Europäisches Übereinkommen über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge
Vorwort
Art. 1 ARTIKEL 1
(1) Jede Vertragspartei verpflichtet sich, vor Ablauf von sechs Monaten, nachdem dieses Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist, die Rechte von Personen, die in ihrem Hoheitsgebiet einen durch ein Kraftfahrzeug verursachten Schaden erleiden, durch die Einführung einer Pflichtversicherung zu schützen, die den Bestimmungen entspricht, welche diesem Übereinkommen beigefügt sind (Anhang I).
(2) Jede Vertragspartei behält das Recht, Bestimmungen zu erlassen, die einen noch stärkeren Schutz der geschädigten Personen vorsehen.
(3) Jede Vertragspartei teilt dem Generalsekretär des Europarats den amtlichen Wortlaut ihrer Gesetze und ihrer wesentlichen Verwaltungsvorschriften über die Einführung einer Pflichtversicherung für Kraftfahrzeuge mit. Der Generalsekretär übermittelt diesen Wortlaut den anderen Parteien sowie den übrigen Mitgliedern des Europarats.
Art. 2 ARTIKEL 2
Jede Vertragspartei behält das Recht,
1. bestimmte Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Auffassung kaum eine Gefahr darstellen, von der Versicherungspflicht auszunehmen;
2. Kraftfahrzeuge, die inländischen oder ausländischen Behörden oder zwischenstaatlichen Organisationen gehören, von der Versicherungspflicht auszunehmen;
3. die Mindestbeträge festzusetzen, die durch die Versicherung gedeckt sein müssen; in diesem Falle kann die Anwendung der beigefügten Bestimmungen auf die festgesetzten Beträge beschränkt werden.
Art. 3 ARTIKEL 3
(1) Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung dieses Übereinkommens oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunde erklären, daß sie von einem oder mehreren der Vorbehalte in Anhang II zu diesem Übereinkommen Gebrauch macht.
(2) Jede Vertragspartei kann einen Vorbehalt, den sie nach Absatz 1 gemacht hat, durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifizierung ganz oder teilweise zurückziehen; die Notifizierung wird am Tage ihres Eingangs wirksam. Der Generalsekretär übermittelt ihren Wortlaut den anderen Parteien sowie den übrigen Mitgliedern des Europarats.
Art. 4 ARTIKEL 4
(1) Die Rechte und Vorbehalte, von denen eine Vertragspartei nach den Artikeln 2 und 3 Gebrauch macht, gelten nur für das Hoheitsgebiet dieser Partei und beeinträchtigen nicht die volle Anwendung des Pflichtversicherungsrechts der anderen Parteien, deren Hoheitsgebiet durchfahren wird.
(2) Jede Vertragspartei gibt dem Generalsekretär des Europarats den Inhalt ihrer innerstaatlichen Bestimmungen bekannt, welche die Rechte und Vorbehalte nach den Artikeln 2 und 3 betreffen. Sie unterrichtet den Generalsekretär laufend über jede spätere Änderung dieser Bestimmungen. Der Generalsekretär gibt alle diese Mitteilungen an die anderen Parteien sowie an die übrigen Mitglieder des Europarats weiter.
Art. 5 ARTIKEL 5
Berührt der Ersatz eines durch ein Kraftfahrzeug verursachten Schadens sowohl die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeuge als auch die Regelung der sozialen Sicherheit, so bestimmen sich die Rechte der geschädigten Person und die Rechtsbeziehungen zwischen Pflichtversicherung und sozialer Sicherheit nach dem innerstaatlichen
Recht.
Art. 6 ARTIKEL 6
(1) Ist die in Artikel 4 Absatz 2 der beigefügten Bestimmungen angeführte Möglichkeit eines Ausschlusses von der gewöhnlichen Versicherung im innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei vorgesehen, so wird diese die Veranstaltung von Rennen und Geschwindigkeits-, Zuverlässigkeits- oder Geschicklichkeitswettbewerben mit Kraftfahrzeugen in ihrem Hoheitsgebiet von der Genehmigung durch eine Verwaltungsbehörde abhängig machen. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn eine besondere, den beigefügten Bestimmungen entsprechende Versicherung die zivilrechtliche Haftpflicht der Veranstalter und der in Artikel 3 jener Bestimmungen bezeichneten Personen deckt.
(2) Von dieser Versicherung kann jedoch der Ersatz von Schäden ausgeschlossen werden, welche die Insassen der Fahrzeuge erleiden, die an den in Absatz 1 bezeichneten Rennen oder Wettbewerben teilnehmen.
Art. 7 ARTIKEL 7
(1) Im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates sind Kraftfahrzeuge, die ihren gewöhnlichen Standort außerhalb dieses Hoheitsgebiets haben, von der Anwendung des Artikels 2 der beigefügten Bestimmungen befreit, wenn sie mit einer Bescheinigung der Regierung eines anderen Vertragsstaats versehen sind, in der festgestellt wird, daß das Fahrzeug diesem Staat oder, falls es sich um einen Bundesstaat handelt, diesem oder einem seiner Länder gehört; im letzteren Falle wird die Bescheinigung von der Bundesregierung ausgestellt.
(2) In dieser Bescheinigung ist die Behörde oder Stelle anzugeben, der es obliegt, nach dem Recht des durchfahrenen Landes Schadenersatz zu leisten, und gegen welche vor den nach diesem Recht zuständigen Gerichten Klage erhoben werden kann. Der Staat oder das Land, dem das Fahrzeug gehört, bürgt für diese Leistung.
Art. 8 ARTIKEL 8
Die Vertragsparteien werden die Gründung und die Tätigkeit von Einrichtungen fördern, deren Zweck es ist, internationale Versicherungsbescheinigungen auszustellen und in den Fällen des Artikels 2 Absatz 2 der beigefügten Bestimmungen Schadenersatz zu leisten.
Art. 9 ARTIKEL 9
(1) Jede Vertragspartei wird entweder die Gründung eines Entschädigungsfonds veranlassen oder sonstige gleichwertige Maßnahmen treffen, damit in Schadensfällen, in denen die Haftung eines anderen gegeben ist, die geschädigten Personen auch dann Schadenersatz erhalten, wenn die Versicherungspflicht nicht erfüllt oder die zivilrechtlich haftpflichtige Person nicht ermittelt wurde oder wenn ein nach Artikel 3 Absatz 1 Satz 1 der beigefügten Bestimmungen zugelassener Versicherungsausschluß vorliegt. Jede Vertragspartei regelt die Voraussetzungen für die Gewährung des Entschädigungsanspruchs sowie dessen Umfang.
(2) Die Staatsangehörigen jeder Vertragspartei können den in Absatz 1 vorgesehenen Anspruch in einem anderen Vertragsstaat in demselben Umfang geltend machen wie die Angehörigen dieses anderen Staates.
Art. 10 ARTIKEL 10
(1) Die Vertragsparteien werden in ihrem innerstaatlichen Recht die Personen bestimmen, denen es obliegt, das Kraftfahrzeug zu versichern, und werden geeignete, nötigenfalls mit strafrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Folgen verbundene Maßnahmen treffen, damit die Verpflichtungen eingehalten werden, die sich aus den beigefügten Bestimmungen ergeben.
(2) Die Vertragsparteien werden zum Zwecke der Anwendung der beigefügten Bestimmungen geeignete innerstaatliche Rechtsvorschriften über die Erteilung, das Erlöschen und die Entziehung der Zulassung der Versicherer und, gegebenenfalls, des Entschädigungsfonds und der Versicherungseinrichtung sowie über die Beaufsichtigung ihrer Tätigkeit erlassen.
Art. 11 ARTIKEL 11
(1) Jede Vertragspartei bestimmt gegebenenfalls die Behörde oder die Person, an welche die Benachrichtigung nach Artikel 9 der beigefügten Bestimmungen zu erfolgen hat.
(2) Jede Vertragspartei bestimmt, welche Wirkungen der Versicherungsvertrag hat, wenn das Eigentum an dem versicherten Kraftfahrzeug übertragen wird.
Art. 12 ARTIKEL 12
Außer bei Notstand kann eine Vertragspartei dieses Übereinkommen nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt kündigen, an dem es für sie in Kraft getreten ist. Die Kündigung erfolgt durch eine schriftliche, an den Generalsekretär des Europarats zu richtende Notifizierung, die dieser den anderen Vertragsparteien bekanntgibt; die Kündigung wird wirksam mit Ablauf von drei Monaten nach dem Eingang der Notifizierung bei dem Generalsekretär.
Art. 13 ARTIKEL 13
(1) Erachtet es eine Vertragspartei, nachdem dieses Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist, für erforderlich, von einem in Anhang II dieses Übereinkommens nicht vorgesehenen Vorbehalt oder von einem in diesem Anhang vorgesehenen Vorbehalt Gebrauch zu machen, von dem sie vorher nicht Gebrauch gemacht oder den sie zurückgezogen hatte, so übermittelt sie einen bestimmten Antrag dem Generalsekretär des Europarats, der ihn den anderen Vertragsparteien bekanntgibt.
(2) Stimmen die Vertragsparteien vor Ablauf von sechs Monaten nach der Mitteilung des Generalsekretärs dem Antrag schriftlich zu, so kann die Vertragspartei, die den Antrag gestellt hat, ihre Rechtsvorschriften in dem in Aussicht genommenen Sinn ändern. Der Generalsekretär gibt die Mitteilungen, die ihm nach diesem Absatz zugehen, den Vertragsparteien bekannt.
Art. 14 ARTIKEL 14
Dieses Übereinkommen ist auf die überseeischen Hoheitsgebiete der Vertragsparteien nicht anzuwenden.
Art. 15 ARTIKEL 15
(1) Dieses Übereinkommen steht den Mitgliedern des Europarats zur Unterzeichnung offen. Es bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden werden bei dem Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
(2) Dieses Übereinkommen tritt 90 Tage nach Hinterlegung der vierten Ratifikationsurkunde in Kraft.
(3) Für jeden Unterzeichner, der das Übereinkommen später ratifiziert, tritt es 90 Tage nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.
(4) Der Generalsekretär notifiziert allen Mitgliedern des Europarats sowie den beitretenden Staaten die Namen der Unterzeichner, das Inkrafttreten des Übereinkommens, die Namen der Vertragsparteien, die es ratifiziert haben, sowie jede spätere Hinterlegung einer Ratifikations- oder Beitrittsurkunde.
Art. 16 ARTIKEL 16
Nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats jeden Staat, der nicht Mitglied des Rates ist, zum Beitritt einladen. Jeder Staat, der diese Einladung erhalten hat, kann diesem Übereinkommen durch Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde bei dem Generalsekretär des Europarats beitreten; dieser notifiziert die Hinterlegung allen Vertragsparteien sowie den übrigen Mitgliedern des Europarats. Für jeden beitretenden Staat tritt das Übereinkommen 90 Tage nach Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde in Kraft.
Zu Urkund dessen haben die dazu gehörig Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterzeichnet.
Geschehen zu Straßburg,
am 20. April 1959 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär übermittelt allen unterzeichneten Regierungen beglaubigte Abschriften.
ANHANG I
DEM ÜBEREINKOMMEN BEIGEFÜGTE BESTIMMUNGEN
ARTIKEL I
In diesem Gesetz bedeutet:
„Kraftfahrzeuge“ : Fahrzeuge, die mechanisch angetrieben werden können und die, ohne an Schienen gebunden zu sein, für den Verkehr zu Lande bestimmt sind, sowie angekuppelte und, soweit die Regierung dies bestimmt, nicht angekuppelte Anhänger, wenn diese zu dem Zwecke gebaut sind, an ein Kraftfahrzeug angekuppelt zu werden, und wenn sie zur Beförderung von Personen oder Sachen bestimmt sind;
„Versicherte“: Personen, deren Haftpflicht nach diesem Gesetz gedeckt ist;
„geschädigte Personen“: Personen, die Anspruch auf Ersatz eines durch ein Kraftfahrzeug verursachten Schadens haben;
„Versicherer“: ein von der Regierung zugelassenes Versicherungsunternehmen (Artikel 2 Absatz 1) und, im Falle des Artikels 2 Absatz 2, die Einrichtung, die mit der Regelung der Schäden beauftragt ist, welche im Inland von Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort außerhalb des Staatsgebiets verursacht werden.
Anl. 1 ARTIKEL 2
(1) Kraftfahrzeuge dürfen auf öffentlichen Straßen, auf öffentlich zugänglichem Gelände und auf nichtöffentlichem, aber einer gewissen Zahl befugter Personen zugänglichem Gelände nur verkehren, wenn die zivilrechtliche Haftpflicht, zu der sie Anlaß geben können, durch eine diesem Gesetz entsprechende Versicherung gedeckt ist.
Die Versicherung muß mit einem zu diesem Zwecke von der Regierung zugelassenen Versicherer abgeschlossen werden.
(2) Kraftfahrzeuge mit gewöhnlichem Standort außerhalb des Staatsgebiets dürfen jedoch in diesem Gebiet verkehren, sofern eine zu diesem Zwecke von der Regierung anerkannte Versicherungseinrichtung selbst die Verpflichtung übernimmt, den geschädigten Personen die von diesen Fahrzeugen verursachten Schäden nach innerstaatlichem Recht zu ersetzen.
Anl. 1 ARTIKEL 3
(1) Die Versicherung muß die zivilrechtliche Haftpflicht des Eigentümers, jedes Halters und jedes Lenkers des versicherten Fahrzeugs decken, mit Ausnahme der zivilrechtlichen Haftpflicht derjenigen, die sich des Fahrzeugs, sei es durch Diebstahl oder mit Gewalt, sei es auch nur ohne Genehmigung des Eigentümers oder des Halters, bemächtigt haben. Jedoch muß im letzteren Falle die Versicherung die zivilrechtliche Haftpflicht des Lenkers decken, der sich des Fahrzeugs infolge eines Verschuldens des Eigentümers oder des Halters bemächtigen konnte, oder der eine zur Führung des Fahrzeugs angestellte Person ist.
(2) Die Versicherung muß die Schäden umfassen, die im Inland an Personen und Sachen verursacht worden sind, mit Ausnahme der Schäden, die dem versicherten Fahrzeug und den mit diesem beförderten Sachen zugefügt worden sind.
Anl. 1 ARTIKEL 4
(1) Von dem Genuß der Versicherungsleistungen können ausgeschlossen werden:
a) der Lenker des Fahrzeugs, das den Schaden verursacht hat, sowie der Versicherungsnehmer und alle diejenigen, deren zivilrechtliche Haftpflicht durch die Versicherung gedeckt ist;
b) die Ehegatten der oben bezeichneten Personen;
c) die Familienangehörigen derselben Personen, wenn sie bei diesen wohnen oder wenn ihr Unterhalt aus deren Mitteln bestritten wird oder wenn sie in dem Fahrzeug, das den Schaden verursacht hat, befördert worden sind.
(2) Von der gewöhnlichen Versicherung können die Schäden ausgeschlossen werden, die sich aus der Teilnahme des Fahrzeugs an genehmigten Rennen und Geschwindigkeits-, Zuverlässigkeits- oder Geschicklichkeitswettbewerben ergeben.
Anl. 1 ARTIKEL 5
Sieht der Vertrag vor, daß der Versicherte in einem bestimmten Ausmaß selbst zum Ersatz des Schadens beizutragen hat, so bleibt der Versicherer trotzdem gegenüber der geschädigten Person zur Zahlung des Teilbetrags verpflichtet, der nach dem Vertrag dem Versicherten zur Last fällt.
Anl. 1 ARTIKEL 6
(1) Die geschädigte Person hat einen eigenen Anspruch gegen den Versicherer.
(2) Sind mehrere Personen geschädigt und übersteigt der Gesamtbetrag des zu leistenden Schadenersatzes die Versicherungssumme, so werden die Ansprüche der geschädigten Personen gegen den Versicherer anteilsmäßig auf die Höhe dieser Summe herabgesetzt. Hat jedoch ein Versicherer einer geschädigten Person in gutem Glauben eine den ihr zukommenden Anteil übersteigende Summe gezahlt, weil ihm das Bestehen weiterer Ansprüche unbekannt war, so ist er gegenüber den anderen geschädigten Personen nur bis zur Höhe des Restes der Versicherungssumme verpflichtet.
Anl. 1 ARTIKEL 7
(1) Die Versicherten haben dem Versicherer alle Schadensfälle zu melden, von denen sie Kenntnis haben. Der Versicherungsnehmer hat dem Versicherer alle in dem Versicherungsvertrag vorgeschriebenen Auskünfte und Belege zu verschaffen. Die Versicherten, die nicht Versicherungsnehmer sind, haben dem Versicherer auf Verlangen alle erforderlichen Auskünfte und Belege zu verschaffen.
(2) Der Versicherer kann in dem Gerichtsverfahren, das die geschädigte Person gegen ihn eingeleitet hat, dem Versicherten den Streit verkünden.
Anl. 1 ARTIKEL 8
(1) Alle Ansprüche, die auf das eigene Recht der geschädigten Person gegen den Versicherer gegründet sind, verjähren zwei Jahre nach dem Ereignis, das den Schaden verursacht hat.
(2) Die außergerichtliche schriftliche Geltendmachung eines Anspruchs hemmt die Verjährung gegenüber dem Versicherer bis zu dem Tage, an dem dieser schriftlich erklärt, die Verhandlungen abzubrechen. Wird ein Anspruch, der sich auf denselben Gegenstand bezieht, später erneut geltend gemacht, so hemmt dies die Verjährung nicht.
Anl. 1 ARTIKEL 9
(1) Steht dem Versicherer nach dem Versicherungsvertrag oder nach den Rechtsvorschriften, denen dieser unterliegt, gegenüber dem Versicherten ein Recht zur Verweigerung oder zur Herabsetzung seiner Leistungen zu, so kann er der geschädigten Person dieses Recht nicht entgegenhalten.
(2) Der Versicherer kann der geschädigten Person die Nichtigkeit oder die Beendigung des Versicherungsvertrags, dessen Ruhen oder das Ruhen des Versicherungsschutzes nur hinsichtlich der Schadensfälle entgegenhalten, die nach Ablauf von 16 Tagen seit dem Zeitpunkt eingetreten sind, an dem der Versicherer die Nichtigkeit, die Beendigung oder das Ruhen bekanntgegeben hat. Bei aufeinanderfolgenden Versicherungen ist diese Bestimmung nur auf den letzten Versicherer anzuwenden.
(3) Die vorhergehenden Absätze sind jedoch insoweit nicht anzuwenden, als der Schaden durch eine andere Versicherung tatsächlich gedeckt ist.
(4) Die Absätze 1 und 2 lassen das Rückgriffsrecht des Versicherers gegen den Versicherungsnehmer und den Versicherten, der nicht Versicherungsnehmer ist, unberührt.
Anl. 1 ARTIKEL 10
Von den Bestimmungen dieses Gesetzes, die zugunsten der geschädigten Personen erlassen worden sind, kann durch Vereinbarung nicht abgewichen werden, es sei denn, daß sich eine solche Möglichkeit aus diesen Bestimmungen ergibt.
ANHANG II
VORBEHALTE ZU DEM ÜBEREINKOMMEN
Anl. 2
Jede Vertragspartei kann erklären, daß sie beabsichtigt,
1. Kraftfahrzeuge von der Versicherungspflicht auszunehmen, welche juristischen Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts gehören, wenn diese Personen die finanziellen Garantien nachweisen, die für eine Eigenversicherung ausreichen;
2. für von ihr zu bestimmende Personen die Versicherung durch Hinterlegung einer Sicherheit zu ersetzen, sofern diese Sicherheitsleistung geschädigten Personen einen Schutz bietet, der dem von der Versicherung gebotenen gleichwertig ist;
3. die von einem Versicherten vorsätzlich verursachten Schäden von der Versicherung auszuschließen;
4. die in Artikel 3 Absatz 1 Satz 2 der beigefügten Bestimmungen bezeichneten Fälle von der Versicherung auszuschließen;
5. den Fall, daß ein Fahrzeug ohne Genehmigung des Eigentümers oder des Halters oder entgegen ihrem Verbot benutzt wird, von der Versicherung auszuschließen, sofern der geschädigten Person zumindest der Ersatz des Personenschadens gewährleistet ist;
6. ideelle Schäden von der Versicherung auszuschließen;
7. wenn der Versicherte eine juristische Person oder eine Handelsgesellschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist, die gesetzlichen Vertreter des Versicherten und ihre Ehegatten sowie, unter den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der beigefügten Bestimmungen vorgesehenen Voraussetzungen, die Familienangehörigen dieser Vertreter von dem Genuß der Versicherungsleistungen auszuschließen;
8. von dem Genuß der Versicherungsleistungen jede Person auszuschließen, die mit ihrem Einverständnis in dem versicherten Kraftfahrzeug befördert wird, obwohl sie weiß oder wissen muß, daß dieses seinem rechtmäßigen Besitzer mit unerlaubten Mitteln entzogen wurde oder zur Begehung eines Verbrechens benutzt wird;
9. von der Versicherung die Schäden auszuschließen, welche den Personen entstehen, die in dem Kraftfahrzeug, das den Schaden verursacht hat, unentgeltlich oder aus Gefälligkeit befördert werden;
10. von der Versicherungspflicht die Fahrzeuge auszunehmen, die auf nichtöffentlichem, aber einer gewissen Zahl befugter Personen zugänglichem Gelände verkehren, oder die an anderen Orten als auf öffentlichen Straßen an Rennen und Geschwindigkeits-, Zuverlässigkeits- oder Geschicklichkeitswettbewerben teilnehmen;
11. soweit es sich ausschließlich um Rechtsbeziehungen zwischen ihren eigenen Staatsangehörigen handelt, bei Sachschäden von geringer Höhe von Artikel 5 der beigefügten Bestimmungen abzuweichen;
12. es dem Ermessen ihrer Gerichte zu überlassen, ob im Fall eines Schadens, der in ihrem Hoheitsgebiet verursacht wird, Artikel 6 der beigefügten Bestimmungen anzuwenden ist, wobei den Gerichten nötigenfalls die zu beachtenden Grundsätze mitgeteilt werden;
13. von Artikel 6 Absatz 2 der beigefügten Bestimmungen abzuweichen, um eine andere Regelung für die Verteilung der Versicherungssumme vorzusehen;
14. von Artikel 8 Absatz 2 der beigefügten Bestimmungen abzuweichen;
15. von Artikel 9 der beigefügten Bestimmungen abzuweichen, wenn in den dort genannten Fällen die geschädigte Person die Gewähr hat, für Personen- und Sachschäden Ersatz zu erhalten; der Schadenersatz, auf den die geschädigte Person Anspruch hat, ist bei Personenschäden in dem gleichen Ausmaß wie bei Bestehen einer Versicherung zu gewähren und kann für Sachschäden in anderem Ausmaß festgesetzt werden;
16. von Artikel 9 Absatz 2 der beigefügten Bestimmungen hinsichtlich der Kraftfahrzeuge abzuweichen, die ihren gewöhnlichen Standort außerhalb ihres Hoheitsgebietes haben.
UNTERZEICHNUNGSPROTOKOLL
Anl. 3
Mit der Unterzeichnung des Europäischen Übereinkommens über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge erkennen die unterzeichneten Regierungen an, daß der Begriff „Kraftfahrzeuge“ in Artikel 1 der diesem Übereinkommen beigefügten Bestimmungen alle Fahrzeuge umfaßt, die mechanisch angetrieben werden können und die, ohne an Schienen gebunden zu sein, für den Verkehr zu Lande bestimmt sind, auch wenn sie mit einer elektrischen Leitung in Verbindung stehen, sowie Fahrräder mit Hilfsmotor.