr ungenau war und er immer wieder Feedback bezüglich seiner Mitte, Balance und Achsenaufrichtung benötigte, da es sonst bei ihm zu sehr schmerzhaften Muskelverspannungen kam. Im Gegensatz zu vielen anderen Fitnessstudios verfügt das ***Fitnessstudio*** über die für dieses Training benötigten, sehr fein justierbaren Fitnessgeräte.
Generell zielte das Training nach der Alexander-Technik und der diesbezügliche Trainingsplan des Beschwerdeführers auf eine Verbesserung bzw. Wiederherstellung von neurologischen Verbindungen ab. Es ging dabei vor allem darum, "bei spezifischen Alltagsbewegungen, wie z.B. Setzen, Aufstehen, Beugen, Greifen, Vorbeugen im Sitzen zum Essen, Gehen und Sprechen unerwünschte und kompensatorische Muskelaktivität zu stoppen, um mithilfe mentaler Anweisungen und durch taktile Anleitungen, die den Bewegungen entsprechenden Muskeln anzusteuern". Es war ein neuro-muskuläres Training, bei dem es darum ging, "schädliche Bewegungsmuster zu verlernen sowie unter der Voraussetzung der Gerierungsstörung und Spastik, bestmögliche Abläufe aufzuzeigen und gemeinsam zu trainieren".
Im beschwerdegegenständlichen Jahr 2018 fanden 19 der 60 Trainingseinheiten im ***Fitnessstudio*** unter der Betreuung von ***Trainerin Alexander-Technik*** statt. Von den insgesamt im Zusammenhang mit dem Alexander-Technik-Training geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von € 2.913, -- entfallen darauf € 1.683, -- (€ 828,-- auf die Jahresgebühr im Fitnessstudio; € 570, -- auf das Honorar von ***Trainerin Alexander-Technik*** und € 285, -- auf die "Gastkarten" für ***Trainerin Alexander-Technik*** als Begleitperson im Fitnessstudio).
Eine ärztliche Verordnung des Trainings lag nicht vor. Der Fitnessstudiobesuch und die absolvierten Trainingseinheiten waren nicht in eine ärztlich überwachte Behandlung eingebettet.
Die 41 übrigen Trainingseinheiten fanden im Studio von ***Trainerin Alexander-Technik*** statt und waren mit Aufwendungen in Höhe von € 1.230, -- verbunden (Honorar von ***Trainerin Alexander-Technik***).
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Die Behandlungen wurden von ***Masseur Shiatsu***, einem qualifizierten Shiatsu-Praktiker ("Qualified Shiatsu Practitioner" nach den Standards des Österreichischen Dachverband Shiatsu), durchgeführt. Die von ihm durchgeführte Massage war eine Druckmassage, die Verkrampfungen und Verspannungen im Körper des Beschwerdeführers verbessert und insbesondere auf das autonome Nervensystem entspannend wirkt. Der Beschwerdeführer gibt an, zuvor sowohl klassische Massagen als auch andere Shiatsu-Praktiken ausprobiert zu haben. ***Masseur Shiatsu*** empfinde er als einfühlsam. Dieser könne sich auf die körperlichen Bedürfnisse des Beschwerdeführers einstellen.
Shiatsu ist eine eigenständige Form der ganzheitlichen, manuellen Körperarbeit, die ihre Wurzeln in japanischen und chinesischen Gesundheitslehren hat und der Komplementärmedizin zugeordnet wird.
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Die von der Lebensberaterin ***Lebensberaterin*** geleisteten Lebensberatung war eine psychologische Beratung und Begleitung von Menschen, die unter alltäglichen Belastungen leiden. Die bestehenden körperlichen Beeinträchtigungen (Spastik) und ständigen Schmerzen stellen eine starke psychische Belastung für den Beschwerdeführer dar. Im Rahmen der Lebensberatungseinheiten wurde in Kombination zur psychologischen Beratung auch Energiearbeit nach der "Zweipunktmethode bzw. Arbeit mit Quantenwellen" angewendet.
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Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts sind die Aufwendungen für die osteopathischen Behandlungen, die Physiotherapie, die Shiatsu-Massagen, die psychologische Beratung sowie teilweise für das Training nach der Alexander-Technik (soweit die Aufwendungen nicht im Zusammenhang mit dem Training im Fitnessstudio stehen; somit in Höhe von € 1.230, --) für Maßnahmen, die zur Linderung der Beeinträchtigung des Beschwerdeführers und Hintanhaltung einer Verschlechterung seines Zustandes nachweislich notwendig waren, aufgewendet worden.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum Krankheitsbild des Beschwerdeführers sowie der Umstand, dass es sich bei der depressiven Störung um eine Folge der körperlichen Behinderung des Beschwerdeführers handelt, ergeben sich aus den vorgelegten Arztbriefen und Befunden. Der Umstand, dass die Krankheit des Beschwerdeführers nicht medikamentös behandelbar war und er daher auf eine multidisziplinäre rehabilitative Therapie angewiesen war, ergibt sich aus den Arztbriefen von ***Neurologe*** (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) vom 3. September 2019 sowie vom 5. Februar 2021. Die Höhe der Aufwendungen ergibt sich aus den vorgelegten Rechnungen.
In diesem Zusammenhang sowie hinsichtlich der nachweislichen Notwendigkeit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen zur Heilung und Linderung (bzw. Vermeidung eines weiteren Fortschreitens sowie der Erträglichmachung) seiner Beeinträchtigung ist Folgendes auszuführen:
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen wird im Gutachten des behandelnden Facharztes vom 3. September 2019 ausgeführt, dass der Beschwerdeführer das Angebot an rehabilitativen Therapieangeboten sehr konsequent ausschöpfe und seit Jahren regelmäßig Therapien im Bereich der Osteopathie, Physiotherapie, und Alexander-Technik sowie psychologische Betreuung in Anspruch nehme und auch (wenn auch aufgrund seiner Beschwerden stark eingeschränkt) im Fitnessstudio trainiere. Bereits aus diesem Schreiben geht hervor, für die Beeinträchtigung des Beschwerdeführers keine medikamentöse Behandlung zur Verfügung stand und er seit Jahren ein aufeinander abgestimmtes Therapieangebot nutzte. Ebenso wie die belangte Behörde sieht das Bundesfinanzgericht diesen Arztbrief als (ein zum beschwerdegegenständlichen Zeitraum) zeitnahes ärztliches Gutachten, das grundsätzlich zum Nachweis der medizinischen Indikation bzw. Notwendigkeit einer Heilbehandlung geeignet ist.
Im Arztbrief vom 5. Februar 2021 wird diesbezüglich ergänzt, dass der Beschwerdeführer mangels medikamentöser Therapie, seit Jahrzehnten auf unterschiedliche rehabilitative Therapieansätze angewiesen sei, um seine Beschwerden damit lindern zu können. Neben regelmäßiger Physiotherapie habe sich seit fünf Jahren eine Koordinations- und Muskelaufbautraining an Fitnessgeräten bewährt, allerdings unter gleichzeitiger Betreuung durch eine Alexander-Technik-Trainerin. Unter pädagogischen Gesichtspunkten würden Muskeltonus und neuromuskuläre Koordination während des Trainings gesteuert, um schmerzhafte Spasmen durch Fehlbelastung zu vermeiden bzw. zu lindern. Zusammenfassend wird ausgeführt: "Aus fachärztlicher Sicht ist bei dieser sehr seltenen letztendlich nicht medikamentös behandelbaren Erkrankung, die nicht nur die Motorik und Koordination, sondern auch die Wahrnehmung und den Affekt beeinträchtigt, eine breite multidisziplinäre Therapie, bestehend aus Physiotherapie, Massage (z.B. Shiatsu), Muskelaufbautraining unter professioneller Begleitung (Alexander Technik), Lebensberatung und Psychotherapie indiziert, um die bekannten Beschwerden zu lindern und eine rasche Verschlechterung des Zustandes hintanzuhalten".
Für das Bundesfinanzgericht stellt sich dieser zweite Arztbrief als Ergänzung zum früheren ärztlichen Gutachten dar, das somit in Zusammenschau mit diesem zu lesen ist. Die beiden - vom Bundesfinanzgericht als maßgeblich erachteten - Kernpunkte, welche Therapiemaßnahmen beim Beschwerdeführer zur Anwendung kommen und deren Alternativlosigkeit, finden sich in beiden Arztbriefen. Im "Nachtrag" vom 5. Februar 2021 wird diesbezüglich ausdrücklich eine (medizinische) Indikation bestätigt und auf die Notwendigkeit dieser Maßnahmen zur Linderung und Hintanhaltung einer Verschlechterung des Zustandes des Beschwerdeführers hingewiesen.
Die in diesen Arztbriefen dargestellte (aufgrund der Alternativlosigkeit gegebene) Erforderlichkeit dieser Therapiemaßnahme geht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes jedenfalls über ein bloßes ärztliches Befürworten, Anraten oder Empfehlen hinaus.
Ergänzend ist auf die Bestätigungen von ***Trainerin Alexander-Technik*** und ***Masseur Shiatsu*** zu verweisen, in denen ausführlich und für das Bundesfinanzgericht nachvollziehbar und schlüssig dargestellt wird, inwieweit die durchgeführten Therapiemaßnahmen (Training nach der Alexander-Technik; Shiatsu-Massagen) speziell auf den Beschwerdeführer und die aus seinem Krankheitsbild resultierenden Bedürfnisse abgestimmt sind und positiv auf seinen Gesundheitszustand einwirken.
Hinsichtlich der Aufwendungen für Physiotherapie ist deren Notwendigkeit im Übrigen bereits durch die entsprechende Überweisung des ***Krankenhaus*** vom 3. Oktober 2018 nachgewiesen.
Abschließend ist zu bemerken, dass auch die belangte Behörde die Notwendigkeit der Aufwendungen für Physiotherapie und psychologische Beratung (neben den bereits im angefochtenen Bescheid anerkannten Aufwendungen für die osteopathische Behandlung) im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom 12. Jänner 2021 als gegeben annahm.
Aus den dargelegten Gründen sind die Aufwendungen für osteopathischen Behandlungen, Physiotherapie, Shiatsu-Massagen, psychologische Beratung sowie teilweise für das Training nach der Alexander-Technik (soweit die Aufwendungen nicht in Zusammenhang mit dem Training im Fitnessstudio stehen; somit in Höhe von € 1.230, --) für Maßnahmen, die zur Linderung der Beeinträchtigung des Beschwerdeführers und Hintanhaltung einer Verschlechterung seines Zustandes nachweislich notwendig sind, aufgewendet worden.
Hinsichtlich der im Zusammenhang mit dem Alexander-Technik-Training im Fitnessstudio geltend gemachten Aufwendungen in Höhe vom € 1.683, -- (€ 828,-- für die Jahresgebühr im Fitnessstudio; € 570, -- für das diesbezügliche Honorar von ***Trainerin Alexander-Technik*** und € 285, -- für die "Gastkarten" für ***Trainerin Alexander-Technik*** als Begleitperson im Fitnessstudio) ist Folgendes auszuführen:
Vor dem Hintergrund, dass Aufwendungen für ein Training im Fitnessstudio ihrer Natur nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern mitunter auch von Gesunden getätigt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Annahme der Zwangsläufigkeit (iSe zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislichen Notwendigkeit) einerseits ein vorfeldweises ärztliches Gutachten und andererseits die Einbettung des Studiobesuchs und der absolvierten Trainingseinheiten in eine ärztlich überwachte Behandlung erforderlich (vgl. VwGH vom 4. September 2014, 2012/15/0136).
Das Bundesfinanzgericht zweifelt nicht daran, dass dieses vom Beschwerdeführer unter Begleitung der Alexander-Technik-Trainerin im Fitnessstudio absolvierte Training sich einerseits positiv auf seinen Gesundheitszustand auswirkt und andererseits aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigung kaum mit einem Fitnessstudiobesuch eines Gesunden vergleichbar ist. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung kann der Nachweis für die Notwendigkeit dieser Aufwendungen allerdings mangels Vorliegens eines vorfeldweisen ärztliches Gutachten bzw. einer ärztlichen Verordnung sowie mangels der Einbettung des Studiobesuchs und der absolvierten Trainingseinheiten in eine ärztlich überwachte Behandlung nicht als erbracht angesehen werden.
Hinsichtlich der Teilnahme am Seminar "***Seminar***" ist auszuführen, dass aus der Beschreibung hervorgeht, dass sich dieses Seminar mit Methoden und Konzepten der Psychotherapie (Systematische Aufstellung archetypischer Urbilder, Tiefenprozessarbeit und das Erlernen aus dem Körper kommender Spontanrituale) beschäftigte und einer der Leiter ein Psychotherapeut war. In dem Arztbrief von ***Neurologe*** vom 5. Februar 2021 wird auch "Psychotherapie" als für die Beeinträchtigung des Beschwerdeführers indizierte Therapiemaßnahme genannt, allerdings kann daraus keine Notwendigkeit für die Teilnahme an diesem speziellen Seminar abgeleitet werden. Aus der Beschreibung des Seminars lässt sich für das Bundesfinanzgericht ebenfalls nicht ableiten, dass dieses spezifisch auf die Linderung einer Beschwerde des Beschwerdeführers gerichtet wäre (bzw. in diesem Zusammenhang als "Heilbehandlung" zu sehen wäre).
Der Beschwerdeführer führt in diesem Zusammenhang aus, dass seine körperlichen Beeinträchtigungen und starken Schmerzen eine große psychische Belastung für ihn darstellen würden. Er fühle sich im Alltag ständig überfordert und stark belastet. Da eine Störung des zentralen Nervensystems bestehe, seien seine Nerven sehr gestresst. Dies und auch sehr viele Traumata in seiner Kindheit hätten dazu geführt, dass er unter einer starken depressiven Störung leide. Durch die Behandlungen im Rahmen des Seminars würden energetische Blockaden wieder in Fluss gebracht und die Selbstregulierung seines physischen Körpers wieder auf neuronale und muskuläre Ebene gestärkt werden. Traumatische Störungen im Körper und in der frühkindlichen Identität würden aufgedeckt und gelöst werden. Der Beschwerdeführer verweist hierzu auf dem Befund von ***Psychologin*** vom 18. Juni 2019. Zwar wird in diesem Gutachten eine "krankheitswertige affektive Beeinträchtigung iSe depressiven Störung" diagnostiziert, deren Ursache die ausgeprägte Symptomatik der Spastik sei. Es findet sich darin jedoch weder ein Hinweis auf das Vorliegen von (Kindheits-) Traumata noch eine medizinische Indikation für deren Behandlung durch die Methoden des gegenständlichen Seminars.
Das Bundesfinanzgericht möchte der Teilnahme des Beschwerdeführers am genannten Seminar eine positive Wirkung auf seine körperliche und psychische Gesundheit nicht absprechen. Aus den dargelegten Gründen konnte der Nachweis für deren Notwendigkeit jedoch nicht erbracht werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe und Abänderung)
Im beschwerdegegenständlichen Fall ist strittig, ob und in welchem Ausmaß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Die Belastung ist nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen näher geregelten Selbstbehalt übersteigt.
Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 können Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehalts abgezogen werden. Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen u. a. durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung und erhält er keine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm nach § 35 Abs. 1 EStG 1988 ein Freibetrag ( § 35 Abs. 3 EStG 1988) zu.
Dieser Freibetrag beträgt gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 in der für das beschwerdegegenständliche Jahr 2018 anwendbaren Fassung BGBl. I Nr. 112/2012, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 45 % bis 54 % jährlich € 243, --.
Anstelle des Freibetrags nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 können nach § 35 Abs. 5 leg. cit. auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010, (in der Folge: Verordnung über außergewöhnliche Belastungen), sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat.
Eine Behinderung liegt nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25 % beträgt.
Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen (§ 1 Abs. 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen).
Nach § 4 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen idF BGBl. II Nr. 91/1998 sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
Unter Kosten der Heilbehandlung im Sinne des § 4 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen fallen einerseits Kosten der Heilbehandlung der die Behinderung verursachenden Erkrankung und andererseits Krankheitskosten etwaiger Folgeerkrankungen einer Behinderung. Es muss sich damit um Kosten im Zusammenhang mit der Behandlung von Krankheiten, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stehen, handeln (vgl. VwGH vom 20. September 2023, Ro 2021/13/0025, mwN).
Im beschwerdegegenständlichen Fall liegt beim Beschwerdeführer nachweislich eine körperliche Behinderung vor, die seine Erwerbsfähigkeit zu 50% mindert. Sämtliche der von ihm als außergewöhnlich geltend gemachten Aufwendungen stehen im ursächlichen Zusammenhang mit dieser Behinderung (bzw. mit einer depressiven Störung, die Folge seiner körperlichen Behinderung ist).
Aufgrund des Ausmaßes der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) steht dem Beschwerdeführer einerseits gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 ein Freibetrag in Höhe von € 243, -- zu. Andererseits liegt eine Behinderung iSd § 1 Abs. 2 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen vor.
Aufwendungen, die durch eine Krankheit (oder Behinderung) des Steuerpflichtigen verursacht werden, sind jedenfalls außergewöhnlich und erwachsen ihm aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (vgl. VwGH vom 21. Mai 1956, 349/56). Da gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 Mehraufwendungen aus dem Titel einer Behinderung ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abgezogen werden können, muss in diesem Fall auch die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht gesondert geprüft werden.
Als außergewöhnliche Belastungen können jedoch nur Krankheitskosten abgezogen werden, die für Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind, aufgewendet werden (vgl. VwGH vom 18. Februar 2021, Ra 2019/15/0113). Dem gleichgestellt sind Aufwendungen für Maßnahmen, die zur Vermeidung des Fortschreitens sowie zur Erträglichmachung einer Beeinträchtigung nachweislich notwendig sind (Jakom/Peyerl EStG, 2025, § 34 Rz 90 mwN). Krankheitskosten können nur dann als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, wenn sie mit einer konkreten Heilbehandlung verbunden sind, nicht hingegen, wenn sie bloß der Vorbeugung von Krankheiten dienen (vgl. VwGH vom 18. Februar 2021, Ra 2019/15/0113).
Zum Nachweis der Notwendigkeit ist ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich (vgl. VwGH vom 4. September 2014, 2012/15/0136, mwN). Ebenso kann die medizinische Notwendigkeit einer Maßnahme durch eine ärztliche Verordnung, einen ärztlichen Therapieplan oder durch Übernahme der Kosten durch den Sozialversicherungsträger nachgewiesen werden (vgl. VwGH vom 22. Februar 2023, Ro 2021/15/0005, mwN). Hingegen führt nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme zu einer außergewöhnlichen Belastung (vgl. VwGH vom 7. September 2022, Ra 2021/13/0157).
Wie im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung und der Beweiswürdigung dargelegt, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im gegenständlichen Fall der Nachweis der Notwendigkeit der Aufwendungen für die Shiatsu-Massagen, die psychologische Beratung sowie teilweise für das Training nach der Alexander-Technik (soweit die Aufwendungen nicht in Zusammenhang mit dem Training im Fitnessstudio stehen; somit in Höhe von € 1.230, --) durch die Arztbriefe des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie hinreichend erbracht. Hinsichtlich der Physiotherapie-Einheiten war die medizinische Notwendigkeit aufgrund einer ärztlichen Verordnung als erwiesen anzusehen. Auch hinsichtlich der Aufwendungen für die osteopathischen Behandlungen, die im angefochtenen Anwendungen als außergewöhnliche Aufwendungen anerkannt wurden, geht das Bundesfinanzgericht von deren Notwendigkeit aus.
Hingegen konnte hinsichtlich der mit dem Training im Fitnessstudio verbundenen Aufwendungen aufgrund der von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgegebenen erhöhten Nachweispflicht (vgl. VwGH vom 4. September 2014, 2012/15/0136) sowie hinsichtlich der Kosten für die Teilnahme am Seminar "***Seminar***" nicht der für die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen erforderliche Nachweis erbracht werden.
Diese als nachweislich notwendig erachteten Aufwendungen können gemäß § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Der Beschwerdeführer fällt aufgrund des Ausmaßes der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit in den Anwendungsbereich der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen. Bei den als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Aufwendungen handelt es sich ausschließlich um Krankheitskosten betreffend die die Behinderung verursachende Erkrankung sowie betreffend die dadurch ausgelöste Folgeerkrankung (depressive Störung). Sie stellen somit Heilbehandlungen iSd § 4 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen dar, die gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen neben dem entsprechenden Freibetrag des § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu gewähren sind (vgl. zur diesbezüglichen "Ausweitung" des § 34 Abs. 6 EStG 1988 durch die Verordnung über außergewöhnliche Belastungen VwGH vom 23. Jänner 2019, Ro 2016/13/0010).
Im gegenständlichen Fall sind daher die geltend gemachten Aufwendungen in Zusammenhang mit den osteopathischen Behandlungen, der Physiotherapie, der psychologischen Beratung, den Shiatsu-Massagen und dem Alexander-Technik-Training (außerhalb des Fitnessstudios) - somit Aufwendungen in Höhe von insgesamt € 6.190, -- - als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Zusätzlich steht dem Beschwerdeführer ein Freibetrag in Höhe von € 243, -- zu.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid - in teilweiser Stattgabe der Beschwerde - abzuändern.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen und insbesondere die diesbezüglichen Nachweiserfordernisse hinsichtlich geltend gemachter Krankheitskosten sind durch die genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes präzisiert. Die beschwerdegegenständliche Frage, ob diese Nachweise hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen erbracht werden konnten, war im Rahmen dieser durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebildeten Vorgaben in freier Beweiswürdigung zu klären. Eine solche über den Einzelfall nicht hinausgehende Beurteilung ist nicht revisibel.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof war daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Wien, am 30. Juni 2025