BundesrechtInternationale VerträgeÜbereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung

Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung

In Kraft seit 16. März 1983
Up-to-date

Begriffsbestimmungen

Artikel 1

Art. 1

Im Sinne des Übereinkommens:

a) bedeutet „LUFTVERUNREINIGUNG“ die unmittelbare oder mittelbare Zuführung von Stoffen oder Energie durch den Menschen in die Luft, aus der sich abträgliche Wirkungen wie eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit, eine Schädigung der lebenden Schätze und der Ökosysteme sowie von Sachwerten und eine Beeinträchtigung der Annehmlichkeiten der Umwelt oder sonstiger rechtmäßiger Nutzungen der Umwelt ergeben; der Begriff „luftverunreinigende Stoffe“ wird entsprechend ausgelegt;

b) bedeutet „WELTRÄUMIGE GRENZÜBERSCHREITENDE LUFTVERUNREINIGUNG“ Luftverunreinigung, deren physischer Ursprung sich ganz oder teilweise im Jurisdiktionsbereich eines Staates befindet und die schädliche Auswirkungen im Jurisdiktionsbereich eines anderen Staates in einer Entfernung hat, bei der es in der Regel nicht möglich ist, die Beiträge einzelner Emissionsquellen oder Gruppen von Quellen gegeneinander abzugrenzen.

Grundprinzipien

Artikel 2

Art. 2

Unter gebührender Berücksichtigung der jeweiligen Gegebenheiten und Probleme sind die Vertragsparteien entschlossen, den Menschen und seine Umwelt gegen Luftverunreinigung zu schützen; sie bemühen sich, die Luftverunreinigung einschließlich der weiträumigen grenzüberschreitenden Luftverunreinigung einzudämmen und soweit wie möglich schrittweise zu verringern und zu verhindern.

Artikel 3

Art. 3

Die Vertragsparteien entwickeln im Rahmen dieses Übereinkommens durch Informationsaustausch, Konsultationen, Forschungs- und überwachungsarbeiten ohne ungebührliche Verzögerung Politiken und Strategien, die der Bekämpfung der Einleitung von luftverunreinigenden Stoffen dienen sollen; dabei werden die Bemühungen berücksichtigt, die bereits auf nationaler und internationaler Ebene unternommen worden sind.

Artikel 4

Art. 4

Die Vertragsparteien tauschen Informationen aus und überprüfen ihre Politik, ihre wissenschaftlichen Tätigkeiten und technischen Maßnahmen, die darauf abzielen, die Einleitung von luftverunreinigenden Stoffen, die schädliche Auswirkungen haben können, soweit wie möglich zu bekämpfen und dadurch zur Verringerung der Luftverunreinigung, einschließlich der weiträumigen grenzüberschreitenden Luftverunreinigung, beizutragen.

Artikel 5

Art. 5

Zwischen Vertragsparteien, die von einer weiträumigen grenzüberschreitenden Luftverunreinigung tatsächlich betroffen oder durch eine solche Verunreinigung erheblich gefährdet sind, und Vertragsparteien, in deren Jurisdiktionsbereich durch Tätigkeiten, die dort durchgeführt oder in Aussicht genommen werden, ein wesentlicher Beitrag zur weiträumigen grenzüberschreitenden Luftverunreinigung seinen Ursprung nimmt oder nehmen könnte, werden auf entsprechendes Ersuchen frühzeitig Konsultationen abgehalten.

Maßnahmen zur Luftreinhaltung

Artikel 6

Art. 6

Unter Berücksichtigung der Artikel 2 bis 5, der laufenden Forschungsarbeiten, des Austausches von Informationen und der Überwachung und ihrer Ergebnisse, der Kosten und der Wirksamkeit örtlicher und sonstiger Abhilfemaßnahmen und zur Bekämpfung der Luftverunreinigung, insbesondere der aus neuen oder umgebauten Anlagen stammenden, verpflichtet sich jede Vertragspartei, die bestmöglichen Politiken und Strategien einschließlich der Systeme der Luftreinhaltung und der dazugehörigen Kontrollmaßnahmen zu erarbeiten, die mit einer ausgewogenen Entwicklung vereinbar sind, vor allem durch Einsatz der besten verfügbaren und wirtschaftlich vertretbaren Technologie sowie abfallarmer und abfallfreier Technologie.

Forschung und Entwicklung

Artikel 7

Art. 7

Die Vertragsparteien nehmen entsprechend ihrem Bedarf Forschungs- und/oder Entwicklungsarbeiten, bei denen sie zusammenarbeiten, in folgenden Bereichen auf:

a) bestehende und vorgeschlagene Technologien zur Verringerung der Emission von Schwefelverbindungen und sonstigen bedeutenden luftverunreinigenden Stoffen, einschließlich Untersuchungen über die technische und wirtschaftliche Durchführbarkeit und die Auswirkungen auf die Umwelt;

b) Instrumentierung und sonstige Techniken zur Überwachung und Messung der Emissionsarbeiten und des Gehalts der Luft an verunreinigenden Stoffen;

c) verbesserte Modelle zum besseren Verständnis der Übertragung von luftverunreinigenden Stoffen über weite Räume und über die Grenzen hinweg;

d) Auswirkungen von Schwefelverbindungen und anderen bedeutenden luftverunreinigenden Stoffen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt, einschließlich Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Materialien, aquatische und sonstige natürliche Ökosysteme sowie auf die Sichtverhältnisse, im Hinblick auf die Schaffung einer wissenschaftlichen Grundlage für Dosis-Wirkung-Beziehungen zum Schutz der Umwelt;

e) wirtschaftliche, soziale und umweltbezogene Bewertung anderer Maßnahmen zur Erreichung der Umweltziele, einschließlich der Verringerung der weiträumigen grenzüberschreitenden Luftverunreinigung;

f) Bildungs- und Ausbildungsprogramme im Zusammenhang mit den Umweltaspekten der Verunreinigung durch Schwefelverbindungen und andere bedeutende lunftverunreinigende Stoffe.

Informationsaustausch

Artikel 8

Art. 8

Die Vertragsparteien tauschen im Rahmen des in Artikel 10 genannten Exekutivorgans oder auf zweiseitiger Ebene in gemeinsamem Interesse verfügbare Informationen aus:

a) in einvernehmlich festzulegenden Zeitabständen über Daten betreffend Emissionen vereinbarter luftverunreinigender Stoffe, angefangen mit Schwefeldioxyd, die aus Rastereinheiten vereinbarter Größe stammen, oder über den Fluß vereinbarter grenzüberschreitender luftverunreinigender Stoffe, angefangen mit Schwefeldioxyd, über einvernehmlich festzulegende Entfernungen und Zeitabschnitte;

b) über größere Änderungen der Politik der einzelnen Staaten und der allgemeinen industriellen Entwicklung und ihre möglichen Auswirkungen, die erhebliche Änderungen der weiträumigen grenzüberschreitenden Luftverunreinigung verursachen könnten;

c) über Technologien zur Verringerung der Luftverunreinigung, die für die weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung von Bedeutung sind;

d) über die veranschlagten Kosten der Bekämpfung der Emission von Schwefelverbindungen und anderen bedeutenden luftverunreinigenden Stoffen auf nationaler Ebene;

e) über meteorologische und physikalisch-chemische Daten, welche die Übertragungsvorgänge betreffen;

f) über physikalisch-chemische und biologische Daten, welche die Auswirkungen der weiträumigen grenzüberschreitenden Luftverunreinigung und das Ausmaß des Schadens 1 ) betreffend, der auf Grund dieser Daten auf die weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung zurückzuführen ist;

g) über nationale, subregionale und regionale Politiken und Strategien zur Bekämpfung von Schwefelverbindungen und anderen bedeutenden luftverunreinigenden Stoffen.

________________________

1 ) Dieses Übereinkommen enthält keine Bestimmung über die Haftung der Staaten im Zusammenhang mit Schäden.

Durchführung und Weiterentwicklung des Programms über die Zusammenarbeit bei der Messung und Bewertung der weiträumigen übertragung von luftverunreinigenden Stoffen in Europa

Artikel 9

Art. 9

Die Vertragsparteien betonen die Notwendigkeit der Durchführung des bestehenden „Programms über die Zusammenarbeit bei der Messung und Bewertung der weiträumigen Übertragung von luftverunreinigenden Stoffen in Europa“ (im folgenden als „EMEP“ bezeichnet); hinsichtlich der Weiterentwicklung dieses Programms betonen sie einvernehmlich folgendes:

a) Es ist erwünscht, dem EMEP, das sich zunächst auf die Messung von Schwefeldioxyd und ähnlichen Stoffen bezieht, beizutreten und es voll anzuwenden;

b) es ist erforderlich, nach Möglichkeit bei der Messung vergleichbare oder vereinheitlichte Verfahren anzuwenden;

c) es ist erwünscht, das Meßprogramm sowohl auf nationale als auch auf internationale Programme zu stützen. Die Errichtung von Meßstationen und die Sammlung von Daten erfolgen unter der Hoheitsgewalt des Landes, in dem sich die Meßstationen befinden;

d) es ist erwünscht, einen Rahmen für ein Programm über die Zusammenarbeit der Umweltüberwachung zu erstellen, das auf den derzeitigen und künftigen nationalen, subregionalen, regionalen und sonstigen internationalen Programmen beruht und ihnen Rechnung trägt;

e) es ist erforderlich, in einvernehmlich festzulegenden Zeitabständen Daten über Emissionen vereinbarter luftverunreinigender Stoffe, angefangen mit Schwefeldioxyd, auszutauschen, die aus Rastereinheiten vereinbarter Größe stammen, oder über den Fluß vereinbarter grenzüberschreitender luftverunreinigender Stoffe, angefangen mit Schwefeldioxyd, über einvernehmlich festzulegende Entfernungen und Zeitabschnitte. Die zur Bestimmung des Flusses benutzte Methode einschließlich des Modells sowie die zur Bestimmung der übertragung von luftverunreinigenden Stoffen – beruhend auf den Emissionen je Rastereinheit – benutzte Methode einschließlich des Modells werden zur Verfügung gestellt und regelmäßig überprüft, um die Methoden und die Modelle zu verbessern;

f) sie sind bereit, den Austausch und die regelmäßige Fortschreibung der nationalen Daten über die Gesamtemissionen vereinbarter luftverunreinigender Stoffe, angefangen mit Schwefeldioxyd, fortzuführen;

g) es ist erforderlich, meteorologische und physikalisch-chemische Daten zu liefern, welche die während der Übertragung ablaufenden Vorgänge betreffen;

h) es ist erforderlich, chemische Bestandteile in anderen Medien wie Wasser, Boden und Vegetation zu messen und ein ähnliches Meßprogramm zur Erfassung der Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt durchzuführen;

i) es ist erwünscht, die nationalen EMEP-Netze zu erweitern, damit sie für Bekämpfungs- und überwachungszwecke benutzt werden können.

Exekutivorgan

Artikel 10

Art. 10

1. Die Vertreter der Vertragsparteien bilden im Rahmen der Berater der Regierungen der Wirtschaftskommission für Europa für Umweltfragen das Exekutivorgan dieses Übereinkommens; sie treten in dieser Eigenschaft mindestens einmal jährlich zusammen.

2. Das Exekutivorgan

a) überprüft die Durchführung dieses Übereinkommens;

b) setzt nach Bedarf Arbeitsgruppen ein, um Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Durchführung und Entwicklung dieses Übereinkommens zu prüfen und zu diesem Zweck geeignete Untersuchungen durchzuführen und sonstige Unterlagen zu erarbeiten sowie dem Exekutivorgan Empfehlungen zur Prüfung zu unterbreiten;

c) nimmt sonstige Aufgaben wahr, die auf Grund dieses Übereinkommens erforderlich werden könnten.

3. Das Exekutivorgan nutzt die Dienste des Lenkungsorgans des EMEP, damit dieses eine wesentliche Rolle bei der Durchführung dieses Übereinkommens spielt, insbesondere im Hinblick auf die Sammlung von Daten und auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit.

4. Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben verwendet das Exekutivorgan nach Bedarf auch Informationen, die von anderen zuständigen internationalen Organisationen stammen.

Sekretariat

Artikel 11

Art. 11

Der Exekutivsekretär der Wirtschaftskommission für Europa nimmt folgende Sekretariatsaufgaben für das Exekutivorgan wahr:

a) Einberufung und Vorbereitung der Sitzungen des Exekutivorgans;

b) Weiterleitung von Berichten und anderen Informationen, die nach Maßgabe dieses Übereinkommens eingegangen sind, an die Vertragsparteien;

c) Wahrnehmung sonstiger ihm vom Exekutivorgan übertragener Aufgaben.

Änderungen des Übereinkommens

Artikel 12

Art. 12

1. Jede Vertragspartei kann Änderungen dieses Übereinkommens vorschlagen.

2. Der Wortlaut der vorgeschlagenen Änderungen wird dem Exekutivsekretär der Wirtschaftskommission für Europa schriftlich unterbreitet; dieser übermittelt ihn allen Vertragsparteien. Das Exekutivorgan erörtert die vorgeschlagenen Änderungen auf seiner nächsten jährlichen Sitzung, sofern die Vorschläge den Vertragsparteien vom Exekutivsekretär der Wirtschaftskommission für Europa mindestens neunzig Tage vorher mitgeteilt worden sind.

3. Eine Änderung dieses Übereinkommens bedarf der einvernehmlichen Annahme durch die Vertreter der Vertragsparteien; sie tritt für die Vertragsparteien, die sie angenommen haben, am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, an dem zwei Drittel der Vertragsparteien ihre Annahmeurkunde beim Verwahrer hinterlegt haben. Danach tritt die Änderung für jede andere Vertragspartei am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, an dem die betreffende Vertragspartei ihre Urkunde über die Annahme der Änderung hinterlegt.

Beilegung von Streitigkeiten

Artikel 13

Art. 13

Entsteht zwischen zwei oder mehr Vertragsparteien dieses Übereinkommens eine Streitigkeit über seine Auslegung oder Anwendung, so bemühen sich diese Vertragsparteien um eine Lösung durch Verhandlungen oder durch ein anderes Verfahren der Beilegung, das für die Streitparteien annehmbar ist.

Unterzeichnung

Artikel 14

Art. 14

1. Dieses Übereinkommen liegt anläßlich der Hochrangigen Tagung im Rahmen der Wirtschaftskommission für Europa über den Umweltschutz vom 13. bis zum 16. November 1979 im Büro der Vereinten Nationen in Genf für die Mitgliedstaaten der Wirtschaftskommission für Europa, für Staaten, die in der Wirtschaftskommission für Europa nach Absatz 8 der Entschließung 36 (IV) des Wirtschafts- und Sozialrats vom 28. März 1947 beratenden Status haben, sowie für Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die von souveränen Staaten, die Mitglieder der Wirtschaftskommission für Europa sind, gebildet werden und ihr die Aushandlung, den Abschluß und die Anwendung internationaler Übereinkünfte über Angelegenheiten zuständig sind, die in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallen, zur Unterzeichnung auf.

2. Solche Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration üben in Angelegenheiten, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, in ihrem eigenen Namen die Rechte aus und nehmen die Verantwortlichkeit wahr, die dieses übereinkommen den Mitgliedstaaten dieser Organisationen überträgt. In diesen Fällen sind die Mitgliedstaaten dieser Organisationen nicht berechtigt, solche Rechte einzeln auszuüben.

Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt

Artikel 15

Art. 15

1. Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung.

2. Dieses Übereinkommen steht vom 17. November 1979 an für die in Artikel 14 Absatz 1 genannten Staaten und Organisationen zum Beitritt offen.

3. Die Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden werden vom Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt; dieser erfüllt die Aufgaben des Depositärs.

Inkrafttreten

Artikel 16

Art. 16

1. Dieses Übereinkommen tritt am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der vierundzwanzigsten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

2. Für jede Vertragspartei, die nach der Hinterlegung der vierundzwanzigsten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde dieses Übereinkommen ratifiziert, annimmt oder genehmigt oder ihm beitritt, tritt das Übereinkommen am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch die betreffende Vertragspartei in Kraft.

Rücktritt

Artikel 17

Art. 17

Eine Vertragspartei kann jederzeit nach Ablauf von fünf Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem dieses Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist, durch eine an den Depositär gerichtete schriftliche Notifikation von dem Übereinkommen zurücktreten. Der Rücktritt wird am neunzigsten Tag nach dem Eingang der Notifikation bei dem Depositär wirksam.

Verbindliche Wortlaute

Artikel 18

Art. 18

Die Urschrift dieses übereinkommens, dessen englischer, französischer und russischer Wortlaut gleichermaßen authentisch ist, wird beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu Genf am 13. November 1979.